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Belohnungsgefühl

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Violetta:
Hallo Ponyhof,
bei mir verläuft die Depression in Schüben. Mal gibt es Zeiten in denen für mich alles grau in grau ist, alles mühsam ist und jedes Denken und Handeln zur Kraftanstrengung wird. Es gibt aber auch Zeiten in denen die Depression schwächer ist und das Leben heller und leichter wird. Während eines schweren Schubes möchte ich nichts tun, sondern mich wie ein wildes Tier im Gebüsch verkriechen, Ruhe halten und warten bis es wieder besser wird oder ich sterbe.

Deine Überlegung, dass das Belohnungsgefühl ausgeschaltet ist, weil Untätigkeit in dem Moment für mich besser wäre, ist ziemlich interessant. Zitat: „Und zwar: Woher weiß Dein Verstand denn, dass etwas "gut erledigt" ist? Vielleicht ist das fehlende Belohnungsgefühl ja auch einfach ein Indiz dafür, dass diese Funktioniererei  und Erledigerei gar nicht gut für Dich ist? Vielleicht wird es durch die erledigte Aufgabe ja nicht "gut" und belohnenswert, sondern Du startest zur nächsten Runde im Hamsterrad? Und dein Gefühl brüllt "Och nööö" statt "noch ne sinnlose Runde!!!" Zitat Ende.
Aber: Ich bin berufstätig. Wenn ich meinen Job und damit das Einkommen für meinen Lebensunterhalt behalten will, muss ich auch während eines schweren depressiven Schubes funktionieren. Und dazu gehören auch Tätigkeiten, die indirekt zur Arbeit gehören. Z.B. muss ich sauber zur Arbeit erscheinen. Geht es mir gut geht, fühle ich mich nach einer Dusche angenehm sauber (Belohnungsgefühl), geht es mir schlecht, ist eine Dusche körperlich und mental unendlich anstrengend. Und anschließend gibt es nur Erschöpfung.

Deine ehrliche Antwort war für mich konstruktiv, denn es hat mich zu der Erkenntnis geführt, dass das fehlende Belohnungsgefühl nicht der Kern des Problems ist, sondern ein Symptom bei einem schweren Depressionsschub.

Ponyhof:
Liebe Violetta,

das freut mich. 😘

Ich habe mich vor einiger Zeit mit einer Freundin über Resilienz unterhalten. Sie sagte, es sei wichtig, den Job als sinnvoll und wichtig zu empfinden, damit man nicht dieses Hamsterrad - Gefühl habe. Ich antwortete, dass mir der Job nicht sinnvoll und wichtig vorkomme, dass ich nicht das Gefühl habe einen wertvollen Beitrag zu leisten...
Sie fragte, warum ich dann morgen früh wieder hingehe? - Naja. Es zahlt meine Rechnungen, strukturiert meinen Tagesablauf, zwingt mich unter Menschen zu gehen, zu duschen, zu sprechen... Die Mädels sind ganz okay, die Tätigkeit ist interessant, ich.... "sinnvoll genug" hat meine Freundin gesagt.

Dieses Gespräch hat mir tatsächlich eine Menge gebracht. Ich brauche keinen ultimativ-sinnvollen Grund um morgens arbeiten zu gehen. Die Tatsache, dass es besser für mich ist, hinzugehen, einfach weil es mir hilft hier alles am laufen zu halten, statt auf den Zusammenbruch zuzuhalten, reicht für mich fürs erste.

Ich frage mich, ob es bei Dir mit dem Belohnungsgefühl vielleicht so ähnlich ist? Selbst wenn Dir frisch-sauber-und-präsentabel kein Belohnungsgefühl beschert, was ist dann mit "trotz schwerer depressiver Episode nicht eingebrochen, sondern durchgehalten"? Nur so'n Gedanke...

Violetta:
Hallo Ponyhof,

einen höheren oder tieferen Sinn des Lebens oder der Arbeit habe ich noch nie gehabt. Und halte ihn auch nicht für nötig. Mit der Arbeit verdiene ich Geld, mit dem ich eine Wohnung, Essen, Trinken, Kleidung etc. bezahlen kann. Das sind handfeste und ehrliche Bedürfnisse für die sich die Anstrengungen der Berufstätigkeit lohnen. Während eines schweren depressive Schubes erscheint es nur unendlich schwer, irgendetwas zu tun. Egal, ob es Arbeit oder einfache Tätigkeiten, wie Duschen sind.

Vielen Dank, dass du mich daran erinnert hast, wofür ich mich in manchen Zeiten durch alles durchquäle.

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