Nur Ruhe - Selbsthilfeportal über Depressionen und Selbstmord

Gästebereich (Schreiben ist ohne Registrierung möglich) => Gästebereich => Thema gestartet von: Lätta am 09 Dezember 2011, 11:00:54

Titel: Weihnachten
Beitrag von: Lätta am 09 Dezember 2011, 11:00:54
Lasst euch nicht unterkriegen und versucht wenigstens ein wenig positiv zu denken.



Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte

Roman schlendert über den Weihnachtsmarkt.
Man könnte jetzt sagen, den schönen in..., den interessanten dort, aber nein. Denn es ist egal, auf welchem Weihnachtsmarkt Roman schlendert. Für Roman sind alle Weihnachtsmärkte sowieso gleich.

"Es weihnachtet"

Er kauft sich an den, für Weihnachtsmärkten typischen, Holzhütten eine Currywurst und setzt sich auf eine Bank, abseits der Gänge. Wie fast jedes Jahr ist es nicht richtig kalt, eher ungemütlich. Feiner Nieselregen tropft ihm gegen die Brillengläser, sodass seine Sicht unklar wird. Es stört ihn nicht weiter. Er schaut auf die Menschenmassen, die sich trotz des Wetters durch die schmalen Gehwege schlängelt, während er lustlos auf seine undefinierbar schmeckende Currywurst kaut.

"Es weihnachtet"

Hinter sich hört er ein quengelndes Kind... "Ich will aber ein Eis, will keine Pommes!" Ein klatschendes Geräusch, ein weinendes Kind, eine maulende Mutter. "Wenn du nicht artig bist, bringt dir das Christkind keine Geschenke zu Weihnachten!"
Roman schaut sich nicht mal mehr um. Eine Szene, die er täglich in ähnlicher Form beobachten konnte.

"Ja, es weihnachtet eben sehr!"

Zwei junge Burschen schlendern an im vorbei. "Ey, stell dir vor, meine Tussi bildet sich doch tatsächlich ein, ich müsste ihr zum Fest goldenen Schmuck um den Hals hängen. Die wird mir echt zu teuer. Glaub ich schieß die Tussi in den Wind!" hört er einen von beiden sagen.

"Tja, unbekanntes kleines Fräulein, es weihnachtet sehr!"

Schwerfällig steht Roman auf, geht zur nächsten Holzhütte und kauft sich einen großen Becher, schwarzen, heißen Kaffee. Als er sich umdreht und zu seiner Bank balancieren will, wird er von einer alten Dame, die in ein Gespräch vertieft ist und ihn nicht sieht, angestoßen. Der Kaffee schwappt bis zur Hälfte aus dem Becher und Roman verbrennt sich die Finger. Wutentbrannt schreit die Dame ihn an:" Sie Vollidiot, können sie nicht aufpassen. Fast hätten sie meinen Designermantel versaut. Blödmann!" entrüstet dreht sie sich zu ihrem Begleiter um. "Diese Rücksichtslosigkeiten und das zur Weihnachtszeit!" kopfschüttelnd wandert sie weiter.

"Ja, es weihnachtet heftig!"

Traurig schaut er auf seinen Kaffeepott. Nun hatte er nur noch die Hälfte, nur noch einen halben Kaffee, der ihm die Zeit vertreiben würde. Nur noch einen halben Kaffee, der ihn wärmen würde. Eigentlich wollte er dieses Weihnachten "verzichten". Doch die Enttäuschung, jedes Jahr das Gleiche zu erleben, lässt ihn doch wieder zu dieser einen speziellen Hütte schlendern, die er doch tunlichst vermeiden wollte. Jetzt zog sie ihn magisch an. In einer Ecke, kurz vor der Hütte, zog er seinen Geldbeutel, um zu überprüfen, ob es denn auch noch "dafür" langen würde.
Es reichte noch. Wie jedes Jahr.

"Naja, es weihnachtet, wie jedes Jahr!"

