Hey
dein Nick wird dem, was du reflektierst und analysierst nicht gerecht, das mußte ich loswerden. Ich denke aber, du hast Gründe, warum du ihn dir gewählt hast und diese Gründe legst du hier sehr formvollendet dar.
Mangelnde Selbstkritik kann man dir mit Sicherheit nicht vorwerfen.
Ich muß gestehen, das Lesen deiner Beiträge hat mich an jemanden erinnert, mit dem ich im totalen Streit auseinander gegangen bin. Was du hier skizzierst, trifft das was ich mit einem Menschen erlebt habe zu fast 100% und vlt interessiert es dich, wie ich die Dinge aus meinem heutigen Blickwinkel über anderthalb Jahre später betrachte.
Es ging ebenfalls um Manipulation, es ging um Halbwahrheiten, Halbgeständnisse, versteckte und offene Aggressionen
aber auch viel Gefühl, wenn es um Zuwendung etc ging.
Folgendes ist passiert. Ich als Frau habe emotional mein Bestes gegeben und sämtliche Energieen investiert, die ich hatte.
Das war für mich kein Problem, ich hab das gern gemacht, sehr gern sogar.
Mein Gegenüber hat es honoriert mit materiellen Dingen- Geschenken.
Iwann entwickelte sich ein totales Ungleichgewicht, alles geriet aus der Balance und ich hatte die Last auf meinen Schultern.
Hier hakt das ein, was du über dich selber denkst. Du bezeichnest dich als Schwächling, sogar als Psychopath.
Ich hab manchmal wochenlang diese Selbstabwertungen der Person zu hören bekommen, Psychopath war auch einer
seiner Lieblingsausdrücke für sich. Schwächling, Versager- das volle Programm.
Das Problem, was sich letztendlich daraus ergab, war, daß ich überhaupt nicht nachvollziehen konnte, warum dieser Mensch sich so selbstverletzend verhält. Für mich war er so wie er war genau richtig, selbst mit all diesen Dingen die
Menschen eben so machen. Ja, manchmal manipulieren sie einen, ja manchmal wollen sie einen emotional erpressen
und ja manchmal ist es umgekehrt, und sie fühlen sich manipuliert oder erpreßt.
Ich empfand nur eins, wenn die Person so von sich sprach, es tat mir im Herzen weh.
Im Gegenzug mache ich aber mit mir genau dasselbe. Ich metzele mich gedanklich selber nieder, halte mich für das
allerletzte Stück Dreck auf dieser Erde und empfinde mich für nicht als gut genug. Ich weiß, daß mein Gegenüber das für
mich genauso wenig nachvollziehen konnte, wie ich bei ihm.
Trotzdem haben wir beide uns selbst nicht anders sehen können.
Das geschieht in uns und mit uns, ob wir das wollen oder nicht spielt für Körper oder Seele niemals eine Rolle.
Jeder reagiert so, wie er nunmal reagiert, weil es ihm zu dieser Zeit und in diesem Moment einfach nicht anders möglich
ist. Jeder von uns hat seine Denkmuster- und Strukturen, die gilt es zu erkennen und im günstigsten aller Fälle
kann man es schaffen, sie aufzulösen. Das erfordert Schwerstarbeit aber vor dieser Arbeit steht das, was immer voraus
gehen muß, weil sonst die Arbeit an sich gar nicht möglich ist.
Ich bin schon lange lange allein und mein Therapeut hat mir neulich eine sehr wichtige Frage gestellt. Ich hab gejammert und genörgelt, daß ich es eben nie schaffen werde, mich auf jemanden wirklich einzulassen und alt und vereinsamt iwann das Zeitliche segne.
Inwieweit war und bin ich bis heute in der Lage, eine Beziehung einzugehen?
Und ehrlichen Herzens mußte ich ihm antworten, gar nicht.
Bevor man nicht endgültig mit sich im Reinen ist, wird man an jeder noch so tollen Beziehung zwangsläufig scheitern.
Deine Denkweise birgt ein grundsätzliches Problem in sich. Du bist zwar sehr reflektiert und weißt, wo die Knackpunkte
sind aber du ziehst daraus einzig und allein den Schluß, daß du keine Chance hast im Leben, niemals eine haben wirst
und überhaupt nicht gut genug, wenig belastbar und am Ende sogar noch ein Täter bist.
Und ich sage dir, auch solche Phasen muß man durchstehen, denn Gedanken die einen so quälen wollen gedacht und
gelebt werden, nicht umsonst keimen sie in dieser quälenden Art und Weise immer wieder auf.
Man kann sich nicht anders machen als man in dem Augenblick ist aber man kann das ändern.
Hier wäre deine Chance, hinzuschauen. Du schreibst, sich selbst ändern kann man ja nicht und jeder, der Therapie
erfahrung hat, wird dir entgegnen, Stop! Du kannst nur dich selbst ändern, niemals einen anderen und niemand anders
kann dich ändern, das kannst nur du allein.
Du hast nur eine reelle Chance, wenn du bei dir selber ansetzt. Das kann ganz einfach sein, nur für uns Sensibelchen
ist es umso komplizierter. Man darf den Kontakt zum Gegenüber nicht verlieren. Reden, nachhaken, Mißverständnisse
schnell ausräumen, Absprachen treffen, Kompromisse schließen. Es geht nicht darum, sich zu unterwerfen oder seinen
Gefühlen- positiven als auch negativen- nichtmal freien Lauf lassen zu können.
Es geht nur darum, zu wissen, daß wir Menschen sind. Unperfekt, mit schwachen Seiten, mit Macken und Fehlern aber auch mit den guten Charakterzügen, die jeden von uns ausmachen.
Dann kann man sich als auch andere aushalten.
lg