Hallo Tränchen,
zuerst einmal tut es mir leid für dich, dass du einen guten Freund verloren hast.
Da ich die Gründe für euer auseinadergehen nicht kenne und sie mich auch nichts angehen, kann ich hier auch nicht sagen, dass er oder du die Schuld trägst. Aber was bedeutet in diesem Rahmen schon Schuld? Ist es letztlich nicht egal, wer diese trägt? Im Vordergrund steht nun mal die Tatsache, dass man sich nicht mehr versteht oder die Freundschaft aus anderen Gründen kaputt gegangen ist. Es macht wenig Sinn zu grübeln, wer Schuld ist. Du musst nun einfach schauen, wie du damit klarkommen kannst. Vielleicht hilft es dir für zukünftige Freundschaften, dein Verhalten genau auseinander zu nehmen und zu überlegen, an welchen Stellen du dich vielleicht falsch verhalten hast. Damit meine ich kein einmaliges Versetzen oder jemanden einmal beleidigt zu haben, sondern mehr Sachen, die öfters vorkamen. Manchmal merkt man selbst nicht, wie sein eigenes Verhalten bei anderen ankommt. Man denkt vielleicht, man macht alles gut und bei dem anderen kommt das genaue Gegenteil an. Daher finde ich es immer wichtig, bei solchen Situationen drüber nachzudenken, wie man sich selbst verhalten hat. Das heißt jetzt nicht, dass man da sitzen und sich sagen soll: Ich bin an allem Schuld, niemand mag mich. Im Gegenteil. Es sind beide Seiten zu reflektieren. Zum einen, was meinst du, warum es auseinander ging und inwiefern du dazu beigetragen haben könntest? Auf der anderen Seite ist allerdings auch der Punkt zu sehen, dass die Freundschaft immerhin 10 Jahre gehalten hat. Das bedeutet, du hast folglich auch viele positive Aspekte in diese Freundschaft hineingebracht. Mach dir diese Seite ebenfalls bewusst. Versuche aus beiden Seiten zu lernen.
Ich weiß, dass die Worte tröstend sind, dass man selbst keine Schuld trägt. Aber Tränchen, ich sag dir ganz ehrlich, wer dich nicht sehr gut kennt und eure Freundschaft miterlebt hat, kann sich meiner Meinung nach kein Urteil darüber erlauben und auch nicht sagen, wer nun die Hauptverantwortung für diese Folge trägt. Wer diese Worte sagt: "Du bist nicht Schuld", obwohl er nichts näheres weiß, will einfach nur schnell was sagen, damit der andre Ruhe gibt. Ich selbst lache innerlich über solche Worte und denke mir: Du kennst die Lage doch nicht, wie willst du das wissen.
Trotzdem kann ich dir eine Sache mit auf dem Weg geben. Du musst das Geschehene verarbeiten und versuchen es für dich in positive Aspekte zu zerlegen. Mach dir bewusst, was er an dir gemocht hat und versuche dies in zukünftige Freundschaften einfließen zu lassen. Auf der anderen Seite hast du nun die große Chance, aus deinen Fehlern zu lernen und sie zukünftig zu vermeiden. Versuch das Beste draus zu machen. Natürlich steht dir auch eine Phase der Trauer zu, dass diese Freundschaft nun kaputt ist. Nur mache dich selbst damit nicht weiter kaputt. Es mag für dich gerade nicht sehr realistisch klingen, aber das Leben geht weiter. Verarbeite die ganze Geschichte und dann schau nach vorne. Denn es bringt dir auf Dauer gesehen nichts, dir ewig Vorwürfe zu machen oder zu trauern. Aber unterdrücke dies auch nicht.