Er kauft sich die erste Flasche Bier, dem üblicherweise noch einige folgen sollten, bis ihn diese Worte, das es so weihnachtet, nicht mehr verfolgen würden.
Er setzt sich in eine windstille Ecke auf sein Kunststoffkisten, welches er immer bei sich trägt. Als er die Flasche an den Mund ansetzen will, kommt ein junges Mädchen auf ihn zu. Wortlos schaut sie ihm ins Gesicht, leise und still setzt sie sich einfach neben ihn. Sie schweigen gemeinsam, als sei dies das Normalste auf dieser Welt.
Es ist nicht die Zeit des Redens. Sie hatten sich schon öfter getroffen und geplaudert. Heute schien sie nicht zum Plaudern aufgelegt zu sein.
Sie beobachten die "Weihnachtsgesellschaft" mit selten wirklich glücklichen Gesichtern. Roman mag seine Flasche nicht wieder ansetzen. Etwas an dem Mädchen irritiert ihn. Sie erinnert ihn an seine Vergangenheit. Bis auf wenige glückliche Momente eine einzige Katastrophe.
Er schaut sie an und denkt an seine eigene Tochter. "Müsste eigentlich jetzt im gleichen Alter sein!" Gesehen hatte er sie das letzte Mal vor 17 Jahren. Kurz nach ihrer Geburt. Jeder Kontakt war abgebrochen, die Mutter hatte es unterbunden. Das Mädchen unterbrach ihn in seinen Gedanken: "Brauchst du heute Nacht ein Bett? Dann komm mit zu mir. Bitte! Ich mag heute Nacht nicht alleine in meiner Wohnung sein!"
Wortlos reicht sie ihm ihre Hand, als sie beschließt zu gehen. Er nimmt ihre Hand und geht mit ihr.

"Es weihnachtet, irgendwie weihnachtet es anders als sonst!"

Eine ungeleerte Flasche Bier bleibt in der windstillen Ecke zurück.

In ihrer kleinen Wohnung fühlt er sich wohl, sie redet immer noch nicht viel. Lässt ihm Badewasser ein und reicht ihm einen blauen Bademantel. "Der gehörte mal meinem Daddy. Aber er hat sich zu Tode gesoffen. Er braucht ihn nicht mehr. Meinst du, du könntest ihn auch im nächsten Jahr noch mal tragen?" fragt sie ihn mit Tränen in den Augen.
Ohne zu zögern, kommt seine Antwort. "Ja". Auf dem Weg zum Bad dreht er sich noch mal um. Bleibt stehn, sieht ihr in das tränennasse Gesicht. "Danke für das Geschenk. Ich meine nicht den Bademantel! Frohe Weihnachten Kleines!" flüstert er ihr zu. Er schämt sich seiner Tränen, die auch ihm nun über die Wangen fließen nicht.
Sie kommt auf ihn zu, schlingt die Arme um ihn und weint: "Auch dir Danke für dein Geschenk und frohe Weihnachten!"
Seit jenem vierten Advent hatte Roman wieder den Sinn des Lebens und des Festes wiedergefunden. Und auch die Freude daran.

FROHE WEIHNACHTEN" all jenen, die den Sinn des Festes suchen, und ich hoffe das ihr in bald findet.

Wer diese Geschichte schon kennt, der kennt auch mich.  :-)
SchöneZeit für alle
Titel: Re:Weihnachten
Beitrag von: Lätta am 09 Dezember 2011, 15:10:19
Nein, hab ich nichts von gehört und ganz ehrlich: Bei mir hat sich nie einer gemeldet. Und ich hatte dann auch keine Lust mehr den Kontakt aufrecht zu halten. Und ich war seit Anfang 2008 in Umschulung. War schwer, hat nichts gebracht und inzwischen leb ich von Hartz 4. Aber es könnte schlechter gehen. :-)

Gruß Angie
Titel: Re:Weihnachten
Beitrag von: fixu am 09 Dezember 2011, 15:38:25
@Lätta  ...  wow, danke sehr für diese "Weihnachtsgeschichte"  !!! 

LG: fixu
Titel: Re:Weihnachten
Beitrag von: Lätta am 09 Dezember 2011, 15:45:36
Bitte gerne. Ich denke es trifft den Kern. Wenn ich so an Weihnachtsmärkte denke, ist es genauso wie beschrieben.
Die Geschichte stammt aus meiner eigenen Feder. Da kann ich ruhig mal mit trumpfen. :-)
Und danke für deinen Kommentar. Ich hätte da noch eine. ....
Titel: Re:Weihnachten
Beitrag von: fixu am 09 Dezember 2011, 16:41:10
...  ja gerne :-) 
Titel: Re:Weihnachten
Beitrag von: Lätta am 09 Dezember 2011, 17:46:26
Für Fixu:


