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Autor Thema: Von Musik und Menschen  (Gelesen 3036 mal)

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Freudestrahlend

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Von Musik und Menschen
« am: 25 Dezember 2012, 11:05:15 »

Es gibt Menschen, die gehen in eine Ausstellung (wie z.B. die Nan-Goldin-Ausstellung), in der zu Diashows Musik läuft. Danach suchen sie die gemerkten Textfetzen im Internet, um herauszufinden, von wem die Mucke war, auf welcher Platte das Lied ist und die dann sofort ihren Plattenhändler anrufen und die Scheibe bestellen. Vinyl wohlgemerkt, bloß keine CD. (Wenn die Textstelle gar nicht „You are my assistant“ sondern „You are my sister“ hieß, haben diese Leute ein Problem. Dann gehen sie nochmal in die Ausstellung. Oder fragen jemanden, der besser Englisch versteht.)

In einem Haushalt mit solchen Menschen findet man höchstwahrscheinlich mindestens eine Ausgabe der Rockbibel.(1) Diese Menschen haben Angst, ihren Ruf zu ruinieren, wenn sie gestehen, dass sie eine Platte von Herbert Grönemeyer besitzen und würden niemals zugeben, dass sie zwei Lieder von Dolly Parton großartig finden.

Zu diesen Menschen gehöre auch ich. Ich nehme mit Gleichgesinnten Best-of-Kassetten auf, die wir monatelang systematisch vorbereiten. Wir verwerfen die Konzepte stündlich und schaffen es doch irgendwann. Wenn wir diese Kassetten dann jemandem vorspielen, dann sagen wir: „Das ist aber die Wahl von heute, das kann morgen ganz anders aussehen.“ Oder wir treffen uns, hören unsere Best-of-Kassetten dann gemeinsam an und diskutieren darüber, ob es sinnvoll ist, 20 von 90 Minuten für „You do right“ von Can zu verschwenden bzw. zu investieren und ob man als Musiker seinen Ruf riskiert, wenn man „Coco“ von The Sweet auf seiner Kassette hat. Wir erstellen in Excel Statistiken, welche Bands am häufigsten vertreten sind, welches Lied von diesen Bands das Beste ist (ermittelt durch Abstimmung aller Beteiligten nach einem ausgeklügelten System!) und machen aus diesen Songs Best-of-best-of-Kassetten, die wir kopieren und verteilen.

Ich finde es normal, wenn ich morgens um 7 Uhr vom Freund meiner Mitbewohnerin nach meinen 3 liebsten Platten der 90er gefragt werde. Ich habe eigene Listen der letzten 25 Jahre mit den besten Platten, besten Liedern, besten Bands, besten SängerInnen – säuberlich nach Jahren geordnet. Ich kann dir sagen, wer wo den Bass zupft, wer welches Coverphoto gemacht hat und warum Stevie Wonders „Pasttime Paradies“ um Lichtjahre besser ist als die Coverversion von Coolio. Ich weiß, woran Sandy Denny gestorben ist (2) und habe meine Platten nicht alphabetisch, sondern chronologisch sortiert: nach Anschaffungsdatum.

Ich nehme Kassetten auf, wo im ersten Titel eine „Eins“ (oder „one“ o.ä.), im zweiten eine „Zwei“ usw. vorkommen muss und nenne diese dann „Ich kann zählen“. Ich habe auch Kassetten, wo in jedem Titel ein Getränk vorkommt oder wo in jedem Lied jemand stirbt. Ich mache Kassetten mit Liedern, die keinen Vier-Viertel-Takt haben oder die weder auf deutsch noch auf englisch sind. Oder ich nehme für die A-Seite „This town ain’t big enough for the both of us“ von den Sparks und für die B-Seite „Everybody's got something to hide except me and my monkey“ von den Beatles und dann muss in A1 „This“, in A2 „Town“ bis hin zu B10 „Monkey“ im Titel vorkommen.

