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Bin wieder hier

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Tobe:
Hallo Dani,

danke für Deine lieben Worte.
Ich weiß wie Du diese meinst, doch tue ich nichts mehr für mich, weil ich mich selber schon nicht mehr ertrage.
Ich habe dieses Bad nur wegen meinem Therapeuten einigermaßen gesäubert. Mir macht es nicht wirklich noch etwas aus im Dreck und Müll zu leben.
In meinem Kühlschrank sind z.B. auch überwiegend noch Lebensmittel aus der Zeit, wo Demian noch lebte und er ist bald 2 Jahre schon verstorben.
Sicher gehe ich noch einkaufen, zwangsläufig, weil ich ja auch etwas essen muss.
Doch ist das in einem dissoziativem Zustand teilweise echt erschreckend und wohl teilweise auch nicht ganz ungefährlich.
Das ist dann oft so, wie ein Filmriss und nicht nur wie eine unbewusste Handlung, die man aus der Gewohnheit tut.

Ich fühle mich nicht wertvoll und ganz sachlich betrachtet, bin ich dies auch nicht mehr.
Ich bin nur noch eine Belastung.
Ich liege dem Staat auf der Tasche, bin schon seit Ende September 2020 arbeitsunfähig.
Und selbst meinen Therapeuten belaste ich...
ich bin insgesamt schon 103 mal bei ihm gewesen, bei der Kasse beantragt hat er bisher jedoch nur 2x 12 Stunden.
Und er hat mir schon 2x außerhalb geholfen, dazu noch dieser Hausbesuch und einige Emails.
Ich kann das alles gar nicht wieder gut machen. Ich habe so einen Therapeuten gar nicht verdient.
Hinzu kommt, daß er eigentlich schon in den wohlverdienten Ruhestand gehen könnte
und dann kommt da noch so eine verrückte Patientin wie ich zu ihm.

Ich kann leider gar nichts gutes mehr für andere Menschen machen.
Das war das einzige was mir noch ein Gefühl von wertvoll gegeben hatte.
Meinen Beruf könnte ich so auch nicht mehr leisten.

Meine letzten Kräfte habe ich als Liebesdienst in die Pflege von Demian gesteckt und bin dabei weit über meine eigenen Grenzen gegangen.
Nun sind meine Ressourcen schon lange aufgebraucht.
Er war halt auch der einzige Mensch in meinem Leben, der mir so viel bedeutet hat, daß ich für ihn alles getan hätte und getan habe,
was mir nur irgendwie möglich war.
Ich habe ihn wirklich geliebt und er war leider auch der einzige Mensch in meinem Leben, der mich geliebt hat.

L.G. Tobe

Tobe:
Hallo Pudel,

ich weiß, wie Du es gemeint hast.
Es tut mir auch sehr leid, wenn ich da etwas schroff rüberkam.

Das Problem ist nur, ich weiß es theoretisch ja auch, daß Therapeuten oder Ärzte so ein Elend öfter mitbekommen
und dies nicht an der Person selbst festmachen.
Ich bin ja selber im Gesundheitswesen tätig gewesen und habe viele, für Patienten peinliche Situationen miterlebt, mit ihnen zusammen durchgestanden
und ihnen dabei geholfen.
Auch indem ich mich vollkommen neutral, empathisch und verständnisvoll ihnen gegenüber verhalten habe.

In solchen Momenten habe ich mir immer vorgestellt, wie ich mich wohl in deren Situation gerade fühlen würde.
Wegen meiner einfühlsamen und verständnisvollen Art wurde ich von vielen Patienten sehr geschätzt.
Doch ist für mich etwas ganz anderes, jetzt mit voller Härte selber in einer solchen beschämenden Situation zu stecken
und mich nicht mehr daraus befreien zu können.

Und dieses Gefühl der Scham, die ich jetzt gegenüber meinem Therapeuten so heftig verspüre, ist so unglaublich groß,
daß ich den Kontakt zu ihm wohl abbrechen werde.
Wie soll ich diese Scham jemals wieder ablegen, bzw. überwinden können?
Wenn ich bei einer solchen Situation schon so heftig empfinde, wie soll ich dann jemals über meine traumatischen Erfahrungen sprechen können,
um diese in der Therapie verarbeiten zu können?

Meine jetzige Situation ist nur die Spitze des Eisbergs, nur das Resultat von all dem, was ich bisher erleiden musste.
Und da gibt es eben leider noch viele peinliche und beschämende Ereignisse (Traumata) die mich zu dem gemacht haben,
was jetzt von mir noch übrig geblieben ist.

Ich bin deshalb auch schon dabei, meinem Therapeuten einen letzten Brief zu schreiben.
Ich möchte auch nicht, daß er sich irgendwie schuldig fühlt. Denn das ist er keinesfalls.
Er hat bisher immer alles richtig gemacht und war immer sehr einfühlsam und verständnisvoll.
Ich werde diesen Brief auch nicht wie sonst per Email schicken, sondern in seinen Briefkasten einwerfen.
Ich möchte daß er seinen Urlaub nicht an mich denken muss, sondern diesen wie jeder andere normale Mensch ohne Belastung
mit seiner Familie genießen kann und sich nicht Sorgen um mich macht.

