Schamanin? Aber sicher nicht diese...
Am Ende der schmalen Schneise, einst Schauplatz feigen Hinterhalts und blutigen Gemetzels, an deren Rändern schroffe Felswände in die Höhe ragen hoch hinaus über die Wipfel, findet der todessüchtige Fremdling eine kleine von versiegten Wassern in den Stein der Schlucht gegrabene Höhle.
Dort haust die alte Hexe, einst große Schamanin, die der lockenden Stimme der finsteren Mächte erlag und dem Ruf der schwarzen Magie folgte nur wenige Monde nach dem Entsetzen.
Ein moosverwachsenes flechtenbehangenes Regendach schützt die unzugängliche Behausung, bewacht von hohen Pfählen voll schauriger Schädelknochen verschiedenster Tiere vom Wolf bis zum Wildschwein.
Wie immer hockt sie an glühender Feuerstelle über einem dampfenden Kessel, in dessen Rund sie allerlei zu feinem Pulver gemahlene Kräuter und Wurzeln streut, Beeren, Pilze, Blätter, Knochen und Dinge, die ich nicht wissen will.
Alt und verrunzelt sind ihre von Aderströmen gezeichneten Hände, alt und verrunzelt ist das Gesicht hinter lose und wirren schneeweißen Haaren, deren Strähnen wie Schlangen über die gezackte Nase baumeln bis in den Dunst des gluckernden Gemisches hinein.
Mit gespreizten Fingern löffelt sie eine Kelle aus ihrer brodelnden Brühe und führt sie sich genüsslich an den gespitzten Zitronenmund, die Fingerkuppe ihres Zeigefingers auf den Daumen der anderen gelegt, schlürft mit hörbarer Wonne, schmatzt und schnalzt mit der Zunge, schluckt laut wie ein saufender Gaul, begleitet von stöhnenden Lauten erheblicher Lust, und leckt sich die eingefallenen Lippen mit großporig grau spitzem Geschmacksorgan.
Es ist schon eigentümlich, aber ich habe keinerlei Probleme mit der garstigen Hexe, es ist mir vollkommen egal, wen alles sie verflucht und mit ihren Bannsprüchen belegt, an mir scheint sie im wahrsten Sinn des Wortes einen Narren gefressen zu haben, ich kann sie gut leiden, finde sie schlagfertig, pfiffig und ausgesprochen spritzig und wach in der verschrumpelten Birne.
LG
Sintram