Ich erzähle dir völlig begeistert von der „besten Band der Welt“, die du sicher nicht kennst. Ich spiele dir die „beste Scheibe“ der „besten Band der Welt“ vor, die dir sicher nicht gefällt. Und du lässt mich ratlos zurück, wenn du sagst, du möchtest wirklich keine Kassette mit den besten Stücken dieser Band.
Ich habe viele Regeln: so gehe ich niemals mit jemandem ins Bett, der mehr als eine U2-Platte besitzt, ich lade niemanden zum Essen ein, der von den Butthole Surfers sagt, sie wären „zu unmelodisch“, ich misstraue allen, die Tuxedomoon nicht kennen und ich schenke niemals einer Frau eine CD, die Funny van Dannens „Menschenverachtende Untergrundmusik“ als lärmig bezeichnet.

Manchmal treffe ich auf andere Menschen. Und dann verstehe ich nicht, dass diese anderen ihre CDs in Sammelmappen rumtragen und sagen, „die Cover liegen noch bei meinen Eltern, die brauche ich nicht“.
Ich höre bei jemandem zuhause ein Lied, frage nach dem Interpreten und bekomme zur Antwort: „Keine Ahnung, hab ich von xy gebrannt bekommen“. Darüber bin ich sehr irritiert.

Wenn ich jemandem Musik schenke, dann ist das eine ganz persönliche Botschaft. Ich verstehe nicht, wenn diese Person mir trotz penetranter Nachfrage nicht erzählt, was ihr warum gefallen hat und was nicht. Und sich später an Lied 20 nicht erinnert.

Was tue ich selber, wenn ich eine Musik-CD geschenkt bekomme, die noch nicht mal beschriftet ist? Ich ärgere mich über diese Rücksichtslosigkeit, höre die CD einmal beim Abwaschen und werfe sie dann weg. (Vielleicht mag ich aber die Person, von der ich die CD bekommen habe, sehr gerne und es war auch ein Stück dabei, das interessant klang?...)
Ich setze mich aufs Sofa und höre die CD ganz in Ruhe an. Dabei merke ich mir die Nummern von den zwei Stücken, die mir gefallen haben und höre sie manchmal. Als Nächstes mache ich ein provisorisches Cover, auf dem ich die mir bekannten Stücke bzw. Interpreten aufschreibe. In die Lücken kritzele ich ein paar Notizen, um die fünf schönsten Stücke wiederzufinden. Tagelang höre ich dann zum Einschlafen diese fünf Stücke. Später schreibe ich mir beim Hören Textstellen auf, suche im Internet und finde darüber Titel und Interpreten heraus. Dabei lese ich die Texte genau durch und ergründe, ob sie eine Botschaft an mich enthalten. Anschließend mache ich mir ein CD-Cover und vermerke alle Titel und Interpreten sauber darauf und bastle aus den Texten ein Booklet. Zu guter Letzt suche ich die Interpreten der schönsten Lieder im Internet und höre mir andere Sachen von ihnen an.

Anschließend setze ich mich hin und plane eine CD, die ich zurückschenken kann. Ich durchforste meine Plattensammlung und suche möglichst völlig unbekannte Stücke, die im Stil denen auf der anderen CD ähneln und mache ein Konzept…

Doch irgendwann fällt mir etwas auf, das mich in meiner Begeisterung innehalten lässt: Ich sehe plötzlich ganz deutlich, dass „musikisch“ eine Sprache der Missverständnisse ist (3). Und ich sehe, dass ich alle Idioten und Psychopathen in meinem Umfeld auf diesem Weg kennengelernt habe. Der Mensch, dem ich 40% meiner Musiksammlung verdanke, ist ein koksender Zyniker, der mir das zweifelhafte Kompliment gemacht hat: „Du bist die erste Frau mit einem guten Musikgeschmack.“ Meine tiefe King-Crimson-Seelenverwandtschaft zerbrach, weil der Kerl krankhaft eifersüchtig war. Die wirklich guten und wertvollen Menschen um mich herum verhalten sich völlig anders, was Musik betrifft. Mein allerbester Freund findet Mixkassetten total daneben, denn er hört immer die ganze Platte (auch wenn nur ein einziges gutes Stück drauf ist). Meine langjährige Freundin kann zwar alle Texte von Bad Religion auswendig, besitzt aber nicht einen einzigen eigenen Tonträger, sondern hört nur Radio.