Das Problem bin ich in dem Fall selber.
Ich habe keine Kraft mehr und kann keine Hilfe an mich heranlassen, ohne das ich mich dabei selber verurteile.
Aber wenn ich eben auch keine Ziele mehr habe, für die es sich noch lohnen könnte...
woher soll die Kraft und Hoffnung dann noch kommen?

Ich bin es eben auch nicht anders gewohnt, als alles immer mit mir selber auszumachen.
Auch habe ich von Kleinkind an immer eingetrichtert bekommen, den Schein nach außen zu wahren und nie über Probleme zu reden.
Auch habe ich nie Hilfe von meinen Eltern bekommen, wo ich sie am dringendsten gebraucht hätte.
Stattdessen wurde ich oft nicht mal wahrgenommen, oder im schlimmsten Fall sogar noch verurteilt
und bekam Vorwürfe, ich solle mich nicht so anstellen.

Und wenn ich mich hilfesuchend nach außen gewannt hatte, erwischte ich leider die falschen Menschen,
die anstatt mir zu helfen, noch zusätzlich traumatische Erlebnisse drauf gesetzt haben.
Somit schwingt auch automatisch die Angst immer mit, wenn sich mir gegenüber jemand wohlwollend und helfend verhält,
daß dies irgendwann eben kippt und mir wieder Schaden zugefügt wird.

Ich bin jetzt 47 und alle Ziele oder Wünsche die ich mal hatte, sind mit meinem Alter einfach utopisch und unerfüllbar geworden.
Ich habe keine eigene Familie, keine Freunde, einfach niemanden, dem es auffallen würde wenn es mich mal nicht mehr gibt.
Es wird dann einfach so sein, als hätte ich nie existiert.
Wenn mir jetzt hier in meiner Wohnung etwas passieren würde, würde es wahrscheinlich erst auffallen,
wenn die Maden unter der Türe hervorkriechen.
Ich möchte unter diesen Umständen auch ehrlich nicht mal alt werden.
Jedes weitere Jahr bedeutet für mich nur weiteres Leiden ohne Ziele.

Ich kann auch nur sehr schlecht diese Einsamkeit ertragen, aber mich wird auch keiner in meinem Zustand ertragen können.
Ich werde somit auch nie wieder die Nähe, oder auch Liebe eines Menschen bekommen können.
Was ist das dann noch für ein Leben?
Und jetzt nähert sich auch schon wieder der Jahrestag (Demians Todestag), mit dem mein Leben seinen letzten Sinn verloren hat.

Das Jobcenter hat mir heute auch eine Email geschrieben, daß wenn ich die fehlenden Unterlagen nicht umgehend einreiche,
sie mir die Leistung wieder streichen werden.
Doch ich schaffe dies einfach nicht.
Meine Welt bricht immer weiter zusammen und es ist kein Ende in Sicht.

L.G. Tobe

Tobe:
Liebe Stern,

danke auch Dir für die lieben Worte.
Das hört sich ja traurig an, daß Du nun solche Erfahrungen auch mit Deinem Mann machen musst.
Es tut mir richtig leid, weil ich weiß wie sehr Du darunter leidest.
Es ist einfach furchtbar sich so hilflos in einer solchen Situation zu fühlen.
Du kannst mir gerne jederzeit schreiben (auch per Mail), vielleicht kann ich so wenigstens Dir noch ein wenig helfen.
Manchmal ist es einfacher sich mit jemanden auszutauschen, der ähnliches Leid schon durchmachen musste.

Ich hoffe natürlich, daß Dein Mann sich wieder erholt und dieser eine Arzt ihm helfen kann.
Ich weiß ja nicht woran Dein Mann erkrankt ist, es gibt ja leider viele schwerwiegende Erkrankungen.
Aber vielleicht kann ich Dir, bzw. ihm auch noch ein paar hilfreiche Tipps geben, bin ja medizinisch
und jetzt leider auch in der Pflege nicht ganz unbedarft.
Wenn ich durch meine Erfahrungen euch beiden da noch ein klein wenig Unterstützung geben kann, tue ich dies sehr gerne.
Und keine Sorge, ich werde Dich nicht mit Infos erschlagen.

Durch meine eigenen beruflichen Erfahrungen, konnte ich so einiges besser überschauen,
wo ich mich leider von vielen Ärzten regelrecht im Stich gelassen gefühlt habe.
So konnte Demian in seiner Situation damals auch von mir profitieren.
Und trotzdem waren die Situationen auf die wir stießen, sehr oft überfordernd.
Ich möchte nicht wissen, wie viele Patienten in solchen schweren Situationen ohne eine solche Hilfe dastehen
und irgendwie klar kommen müssen.
Sehr oft wird der eigentliche Mensch (Patient) und die Angehörigen hinter dem Patienten nämlich vergessen.
Hilfreiches, auch organisatorisches kommt da leider oft zu kurz.
Wenn Demian mich nicht gehabt hätte, wäre vieles massiv schief gelaufen.

