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Autor Thema: Wieviel muss ich mit 21 noch einstecken ?  (Gelesen 661 mal)

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hopless

  • Gast
Wieviel muss ich mit 21 noch einstecken ?
« am: 24 Juni 2014, 10:09:42 »

Hallo liebe Leser und Leserinnen,

ich hoffe Ihr könnt mir weiter helfen.
Leider muss ich dafür weit ausholen, denn um es zu verstehen zu können ( wenn es möglich ist ) .

Ich bin 1992 geboren.
man könnte sagen, ich bin ein "Glückskind". Aber jedoch davon merke ich nicht viel.
Meine Mutter hatte mit 17/18 einen Gehirntumor. Zum Glück konnten Sie Ihn erfolgreich entfernen.
(Ob mit Chemo oder Anderem, dass kann ich euch leider nicht genau sagen, denn dazu weis ich zu wenig und möchte es, wenn ich ehrlich bin, auch nicht wirklich wissen.)
Sie muss seitdem Medikamente nehmen, aufgrund dessen, dass er nicht wieder kommen sollte. Pustekuchen, ... er kam wieder. Und gleich mit Verstärkung!
Die Ärzte ( Hausarzt, Frauenarzt und andere diversen Kittelträger ) sagten meinen Eltern, dass die Wahrscheinlichkeit für Nachwuchs sehr gering bis gar nicht besteht. Meine Eltern versuchten trotz allem immer wieder ein Kind zu bekommen. Irgendwann gaben Sie die Hoffnung auf und machten sich mit dem gesparten Geld einen schönen Urlaub in Belgien mit der Familie.
Sie kamen aus dem Urlaub und meine Mutter war Schwanger. Ob es daran lag, dass Sie sich nicht unter Druck gesetzt hatten oder einfach mal die Zeit genossen, wissen Sie und weis keiner.

Mein Vater arbeitete Tag und Nacht, um die Kosten für die Therapien und Behandlungen und für meine Mutter finanzieren zu können.
Sie nahm etliche Reinigungsjobs an, um noch etwas in die Kasse zu füllen und auch für Ihr Selbstwertgefühl.
Ihre Meinung ist es ; " Solange ich laufen, sitzen und meine Hände bewegen kann, arbeite ich! "
Sie hält nichts von Arbeitslosen, die sich zu schaden sind, arbeiten zu gehen.
Aber nach ner Zeit ging es nicht mehr. Sie war nur noch ständig in Kliniken.
In die Psychatri wurde Sie schon mehrmals eingewiesen ( auch freiwillig bis heute ), da Sie durch die Einnahmen von Medikamenten Nebenwirkungen hat. D.h. sie hört Stimmen, die Ihr befehlen, aus dem Fenster zu springen und solch ein Scheiß.
Deshalb muss sie non Stop eine Geräuschkulisse ( sei es Musik oder TV ) um sich haben.
In Kuren ist Sie, wegen Ihrem Astma alle 2-3 Jahren.

Im Grunde kann man sich schon vorstellen, wie es an einer Kinderseele zerren mag, wenn man das auch nur halbherzig mitbekommt.
Seit dem 5. Lebensjahr bekam ich es richtig mit. Sie war mal eine oder zwei Wochen zuhause, kümmerte sich liebevoll um mich und dann wieder für 5-7 Wochen in der Klinik.
Es war nie leicht zuzusehen, wenn Sie mal Zuhause war, wie sie mit nem Krankenwagen ins Krankenhaus gefahren wurde.
Das hatte ich 4-5 mal live gesehen.
Mein Vater war wie oben genannt arbeiten, Tag und Nacht.
So musste ich zu meiner Oma, zu meinen Tanten oder auch mal bei Bekannten eine Zeitlang "wohnen".
Mein Vater sah ich nur 2 Tage die Woche, wenn er Frei hatte. Er bemühte sich auch um mich und versuchte mit mir alles zu machen, was ich erleben wollte. Zoogang, Zirkus etc.
Beide versuchten Ihre Liebe, die Sie mir nicht so geben konnten, wie andere Eltern wahrscheinlich mit Materiellen Dingen zu ersetzten.
Ich bekam sehr Früh ein Handy. Ich hatte meinen eigenen Fernseher , einen Computer etc.
Alles das , was Kinder in meinem Alter nicht bekamen bzw sehr selten gab es diese Fälle.

