Im Prinzip ein kurzes Thema. Niemand liest eine theologische Abhandlung, bevor er sich umbringt. Und was irgendwelche Sekten, ob große oder kleine dazu zu sagen haben, ist mir völlig schnurz. Und jeder hat das Recht, selbst zu entscheiden was er tut.
Interessanter wäre der andere Ansatz. Es gibt verschiedene Arten von Suizid. Wohl, wie es verschiedene Arten von Menschen gibt. Aber es gibt da Kategorien. Ich habe nicht gegooglt, aber aus dem Ärmel ist da schon mal die "Verzweiflungstat", zeitnah zu menschlichen Katastrophen, selbst wenn sie nur so empfunden werden. Der geht meist schief und soll wohl auch, siehe Georg Heym...
Dann natürlich der "Bilanzselbstmord". Ein überlegter und meist durchdachter Suizid, der klappt fast immer...
Und der Depressionssuizid, leider meist aus verstellter Sicht auf die Realität, die ja dann verloren ist. Und es gibt noch ein paar weitere, wenn ich mich recht erinnere. Man denke nur an die Selbstmordwelle nach Goethes Werther.
Auch und gerade ist natürlich das jeweilige Alter der Menschen interessant. Aber leider kann ich mich auch dazu nicht konkret äußern, weil ich die entsprechenden Untersuchungen vor langer Zeit mal gelesen habe und nicht mehr viel erinnere.
Ich schreibe das auch nur, um zu verdeutlichen, dass es "den" Suizid nicht gibt. Oder respektive Versuch. Klar, man könnte sagen, was solls, tot ist tot. Stimmt auch. Aber das wäre zu einfach. Manche kündigen sich an, andere kommen aus dem Nichts. Da wiederum wären die, die sich ankündigen von Interesse. Die könnte man vielleicht verhindern. Wenn man denn offene Augen hat. Aber all das betrifft ja nur den Hintergrund und das Alter von potentiellen Selbstmördern.
Die Frage nach dem Recht auf "Freitod" (was ein seltsamer Begriff) ist eine andere. Das ist eine gesellschaftliche Frage. Ich stehe zu meiner oben genannten Einstellung, für mich hat jeder dieses Recht, mit der Einschränkung, dass er genau wissen muss, was er da tut. Und schon haben wir ein Problem. Das ethische Recht ja, aber nur auf der Basis des klaren Verständnisses dieser Ethik zum einen und natürlich der Konsequenzen. Für den Betroffenen sind sie auch nicht so offensichtlich wie sie scheinen. Sowas geht, bei Erfolg, nur EINMAL. Das wars dann. Keine Möglichkeit mehr, ein neues Leben anzufangen, abzuwarten, ob man nicht doch über diese Phase hinweg kommt, hinweg gekommen wäre. Das ist für mich die eigentlich beklemmende Vorstellung. Jemand hat sein Leben weggeworfen, ohne je erfahren zu können, ob es sich nicht doch noch einmal zum Besseren hätte entwickeln können. Banal gesagt, da hat jemand die Geduld verloren. Ja, auch Geduld ist nicht endlos belastbar, das kann hier wohl jeder nachvollziehen. Aber schauen wir doch mal ins Detail.
Da ist die Frau, die sich vor 7 Jahren die Pulsadern aufgeschnitten hat. Sie hatte unwahrscheinliches Glück und hat es überlebt. War lange in der Klinik. Und heute? Heute ist sie verheiratet und hat eine süße Tochter, die sie über alles liebt. Sie versteht heute nicht mehr, wie das damals hat passieren können. Sie sagt, sie war ein anderer Mensch damals. Gibt mir zu denken...
Ich war vor 30 Jahren mit einer Frau zusammen, die hatte Probleme. Ich möchte nicht sagen, diese wären banal oder nichtig gewesen. Sicher nicht. Für sie waren sie alles andere als das und ich kam eines Tages nach Hause und fand sie bewußtlos auf der Couch, schon mit Schaum vor dem Mund. Auch sie wurde gerettet. Heute ist sie erfolgreich im Beruf und hat, nach meinem letzten Wissensstand 5 Kinder. Auch sie konnte nach einer kurzen Weile nach dem Suizidversuch nicht mehr verstehen, wie sie sowas hat machen können...
Am besten jedoch war der junge Mann, der sich vor 40 Jahren aufgehängt hat. An einem Baum. Dummerweise war der Ast alt und mürbe und wohl auch zu schwach. Er ist mit Wucht auf den Boden geknallt und hat sich den Arm gebrochen. Unnötig zu erwähnen, dass auch er ein gutes Leben hatte und nie wieder so etwas versucht hat. Gut, er starb an Krebs, aber erst lange danach.
Für mich sind das klare Aussagen des Lebens. Und natürlich auch eine Aussage "pro" Leben. Leider sind auch zwei Menschen aus meinem Umfeld durch Suizid gestorben. Oft denke ich daran, was sie noch alles hätten machen können, vergleiche sie mit den oben genannten und kann nur hilflos die Schultern zucken. Und natürlich denke ich oft darüber nach, ob ich es nicht doch hätte irgendwie verhindern können.
Gut, das waren Beispiele, die ich selbst kenne und erlebt habe. Es gibt aber auch noch eine andere Seite. Es ist die Seite derjenigen, die zurück gelassen werden, die mit dem Suizid eines ihnen wichtigen Menschen klar kommen und weiter leben müssen. Niemand ist eine Insel. Jeder ist eingebunden, einige mehr, andere weniger, aber ein soziales Netzwerk besteht um jeden von uns. Und dann kommt man zwangsläufig wieder zurück zur Frage der Ethik und Moral. Wer Familie und Freunde hat und sich suizidiert, der ist aus meiner Sicht absolut egoistisch, ja unmoralisch.
Aber das ist nur meine Sicht. Und nochmal, das hat nichts mit Pfaffen oder anderen Kuttenträgern zu tun, die ich allesamt "gefressen" habe, das scheinheilige Pack...
lg
Hobo