Gibt es den Weihnachtsmann

Da stand er in der Reihe von Kindern und schaute dem Weihnachtsmann zu, wie er den Kindern etwas ins Ohr flüsterte.
Gestern auf der Weihnachtsfeier im Kinderheim war ihm dieser Junge schon aufgefallen.
Klaus sah verstohlen auf seine Uhr. Es war eine Stunde vor Ladenschluss, doch die Schlange der wartenden Kinder, die auf den Schoß des Weihnachtsmannes wollten, schien kein Ende nehmen zu wollen. Seufzend nahm er den nächsten Kleinen auf den Schoß. Doch seine Konzentration ließ nach, weil ihm die Augen des Jungen nicht losließen.
“Was will ein Bursche in seinem Alter noch von dem Weihnachtsmann?” denkt er, während er dem Kleinen auf seinem Schoß scheinbar zuhörte. Er gab dem Kleinen einen Klaps auf den Hintern, als er ihn entließ. Ein kleines Mädchen kletterte auf seinen Schoß und plapperte auf ihn ein. Aus den Augenwinkeln heraus konnte Klaus beobachten, wie der Bursche die Führung der Schlange übernahm. Er ließ die Kleinsten nach vorne, redete mit den Erwachsenen der älteren Kinder und diese waren wohl in der Annahme, dass der zum Personal gehöre, nahmen ihre Kinder an die Hand und gingen. Wieder schaute der Bursche ihn an und lächelte diesmal. Dankbar nickte er ihm zu. Der Feierabend schien für diesen Abend früher gesichert zu sein. Und tatsächlich, eine halbe Stunde vor Feierabend war das letzte quengelnde Kind abgefertigt.
“Gehen wir was trinken?” fragte ihn der Bursche. Verdattert schaute er dem Jungen ins Gesicht.
“Hey, ich trink Cola, wenn du mir einen ausgibst. Ich bin erst 13 und darf keinen Alkohol trinken. Übrigens, ich bin Thomas. Ich glaub wir haben uns gestern schon mal gesehen”, mit einem Grinsen im Gesicht hielt Thomas ihm die Hand entgegen.
Klaus war etwas verwirrt, gab ihm die Hand und schien keine andere Wahl zu haben, als dem Jungen eine Cola auszugeben.
“O.K., wo willst du hingehen?”
“Willst du nicht erst mal diese Klamotten loswerden?” fragte Thomas zurück.
“Mein Weihnachstmannkostüm?” stotterte Klaus, der mittlerweile vollkommen irritiert war.
“Ja, meinst du denn ich glaub noch an den Weihnachtsmann oder das Christkind? Ich warte vor der Ladentür auf dich, ich erkenn dich auch ohne dieses alberne rote Ding auf dem Kopf und dem weißen Bart in deinem Gesicht!” mit diesen Worten drehte sich Thomas um und ging.
“Merkwürdiger Junge!”, denkt Klaus. “Eigentlich wollte ich ja nach Hause und noch für meine Klausur lernen, aber andererseits kann ich dem Jungen diese Bitte nicht abschlagen. Scheint ein nettes Bürschchen zu sein. Ob seine Eltern tot sind, ob er vielleicht auch ein Kind des Personals ist? Hab sowieso keinen Schimmer von der Thematik, könnte ein bisschen was anderes auch vertragen”, sind Gedanken, die Klaus begleiten, als er sich umzog um sich dann mit dem Jungen vor dem Ladentor zu treffen.
Abwartend stand Thomas vor dem Ladenlokal und schaute dem “ umgekleideten Weihnachtsmann”entgegen, als er um die Ecke bog.
“So und nun?” fragte er Thomas, als er endlich neben ihm stand.
“Gehen wir in die Colaoase!” lächelte der Junge und lief quer über den Marktplatz auf die Colaoase zu, die weihnachtlich geschmückt war. Sie fanden ein kleines Lokal und eine stille Ecke, in der man den Lärm der Menschenmenge, die sich durch das Einkaufszentrum schlängelte, nur noch gedämpft wahrnahm.
Klaus hatte zwei Cola und zwei Portionen Pommes bestellt und nun saßen sie sich stumm gegenüber.
“Kannst du mir verraten, wieso ich dich hier her einlade und mit dir hier sitze? Wir kennen uns nicht, aber trotzdem tue ich grad das, was ich tue. Ich bin ganz schön verdattert!” erklärte Klaus.”Vielleicht ist es ja auch einfach eine Weihnachtsstimmung!”
“Ist es dir unangenehm?” fragte Thomas, der um einige Köpfe kleiner war, als sein Begleiter.
“Nöö, aber irgendwie ungewöhnlich, findest du nicht?”
“Du bist zu jung für einen Weihnachtsmann! Und deine Stimme ist nicht tief genug, und außerdem magst du den Weihnachtsmann nicht wirklich spielen. Zumindest heute, gestern im Kinderheim da warst du anders. Heute da war es dir lästig.”
“Wie .....?” Es hatte Klaus die Sprache verschlagen. Was fiel diesem kleinen Kerl eigentlich ein.
“Du hast ständig auf die Uhr gesehen, nicht erst nur, als du mich erkannt hattest! Ich stand bestimmt schon eine halbe Stunde in deiner Nähe. Du bist höchstens 22 Jahre alt, also könntest du mein Bruder sein. Und du hast nicht die richtige Stimme dazu!” grinste Thomas.
“Sag mal, musst du nicht langsam zurück ins Heim?” versuchte er vom Thema abzulenken.
“Du willst mich loswerden? O.K. Dann geh ich mal!” sagte Thomas und schaute mit seinen blaugrauen Augen traurig zur Tür, als er aufstand.
“Hey, so war das nicht gemeint!” Klaus zog ihn am Ärmel wieder auf seinen Stuhl.
