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Autor Thema: Zwischen den Fluren  (Gelesen 632 mal)

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AHunter

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Zwischen den Fluren
« am: 30 Oktober 2015, 22:13:17 »

Zwischen den Fluren


Ein Gemäuer, dein Gefährte. So kalt, so verlassen, von all dem
Kampfgeist, von all den Gelehrten, von all dem Erstreben.
So kalt, dass alles in sich unterzugehen scheint.
Die Leere, die es ergreift, übernatürlich, unnatürlich, als wären
alle Räume in einem anderen Raum gefangen, und die Zeit hätte
sich um diesen verbogen. Alles in ihnen verschlungen, einem
Gemisch von Raumlosigkeit und Zeitverzerrung, als Ergebnis
deiner Bemühungen alles zu verlieren.

Pulsierten einst, hassten sich und dich selbst, und egal was sie
gemeinsam unternahmen, waren niemals deiner Meinung,
deiner Entscheidung, deiner angestammten Seele, trotz
gemeinsamer Identität und Abstammung.
So blieb doch nur eines: Dein Tod oder der deines Gefährten.

Du hattest einzig zu wählen.

Dich wand es, verunsicherte und übermannte. Jede Entscheidung
und doch nur diese eine, ergaben nicht nur Schwermut, sondern
auch Furcht. Wie könnte man ohne es bestehen, wie wollte man
ohne sich überleben?

Aber der Kampf zwischen euch zermürbte beide Seiten und noch
viele mehr. Es war nicht zu ertragen, es war nicht zu durchstehen,
es war das Ende. Vorbestimmter Natur.
Dachtest du dir zumindest.

So verbliebst du in deinem heimlichen Bestreben, dachtest dir
akribisch deinen Plan voraus, immer ohne Hoffnung auf deiner
Seite.
Auch dein Gefährte hatte vieles in der Hinterhand.
Ahnte alles und versuchte, dagegenzuhalten. Mit den schönsten
und menschlichsten Mitteln. Auch wenn Menschlichkeit nicht
die klügste Wahl war, wie sich im Nachhinein aufzeigen sollte.

Denn was macht uns zum Menschen? Nicht allein die Güte, nicht
im Zweifel die Standfestigkeit, nicht die Stärke wider dem
verschroben Verrückten. Nein, wir Menschen ergeben.
Ergeben uns unserer Sicht, treten ein für die Erkenntnis, dass
Wahrheit dies erfüllt, was wir für Recht erachten.
Unsere Meinung, unser Glaube, unsere Furcht, führen alle dazu,
dass wir zwar nicht ziellos durch die Ebene des Überlebens
streifen, aber den Gedanken und Gefühlen willenlos unterworfen
sind. Entweder man verharrt auf einer Stelle, oder lässt sich drehen
wie wenden.

Doch du kannst, willst, wolltest nicht mehr. Nicht mehr dieser
Unsicherheit unterworfen. Vor allem dir begegnen, wieder und
wieder. War es  dir jedesmal ein Mahnmal, war immer eine neue
Zerreißprobe.
Selbst wenn dein Gefährte dies nachempfand, er änderte niemals
seine Sicht, auf dich.

So kam es dann in einer Nacht tatsächlich dazu. Du hattest nur
noch dich in Sicht, als blickten tausende Spiegel mit deinem
schuldbewährten Starren auf dich verachtend herab. Brach
förmlich über dich herein. Nur mehr der Gedanke, dass du
es enden müsstest. Ein Mord stand bevor.
Und du stachst zu.

Dein Gefährte schien nicht überrascht, jedoch aufgelöst, aufgelöst
in Sorge, in Sorge um sich, um sich und dich.
Dich. Seinen Mörder.

Es war wie eine prophezeiende Vorahnung, derer du selbst nicht
entkommen solltest, doch hattest du in dem Augenblick keine
Sicht mehr dafür. Einzig das viele Blut und das Gefühl, dass die Zeit
stehen bleibt, während sie eigentlich nur begann, ihren Bogen um
dich zu schlagen.
Eine abscheuliche Tat, zwar aus Not geboren, doch dich und dein
Wesen befleckend.
Wie nur, wie solltest du dies rechtfertigen? Dir gegenüber,
deinem toten Gefährten gegenüber?

So erkaltete das Gemäuer, in dem ihr so lang verlebtet. Nur mehr
von Bitterkeit erfüllt, von einem Fluch und Fluchen durch die Flure.
Wie gefangen deine Seele in dieser Ruine, einzig eine vergangene
Ahnung, eine Geschichte und keine Zukunft darin verborgen.
Dort, wo du dein Herz erstachst.
Gespeichert
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