Und endlich begreife ich, dass ein Geschenk nur ein Geschenk ist, wenn ich dafür nichts erwarte. Dass die Belohnung schon darin liegt, eine Freude zu bereiten, jemanden zu „bereichern“ und nicht darin, etwas zurückzubekommen. Wenn ich eine Tanz-CD verschenke: Reicht es nicht, wenn sie zu der Musik tanzen? Brauche ich dann wirklich noch einen Extra-Dank und eine Bemerkung zu jedem einzelnen Stück?
Und dann fallen mir auch noch die ganzen Geschenke ein, die ich selber „von Herzen“ bekommen und ignoriert habe: die Bücher, die ich nicht gelesen habe oder doof fand; die Leckereien, die ich eklig fand; die Kinotipps, die ich nicht beachtet habe; alles, was anderen vielleicht so am Herzen liegt wie mir die Musik…

Ich gehe an mein CD-Regal, nehme jede 11. CD und kopiere davon jeweils das 5. Stück, bis die CD voll ist. Ich verschenke diese CD unbeschriftet und erwarte dafür keinen Dank. Kein Feedback. Kein Lob, keine Bemerkung. Ich frage nicht nach. Nein, ich gehe soweit, dass ich nicht mal Interesse erwarte. Nach 14 Tagen habe ich vergessen, dass es diese CD jemals gab.
_____________________________________________________________________________________________
1 The Great Rock Discography, M. C. Strong, Zweitausendeins, ca. 1000 Seiten
2 Sie starb an einer Hirnblutung, nachdem sie die Treppe heruntergefallen ist.
3 Was ich eigentlich schon hätten wissen können, seit wir 19-jährig „Nieder mit dem Fascho-Pack“ gröhlten, bis ein WG-Genosse darauf aufmerksam machte, dass „Nieder mit dem Warschauer Pakt“ nicht gut in eine linke Punk-WG passen würde.
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AlterEgo

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Re:Von Musik und Menschen
« Antwort #1 am: 27 Dezember 2012, 23:39:52 »

:-D

Das ist ein schöner Beitrag, ich musste sehr schmunzeln. Ich persönlich bin wohl das Gegenteil von dir. Ich höre auch nur Radio. Ich finde geschenkte Mix-Kassetten gruselig, erwartetes Feedback dazu stresst mich unendlich und ist für mich echt Horror. Ich bin ein Mainstream-Typ und stehe dazu, mit "Lärm" bin ich nicht kompatibel. Es gibt ein paar wenige Lieder, die mir wichtig sind, das sage ich meistens aber nicht, weil ich nicht weiß, wie man das teilt ohne genervt zu sein.

Insofern: für mich befremdlich skurril. Aber auch: individuell und sympathisch.

Ich danke für diesen Text.
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"Neue Sachlichkeit" ist keine Stilrichtung, sondern eine Lebenseinstellung- jeden Morgen wieder.

Freudestrahlend

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Re:Von Musik und Menschen
« Antwort #2 am: 27 Dezember 2012, 23:54:36 »

Also eins ist sicher: Du bekommst niemals eine Mix-CD oder -Kassette von mir. Und ich warte auch gar nicht auf Feedback auf die Musik...EHRLICH, Indianerehrenwort...(Meine Güte, so schnell kann man Menschen Horror bescheren...)

:o) Danke dir für deine Worte!
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JustMe

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Re:Von Musik und Menschen
« Antwort #3 am: 28 Dezember 2012, 00:15:54 »


Liebe Freudestrahlend,
ich habe viel geschmunzelt beim Lesen. Ich kenne noch so paar Verrückte. Der Kontakt ist aber lange abgebrochen. ;-)
Die Steigerung sind dann meine Musiker-Freunde/Bekannten von früher, da wurde jedes Instrument einzeln besprochen. :-)

Ich mag Musik in jede Richtung, aber gut muss sie sein! ;-) Ja, das denken wir ja alle von unserem Geschmack, ich weiß... ;-P

Musik Kassetten bekam ich immer gerne geschenkt. Möglichst irgendwas, was auf keinem Sender läuft. Texte und Titel behalte ich eh nicht. (Lebe praktisch ohne Gedächtnis) Meine LPs habe ich mir früher gerne nach Cover gekauft. :-) Habe jahrelang fast ausschließlich bootlegs eines Musikers gehört, den ich hier nicht nennen werde. (ca. 200 Stück mein eigen) ;-) Ist mir peinlich, er wurde irgendwann Mainstream... Habe dann immer geschwiegen auf die Frage nach meinem Lieblingsmusiker.

