Lieber Andre39,
ich kann Dir nicht sagen was Deine Frau denkt, ich kann Dir aber meine Gedanken dazu schreiben ;)
Für viele ist eine Depression, wenn man bis dahin auch keine Berührungspunkte damit hatte, sehr schwierig zu begreifen. Das dauert seine Zeit und so wie ich es Deinen Erzählungen entnehme, war die Trennung aufgrund Deines Verhaltens von ihrer Seite - jetzt stell Dir mal vor, Du würdest einen geliebten Menschen verlassen, weil Du mit der Art nicht mehr klarkommst, es nicht mehr der Mensch ist, der er mal wahr und dann stellst Du nach und nach fest, es ist allen Anschein nach eine Erkrankung - wie schuldig würdest Du Dich da fühlen? Würdest Du nicht auch erst versuchen, nur für Dich selber eine andere Erklärung zu finden die Dein Verhalten rechtfertigt? Ich wäre ziemlich verunsichert und würde mir Vorwürfe machen, es selber nicht erkannt zu haben, aber es würde auch sehr lange dauern bis ich das auch vor mir selber zugeben könnte - bis dahin würde ich immer wieder Gründe suchen, die mein Verhalten rechtfertigen.
Bitte gib nicht auf, nach deiner Erklärung hattest Du doch den Eindruck, dass sie es evtl. versteht - gib Dir und Euch Zeit - Dir zu Heilung und ihr, damit umgehen zu können. Dein Therapeut hatte Dir ja aufgetragen über einen stationären Aufenthalt nachzudenken - vlt. ist das einen Möglichkeit, daheim rauszukommen, ohne gleich alles Niet und nagelfest zu machen, in einigen Kliniken gibt es auch die Möglichkeit, dass der Partner an Familientherapiestunden teilnimmt, vlt. gibt das Deiner Frau die Möglichkeit zu erkennen, dass es wirklich eine Krankheit und kein absichtliches Verhalten ist.
Ich lese hier immer wieder wie sich viele gegen den stationären Aufenthalt sträuben, ich weiß nicht warum das so ist - bedeutet das, sich selber einzugestehen, das es alleine nicht geht - aber das tue ich doch bei einer ambulanten Therapie auch?! Ich muss ehrlich sagen ich "freue" mich auf meinen Aufenthalt, denn ich hoffe einfach dass mir diese geschützte und begleitete "Auszeit" hilft bei meiner Selbsterkenntnis und ich so evtl. sogar schneller vorankomme als wenn ich in meinen Alltag und das Funktionieren eingebunden bin.
Wie lange geht denn noch die Schule/Weiterbildung? Kannst Du, wenn Du währenddessen zwischendurch weg wärst diese weitermachen oder musst Du von vorne anfangen oder wird es dann ganz gestrichen?
Ich lese aus all Deinen Beträgen heraus, dass Du Dir dir größte Mühe gibst Dich selber aus dem Sumpf der Depression zu befreien und das zeugt doch von einer unglaublichen Stärke und auch Lebenswillen/-mut. Vielleicht erkennt Deine Frau das an, wenn Du damit weitermachst und sie schritt für schritt kleine Verbesserungen erlebt. Vielleicht lässt Du sie einfach mal Deine Beträge lesen oder machst für sie ein Best-of-Dokument. Es ist für Angehörige einfach auch schwierig in die Gedankenwelt des Depressiven einzufinden - meinem Partner hilft es zB wenn ich ihn Sachen lesen lasse, die ich ihm so eigentlich nicht sagen kann, weil ich dann selten die passenden Worte finde und es im schlimmsten Fall zu streit führt und ich mich dann innerlich wieder verschließe.
Du bist in meinen Augen wirklich auf einem guten Weg und dass es immer wieder kleine Rückschritte gibt ist zwar frustrierend aber nur so ein Gedanke: auch mit zwei schritten vorwärts und einen wieder zurück kommt man irgendwann am Ziel an - es dauert halt etwas länger aber manchmal brauch man die Pausen oder gar einen Rückschritt weil man in der Eile des Weges nicht gemerkt hat, dass man beim Stolpern einen Schritt übersprungen hat ;)