“Ich frag mich nur, was ein Dreizehnjähriger von mir will, obwohl er ja wohl offensichtlich nicht mehr an den Weihnachtsmann glaubt.
“Du warst nett zu den Kleinen im Heim. Anders als die “Weihnachtsmänner” die in den letzten drei Jahren zu uns kamen. Und dann hab ich dich halt grad im Laden an der Stimme erkannt und dachte ich bleib mal ne Weile da. Und dann sah ich, dass du gerne Schluss machen würdest und hab den Eltern von den größeren Kindern gesagt, es sei der Tag für die bis 4 Jährigen. Morgen wäre der Tag für die älteren Kinder! Und dann sind die tatsächlich abgezogen mit ihren Kindern!” bei diesen Worten lachte Thomas. Doch dann wurde sein Gesicht wieder betrübt und seine Augen glasig.
“Aber wieso?” fragte Klaus ein zweites Mal.
“Meine Freunde sind alle in die Ferien gefahren. In drei Tagen ist Weihnachten und ich hatte Langeweile. Ich hab mir immer einen großen Bruder gewünscht, aber ich bin Einzelkind, wie man so schön sagt, und da dachte ich mir, mich ein bisschen mit dem “Weihnachtsmann” unterhalten wäre doch auch nett. Und wenn dieser dann auch noch so jung ist, hab ich eher eine Chance das er mit mir redet. Die Alten haben meist selbst Familie und müssen schnell nach Hause ihre eigenen Kinder noch überraschen”, traurig sah Thomas ihn an.
“Tja, da hast du aber echt Schwein gehabt mit mir was! Ich bin Student und eigentlich wollte ich noch für meine Matheklausur lernen. Aber irgendwie finde ich es nett mit dir. Außerdem hab ich die letzten Stunden geschwänzt und keinen Schimmer, was da morgen auf mich zukommt. Sag mal, wann musst du ins Heim zurück?”
“Ich hab ein bisschen Narrenfreiheit. Wenn ich anruf und sag ich bin mit einem Freund zusammen, darf ich auch mal länger draußen bleiben! Ich hab nen guten Draht zum Heimleiter Krauss!” Hoffnungsvoll schaute Thomas in das Gesicht von Klaus.
“O.K. ich ruf mal da an!” Entschlossen nahm Klaus sein Handy zur Hand und rief im Kinderheim an. Als der Heimleiter erfuhr, dass er Klaus von der Nikolausvermittlung war, gestattete er Thomas eine Auswärtsnacht.
“Mann, das find ich ja geil!” Thomas Gesicht strahlte, nachdem er das Gespräch verfolgt hatte. “Du nimmst mich echt mit zu dir? Und die machen da so einfach mit?”
“Meine Arbeitsvermittlung arbeitet schon seit Jahren mit eurem Heim zusammen, und der Heimleiter ist davon überzeugt, dass “sein Thomas” schon weiß, was er tut. Seine eigenen Worte übrigens! Ach ja, und ich war auch mal ein paar Monate in diesem Heim. So mit 16, weil meine Eltern beruflich ins Ausland mussten, ich aber nicht mit konnte und auch nicht wollte. Den Krauss kenn ich auch ganz gut!” grinste Klaus.
Er zahlte und zog Thomas an seiner Kapuze mit sich. Seine Wohnung lag nur wenige Minuten abseits so das sie schnell wieder im Warmen saßen.
Sie unterhielten sich die ganze Nacht, bis Thomas vor Erschöpfung einfach einschlief. Lächelnd zog Klaus eine Wolldecke über den Jungen.
Er hatte in der Nacht erfahren, dass Thomas freiwillig ins Kinderheim marschiert war, als er grade 10 Jahre alt war. Seine Eltern hatten sich getrennt und buhlten um seine Liebe und vergaßen dabei, dass dieses Kind beide Eltern brauchte. Eines Tages hatte Thomas die Nase voll und haute einfach ab. Ein gnädiger Familienrichter gab ihm Recht und verfügte über die Rechte des Jungen. Seit dem verweigerte sich dieser Junge seinen Eltern, die inzwischen begonnen hatten sich wieder anzunähern. Thomas hatte erkannt, dass sich die Eltern noch liebten, aber sie keinen Weg fanden, sich zu vertragen. Seine ganze Hoffnung lag darin, dass die Zeit schon alles richten würde.
Klaus streichelte über die Wangen des schlafenden Kindes.
“Ich hoffe, es gibt für dich dieses Jahr doch noch so was wie einen Weihnachtsmann!.
“Mann oh Mann, dass ein Kind so hart sein kann, wäre mir nie in den Sinn gekommen. Hoffentlich ist er heute Mittag noch da, wäre schön wenn wir noch ein paar Stunden zusammen verbringen könnten.” Klaus Gedanken wanderten ständig zu dem Burschen in seiner Wohnung. Auf seine Matheklausur konnte er sich kaum konzentrieren. Als er diese abgab, war er sich sicher, dass er diese vermasselt hatte.
Als er zuhause ankam, war Thomas noch da, aber in heller Aufregung.
Er lächelte Klaus an und sagte ihm, das er schnell ins Heim fahren müsste. Der Heimleiter hätte angerufen das seine beiden Eltern da wären und darauf bestehen würden, ihn dieses Jahr mit heimzunehmen, egal, was Thomas wollte oder nicht.
“Beide?” fragte Klaus ungläubig.
“Jau, stell dir vor, alle beide gleichzeitig. Kein Tauziehen, mehr wo ich zuerst hin soll oder nicht. Ich bin mal gespannt, was da los ist. Ich weiß noch nicht, ob ich mitgehe. Aber immerhin sind sie jetzt erst mal beide zusammen da.” Bei diesen Worten schnappte sich Thomas seine Jacke und rannte zur Tür hinaus.