Die letzten 12 Jahre etwa konnte ich aufgrund meiner Erkrankung maximal 3 Tage im Jahr etwas Musik hören. Seit letztem Jahr geht es wieder besser, kann wieder täglich Musik hören, aber nicht ununterbrochen, nebenbei oder meine Lieblingsstücke (zu anstrengend).

Hm, was noch? Ich fand es sehr ehrlich und auch mutig dich so sehr zu outen. ;-) Die wenigsten stehen zu ihren Eigenheiten und Macken... sehr sympathisch!!!


Mir darfst du Musik "schenken", ich mag solche Abenteuer. :-)

LG justme
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Deja

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Re:Von Musik und Menschen
« Antwort #4 am: 28 Dezember 2012, 15:03:45 »

Ok, Freudestrahlend....wenn ich darf? ich trau mich nur, weil ...na egal....

Also. Zuerst dachte ich, das ist doch etwas zwanghaft, das Ganze. :-) Und dann fiel mir ein, daß ich ja auch mal jung war. :-) Das ich Schallplatten sammelte, als schon CD normal war. Ein Haufen Geld dafür rausgehauen hab, in Antiquitätenläden etc. Und das ich in dem Moment, als die Musiker, die mir gefielen, "öffentlich" wurden- quasi ähnlich wie bei JustMe- ich, egal ob sie mir gefielen oder nicht, davon Abstand nahm.
Heute hab ich immernoch bei Songs, die mir gefallen den Impuls, rauszubekommen, wer was wann und wo gespielt wurde, ich hab das eine Zeitlang auch so betrieben, bis ich bemerkte, daß ich die so gewonnene Musik nicht hörte. Ich hatte sooft so große Mühe etwas herauszufinden und trotzdem blieb es danach unangetastet.

Seit einem Jahr geht praktisch, was Musik angeht, gar nichts mehr. Aus einem bestimmten Grund. Radio höre ich nur beim Autofahren und selbst dabei muß ich sehr gut aufpassen. Egal, welche Musik es ist....bis auf klassische....es triggert mich. Ich werde euphorisch, ich werde depressiv, ich stürze ganz tief oder ich bin kurz vorm Ausflippen. Besonders groß ist die Gefahr beim Autofahren, es ist, als würde ich die Kontrolle verlieren.
Manchmal wundere ich mich darüber, dann wird mir wieder klar, daß ich mit Musik aufgewachsen und vlt somit für diese Art Trigger prädestiniert bin. Meine Freundinnen wundern sich oft, daß ich über Stimmen, verschiedene Liedzeilen, Liedanfänge etc die Interpreten, Songs etc erkenne. Geflügeltes Wort "Mußt bloß Deja fragen"

Alles in allem finde ich es für mich sehr schade, daß es so ist aber ich muß es akzeptieren.

Ich wünsche dir, daß dir sowas nicht passiert und du deine Musik solange genießen kannst, wie es für dich paßt.

lg Deja

 
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Freudestrahlend

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Re: Of Music and WoMen
« Antwort #5 am: 07 Oktober 2013, 14:06:24 »

There are people who go to exhibitions (1) where slideshows are accompanied by music. Later, with a fragment of the lyrics stuck in their mind, they scour the Internet, looking for the artist and the album the song is on; then they immediately call their local record shop and order the record. Vinyl, mind you, never CD. (If the lyric was not "You are my assistant" but rather "You are my sister", then they have a problem. Back to the exhibition or ask someone who understands English a little better.)

Most likely, at least one edition of the 'Bible of Rock' (2) can be found in their homes. These people live in fear of their reputations being ruined if they admit to owning a record from Herbert Grönemeyer, or that they really like a couple of songs by Dolly Parton.

