Hallo Lucinda
Unabhängig davon was alle anderen bisher schrieben, möchte ich auf dein erstes Posting eingehen.
**Kann es sein, dass sich hier lieber manche hinter ihrem Schmerz verstecken, oder gar lieber in.der armen Opferrolle verweilen, als aktiv zu werden, um ihr Leben zum Positiven zu ändern?**
Die Fragestellung ist etwas verwirrend, aber es ist in der Tat so, dass einige hier zum ersten Mal in ihrem Leben überhaupt in der Lage sind über ihren Schmerz und ihre Erlebnisse zu berichten. Dazu braucht es sehr viel Mut, denn manche schwiegen leider viel zu lange und irgendwann bricht der Schmerz explosiv, wie bei einem Geysire heraus, heiß, sprudelnd, brennend und natürlich ist man erst einmal in diesem gefangen und trauert um sich und all das was man verloren hat.
Ein wichtiger Schritt im Leben jener Menschen, die in irgendeiner Form lange Zeit in einem gewalttätigen Umfeld leben mussten und sich deshalb nicht so entwickeln konnten, wie es im Grunde jeder Mensch verdient hat.
Dieses Forum bietet Leuten die sich kaum trauen offen auszusprechen was sie belastet eine Plattform.
Die Empathie die einem hier entgegen gebracht wird tut einfach gut!
Darum erachte ich es als sehr heilend, wenn man dies dann auch wahr nimmt.
Tendenz in der Gesellschaft ist doch eher - krass ausgedrückt:" Nimm deine Tabletten und halte die Klappe"... Wer schreit gilt als unbequem, als Jammerer, als wehleidig, als Hypochonder, als Simulant! Alle möchten irgendwie ihre Ruhe, es lebt sich doch viel angenehmer, wenn man wie die drei Affen nichts sieht, nichts hört und nicht davon redet...
Man sieht lieber den Schmerz der Welt als den des Nachbarn.
Dass nun immer mehr nicht mehr die Klappe halten wollen, erachte ich als großen Fortschritt, denn dadurch erst werden viele Tabus gebrochen. Wer schweigend leidet spielt den Verursachern und schlussendlich auch der gewinnorientierter Pharmaindustrie in die Hände und nichts, aber auch gar nichts verändert sich.
Intoleranz jener die es geschafft haben, gegenüber jenen die noch dabei sind es zu schaffen.
Ich habe es geschafft mit dem Rauchen aufzuhören und plötzlich wurde ich zum schärfsten Gegner aller Raucher! Es war nicht leicht damit aufzuhören, aber ich dachte wenn ich es kann, kann es auch jeder andere. Niemand durfte mehr in meiner Gegenwart rauchen, ich wollte nicht durch Passivrauchen belästigt werden. Rauchende Freunde wurden erst gar nicht mehr eingeladen und ich ging nirgendwo mehr hin wo geraucht wurde, ich wollte auch nicht, dass meine Kleider oder mein Mantel nach Rauch rochen. Obwohl ich jahrelang selber geraucht hatte, sah ich plötzlich in Menschen die rauchten willensschwache Schlaffis, die nicht einmal DASS schafften. Ich bewertete alle Raucher negativ nur weil sie rauchten...
Eines Tages als ich wieder einmal am Bahnsteig über einen Mann fluchte der neben mir stand und rauchte, fragte mich meine Freundin, ob ich so intolerant sei, weil ich panische Angst habe rückfällig zu werden.
Peng das saß!
Sie hatte den Nagel genau auf den Kopf getroffen, ich hatte wirklich panische Angst erneut rauchen zu müssen, also wieder willensschwach zu werden.
Was ich damit sagen möchte ist, dass oftmals jene Menschen intolerant sind die bereits etwas weiter sind, etwas geschafft haben und zu Recht stolz darauf sein dürfen, denn es war in jedem Fall eine enorme Leistung. Aber man sollte dabei nie vergessen wie es damals für einen selber war!
Viele die mit anderen wenig Geduld haben, konnten aus was für Gründen auch immer nicht jammern, ihr Leid nicht in die Welt raus schreien, wie ich es damals auch nie konnte, aber es hätte mir so unendlich gut getan, ein Forum wie dieses zu haben, wo man loslassen kann ohne deswegen bewertet und verurteilt zu werden.
Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass es auch für gesunde Menschen, die bestimmt ab und zu hier einmal hereinschauen sehr hilfreich ist zu wissen, wie sich Menschen mit Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen fühlen und wie sie versuchen trotz allem ihr Leben zu meistern und nicht aufgeben!
Jeder der hier offen über sich und sein Leben berichtet ist bewundernswert, denn es öffnet vielen die Augen im Umgang mit Partnern, Bekannten, Verwandten und Freunden die erkrankt sind. Dies schafft Verständnis und baut Vorurteile ab!
Alles Liebe und einen wunderschönen Sommertag wünsche ich euch allen
Epines