Auch Menschen mit Depressionen oder ähnlichen Krankheiten brauchen einen Ansprechpartner und sind durch Misserfolge mindestens genauso deprimiert wie "gesunde" Menschen. Aber eins kann ich dir noch mitgeben. Es ist für "gesunde Menschen" sicherlich nicht einfach mit "kranken Menschen" eine feste Freundschaft einzugehen. Ich meine das jetzt nicht abwertend, sondern ich versuche dir das einfach mal zu erklären. Jeder Mensch hat seine Probleme, egal ob psychisch, physisch, arbeitstechnisch oder privat. Natürlich gibt es Menschen, die sich von grundauf nicht für die Probleme anderer interessieren, aber die lassen wir jetzt mal außen vor. Wenn man jemanden kennen lernt und dieser Mensch ständig rumjammert, wie schlecht es ihm doch geht und man selbst genug andere Probleme hat oder nicht in der Lage ist, die Probleme des anderen zu verstehen, ist es schwierig hier soviel Interesse für eine Freundschaft aufzubauen. Leichter ist es immer, wenn man schon gut befreundet ist und die Probleme des anderen erst dann auftreten. So hat man einen ganz anderen Bezug zu einer Person und es fällt einem leichter, sich deren Probleme anzuhören und zu helfen.
Lernt man jemand kennen, der übertrieben gesagt nur rumjammert, fällt es einem sehr schwer, hier auch positive Seiten zu sehen, die einem eine Freundschaft aufbauen lassen. Hat man selbst doch schließlich auch genug Probleme.
Das Problem, was ich auch schon oft im Chat beobachtet habe, ist, dass es viele gibt, die dich "mögen", wenn du ihnen zuhörst oder sie aufheiterst. Sie reden davon, dass es ja so toll sei, dass man sich verstehe. Aber wenn du dann mal schlecht drauf bist oder keine aufheiternden Worte parat hast, bist du schnell abgeschrieben und man wechselt lieber den Raum, da woanders mehr Unterhaltung geboten ist. Es ist schon merkwürdig, wieviele Menschen in so einem Chat sind und Tag für Tag traurig sind, dass sie niemanden haben, der ihnen zuhört. Auf der anderen Seite hören diese Menschen auch kaum zu, sondern suchen sich selbst in einem Chat, in dem sie sich Hilfe erhoffen, nur die Rosinen raus. Wie kann man denn von anderen verlangen, dass sie einem zuhören sollen, wenn man es bei anderen auch nicht macht bzw. diese Personen genauso fallen lässt, sobald sie einem nicht mehr nützlich sind? Ich finde sowas sehr schade. Und ich weiß, dass es auch Ausnahmen gibt, schließlich kann ich das schon von mindestens einer Person im Chat so sagen. Eine Person, die sich trotz eigener Probleme, genug Zeit für andre nimmt und sich tagtäglich Sachen anhört, die sicher nicht mal halb so schlimm sind, wie das, was sie selbst erlebt hat, wie sie selbst behauptet.
Was ich eigentlich sagen möchte, ist, dass du sicher nicht schnell 10 neue Freunde findest, aber mit einer etwas anderen Einstellung wirst auch du zukünftig Leute kennen lernen, die du Freunde nennen kannst.
Von daher, gib nicht auf, sondern sieh nach vorne und finde deine postiven Seiten.
Ich weiß, dass es gerade für psychisch kranke Menschen immer schwerer ist, neue Leute zu finden. Das ist klar, aber es ist nicht unmöglich. Ich wollte hiermit nur einmal die Seite aufzeigen, dass es eben nicht immer einfach ist, mit bestimmten Erkrankungen umzugehen. Es braucht von beiden Seiten Verständnis. Der Gesunde muss erkennen, was die Krankheit bedeutet und der Erkrankte muss akzeptieren, dass der andere eben auch nicht ständig noch mit anderen Problemen belastet werden will und auch nicht kann. Denn normal macht es eine gute Freundschaft aus, sich auch Zeit für die Probleme des anderen zu nehmen. Nur kann dies leider niemand 24 Stunden und 7 Tage die Woche.
Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft und mit etwas Abstand wirst du erkennen, dass es auch für dich eine gute Zukunft gibt.
Gruß Muffin