Er verbrachte eine schöne Weihnacht bei seinen Eltern, die ihn endlich ernst nahmen.
Klaus schrieb in seiner Matheklausur eine Eins.
Thomas und Klaus wurden Freunde.
“Sag mal, du hattest nicht zufällig deine Hände im Spiel bei der Versöhnung meiner Eltern, Herr Weihnachtsmann?” fragte ihn Thomas auf einen seiner Besuche ganz unvorbereitet.
“Ich? Neeee. Ich hab doch ne Matheklausur geschrieben! Und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, das da doch ein bisschen was dran ist an Weihnachtsmännern. Sieh mal, ich hatte keine Zeit zum Lernen und trotzdem hab ich eine Eins geschrieben. Und weißt du, was das Seltsame daran ist?“
“Nee” sagte Thomas etwas verwirrt, denn er hatte tatsächlich geglaubt das Klaus bei seinen Eltern gewesen war.
“Ich hatte null Ahnung von dem Thema. Und ständig hatte ich an einen unglücklichen Jungen in meiner Wohnung denken müssen! Für mich ist diese Note nicht erklärbar” erklärte ihm Klaus mit nachdenklicher Miene.
”Ich konnte mich überhaupt nicht auf die Arbeit konzentrieren”. Er sah ernst in Thomas Gesicht.
.


Thomas Eltern hatten an dem Abend, als er mit zu Klaus gegangen war, einen sonderbaren Besuch erhalten. Ein Mann mit weißem Bart und etwas älteres Semester. Er ließ sich nicht abweisen.
Auf Thomas Frage, ob dieser als Nikolaus erschienen sei, verneinten die Eltern. Er sagte, er wäre ein guter Freund der Heimleitung und hatte sich lange und ausgiebig mit seinen Eltern über ihn unterhalten. Dabei hätten sie sehr schnell festgestellt, was ihr Sohn wirklich will, und endlich begriffen, dass sie alle zusammen gehören.
Thomas hatte Klaus seinen Eltern vorgestellt, aber diese behaupten bis heute das der jener Mann eine so dunkle Stimme gehabt hätte, die hätte man nicht vorspielen können.
Außerdem wäre dieser Mann viel größer und stabiler gewesen.
Und der Heimleiter hatte ebenfalls keine Ahnung, wer das gewesen sein könnte.