Vor 5 Jahren hatte meine Mutter in der Klinik einen Astmaanfall und wurde Wiederbelebt.
Sie wurde mit dem Roten Hubschrauber in ein Krankenhaus geflogen, in dem Sie zwei Wochen im Koma lag.
Heute bringt Sie noch den Spruch mit einem Lachen " Ich hätte so gerne in dem Hubschrauber gesessen und die Aussicht genossen. Aber nein, ich musste ja wieder gegen den Strom schwimmen und alles verschlafen!"
In der Zeit hatte ich meinen 1. Feund, bei de ich mich wohlfühlen konnte. Ich bin eine Person, ich vertraue sehr schwer und es dauert, bis ich mit einer Person "warm" werde und mit Ihr rede.
Ziemlich zurückhalten, verschlossen und ja...
Wohl übel kam dann 2 Wochen später die Nachricht, dass ich mit Anfang 17 ein Kind bekommen werde und das ohne den Kindsvater, da er sich zu diesen Zeitpunkt schon von mir getrennt hatte.
Jetzt stand ich alleine da. Ich bat meine Tante ( der ich als Einzigste ein wenig vertraute ) mir zu helfen.
Ich hatte keinen Schulabschluss, nichts zu dem Zeitpunkt.

Und heute absolviere ich eine Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation im 2. Lehrjahr.
Habe eine wundervolle Tochter von bald 5 Jahren, auf die ich stolz bin.

Jedoch:
Bis vor c.a.3 Wochen hatte ich noch diese "Mauer".
ich hoffe, ihr wisst, was ich meine.
Diese "Mauer" bei der man sich sagt, es ist nichts dramatisches, was man erlebt hat.
Ob es was damit zu tun hat, dass ich damit aufgewachsen bin oder als Selbstschutz, das weis ich nicht.

Jedenfalls vor 3 Wochen fing es an, dass ich wegen jedem kleinen Scheiß anfing zu heulen.
Sei es, wenn meine Tochter nicht hört, wenn ich in der Schule keine gute Leistung bringe oder Streit mit meinem Partner habe.

Hatte vor 4 Tagen das erste mal ein Gespräch mit einer Psychologin.
Sie stellte eine Diagnose fest: Deprission, Verlustängste und Burnout.

Sie wollte wissen, welche Beschwerden und wie oft ich sie habe.

Darunter fallen Magenschmerzen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Ausgelaugtes Empfinden, Lustlosikeit, Appetitlosigkeit, Schlafstörung trotz Müdigkeit (!), Konzentrationsschwierigkeit, Wahrnehmungsstörungen ( ich bilde mir Sachen ein, die nicht so sind. Bsp: Mein Partner und ich diskutieren. Er sagt " ich gehe!" und ich ich interpretiere "ich gehe weg von Dir " bzw. " ich beende es mit uns!" )


Ich hoffe , man kann mein Gewusel lesen und es scheint nicht wie ein Hieroglyphenrästel zu sein.

Oftmals denke ich mir, wie es auch vor 2 Tagen der fall war in einem Zusammenbruch, weshalb bekomme ich das alles ?
Weshalb werde ich psychisch so bestraft ?
Hätte es lieber nicht etwas sein können wie Schulden oder Verlust an Materiellen Dingen ?
Es ist schon schlimm genug, dass meine Tochter es mitbekommen könnte und es vielleicht schon hat ?!

Ich weiß echt nicht mehr weiter...

War heute bei Hausarzt und er gab mir eine Überweisung für einen Neurologen. Aber bis sich da etwas tut, vergehen wieder Monate es Verzweifelns, des Kampfes, denn ich bin NUR EINE NUMMER - KEIN MENSCH !





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stumm

  • Gast
Re: Wieviel muss ich mit 21 noch einstecken ?
« Antwort #1 am: 25 Juni 2014, 07:50:28 »

ein herzliches willkommen bei nur ruhe :-)

sorry das ich heute erst antworte, aber dein beitrag war recht viel information und musste sich erst mal setzen

es kommt so vieles zusammen bei dir :-(

die kindheit war nicht gerade optimal
ständige angst um die mutter
das erzeugt verlustängste und macht unsicher
immerzu in der familie rumgereicht, trägt nicht zu stabilität bei, die ein kind dringend braucht
deine eltern haben ihr bestes versucht
das möchte ich ihnen hier nicht abstreiten

mit 17 jahren schwanger und dann vom vater verlassen zu werden
da kommen ganz starke existenzängste
zukunftsängste sind da