Also, falls Du (ihr) Hilfe braucht oder einfach nur ein offenes Ohr...
Ich bin gerne für Dich/euch da, wenn ich kann.

L.G. Tobe

Tobe:
Liebe Ina,

Dir danke ich ebenfalls für Deine lieben Worte.
Das mit dem Bürgergeld ist so eine Sache...
Ich hatte zwar mit Mühe und Not einen Antrag ausgefüllt, den ich online heruntergeladen hatte, doch wird dieser wohl nicht wirklich akzeptiert,
da er nicht vom hiesigen Jobcenter ist.
Und die Unterlagen, die sie haben möchten kann ich auch nicht alle beibringen.
Z.B. wollen die eine Bescheinigung vom Vermieter haben, wo die aktuelle Miete und Nebenkosten aufgeschlüsselt bestätigt werden.
Ich möchte jedoch nicht, daß meine Vermieterin davon erfährt.

Auch warten hier ja alle auf mich, damit sie die Nebenkostenabrechnung bekommen können.
Heute war schon wieder ein neuer Brief mit neuem Termin für den Heizungsableser im Briefkasten.
Den Termin werde ich wohl auch wieder verschieben, da man nicht mal an alle Heizungen kommt.
Ich weiß auch nicht, wie ich aus der Nummer rauskommen soll.

Als mein Therapeut mit seinem Vorschlag zu dem Hausbesuch kam, wurde mir schon alleine bei der Vorstellung richtig schlecht.
Ich habe es nur zugelassen, weil ich nicht wieder vor ihm ausweichen und flüchten wollte.
Ich hatte jedoch schon den Eindruck, daß es ihn doch überrascht hat, als ich schon in der Stunde am Donnerstag ihm gestanden habe,
wie scheiße es mir wirklich geht und daß ich schon einige Wochen darüber nachgedacht habe, alles hinzuschmeißen und aufzugeben.
Selbst bei ihm habe ich immer versucht, mich zusammenzureißen und den Schein des “Es geht mir noch relativ gut“ aufrecht zu halten.

Ich weiß, daß mein Therapeut das alles professionell sehen können sollte, doch bleibt das Gefühl in mir, der unerträglichen Scham, eben trotzdem da.
Für mich ist es so furchtbar, daß er nun weiß wie ich hier lebe.
Ich wollte nie, daß auch nur irgendjemand diesen Zustand sieht und schon gar nicht Menschen die mir wichtig sind.
Weil gerade bei Menschen die mir wichtig sind, eben auch besonders mein Bedürfnis besteht, normal zu sein, bzw. normal zu wirken.
Mir ist es immer schon sehr wichtig gewesen, wie andere Menschen mich sehen.
Und jetzt das...

Ich hatte aufgrund des Hausbesuchs meinem Therapeuten auch schon eine Mail geschrieben,...
mich entschuldigt, wie leid mir dies alles tut, das ich ihm auch nicht einen anständigen Sitzplatz anbieten konnte und ich mich nun mit dem Gedanken quäle,
daß er dies nun mit eigenen Augen sehen konnte und meine Befürchtung daß dies sein Empfinden und sein Verhalten mir gegenüber verändern wird.
Er hatte mir daraufhin auch zurückgeschrieben und versucht mir meine Befürchtungen zu nehmen.
Eigentlich sollte ich froh darüber sein, einen solchen Therapeuten bekommen zu haben.
Dennoch werde ich dieses Gefühl und die Befürchtungen nicht mehr los und nun sitze ich hier damit.

Du und ich scheinen doch einige Gemeinsamkeiten zu haben, von denen wir beide wohl bisher nichts ahnten.
Eine Messi-Wohnung ist auch mir leider nichts unbekanntes. War bei meinen Eltern auch so.
Als ich von zuhause auszog, waren schon einige Jahre zusätzlich ungebetene “Gäste“ (Mäuse) in der Wohnung unterwegs. Teilweise sogar in meinem Bett.
Vielleicht bin ich deshalb diesbezüglich auch so “abgehärtet“ und blende diesen Zustand oft einfach aus.
Mäuse sind bei mir in der Wohnung aber noch nicht unterwegs, nur Fliegen und einige Spinnen. Was das angeht, scheine ich echt Glück zu haben.

L.G. Tobe

stern:
Danke liebe Tobe!

Du schreibst, das du niemandem fehlen würdest(o.ä.) -mir würdest du fehlen auch wenn ich weit weg bin und wir uns nur über Forum und chat kennen.

Bitte gib dich nicht auf, versuch ganz langsam und in kleinen Schritten zurück zu kommen in ein Leben, eines von dem du noch nicht weißt wie es ist, aber es wird es geben.

glg stern

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