Thomas und Klaus wurden ganz still. Bis Klaus laut dachte:

“Vielleicht gibt es den Weihnachtsmann ja doch irgendwie. Nur nicht so wie wir uns ihn vorstellen!”
Titel: Re:Weihnachten
Beitrag von: Epines am 09 Dezember 2011, 18:38:57
Tolle Weihnachtsgeschichten, mit Happyend ist es immer so schön weihnachtlich. Danke!

LG
Epines
Titel: Re:Weihnachten
Beitrag von: stern am 09 Dezember 2011, 19:28:35
schön das du wieder da bist!
Titel: Re:Weihnachten
Beitrag von: Lätta am 09 Dezember 2011, 21:24:52
Ich war nie wirklich weg. Ich hab nur keine Zeit gehabt und keine Lust zu schreiben.
Ich hab immer wieder hier gelesen und so manches mal wäre ich gerne zum Treffen gekommen,
aber leider ging das nicht.
Mein Leben war ein wenig chaotisch geworden. Aber einen Vorteil hatte es, es geht mir
heute besser denn je.
Titel: Re:Weihnachten
Beitrag von: Ina am 09 Dezember 2011, 22:55:45
Hallo Angie,

willkommen zurück!

Dass sich nie jemand von hier gemeldet hat, stimmt nun wirklich nicht.
Ich habe Dir öfter mal eine Mail gesendet und Du hast sogar öfter mal zu-
rückgeschrieben ;)

Und Pudel müsste das auch wissen, ich hab's schließlich im "Vermisste
Mitglieder"-Thread gepostet...

Liebe Grüße,
Ina
Titel: Re:Weihnachten
Beitrag von: Lätta am 10 Dezember 2011, 10:51:15
Ich meinte nicht hier, ich meinte von denen, die damals beim Treffen dabei waren. :-)
Und die sind alle auch nicht mehr hier.
Titel: Re:Weihnachten
Beitrag von: neuesLeben am 13 Dezember 2011, 01:02:47
schöne Geschichte!

gut geschrieben
Titel: Re:Weihnachten
Beitrag von: Ina am 13 Dezember 2011, 13:05:32
@ Angie:

Sorry, dann hatte ich das falsch verstanden...

Auf jeden Fall freue ich mich, dass Du nach so langer Zeit wieder hier bist :)
Titel: Re:Weihnachten
Beitrag von: Lätta am 13 Dezember 2011, 13:19:58
Wie ich schon sagte, ich war nie weg. Aber ich werde mich nicht wieder so einbringen wie damals. Werd sicher auch lange Zeit gar nichts schreiben.


Wünsch euch hier noch schöne Tage bis Weihnachten und Neujahr.
Angie
Titel: Re:Weihnachten
Beitrag von: Epines am 07 Dezember 2012, 11:37:16
Hallo liebe Lätta

Gefunden :-)
Titel: Re:Weihnachten
Beitrag von: Lätta am 07 Dezember 2012, 11:47:12
Hab leider keine neue mehr geschrieben. Aber ich hab eine gefunden, die man vielleicht auch als Weihnachtsbotschaft deuten könnte. Hoffe ihr kennt sie noch nicht.

Nachtfieber

Eine einzige Nacht hatte sein Leben total verändert. Er wiederholte diese Nacht immer wieder. So auch an jenem Abend.

Er lebte auf, wenn es dunkel wurde. Die Müdigkeit des Tages fiel von ihm ab und das Blut pulsierte in seinen Adern. Das Blut floss schneller und trieb ihn an. Sobald die Dunkelheit hervorkroch, die Lampen der Straßen brannten, begann ihn eine Unruhe zu erfassen, die ihn dazu zwang, schnellstens unter die Dusche zu gehen, danach seine Lederkluft überzuschmeißen und sich auf seine Harley Davidson zu setzen. Bevor er die Maschine startet, streichelte er sie und begann zu grinsen. „Eher verkauf ich meine Großmutter als meine Harley!“ war ein Satz, den er sehr oft in den letzten Wochen gesagt hatte, wenn die Jungs versuchten ihm die Harley abzukaufen.

Die Harley war sehr hilfreich, um Zugang zu den Motorradgangs zu finden. Es war schwer, ihr Vertrauen zu wecken, zumal sie bald merkten, dass er ANDERS war, eben ganz anders als sie selbst. Aber die „noch unverdorbenen“ unter ihnen akzeptierten ihn schnell. Die „weniger“ Guten ließen ihn in gewähren, solange sie die Harley bewundern und auch ab und zu  mal fahren konnten.
Er schaute auf seine Uhr, ließ die Maschine an und lauschte dem unverkennbaren, heiß geliebten Harley Sound. Dann gab er Gas.

