Mein Thread hieß mal "Sinnlos".
Ich hatte im Oktober 2007 meinen Mann bzw. Lebensgefährten nach einer schweren Erkrankung verloren und hier geschildert, wie elend ich mich gefühlt hatte. Ich habe sein "Sterben" sozusagen miterlebt. Und mein ganzes Leben war von einem Tag zum anderen vorbei. Da war der Herzinfarkt und die Monate im Krankenhaus, um dass dann doch im Oktober 2007 in meinem Beisein die Maschinen abgestellt werden mussten. Eigentlich wollten wir noch heiraten, aber nunja.
Danach hatte ich alles verloren. Mein Zuhause, sogenannte Freunde, Familie usw. Ich war völlig allein, überfordert, Schuldenprobleme, Geldprobleme, die Selbständigkeit, die Firmen, die Dinge, die immer dann rauskommen, wenn irgendwas zusammenbricht. Voriges Jahr im Oktober 2008 fand ich dann auch noch Beweise in den alten Sachen von meinem Mann, dass er mich betrogen hatte.
Jedenfalls war das Jahr 2008 die dunkelste Zeit in meinem Leben. Im Oktober 2008 brach dann alles zusammen. Mein Leben, meine Arbeit. Die Schulden erdrückten mich. Ich war fast völlig allein, keine Freunde, keine Hoffnung, kein Geld, keinen Sinn in irgendwas.
Ich hatte Angst vor Behörden, Ämtern usw. ich hatte kein Geld, hab mich nicht getraut zum Arbeitsamt wegen Hartz4 zu gehen, ich habe alles schleifen lassen und versucht mir mit Tabletten das Leben zu nehmen. Aber ich habe überlebt. Ich konnte auch nicht zum Arzt gehen, weil ich keine Versicherung hatte.
Nach dem Versuch habe ich einen langen Spaziergang gemacht, um mir zu überlegen, wie ich es schaffen könnte, mich richtig umzubringen und fragte mich dann: Warum?
Anstatt zu überlegen, wie ich mich umbringen, sollte ich doch darüber nachdenken, wie ich weiterleben möchte. Ich saß am See und sah einen wunderschönen Sonnenuntergang. Meine Hunde spielten, die Luft war superklar. Ich fühlte mich irgendwie geborgen.
Und da kam mir der Gedanke mir aufzuschreiben, was ich liebe, was ich möchte in meinem Leben, was ich eigentlich erreichen will. Das ging den ganzen November so. Ich schrieb alle Gläubiger an, ich ging zum Amt, schilderte meine Situation, hab alle Unterlagen zusammengesucht, alle Forderungen befolgt, meine Schulden geregelt, alles aufgeschrieben und aufgelistet, meine Wohnung gegen eine Übergangswohnung eingetauscht, meine Möbel verkauft oder verschenkt, mich von allem getrennt, was mir nicht mehr wichtig war. Nippeskram, Gegenstände, Unterlagen aus den letzten 25 Jahren, Krimskrams was man alles so anhäuft in seinem Leben. Und nur das behalten, was man zum Leben braucht. Klamotten, Computer, Fernseher, Kühlschrank. Normale Dinge eben.
Mein ganzer Besitz jetzt besteht aus 30 Umzugskisten. Das reicht völlig. Ich habe meine Schulden aufgelistet, Schuldanerkenntnisse unterzeichnet, Abzahlungsvereinbarungen getroffen, meine Unterlagen sind jetzt alle in Ordnung und werden aufgearbeitet. Ich bin jetzt arbeitslos, habe wieder eine Krankenversicherung, absolviere alle Untersuchungen, die man so machen sollte für seinen Körper. Ich teile mein Geld gut ein, dass ich meine Hunde ernähren kann und dass ich die Schulden abzahle. Mit Hartz4 nicht leicht, aber ich fühle mich besser denn je.
Ich hab mir aufgeschreiben, was ich wichtig finde. Ich habe eine Verantwortung für meine Hunde. Ich habe ein Kind, die ist zwar schon 18, aber trotzdem bin ich Mutter. Ich hab meinem Kind die Wahrheit gesagt, was ich empfinde, wie ich fühle, wie elend ich mich hier in dieser Welt fühle und deplaziert. Ich habe überlegt, was ich machen möchte und gemerkt, dass ich hier in dieser Stadt nicht mehr leben will, alles erinnert mich an meine Vergangenheit und das hindert mich daran, nach vorn zu schauen.
Jedenfalls hat sich so mein Wunsch durchgedrückt, wegzugehen, in eine andere Stadt. Die mir gefällt, wo ich mich wohl fühle.
Ich habe auch einen Freund, der immer da war, der mir Mut gemacht hat mich dem Leben zu stellen. Aber gleichzeitig mir auch gezeigt hat, dass ein Leben nur Sinn macht, wenn man es selbst gerne möchte, nicht nur um anderen zu gefallen. Das war immer mein Problem. Es allen Recht zu machen, das Richtige zu tun, damit andere zufrieden sind.
Jetzt tue ich Dinge nur, die wichtig um meiner Selbst sind. Ich möchte richtig arbeiten, egal was, ich bin stolz auf mich selbst, zufrieden mit mir selbst. Ich bin im Einklang mit dem, wie ich selbst bin. Ich möchte nicht mehr jammern und mich schlecht fühlen. Ich habe kein Geld, habe Schulden, ich habe keine super Wohnung, aber ich habe mich selbst. Äußerlichkeiten sind nicht wichtig. Status ist nicht wichtig. Ich fühle mich nicht mehr schlecht. Ich bin endlich von dem Zwang weg, anderen gefallen zu wollen.
Ich fühlte mich einfach nicht mehr wohl in der Rolle des Jammerns, der Traurigkeit, des Elends usw. Also kehrte ich alles um. Stellte mich aufrecht hin und sagte mir selbst: Du schaffst das!
Durch das Aufschreiben habe ich mich selbst gereinigt, meine Seele, mein Inneres. Durch das Aussortieren von materiellen Dinge habe ich mich von meiner Vergangenheit getrennt. Mit jedem Stück was wegkam, wurde es besser.
Man kann sich selbst verlieren in seinem Umfeld, weil man immer wieder darauf rumreitet, wie böse das Leben doch zu einem war, aber wichtig ist doch, wie man damit umgeht. Das sollte man immer bedenken.
Ich hatte mal einen Ex-Mann der mich auch erniedrigte, geschlagen hatte, usw. Ich hatte viele Bekannte und sogenannte Freunde, die einem suggerierten, man wäre nur etwas mit viel Geld, Prestige und den richtigen Kontakten. Viele Leute nehmen mich nicht für voll, weil ich nie studiert hatte usw.
Alles Blödsinn.
Nichts und Niemand kann mich runterziehen, das macht man immer selber. Ich lebe.
Ich lebe in einem Land, welches einem eine Wohnung stellt und wo man Hartz4 bekommt. Das ist mehr als andere Menschen auf dieser Welt haben. Ich bin gesund und meine Tochter ist gesund. Ich habe meine Hunde und habe Verantwortung. Ich kann arbeitend und mir selbst etwas aufbauen.
Natürlich ist das nicht einfach, aber wer sagt, dass das Leben einfach ist?