***sobald andere mitbekommen, dass man einen psych. störung hat, verhalten sie sich anders als sonst.***
Oh ja. Ich weiß nur noch nicht, was schlimmer ist. Einerseits der Rückzug von Bekannten, wohl aus Angst vor dem Fremden, vielleicht halten die das ja für ansteckend? Oder andererseits, dieses vorsichtige Mitleid und diese Versuche, bloss nichts falsches zu sagen. Bloss dem armen Kranken nicht weh tun...
Genau deshalb bin ich so gerne hier in der Unterblätterhaufenhöhle. Hier weiß ich, dass zumindest die meisten Mitbewohner genau wissen wovon ich rede und wie man sich fühlt, wenn der Boden verschwindet, wenn man im freien Fall ist. Und wie es ist, dann irgendwann ganz unten zu sitzen wo man kein Licht mehr sehen kann. Dort, wo es nur nach Angst gibt vor dieser Welt da draußen, die man sowieso nicht mehr verstehen kann. Die immer wieder versucht einzudringen, wohl als Marter, um mich noch tiefer ins dunkle zu ziehen, auch wenn es nicht mehr möglich ist. Die immer wieder versucht mit mörderischen Briefen oder Anrufen, das letzte kleine bisschen Ruhe, das man sich so hart erkämpft hat, auch noch zu zerstören.
Und ja, das schaffen sie locker. Für sie ein Verwaltungsakt, für mich ein Aufruf doch endlich diese Welt von mir zu befreien und ihre Welt nicht mehr zu stören. Ich kann sie ja verstehen. Da ist einer, der gesetzliche Ansprüche hat, der Anspruch auf medizinische Versorgung hat, aber noch nicht verrentet ist. Nur ausgesteuert. Was mit dem anfangen? Wer ist zuständig? Die Lösung ist für sie einfach, sie schieben den schwarzen Peter hin und her, nur dummerweise auf meinem Rücken. Ich sitze zwischen den Stühlen und bin ihnen ausgeliefert. Ja, das grenzt hart an versuchten Totschlag. Nur gibt es kein Gesetz dagegen.
Ein Beispiel hatte ich letztens wieder mal. Da kam ein Schreiben von der Rentenversicherung und ein gewaltiger Fragebogen. Nie im Leben könnte ich den ausfüllen. In meiner Not habe ich den Sozial-Psychiatrischen Dienst angerufen und denen das geschildert. Die Antwort war, sie kennen sich damit auch nicht so gut aus, ich soll doch zur Beratungsstelle der Rentenversicherung in meiner Stadt gehen.
Nun bin ich zwar krank, aber noch nicht ganz verblödet. Ich soll mich von denen, die mich da "verfolgen" beraten lassen, wie ich mich da am besten verhalte? Das ist für mich so, als wäre der Kläger vor Gericht auch gleichzeitig der Sachverständige, Gutachter und Richter. Irgendwie habe ich das System nicht verstanden. Also was bleibt? Noch eine Etage tiefer eingraben in der Unterblätterhaufenhöhle.
Nicht anders ist es bei Reha-Maßnahmen. Die werden im Auftrag der Rentenversicherung und auch auf deren Kosten durchgeführt. Wieso habe ich das Gefühl, dass die Objektivität der Reha-Klinik, die davon lebt, leidet? Bin ich zu misstrauisch? Vielleicht greift diese Krankheit doch das Gehirn an und man verblödet still vor sich hin.
Solche Dinge sind es, die uns Betroffene immer weiter runter ziehen, im Extremfall dazu führen aufzugeben. Ich habe den Verdacht, dass es nicht nur die Krankheit selbst ist, die viele in den Suizid treibt, sondern wohl auch der Umgang der Bürokratie mit uns. Sie machen uns deutlich, dass wir ein Spielball der Institutionen geworden sind. Im besten Fall noch Befehlsempfänger, im schlechtesten Fall alleine gelassen und aufgegeben. Wenn der Antrieb, der Lebensmut und die Kraft schon am Ende sind, dann kommen sie und geben einem den Rest.
Deshalb gibt es in der Unterblätterhaufenhöhle keinen Briefkasten und kein Telefon. Aber natürlich weiß ich, dass ich ihnen auch hier nicht entkommen kann. Und wenn, dann nur entgültig...
So ist das in der Unterblätterhaufenhöhle...
lg
Hobo