Er fuhr in gemächlichem Tempo durch die Stadt Page, bis er den Highway erreichte. Auf der breiten, freien Straße schien sich jedes Mal die Harley zu verselbstständigen, bis sie die Höchstgeschwindigkeit erreicht hatte. Bei Monument Vally, an einem heruntergekommenen Motel, warteten die anderen Kumpel auf ihn. Zu fünft sausten sie den Highway weiter entlang. Sie fuhren langsam, dann schneller. Der eine gab Gas, um die anderen zu überholen, verlangsamte, um dann wieder von den anderen überholt zu werden. Die Nacht war nicht schwül, der Himmel klar, sodass sie die Fahrt genießen konnten. So zogen sich die Meilen dahin, während es in seinen Ohren dröhnte. Sie verließen den Highway und fuhren durch staubige Straßen in eine Gott verlassene Gegend, bis sie in eine kleine Ortschaft in der Nähe des Navaho Reservates angelangt waren. Es gab ein schäbiges Drive-Inn. Weiter Mitglieder der Gang hatten inzwischen schon die Gegend unsicher gemacht. Ihn wunderte, dass die Staatspolizei noch nicht eingegriffen hatte, aber der Radau hielt sich noch in Grenzen und schien in dieser Gegend niemanden wirklich zu stören, oder man war es bereits gewohnt. Jedes Wochenende trafen sie sich hier.
Seit drei Monaten war er nun schon in dieser Gang und hatte sein Ziel noch nicht erreicht. Es schien schwieriger als erwartet. Doch er hatte Geduld. Wie so oft in den letzten Jahren. Vier mal hatte er inzwischen die Motorradgang gewechselt.Den Staat brauchte er nie zu wechseln, denn er war immer unter falschem Namen unterwegs und keiner kannte seine wahre Identität. Wenn er dies hier erledigt hätte, wäre es wieder an der Zeit sich eine Neue zu suchen. Er hatte sich inzwischen einen Kaffee besorgt. Angewidert schlürfte er die scheinbar wieder aufgewärmte Brühe. Eine fette, ungepflegte und schmutzig bekleidete Bedienung hatte ihm den Pappbecher überreicht und darauf hingewiesen, dass das „ Gute“ Geschirr nur für das Restaurant gedacht sei. Er krauste die Stirn bei diesem Wort und rümpfte die Nase, während er sich nach draußen begab. Es roch unangenehm nach altem Fett und verbranntem Fleisch und er war froh, als er raustrat und die frische Luft einsaugen konnte. Er stand abseits der Gruppe und beobachtete die Jungs der Gang. Es gab einige anständige Jungs, die nur den richtigen Weg noch nicht gefunden hatten, und solche wie Hank.
Die Jungs hatten sich um Hank versammelt. Ab und zu ließen sie die Motoren dröhnen, um die Aufmerksamkeit der Mädels auf sich zu ziehen. Er hätte gern den Geräuschen der Natur in dieser klaren Nacht gelauscht, doch der Krach der Truppe übertönte alles. Sie schrien, lachten und sangen. Schmissen achtlos die leeren Bierflaschen hinter sich, die mit einem unschönen Geräusch auf dem Asphalt zerschellten. Er schüttelte missmutig den Kopf. Er sehnte sich nach dem frischen Fahrtwind und dem Geruch einer schönen Frau. Fast hätte er sich entschlossen, sich auf seine Harley zu schwingen und zu verschwinden.
 Doch dann kam „Sie“
Sie hieß Susan, war knapp 19 Jahre alt und süß. Fast so süß wie... Er schüttelte den Kopf um die lästigen Gedanken, die ihn befielen, abzuschütteln. Er hatte keine Zeit jetzt an die Vergangenheit zu denken. Er wollte sich nur auf Susan konzentrieren.
„SIE“ war der Grund für sein momentanes Nachtfieber. „Sie“ war der Grund dafür, dass er sich dieser Gang angeschlossen hatte. Er lächelte sie an, doch sie ging ohne ein Wort an ihm vorbei und schlenderte lässig Richtung Hank. Sie wollte Hank.

Hank war der Boss!

