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Autor Thema: Wieder im Lande-Klinikreflektion  (Gelesen 697 mal)

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sputney

  • Gast
Wieder im Lande-Klinikreflektion
« am: 14 Juni 2011, 15:15:29 »

Hallo alle miteinander,

wollte mich nun endlich wieder zurückmelden, bin wieder aus der Klinik daheim.
Die knapp 3Wochen waren für mich die positivsten, die ich seit lange hatte und haben mir unglaublich gut getan. Ich bin so froh, dass ich mich wirklich so intensiv darauf einlassen konnte.
Ich habe mich bereits am zweiten tag unglaublich wohl und gut aufgehoben dort gefühlt, damit war schonmal der Grundstein gelegt.
Schon am ersten tag lernte ich bei dem Aufnahmetermin meinen Therapeut dort kennen und war erstmal geschockt: bitte kein mann. dachte ich bis dahin, ich käme nur mit weiblichen Therapeuten und Ärzten klar, so kann man sich irren, wie mir diese Wochen bewusst wurden. Nach der Klinik bin ich sogar davon überzeugt, dass ich mit Männern besser an meinen Problemen arbeiten kann, weil dann einfach die emotionalen Probleme nicht aufkommen, die bei älteren frauen durch meine frühere mutterersatzsuche oftmals aufkamen und die sache stark erschwerten.
Mein Therapeut war der Oberarzt und somit der aufnehmende Arzt, mit dem ich und auch meine hausärztin vorher schon öfters telefoniert hatte, so dass er doch schon bereits über einiges bescheid wusste, aber mich trotzdem nicht gleich in eine Schublade steckte, sondern sich komplett sein eigenes Bild amchen wollte. das sprach scvhonmal für sich.
Das klappte jedenfalls super.

Auch die Gruppentherapie war für mich eine ganz neue Erfahrung.
In einer ganzen fremden gruppe über persönliche Probleme sprechen? Um Gottes Willen, bloß nicht...Auch wenn ich ja noch nie Pronbleme hatte auf andere zu zugehen und Kontakte zu knüpfen, der gedanke machte mir erstmal Angst.
Aber es lag wahrscheinlich an den Mitpatienten, bei uns passte es sofort und so konnte auch fast jeder die Gruppenthera gut für sich nutzen konnte, es war eine neue aber angenehme Erfahrung. Es gab niemanden mit dem man gar nicht klar kam und so wurden wir echt ein witziger haufen, der sehr schnell sehr fest zusammenhielt. Man lernt sich in so einer Klinik eben doch ganz anders kennen als draußen und das ist schön. Endlich sein zu können wie man wirklich ist.
Dem entsprechend lief der Abschied bei uns allen recht tränenreich und mit zwei werde ich mich direkt Ende dieser Woche noch treffen worauf ich mich jetzt schon freue.
Auch die Schwestern waren allesamt sehr nett und auch wenn ich meine Anfangsschwierigkeiten hatte, war es schön, wenn nach harten therapietagen abends einfach eine von einen da war, bei der man sich ausweinen konnte, die immer passende Worte hatte oder einfach nur mal Trost schenkte, wenn es danach war. Und der Chefarzt war der hammer, am Wochenende machte er immer alleine Visite und einmal die Woche war zusätzlich Chefarztvisite, er hatte immer für jeden die richtigen Worte und genauso die Tritte in den hintern wenn es angebracht war.

Persönlich habe ich für mich viel mitnehmen können. Ob mir die kurze Zeit nun wirklich therapeutisch so viel weiter gebracht hat, ist fraglich, aber ich weiß jetzt woran ich besonders arbeiten muss. Unsere Priorität war die Arbeitssucht erst einmal und das die daraus entstandene Erschöpfungsdepression mit Burnout. ich weiß nicht wie oft ich nach den Aufgaben die ich dazu bewältigen musste Rotz und Wasser heulte, aber mir wurde immer mehr bewusst, warum ich so viel arbeiten musste, dass ich diesem inneren Chaos irgendwie davon laufen musste. dahinter kam nichts als Leere und Verzweiflung zum Vorschein. Suchtverlagerung. Was genau das ist, was ich da immer wegzudrücken versuche, das weiß ich selbst nicht. ich möchte auch gar nicht mehr bohren, ich will nur lernen mit zu leben, es zu bewältigen.
Und da muss ich noch dran und das wird noch ein langer steiler Weg.
Noch immer kann ich mir nicht vorstellen, dass ich jetzt einfach arbeiten gehe und das plötzlich in normalen Maße und wieder Hobbys finde und alles in den Griff kriege. Es macht mir dagegen noch ungeheure Angst, ein leben ohne so viel Arbeit klingt für mich unvorstellbar, löst panik aus.
Das Therapeuten Team dort sagte, die Wahrscheinlichkeit sei auch nur 1/3 hoch und selbst das sei wirklich gut, dass ich das so schnell schaffe und ich es jetzt als Versuch sehen muss, mit hilfe ambulanter Therapie daran dann weiter zu arbeiten.
Die sind gut, ich habe mittlerweile über 30 Therapeuten hier angerufen von der Klinik aus, bei 2 nur auf die warteliste gekommen, aber selbst hier ende des jahres, die anderen sagten nur gleich ab, selbst warteliste sei voll, ich solle 2012 nochmal anrufen. Nur ein einziger hat sich hoffnung gemacht, er telefonierte lang mit mir persönlöich hörte sich meine geschichte an, meinte er bemerke wie wichtig mir das sei, er notiert sich mich und ich solle im August nochmal anrufen...Er könne nichts versprechen werde aber alles versuchen. fand ich superklasse. Klang auch am telefon sehr gut und sehr bemüht.
Ansonsten werde ich mich diese Woche hier endlich mal um den Sportverein kümmern und mal ein Anfang zu machen, wieder was für mich zu tun.

