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Zusammenfassung

Autor: Sintram
« am: 17 November 2010, 10:32:06 »

Aber lassen wir die Elite von morgen mal in der Zukunft.
Alles was sie hergibt, ist das Beispiel einer Sichtweise, die im Rahmen einer Diskussion zu heftigen Gegenreaktionen führen könnte.

Und genau darin liegt unser besonderes Problem.
Denn Dispute in einem Depressionsforum bewegen sich jenseits von Argument und Gegenargument.
Die Logik des Gedankenganges, die Konzentration auf ein bestimmtes Thema, all das ist nur die äüßere Erscheinungsform und Umkleidung dessen, was sich in Wahrheit dabei abspielt.
Und das ist sehr viel komplizierter.

Wir alle haben gelernt, unsere psychischen Erkrankungen in einer Welt der "Gesunden" sprich Funktionstüchtigen -denn mehr ist es tatsächlich nicht- bestmöglichst zu verbergen.
Wo immer wir uns bewegen, verstellen wir uns und verstecken wesentliche Anteile unserer Persönlichkeit.

Im öffentlichen Leben passiert es uns ständig, dass wir Zeuge von Aussagen wie: "Der spinnt doch. Die ist ja völlig durchgeknallt. Das ist eine arme Sau, wenn du mich fragst" werden, und genau wissen, dass diese ebensogut auf uns bezogen werden könnten- wenn sie denn etwas wüssten von uns.
Wir sind also ständig am schlucken und einstecken, wir wissen, was uns blüht wenn wir uns "outen" würden, und das macht uns chronisch misstrauisch und sehr vorsichtig.

Hinzu kommen demütigende und verletzende Äußerungen und Handlungsweisen von Menschen, die uns nahestehen. Die uns die Symptome und Defizite unserer Krankheit vorwerfen, als wären sie charakterliche Schwäche und pure Einbildung, die leicht zu überwinden wäre, wenn wir uns nur ein wenig "zusammenreißen" würden.
Die uns das Gefühl vermitteln, sie wären Diejenigen, die unter unserer Krankheit zu leiden hätten, und nicht wir.
Die wir vor Schmerz und Hoffnungslosigkeit nicht mehr wissen wohin.
Die also nichts anderes zu uns sind als grausam und unerbittlich. Selbstgerecht und ignorant.

Und zu schlechter Letzt die unablässigen Entwürdigungen, die uns von Ämtern zugemutet und beigefügt werden.

All das tragen wir mit uns, wenn wir in einem Forum von uns erzählen. Uns also schutzlos machen und verletzlich, uns förmlich ausliefern. Unser Misstrauen und unser Argwohn laufen dabei auf Hochtouren.
Wir haben Angst.

Und dann genügt eine beiläufige Äußerung, ein Nebensatz, eine Randbemerkung, die wir so und genau so schon mal anderswo gehört haben. Von der oder dem, die uns schon unendlich schweres Leid zugefügt haben.
Folglich muss die Person, die sie geäußert hat, genau so denken. So borniert sein und selbstherrlich. Oder was auch immer, auf jeden Fall aber "feindlich".

Und weil wir noch dazu dazu neigen, uns unablässig voneinander zu distanzieren, weil das Gegenüber kränker, verrückter, krankheitsuneinsichtiger ist als wir, um uns vor dem Abgrund der eigenen Hilflosigkeit zu schützen-
sind wir auch kaum in der Lage, Zuspruch und Trost anzunehmen, und schon gar keinen guten Rat.
Wir weigern uns, uns beruhigen zu lassen, weil wir im Recht sind und um dasselbe kämpfen.

Stattdessen gehen wir entfesselt auf den vermeintlichen Feind los.
Dem es in der Regel keinen Deut besser geht als uns. Der vielleicht gerade in einer relativ stabilen Verfassung ist, was sich schon morgen über Nacht ändern kann wie wir alle wissen.

Und so prügeln wir verbal aufeinander ein, um unsere seelischen Schmerzen erträglicher zu machen.
Uns von uns selbst abzulenken.
Was leider nie funktioniert, wir wissen das, aber wir können nicht anders.
Weil uns das ständige Leid wahnsinnig hat werden lassen. Was nur allzu verständlich ja eigentlich von zwingender Logik ist.

Nur- wir können es weder akzeptieren noch ertragen. Weil es nicht zu ertragen ist.
Alles was wir können ist, es so stehen und gelten zu lassen.

Wir streiten. Und wir werden streiten.

Sintram







Autor: Sintram
« am: 15 November 2010, 15:21:26 »

Oder von Beobachtung und Erfahrung.

Ausnahmen mögen die Regel bestätigen. An den Fakten ändern sie hingegen nichts.  :)

A ja, und noch was: Persönlich würde ich mich als apolitisch bezeichnen.
Mit Parteien habe ich sowieso nichts am Hut. Ich schau nur zu -oder vielmehr lasse über mich ergehen- und mach mir meine Gedanken. Ziehe meine "empirischen" Schlüsse.

Und bin mir sicher, dass absolut schwere Tage auf mich zukommen, wenn ich es wider Erwarten bis zum Depri-Greis schaffen sollte.
Und nicht nur auf mich...