Er sah ihr traurig nach. Was fand sie nur an Hank? Hank war ein Arschloch. Zugegeben er war ein gut aussehender Bursche, aber er prügelte sich ständig, soff wie ein Loch, nahm Drogen und hatte fast monatlich ein neues Mädchen, die er, nachdem er sie ins Bett gezerrt hatte, in den Wind schoss. Er benutzte die Mädchen, brachte sie irgendwie auch an die Drogen und oft endeten sie auf dem Strich. Man konnte Hank nie etwas nachweisen, aber er wusste, dass er auch als Zuhälter eine Menge an Kohle verdiente. Er verstand einfach nicht, was die Frauen an ihm fanden, denn außer das er den Vorteil hatte, gut auszusehen, hatte Hank nichts.
Er überlegte, ob er die Gang verlassen sollte. Doch dann sah er in ihr Gesicht. Sah die noch unschuldigen, braunen Augen, die gepflegten Hände, die noch keine wirkliche Arbeit gesehen hatten. Trotz der entsetzlichen Familienverhältnisse schien sie sich eine Unschuld bewahrt zu haben, die ihn faszinierte. Und dann ihr ansteckendes, ehrliches Lachen.
„Nein, ich kann jetzt noch nicht aufgeben. Jetzt noch nicht!“
Er wollte irgendwie verhindern, dass sie sich ins Unglück stürzte.
Er hatte Gesprächsfetzen mitbekommen, wenn sie sich mal mit Hank unterhalten hatte. Doch meistens ließ Hank sie abblitzen. Hanks Methode, sich interessant zu machen. Wieso dies meist funktionierte, verstand er nicht.


Hank zeigte zum wiederholten Male kein Interesse an ihr und ließ sie links liegen, beachtete sie einfach nicht. Hanks Augen wanderten in seine Richtung. Als sich ihre Blicke trafen, begann Hank breit zu grinsen und deutete ein Kopfnicken an. „Hatte Hank hin und wieder doch noch so was wie Skrupel?“ dachte er. Doch bevor er sich weiter darum Gedanken machen konnte, witterte er seine Chance und sprach sie an. Sie ließ sich auf ein Gespräch mit ihm ein. Sie wollte etwas erleben. Sie wollte raus aus diesem Nest. Der Vater schlug sie, seit die Mutter vor kurzem gestorben war. Ihr Bruder war ein Säufer. Wenn er richtig zu war, versuchte er sie zu vergewaltigen, seit sie frauliche Formen angenommen hatte. Nach drei Stunden Gespräch ging sie nach Hause, packte ihre Tasche und brach alle Brücken hinter sich ab. Sie fuhr mit ihm in eine andere Welt. Vertrauensvoll lehnte sie sich an seinen Rücken, während sie den Highway zurückbrausten. Er roch ihr dezentes Parfüm. Er kannte diesen Geruch.
Auch seine kleine Schwester hatte dieses Parfüm benutzt. Ein wehmütiges, tieftrauriges Gefühl bekroch ihn. Erst als Susan mit ihm vor seiner Ranch stand und munter drauf losplapperte, verschwanden diese, ihn bedrückenden Gefühle wieder. Es wich einem Gefühl der tiefen Befriedigung, wenn er ihrer klaren Stimme und ihrem Lachen lauschte.

Bei ihm war sie gut aufgehoben. Besser als sonst wo auf dieser Welt. Er sorgte für sie. Er zahlte ihre Ausbildung und ein Studium. Sein Nachtfieber war schon eine ganze Weile gesunken. Einige Jahre nach dieser Nacht verabschiedete sie sich von ihm:
„Bye Grandpa! Und vielen Dank für alles!“
Er war 67 Jahre alt, eigentlich schon in Rente, doch immer noch ein Streetworker der besonderen Art. Er kam, wie man so sagt, aus gutem Haus, hatte Grundstücke geerbt und somit die finanziellen Möglichkeiten, sich den Luxus zu leisten, junge Mädchen zu retten. Seit er vor 35 Jahren, seine kleine Schwester aus einer Motorradgang rauskämpfte, und zusehen musste, wie seine Schwester an den Folgen des Drogenkonsums starb, hatte er sich dem Milieu verschrieben. Als ausgebildeter Jugendpsychologe fand er schnell einen Job, der ihn zum Streetworker machte. Doch auch nach seinem wohlverdienten Ruhestand ließ ihn diese Unruhe, die ihn in unregelmäßigen Abständen befiel nicht los.

Kaum hatte sie die Türe geschlossen, dachte er an seinen ehemaligen Kollegen. Er hatte ihm von einer neuen Motorradbande erzählt, die sich bevorzugt an noch minderjährige Mädchen heranmachte.
Er wartete auf die Dämmerung.
Titel: Re:Weihnachten
Beitrag von: Epines am 07 Dezember 2012, 11:59:25
wunderbare Geschichte, vielen Dank!!