Die reha steht nun noch aus, in der Theorie sollte es innerhalb 2-4Wochen weiter gehen, in der Praxis sieht das leider ein wneig anders aus, sagte mir der Sozialdienst dort ganz ehrlich. Darum muss ich nun entscheiden wie es weiter geht, ich will zurück in den beruf aber die volle leistung schaffe ich noch nicht. Daher wurde mir zu Wiedereingliederung empfohlen, allerdings sei eben die ausstehende Reha noch das Problem und ich sollte bedenken, ob es nicht sinnvoller sei, das nach der Reha zu machen. Und man würde der rentenversicherung mehr Druck machen mit der Beschleunigung der reha, wenn ich eben nicht sofort wieder arbeiten gehe. Aber wenn das jetzt wirklich noch dauert, solange kann ich auch schlecht daheim bleiben, kriege ich mit meinem Gewissen nicht gebacken. Keine Ahnung habe morgen Termin mit meinem Arbeitgeber und dann müssen wir mal zusammen schauen, wie es jetzt weiter geht. Will mir da eigentlich nicht gleich wieder so einen Druck machen, aber das ist leichter gesagt als getan.

hat hier irgendjemand schon erfahrungen mit beruflicher Wiedereingliederung?

Ansonsten bleibt nur zu sagen, so positiv es war und ich jederzeit wieder tun würde(ich dürfte im notfall auch sofort wieder hin), bin ich froh wieder daheim zu sein :)
Werde die tage mal nach und anch so lesen, was hier so los war, je nachdem wie ich dazu komme.

ganz liebe Grüße an euch alle,
Sputney
« Letzte Änderung: 14 Juni 2011, 15:22:26 von sputney »
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sputney

  • Gast
Re:Wieder im Lande-Klinikreflektion
« Antwort #1 am: 14 Juni 2011, 15:25:18 »

oh sorry, ich hatte gar nicht vor, so einen langen Roman zu schreiben ;-)
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nubis

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Re:Wieder im Lande-Klinikreflektion
« Antwort #2 am: 14 Juni 2011, 16:06:06 »


Hi @sputney :-)

Der 'Roman' ist nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest: ich fand es sehr schön wie positiv du erzählst - gradezu erfrischend :-)

Auch deine eigenen Bedenken und dein Bemühen um eine ambulante Therapie machen auf mich einen guten Eindruck: du erwartest nicht welch-Wunder sondern bist bereit daran zu arbeiten - das ist die beste Voraussetzung!


Zu deiner Frage kann ich leider nichts beitragen, aber mir war so danach ein kurzes feedback zu geben :-)


Alles Liebe dir und wilkommen zurück
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Gegen Schmerzen der Seele gibt es nur zwei Arzneimittel: Hoffnung und Geduld

(Pythagoras)

dejavu

  • Gast
Re:Wieder im Lande-Klinikreflektion
« Antwort #3 am: 14 Juni 2011, 19:54:14 »

Hallo sputney

einfach klasse. Wenn man sich gut aufgehoben fühlt und neue Kontakte knüpfen kann. Wenn man sich austauschen kann und ernst genommen fühlt.
Ich wünsch dir, das du an diesem Gefühl dran bleiben kannst, daß deine Kontakte bestehen bleiben und du weiter in diese Richtung gehen kannst.
Berufliche Wiedereingliederung ist wirklich nur sinnvoll, wenn du bis nach der Reha abwarten würdest. Du kannst glaub ich mit 3/4 Stunden anfangen, geht hoch auf 6 und dann auf 8. Wenn du allerdings die Reha dazwischen hast, die ja 4-6 Wochen dauert, müßtest du praktisch danach dann voll einsteigen, wenn du jetzt mit wenigen Stunden beginnst.
Vllt kannst du die Zwischenzeit schon zum Üben nutzen und Sachen probieren, die dir gefallen könnten. Nimm dir einfach die Zeit und laß mal das blöde schlechte Gewissen. Schließlich hast du früher für 2 gearbeitet und jetzt gleicht es sich wieder aus. :-)
Ich weiß, es ist schwer, plötzlich Zeit für sich zu haben aber auch damit muß man lernen, umzugehen.

lg deja
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