Trotz all der netten lieben sozialen Leute in den oberen Etagen.
Oder gerade wegen ihnen?  ;)
Autor: nubis
« am: 15 November 2010, 15:13:42 »


Alles eine Frage der Ansicht :-)

http://www.wiwo.de/management-erfolg/warum-wir-doch-keine-egoisten-sind-445123/
Autor: Sintram
« am: 15 November 2010, 14:39:27 »

@nubis

Die obige Antwort entstand unter Zeitdruck zwischen Tür und Angel, und damit Du siehst, dass ich diesen Thread ernst nehme -und übrigens von Anfang an ernst genommen habe, auch wenn meine erste Antwort etwas lässig daherkam- will ich meine Gedanken noch etwas verdeutlichen.

Der Menschentypus, von dem ich rede, ist in der Regel zwischen zwanzig und vierzig Jahre alt, mit Tendenz Richtung Dreißig. Nachwuchs wird eifrig rekrutiert und es besteht kein Mangel.
Er kommt in allen Schichten vor, überwiegend jedoch in der Mittelschicht, die ihre chronisch heraufbeschworene Pseudokrise benutzt, um diese neuentstehende Ideologie damit zu rechtfertigen.

Vorbilder gibt es genug in Berlin. Die Vermögenden werden mit allen Kräften unterstützt, die Lebensgrundlagen der einfachen Leute gnadenlos zusammengestrichen, Sozial- und Gesundheitswesen systematisch zerstört.

Dahinter verbirgt sich der vorherrschende Gedanke des sytemkonformen Menschen.
Also einem Individuum, das unter Erbringung von Höchstleistungen zu Wirtschaftswachstum, Welthandelsführung und Steigerung des Bruttosozialprodukts beisteuert.
Ohne Rücksichtnahme auf Schwächere, Leistungsverminderte oder sonstige nicht ausreichend Effiziente.

Dieser Typus verkörpert den idealen, vorbildlichen Staatsbürger.
Er ist durchaus intellektuell, gebildet, weltgewandt, wortreich und erfreut sich allgemeiner Anerkennung und Beliebtheit.
Genaugenommen jedoch ist er das überhöhte Idealbild erfolgreich praktizierter Egozentrik.

Soziale Interessen können guten Gewissens hintangestellt werden und unberücksichtigt bleiben.
Wer den gesellschaftlichen Ansprüchen der Arbeitswelt wo auch immer nicht genügt, ist als defizitär einzustufen und unter Investition einzuordnen.
Totalausfälle laufen folglich unter... lebensunwertem Leben.

Gnadenlose Übertreibung? Pauschalisierung? Negativistische Weltsicht? Politisch eingefärbte Polemik?

Man muss nicht depressiv sein, um diese bedrohliche Entwicklung beobachten zu können.
Es genügt jedwede andere Form von Krankheit oder Behinderung, ja schlichte Arbeitslosigkeit.

Und weil es in diesem Thread ums Ärgern geht:
Was mich verzweifelt macht und ärgerlich, ist der Umstand, dass niemand diese erschreckenden gesellschaftlichen Tendenzen und ihre Etablierung wahrnehmen will.
Niemand glaubt, das so was möglich sein könnte, das es so weit kommen könnte.
Niemand will den Tatsachen ins Gesicht schauen sondern lieber den eigenen Idealvorstellungen Glauben schenken.

Als der Nationalsozialismus hochkam seinerzeit, war die Reaktion eine ähnliche.
Und über Nacht war er da, die Folgen sind hinlänglich bekannt.

Eines Tages werden diese Pragmatiker und zutiefst unsozialen Charakter Fünfzig sein und Sechzig, ohne auch nur einen Millimeter von ihrer Ideologie des erfolgreichen, kompetenten, differenzierenden, rationalen Menschen abgewichen zu sein, im Gegenteil, ihr eigener Erfolg gibt ihnen Recht.
Und weil das bewährte System des Leistungsprinzips ihren Zielsetzungen und Vorstellungen ideal entspricht, ja ihnen förmlich einen roten Teppich über die Karrierleiter breitet, an den Hebeln der Macht sitzen.

Und dann gnade uns Gott!

Autor: Sintram
« am: 15 November 2010, 12:26:49 »

Hallo @nubis,

kurz nach meiner "Ankunft" im Ruheforum, oder besser meiner Flucht vor einer wildgewordenen Meute, hatte ich zum Beispiel gleich mal das Vergnügen, mich mit dieser "neorationalistischen" Gesinnung herumstreiten zu müssen, ja müssen, weil ich ziemlich heftig angegangen wurde.
Auch die Ankündigungsgemeinheiten zähle ich zu diesem Dunstkreis.

In einem anderen Forum sprangen mir derlei "lebenstüchtige" Newcomer mit ausgefahrenen Klauen ins Gesicht, als ich den Begriff Klimakatastrophe erwähnte.
Ich weiß sehr wohl wovon ich spreche, auch und besonders im Laufe meines nichtvirtuellen Lebens.

Dass Du Dich zu den "Anderen" rechnest, hängt damit zusammen, dass in Deinem Umfeld ganz offensichtlich noch keiner dieser "Sozialzombies" aufgetaucht ist.
Sonst würdest Du Dich mit aller Entschiedenheit distanzieren.

Die "Anderen", die Du hier meinst, meine ich wiederum nicht. Leute guten Willens mit ihren eigenen Sorgen, Nöten und Problemen. Von denen es zum Glück noch einige gibt.

Ich spreche von einer neuen Spezies, die dabei ist, sich wie eine Epidemie auszubreiten und sämtliche Bereiche des öffentlichen Lebens zu unterwandern und infizieren.
Und das ist zur Abwechslung mal keine orwell´sche Paranoia. Sie sind unter uns.

Und sie vermehren sich pilzartig.

LG
Sintram