Hallo liebe Nele
Fehler machen wir wohl alle, aber manche erkennen sie nicht. Ich denke es ist bereits ein grosser Pluspunkt seine eigenen Fehler und Schwächen zu erkennen.
Um dies jedoch zu erreichen ist ein Austausch mit anderen Menschen dringend nötig, sei dies nun ein Therapeut, oder eine Selbsthilfegruppe, aber auch Freunde und Bekannte helfen da alle mit, letztere oftmals unbewusst.
Ohne diesen Austausch verharrt man in seinem Fehlverhalten und nichts wird sich verändern und ohne Veränderung bleibt alles wie es ist.
Der Mailverkehr mit deinem Therapeuten hat dir nichts gebracht, weil er dir keine befriedigenden Antworten geben konnte.
Die hätte er wohl auch nicht geben können, denn wie Stumm schon richtig erkannt hat, ist das Konzept einer Therapie wirklich so, dass man mit der Zeit selber zu Antworten findet. Ein Therapeut gibt uns nur Denkanstöße, darüber nachdenken und etwas zu verändern ist dann jedem selbst überlassen.
Gänzlich unbrauchbar sind Therapien, wo man sich mit den Therapeuten im Kriegszustand befindet, oder wenn man sich nichts von ihm sagen lässt, aus verletztem Stolz oder Scham, oder weil man nicht versteht, dass Kritik auch wohlwollend sein kann.
Gerade Dinge die den sensibelsten Teil eines Menschen betreffen und die uns am heftigsten belasten, traut man in der Therapie erst in den letzten Minuten anzusprechen. Alles wird in diesen letzten Minuten heftig aufgewühlt und dann ist die Sitzung zu Ende und es kocht und brodelt im Kopf weiter und man ist damit dann meist alleine.
Hast du es schon einmal mit einer Selbsthilfegruppe versucht? Ich habe damit die allerbesten Erfahrungen gemacht, man kann sich mit der Zeit besser öffnen, wird verstanden und muss sich über nichts schämen, weil alle ähnlich fühlen und das Wichtigste, man ist nicht mit seinen Ängsten alleine, kann sich zwischendurch mal treffen, oder telefonieren und findet wertvolle Freunde, vor denen man keine Maske tragen muss.
Auch der Austausch hier ist ähnlich heilsam, man lernt Dinge auszusprechen die man nie sagen könnte, wenn man dabei jemandem in die Augen sehen muss. Hier ist sozusagen ein Trainingscamp für das reale Leben. Wer sich hier wirklich öffnen kann, wird es bald auch real können. Denn auch hier ist man kritischen Bemerkungen über sein Verhalten ausgesetzt und erhält Denkanstöße, die einem vermutlich nicht immer gefallen, aber über die man nachdenken kann, ohne sich gleich rechtfertigen zu müssen.
Deinem Mann würde ich ein gutes Buch für Partner von Menschen die an Depressionen leiden schenken. Wenn er nicht gerne liest, dann könntet ihr es gemeinsam lesen.
Für Leute die nie Depressionen hatten, ist es wirklich schwer zu verstehen wie es ist, keinerlei Kraft und Gefühle mehr zu haben.
Mein letzter Freund hat oft meine Ängste beim Autofahren ignoriert und dadurch wurde unser Zusammensein immer stressiger. Er hat z.B. nicht verstanden warum ich Angst habe wenn er fährt, aber keine wenn ich selber fahre und hat es als "hysterisches Theater" bezeichnet, da er seinen Fahrstil als absolut perfekt erachtete. Na ja unter anderem ist er darum nun mein Ex :-).
Zu allem Ja und Amen sagen. Kommt mir bekannt vor, ist es so, dass du Ja sagst weil dir ein Nein zu kompliziert ist? Weil ein Nein evt. endlose Diskussionen bedeutet, oder weil du Angst hast bei einem Nein abgelehnt zu werden?
Ich habe mich früher immer gefragt warum ich selbst es nicht kann und andere jedoch, wenn sie etwas nicht wollen einfach nein sagen. Ich selber hatte Angst vor Ablehnung und den Folgen. Ich hatte wahnsinnig Mühe die Enttäuschung anderer auszuhalten und so habe ich lieber meine Empfindungen runter geschluckt und mich geopfert, egal in welchem Bereich, beruflich wie auch privat, nur um niemanden zu enttäuschen. Ich hatte mich für ihr Gefühl der Enttäuschung vollumfänglich verantwortlich gefühlt und nicht erkannt, dass ihre Erwartungshaltung an mich und die daraus resultierende Enttäuschung, ihr eigenes Problem ist.
Immer wieder ließ ich mich ganz subtil emotional erpressen und manipulieren, dies hatte ich jedoch erst beim Lesen des Buches von Susan Forward "emotionale Erpressung" erkannt. http://www.amazon.de/Emotionale-Erpressung-andere-Gefühlen-drohen/dp/3442150892
Meine Wünsche waren zwar noch vorhanden, wurden jedoch dadurch total nebensächlich, denn geäußert habe ich sie nie, ich lebte quasi so wie man erwartete, dass ich zu leben hätte, also total fremdbestimmt. Es war wie früher als ich noch ein Kind war, man hat mir befohlen was ich zu tun und zu lassen habe und so war es dann auch später.
Auch durch dieses Buch habe ich dann angefangen all jene zu beobachten die locker nein sagen konnten und festgestellt, dass ihr Nein einfach akzeptiert wurde, ohne großes Tamtam, ohne endlose Diskussionen. Mit viel Mut habe ich es auch versucht und wurde zwar mit großen ungläubigen Augen angesehen, denn natürlich gewöhnen sich die Leute auch daran, dass man immer auf die liebe Epines zurückgreifen kann, aber das war es dann auch schon, nichts passierte, es wurde wie bei allen anderen auch akzeptiert und ich lernte öfters abzulehnen.
Meine Gefühle waren wenn ich ungewollt ja sagte schrecklich, denn die Frustration kroch jedes Mal in mir hoch und die allbekannten Du-bist-einfach-nichts-wert-Gefühle waren omnipräsent. Innerlich weinte ich, aber äußerlich ließ ich mir nichts anmerken...
Schlussendlich muss ich sagen, dass die Enttäuschung der Anderen auszuhalten, weitaus weniger schmerzhaft war, als ich gedacht hatte. Die Erwartungshaltungen mehr zu leisten als nötig und immer für alle da zu sein, ohne auf mich selbst zu achten, hatte mich zunehmend gestresst und fertig gemacht. Es war höchste Zeit etwas daran zu ändern, denn so konnte und wollte ich nicht mehr weiter leben.
Mein trotziges ICH hat dann die subtilen Manipulationen erkennend, auch angefangen im privaten Bereich aufzulehnen und immer öfter habe ich mir gesagt, dass ich auch Jemand bin. Manchmal habe ich in solchen Situationen geistig regelrecht aufgestampft und gesagt:" Du bist auch Jemand, du hast auch Rechte!" Dies hat es echt erleichtert Nein zu sagen und mit der Zeit war meine Angst verschwunden bei einem Nein abgelehnt zu werden und es war mir irgendwann sogar egal. Wer mich nur mag, weil ich immer alles für ihn tue und in jedem Bereich willig bin, kann mir im Grunde gestohlen bleiben. So sehe ich es in der Gegenwart.
Auch dir möchte ich heute auf den Weg geben, diesen Satz gedanklich immer wieder zu wiederholen:
"ICH bin auch jemand!"
Alles Liebe
Epines