I'm one of these people. I, and my like-minded compatriots, spend months systematically compiling 'best-of' mixed tapes. We ditch ideas by the hour, yet manage to put it all together somehow. When we play the tape for a friend, we say: "That's just the track list for today. It might be totally different tomorrow." Or we get together to listen to our mixed tapes and talk about whether it makes sense to waste/invest 20 to 90 minutes for "You do right" from Can, or if someone is putting their reputation as a musician at risk by including "Coco" from The Sweet on his or her cassette. We generate Excel spreadsheets to show which bands make the most appearances on our tapes, which song is the best of these bands (determined by all participants via an elaborate voting system!) and then use all of these songs to make 'best-of best-of" mixed tapes, which we then copy and share.

I think it's completely normal for a friend of my roommate to ask me at 7 o'clock in the morning about my three favorite albums from the 90s. I have my own lists for the past 20 years, with the best albums, the best songs, the best bands, the best singers – neatly arranged by year, including all the reader polls from Spex. I can tell you who plays bass, who made which album cover, and why Stevie Wonder's "Pastime Paradise" is light years ahead of the cover version from Coolio. I know how Sandy Denny died (3), and my records are not organized alphabetically, but chronologically: according to when I bought them!

I make mixed tapes on which the first song title contains a "one" (or something similar), the second title a "two", and so on. I call this kind of mix "I can count". I also have cassettes where every title contains a drink, or someone dies in every song. I make mixed tapes with songs in anything but four-quarter time. Tapes neither in German nor English. Or I use "This town ain't big enough for the both of us" from the Sparks for the A-side and "Everybody's got something to hide except me and my monkey" by the Beatles for the B-side. Then track A1 has to have "this" in the title, A2 "town", and so on, until I reach track B10 and "monkey".

Excitedly, I'll tell you all about the "best band in the world", for certain a band you've never heard of. I'll play the "best records" of the "best band in the world" for you, and you won't enjoy them. Then, when you tell me you don't really want a mixed tape with the best tracks from the best band, I'm at a loss for words.
I have many rules: I never go to bed with someone who owns more than one U2 album; I never invite someone to dinner if they think the Butthole Surfers are "too dissonant"; I don't trust anyone who hasn't heard of Tuxedomoon; and I would never give a CD to a woman who finds Funny van Dannen's "Menschenverachtende Untergrundmusik" alarming.
Sometimes I meet other people. And then I don't understand why they carry around their CDs in binders and say, "The covers are still at my parents. I don't need them." I hear a song at someone's house, I ask about the artist and they tell me, "No idea. So-and-so burned it for me." This irritates me to no end.

When I give someone music as a gift, I'm giving them something very personal. I don't understand why this person can't tell me, despite my penetrating queries, what they liked and didn't like about the music. And later they can't even remember song number 20.

What do I do when I receive a CD that's not even labeled? The lack of consideration upsets me, I listen to the CD while washing the dishes, and then throw it in the trash. But maybe I really like the person who gave me the CD, and there was even a song on it that sounded interesting?
I sit on the couch and listen to the CD in peace and quiet. I make a note of the two tracks that I enjoyed, and then listen to them again once in a while. Next, I make a temporary cover, listing the song titles and artists that I recognize. In the gaps, I scribble a few notes so I can find the five best tracks again. For days, I go to sleep listening to these five songs. Later, I write down some lyrics while listening and search the Internet to find the titles and artists. I read the lyrics carefully, trying to discover whether they contain a message for me. Then, I make a CD cover with all the titles and artists carefully arranged and cobble together a booklet with the lyrics. And finally, I look up the artists with the best songs on lastfm  and listen to other stuff from them.

Then I sit down and plan a CD that I can give back. I go through my record collection, looking for the most obscure songs that are similar in style to those on the other CD, and I start to form a concept…

But at some point, I notice that I've lost my enthusiasm: I suddenly see quite clearly that "music" is a language of misunderstanding (4). And I realize that I've met all the idiots and psychopaths around me thanks to this obsession. The person to whom I owe 40% of my music collection is a coke-snorting cynic, who once gave me the dubious compliment: "You're the first woman with a good taste in music."  My deep King Crimson spiritual kinship collapsed because the guy was insanely jealous. The really good and worthwhile people around me behave very differently when it comes to music. My best friend thinks mixed-tapes are a waste of time since he only listens to the entire album (even when there's only one good song). My longtime friend knows all the lyrics from Bad Religion by heart, even though she doesn't own a single record and only listens to the radio.

