@ Robert: Das Gefühl von Ablehnung wollte ich Dir wirklich nicht geben. Gut, dass wir uns einander erklärt haben!
@ DeadInside:
Selbst von "angeblich" Depressiven hab ich mehrfach gesagt bekommen, dass ich denen zu depressiv bin und sie lieber kein Kontakt wollen.
Warum „angeblich“? Jemand, der ebenfalls Depressionen hat, wird zwar wahrscheinlich Verständnis für Deine Gedanken und Gefühle aufbringen können, kann sie aber dennoch auch als Belastung empfinden. Es kommt wohl stark darauf an, WIE sich ein Kontakt gestaltet. Ein paar Beispiele, um zu erklären, was ich meine: Ich selbst habe es schon erlebt, dass sich die Depression einer anderen Person negativ auf mich ausgewirkt hat. Es zieht mich manchmal nur weiter runter, wenn jemand wirklich ständig darüber spricht, wie schlecht es ihm geht, wie scheiße er sein Leben findet und dass die Welt ja so böse ist. Oder wenn alles an meinem Gegenüber abprallt, egal was ich sage, und Zustimmung à la „Ja, du hast recht, es ist wirklich alles grauenhaft und ich hasse das Leben auch.“ das Einzige wäre, was bei ihm vielleicht noch auf Akzeptanz stoßen würde, und dies nicht nur MAL, sondern immer so ist, dann habe ich das Gefühl, ganz viel Zeit und Energie zu „verschwenden“, weil offenbar weder mein Bemühen, ihm zu helfen, noch einfaches Zuhören etwas ändert oder ihm zumindest guttut und ich mich schlicht und ergreifend hilflos oder überfordert fühle. Das kann schon dazu führen, dass ich mich vorübergehend zurückziehe – und das halte ich auch für legitim, weil es nichts anderes als Selbstschutz ist. Das gleiche gilt, wenn ich nach einer depressiven Episode das Gefühl habe, dass er wieder aufwärts geht: Dann muss ich gut auf mich achten und aufpassen, dass ich mich nicht von den negativen Gedanken anderer Menschen mitreißen lasse und selber auch wieder in diesen Strudel gerate. Davon abgesehen gibt es bei mir häufig Phasen, in denen es mir schwerfällt, Kontakt zu anderen zu halten, entweder weil mir einfach der Antrieb fehlt, mich etwas blockiert oder ich gerade so sehr mit meinen eigenen Problemen beschäftigt bin, dass ich mich gedanklich nicht genug auf andere einlassen kann. Und dann kann es natürlich auch noch vorkommen, dass mein Gegenüber andere Vorstellungen hat als ich, was die Intensität des Kontakts betrifft. Wenn man von mir erwartet, dass ich Lust habe, mich jeden oder fast jeden Tag über irgendetwas zu unterhalten oder mich sehr oft zu verabreden, wird das mit uns nicht lange gut gehen, da ich diese Erwartungen weder erfüllen kann noch möchte.
Das nur, um Dir zu verdeutlichen, dass es durchaus Gründe geben kann, warum ein Kontakt selbst einem depressiven Menschen „zu depressiv“ sein kann bzw. wie dies gemeint sein kann. Man muss halt immer auch auf sich selbst aufpassen. Und wenn man merkt, dass jemand einem nicht guttut, darf man den Kontakt zu ihm auch temporär reduzieren oder sich ganz zurückziehen. Das heißt nicht, dass man ihn nicht versteht oder gar als Mensch ablehnt.
Wie gesagt: Ich denke, das WIE spielt eine große Rolle – unabhängig davon, ob man es mit einem Depressiven zu tun hat oder nicht. Klagt man immer nur sein Leid oder ist man auch offen für anderes? Spricht man in erster Linie von sich selbst oder hört man dem anderen ebenfalls zu, und zwar auch dann, wenn es mal um ihn geht? Achtet man in der Kommunikation auf „feine Nuancen“ und nimmt somit auch die Stimmung, Wünsche und Bedürfnisse seines Gegenübers wahr? Ist man fähig und bereit, sich in mancher Hinsicht an den anderen anzupassen? Gibt man ihm das Gefühl, dass es einem wichtig ist, mit ihm und nicht mit irgendwem zu sprechen / Zeit zu verbringen?
Vielleicht verändert sich etwas, wenn Du bei einem Kennenlernen (etwas genauer) auf diese Punkte achtest.
Liebe Grüße
Ina