Da hast du ganz und gar recht. Wobei ich oben eher aus Erfahrung gesprochen habe. Nicht, dass ich erwarte, dass man meine Gedanken liest (um Gottest Willen!!!) [...]
Hallo May,
ich hoffe, Du hast Dich davon:
Ich bin der Meinung, wenn jemand seine Depression verschweigt und dauerhaft hinter einer fröhlichen Fassade verbirgt. also eine Maske trägt, "darf" (sollte) er nicht sagen, dass ihn ja niemand versteht, sich keiner für ihn interessiert oder dass alle wegschauen. Man darf von seinen Mitmenschen nicht erwarten, dass sie Gedanken lesen können – und ein besonders ausgeprägtes Maß an Empathie ist nun mal auch nicht jedem gegeben.
...nicht persönlich angesprochen gefühlt! Das war nur ein grundsätzlicher Gedanke zum Thema "Depressionen werden totgeschwiegen" und nicht direkt auf Dich bezogen. Es fällt mir einfach sehr oft auf (nicht nur hier im Forum), dass sich Betroffene beklagen, niemand würde sich für ihr Leid interessieren usw. – und später stellt sich heraus, dass sie dieses aber auch nicht zeigen, sondern vor jedem verstecken und alles überspielen, was darauf schließen lassen könnte, wie schlecht es ihnen geht. Ich kann es von der Logik (eines Betroffenen) her zwar teilweise nachvollziehen (Angst, darüber zu sprechen und zugleich der Wunsch, dennoch "gehört" und "gerettet" zu werden), finde es aber nicht "richtig", sondern kontraproduktiv, denn zielführend kann es nicht sein.
[...] aber ich habe noch nie einen einzigen Menschen über Depressionen sprech hören. [...]
Das soll jetzt wirklich nicht blöd klingen, aber ich glaube, das hat auch (!) etwas mit dem Alter zu tun. Als ich 16 war, hat in meinem Umfeld auch niemand über Depressionen gesprochen. Es schien für niemanden Bedeutung zu haben oder es hat sich keiner getraut, darüber zu reden. Ich hatte das Gefühl, die einzige zu sein, in deren Welt dieses Thema derart viel Raum einnimmt, dass sie darunter zu zerbrechen droht. Meine damaligen Freunde wirkten größtenteils unbeschwert, außer sie hatten mal Liebeskummer oder so... Also "nur" die ganz "normalen" Probleme, die man in dem Alter halt so hat und die mit der Zeit von allein wieder verschwinden.
Als ich die Schule beendet hatte, zu Hause ausgezogen bin und mir endlich selber aussuchen konnte, mit welchen Menschen ich mich umgebe und von wem ich mich besser fernhalte, hat sich das schlagartig geändert. Das lag sicher nicht zuletzt daran, dass ich selbst viel offener mit meiner Depression umgegangen bin. Wirklich interessant, wie viele Leute mir dann offenbart haben, dass sie ebenfalls psychische Probleme haben. Es gab Phasen, da kam es mir vor, als sei ich ein Magnet für Menschen mit Depressionen, Suchterkrankungen oder sonstigen psychischen Störungen – und das, obwohl mir so oft gesagt wurde, man würde mir nicht "ansehen", wie schlecht es mir geht.
Wie dem auch sei... Ich glaube jedenfalls, dass sich die Gedanken vieler Jugendlicher um ganz andere Dinge drehen und deshalb wenig Interesse an solchen Themen bestehen (Wissen darüber schon gar nicht). Oder ihre Probleme werden von ihren Eltern / ihrem Umfeld einfach auf die Pubertät geschoben und nicht ernst (genug) genommen. Was leider auch nicht selten vorkommt, ist, dass ihnen von den Eltern eingeredet wird, über sowas dürfe man nicht sprechen bzw. so etwas sollte man besser für sich behalten ("Was sollen denn die Nachbarn denken?" und so...). Es gibt sicher noch viele weitere Gründe dafür, dass junge Menschen sich nicht trauen oder keine Möglichkeit sehen, darüber zu sprechen.
[...] Also zum Beispiel gerade in der Schule finde ich, sollte das Thema zumindest einmal angestoßen werden.
Das sehe ich ganz genauso, May! Ich denke, das wäre schon ein großer Fortschritt und nicht nur hilfreich für Nicht-Betroffene, Depressionen (zumindest im Ansatz) zu verstehen, sondern auch für Betroffene, ihr Schweigen zu brechen und sich zu öffnen – und dann ja vielleicht sogar auf verständnisvolle Ohren zu treffen.
Liebe Grüße
Ina