Und hier habe ich noch etwas über Fee´s Elektrokrampftherapie gefunden Prof. Dr. Dr. Klaus Dörner schreibt hier folgendes im Deutschen Ärzteblatt:
Elektrokrampftherapie "Schocktherapie" oder ein differenziertes Behandlungsverfahren?
Rationale Gründe zum Verzicht
Während noch vor zehn Jahren kaum ein Anwender der Elektrokrampftherapie (EKT) sich öffentlich dazu bekannte, um nicht wegen "unmenschlicher Behandlung" kritisiert zu werden, traut sich heute kaum ein Krankenhauspsychiater zu bekennen, ohne EKT auszukommen, da er sonst kritisiert würde, kunstfehlerhaft seinen Patienten eine differenzierte Behandlungsmethode vorzuenthalten. So auch die Position von H. Folkerts in seinem Artikel. Dabei hat sich in diesen zehn Jahren in der Technik nichts Weltbewegendes verändert. Außerdem ist die Zahl derjenigen psychiatrischen Krankenhäuser und Abteilungen, die mit EKT arbeiten, und die Zahl derer, die ohne EKT auskommen, gleich groß und ist auch in diesem Zeitraum gleich groß geblieben, wenn man den vorliegenden Zahlen glauben darf. Im übrigen liegt Deutschland in der EKT-Anwendung von 1945 bis heute an letzter Stelle aller vergleichbarer Staaten. Wenn nun die Lager der EKT-Anwender und der EKT-Abstinenzler gleichgroß sind, sind beide Lager auch gleich ernst zu nehmen. Jeder darf in dieser Auseinandersetzung seine Position begründen, aber nicht die Gegenposition verteufeln. Offensichtlich liegt der Unterschied zwischen den beiden Lagern mehr auf der Ebene der theoretischen Konzepte: die einen fassen eine Psychose eher nach dem Krankheitsmodell auf, die anderen eher nach dem Denkmodell der biographischen Krise. Wohlgemerkt beide Denkmodelle sind Konstrukte, enthalten Elemente unbewiesenen medizinischen Glaubens; das eine ist nicht wissenschaftlicher und rationaler als das andere. Im Gegensatz zu Folkerts kann es daher sehr wohl "rationale Gründe für den grundsätzlichen Verzicht auf den Einsatz der EKT" geben; ist es doch rational nachvollziehbar, daß zum therapeutischen Umgang mit einer Psychose aufgefaßt als biographische Krise die EKT weniger paßt als etwa die Psychosen-Psychotherapie.
Wir von der Westfälischen Klinik für Psychiatrie Gütersloh bevorzugen die Auffassung von der Psychose als biographischer Krise. Zuständig für 800 000 Einwohner mit 3 000 Aufnahmen im Jahr sind wir in den letzten 15 Jahren ohne EKT ausgekommen. Auf dem ersten Europäischen EKT-Symposion in Graz 1992 habe ich dafür zehn rationale Gründe vorgetragen (Sozialpsychiat. Informationen 3/94 S. 3132). Vermutlich hat diese Grundhaltung uns mit mehr begleitender Geduld auch im Umgang mit katatonen und chronifizierenden depressiven Patienten ausgestattet, so daß uns vor einer EKT-Indikation bis heute noch andere Umgangsweisen eingefallen sind, ohne daß unsere Verweildauern länger sind als anderswo. Wenn ich dies schreibe, habe ich darauf zu achten, mich jedes Triumphes einerseits und jeder Scham andererseits zu enthalten. Vielmehr habe ich wegen des Glaubensanteils in jedem, also auch unserem psychiatrischen Konzept selbstkritisch zu reflektieren, daß niemals ein konkreter Mensch der Leidtragende eines psychiatrischen Glaubens sein darf. Ich muß mich also offenhalten dafür, daß morgen am Tag auch noch nach 20 Jahren EKT-Abstinenz ein Patienten kommen kann, bei dem ich die EKT-Indikation zu befürworten habe. Dieselbe kritische Glaubensrelativierung im Einzelfall darf ich dann auch von den EKT-Anwendern erwarten.
Und nun zum schluss kommt dies was sehr interessant ist:
n einem Punkt übrigens irrt Folkerts völlig: Die verantwortlichen NS-Psychiater haben die EKT-Anwendung nicht behindert, sondern geradezu enthusiastisch gefördert; denn die EKT hat ihren Glauben daran unkritisch verabsolutiert, daß man in Kürze alle akuten Psychosen heilen könne, weshalb man nur die chronisch Kranken, also die Unheilbaren, "von ihrem Leiden erlösen", also ermorden sollte. Deshalb hat die "Euthanasie"Kommission, darunter auch Prof. Kihn, später einer der Gründer der Lindauer Psychotherapie-Wochen, nicht nur die Vergasungslisten zusammengestellt, sondern sich auch aktiv bemüht, die pychiatrischen Krankenhäuser mit EKT-Geräten auszurüsten. Die verantwortlichen NS-Psychiater waren begeisterte technokratische Modernisierer. Gerade deshalb haben wir auch heute noch so viel von ihren Fehlern zu lernen.
Gruß ein sehr kritisch denkender Last bezüglich der EKT