And finally, I begin to understand that a gift is simply a gift if I expect nothing in return. That the reward lies in giving joy to others, "enriching" someone, and not in getting something back. If I give someone a dance CD, isn't it enough when they dance to the music? Do I still really need an extra thanks and a comment to each song?
And then I remember all the gifts “from the heart” that I’ve received and ignored: the books I never read or found idiotic, the treats and sweets that disgusted me, the movie tips I ignored – everything that others hold dear to them as I music.
I go to my shelves of CDs, pull down every eleventh CD and copy the fifth track from each one until the CD is full. I give this CD to someone, unmarked and with no expectation of being thanked. No feedback, no praise, no comment. I don’t ask about it. In fact, I don’t even expect them to be interested. After 14 days, I’ve forgotten that this CD ever existed.
___________________________________________________________________________
1 e.g. the Nan-Goldin Exhibition, 2009 at c/o Berlin
2 The Great Rock Discography, M. C. Strong, Zweitausendeins, ca. 1000 pages
3 She died of a cerebral hemorrhage after falling down a flight of stairs.
4 Something I really should have already known since we were 19 years old and shouting "Down with the fascist pack" until a roommate pointed out that "Down with the Warsaw Pact" wouldn't go down very well in a left-wing apartment shared by punks.
« Letzte Änderung: 08 März 2014, 12:29:01 von InaDiva »
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Freudestrahlend

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Re: Von Musik und Menschen
« Antwort #6 am: 09 März 2014, 01:05:51 »

Prosa ist ebenso wie musikisch eine Sprache der Missverständnisse.
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Freudestrahlend

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Re: Von Musik und Menschen
« Antwort #7 am: 28 April 2017, 21:01:14 »

Gelobt wird die Positivität meines Beitrags. Ok. Was immer das heißen mag.
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Whiskey

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Re: Von Musik und Menschen
« Antwort #8 am: 17 Juni 2017, 04:02:43 »

Also erstmal wow haha *-*
Das was du geschrieben hast, mag auf den ersten Blick ein wenig zwanghaft erscheinen, aber beim doppelten durchlesen beginne ich zu verstehen.

Musik ist eben etwas sehr individuelles, der Eine hat einen Lieblingssänger und hört die Lieder rauf und runter ohne den Text zu können. Der Andere findet vielleicht die Lieder gerade wegen ihres Textes interessant, der Nächste hört nur Instrumental-Stücke.

Aber Musik zu verschenken... ich weiß nicht recht, ich habe das noch nie gemacht, weil ich denke, dass jeder Musik in sich hat und man diese am besten selbst findet.

Als kleiner Gedankenanstoß...

LG May
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hardworking fool

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Re: Von Musik und Menschen
« Antwort #9 am: 17 Juni 2017, 08:02:41 »

Ehrlich gesagt beneide ich jeden der mit Musik lebt.
Ich selbst bin leider gerade musikalisch genug um zu wissen, dass ich lieber die Finger davon lassen sollte. 8 Jahre Klavierunterricht - eine einzige Qual!
Für mich ist Englisch meine Musik. deswegen vielen Dank für diesen Beitrag.

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Freudestrahlend

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Re: Von Musik und Menschen
« Antwort #10 am: 18 Juni 2017, 11:45:31 »


Das was du geschrieben hast, mag auf den ersten Blick ein wenig zwanghaft erscheinen

Also, ich selber finde, dass das auch auf den zweiten Blick noch zwanghaft erscheint! :o)

Aber darum geht es ja gerade: Zu zeigen, wie unterschiedlich Leute mit Dingen, die ihnen am Herzen liegen, umgehen. Und dass du keine Musik verschenken würdest, ist das für mich kein Gedankenanstoß, weil mir das längst klar ist, dass nicht alle Menschen so denken wie ich. Sonst hätte ich den Text wohl gar nicht geschrieben.
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Freudestrahlend

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Re: Von Musik und Menschen
« Antwort #11 am: 18 Juni 2017, 11:47:24 »


Ich selbst bin leider gerade musikalisch genug um zu wissen, dass ich lieber die Finger davon lassen sollte. 8 Jahre Klavierunterricht - eine einzige Qual!


Der Text spricht ja mehr vom Musikhören als vom Musikmachen. Und dafür musst du nicht besonders musikalisch sein, oder? ;o)
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