doppelbelastung mit kind und ausbildung sind der pure stress

das alles zusammen sind gefühle welche die seele ganz arg belasten
eine mauer hast du aufgebaut um die seele zu schützen
aber weisst du, so eine mauer kostet auch jede menge kraft
und irgendwann ist diese kraft einfach nicht mehr da
und die seele fordert ihr recht auf beachtung ein

wichtig ist sich um die seele zu kümmern

ich denke aber du bist auf einem gute weg
du suchst dir hilfe
ja ich weiss, die wartezeiten erscheinen einem unerträglich
aber auch diese zeit wird vergehen und du bekommst hilfe

du bist im netz unterwegst um hilfe für dich zu suchen
und du hast ein kämpferherz
wer das alles übersteht wird auch diese zeiten überstehn :-)

bleib dran und gib dir eine chance auf ruhe :-)
« Letzte Änderung: 25 Juni 2014, 07:51:16 von stumm »
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Epines

  • Gast
Re: Wieviel muss ich mit 21 noch einstecken ?
« Antwort #2 am: 25 Juni 2014, 08:01:36 »

Hallo hopeless

Deine Geschichte hat mich gerade sehr berührt und leider kann ich mir nur allzu gut vorstellen, wie es dir ergangen ist.
Wenn man so aufwachsen muss, lebt man in ständiger Angst die Mutter zu verlieren und quälende Gedanken was aus einem selber wird, sind omnipräsent. Als Kind ist man der willkürlichen Macht der Eltern ausgeliefert und übernimmt auch oft ihre Weltanschauungen und manchmal auch ihr toxisches Verhalten. Es gilt darum dies rechtzeitig zu erkennen und den Kreislauf zu durchbrechen.

Auch ich hatte materiell, als Kind, alles was ich wollte, doch diese Dinge können eine liebevolle Zuwendung nie ersetzen. Man sehnt sich danach und diese Sehnsucht zieht sich später leider auch durch das Erwachsenen-Leben und kein noch so guter Partner, oder gar ein Kind, kann sie stillen, dass können nur wir selbst und das dies nicht einfach ist, weiß glaube ich jeder, der als Kind belastet aufgewachsen ist.

Du hast sehr früh ein Kind bekommen und hast gelernt dich durch zu beißen und stehst im Grunde gut im Leben, trotz allem.

Ich nehme mal an, dass du als Kind oft die Verantwortung für deine Mutter übernommen und viel getan hast, damit es ihr besser geht. Nun ist es Zeit dich um dich zu kümmern.

Oft ist es so, dass die erwähnte Mauer, wenn man Kinder hat und sie aufwachsen sieht, langsam Risse bekommt und zu bröckeln anfängt. Die ganze Altlast drängt dann hoch und man verzweifelt schier daran. Dies hat aber auch sein Gutes, denn man kann endlich um die verlorene Kindheit trauern und sie danach wirklich hinter sich lassen.

Deine Seele hat als Kind sehr gelitten und dies macht sich meist dann, wenn es einem vermeintlich gut geht bemerkbar. Es ist irgendwie, wie wenn man unbewusst immer auf den nächsten Hammer wartet und die Angst alles zu verlieren nimmt manchmal Überhand.

Du schreibst, dass du eine Psychologin hast, dann bist du ja auf dem besten Weg zu verarbeiten, was dich noch von innen belastet.

Dies alles geht leider nicht so schnell und du brauchst viel Geduld und auch Kraft diesen Weg zu gehen, aber mit der Zeit geht es dir besser. Dass du weinen kannst, ist schon ein sehr gutes Zeichen.

Du bist ein Mensch und keine Nummer, auch wenn es sich im Moment gerade so anfühlt. Bedenke, dass viele Menschen gleichzeitig Hilfe suchen und deshalb sind die Wartezeiten leider manchmal lang.

In der Zwischenzeit kannst du trotzdem etwas für dich tun. Z.B. die Zusammenhänge mit deinem Erleben früher und deinen Beschwerden heute zu erkennen.

Hierzu ein interessanter Vortrag:

Die Mutter deiner Kindheit - Robert Betz
http://www.youtube.com/watch?v=WmBUxMbGGak

Dann kannst du auch weiterhin bei uns deine Sorgen und Ängste loslassen, darüber zu schreiben kann unglaublich befreiend wirken.

Trotz allem hast du dein Leben bisher gemeistert und zusammen mit deinem Partner wirst du auch diese Krise überstehen.

Alles Liebe und viel Kraft
Epines

Gespeichert
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