Nur Ruhe - Selbsthilfeportal über Depressionen und Selbstmord

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Autor Thema: Neu  (Gelesen 836 mal)

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MissingAndy

  • Gast
Neu
« am: 10 Juni 2013, 17:50:16 »

Hallo,

mein Name ist Christian und ich will mich hier mal kurz vorstellen.
Ich habe schon seit Jahren ein melancholisches Gemüt, aber es ging immer irgendwie. Dieses Jahr im Frühjahr ist mein Mann, mit dem ich 13 Jahre zusammen und 5 Jahre verheiratet war, ganz plötzlich an einem Herzhinterwandinfarkt gestorben, während ich im Laden war, Milch einkaufen. Ich konnte mich nicht verabschieden, als ich nach Hause kam, war mein Andy tot. Mit nur 33 Jahren, Andy war ein Jahr älter, stand ich auf einmal alleine vor den Scherben der Zukunft, die wir uns zusammen aufgebaut hatten und am aufbauen waren.
Seitdem bin ich in einem Loch, aus dem ich nicjht mehr herauskomme. Ich vermisse ihn so sehr. Er fehlt mir so sehr. Manchmal scheint es leichter zu sein, den Schritt zu gehen, mit ihm zusammen zu sein, als dass ich alleine bleiben muss. Dann wieder scheint das sehr feige. Ich will nicht weglaufen.
Manchmal macht es mich so unendlich wütend, dass er nicht da ist, dann wieder könnte ich stundenlang nur weinen. Mir unter der Bettdecke die Kissen zusammenzudrücken und dann so zu tun, als sei er da, das hilft mir auch nicht weiter. - Die ganzen Jahre bin ich immer aufgewacht mit dem Gefühl, dass ich froh und glücklich bin, dass dieser Mann mein Mann ist. Dass er die Liebe meines Lebens ist. Dass wir einander die Zukunft sein würden. Und nun ist er weg. Icvh konnte ihm so viele Dinge nicht einmal sagen. Ihm sagen, wie sehr ich ihn liebe. Dass er die Mitte meiner Welt ist. Dass ich lieber mit ihm gestorben wäre. Dass ich fast verrückt werde, weil er mir so fehlt. Dass ich nicht schlafen, nicht essen, nicht arbeiten kann, weil er nicht da ist. Dass ich seine ungewaschenen Hemden hier liegen habe und manchmal an ihnen rieche, nur damit ich seinen Geruch atmen kann und dass ich Angst davor habe, was passiert, wenn der Geruch aus den Kleidern verfliegt.

Naja, jetzt habe ich doch mehr geschrieben als ich dachte. Aber irgendwie freue ich mich auf den Austausch hier.
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stumm

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Re: Neu
« Antwort #1 am: 10 Juni 2013, 18:28:09 »

ein herzliches willkommen im forum :-)

ich weiss es hilft dir grad ganz wenig wenn ich dir sage bei trauer hilft nur die zeit
alles was du beschrieben hast gehört dazu
wut, verzweiflung, einsamkeit
ja und die ganze pallette der gefühle durch bis hin zur Akzeptanz
nein nein die zeit heilt nicht wirklich wunden
nicht in dem sinne, dass die wunde irgendwann völlig weg ist
eher in dem sinne, dass da immer eine narbe bleiben wird
ab und an spürt man ebend narben
aber nicht mehr so schmerzhaft wie die wunde selber

gib dir bitte die zeit
mach alles mögliche um tag für tag zu überstehen
alles was dir hilft
versuch zu leben tag für tag

morgen wäre mein bruder 53 geworden
wenn er nicht, von einem betrunkenen autofahrer, im alter von 31 jahren tot gefahren wäre
nun kann man sicherlich nicht den bruder mit dem mann vergleichen
aber ich weiss wie sich trauer anfühlt
und ich weiss es hilft wirklich nur die zeit

und hinterher gehen wäre sicherlich nicht im sinne von deinem mann
er würde bestimmt wollen, dass du lebst
ich weiss du willst den schmerz beenden
aber bitte beende nicht dein leben
gib dir und der zeit diese chance
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claudi

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Re: Neu
« Antwort #2 am: 10 Juni 2013, 18:55:02 »

Hallo Lieber Christian,

Ich find es immer so "blöd" jetz irgendeine floskelhafte Beileidsbekundung oder dergeleichen vom Stapel zu lassen. Irgendwie fühlt sich das für mich nicht richtig an.

Ich möchte dich wissen lassen das du gelesen wurdest.

Und auch wenn natürlich nichts und niemand, und kein wort der welt helfen kann.

Ich spühre da auch viel Liebe und Verbundenheit zwischen dir und Andy.

Und diese Innigkeit kann euch beide KEINER nehmen, das geht über den Tod hinaus.

Ein liebes herzliches willkommen und ich wünsche dir das du hier gut ankommen kannst

lg claudi
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MissingAndy

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Re: Neu
« Antwort #3 am: 10 Juni 2013, 19:19:14 »

Danke euch für die lieben Worte.

Ich weiß, dass es ein normaler Zyklus ist, den ich durchlaufe. Ich weiß, dass er in meinem Herzen bleiben wird und dass eine Narbe mich immer an ihn erinnern wird. Dass ich diese Narbe hegen und pflegen werde, dass sie das Kostbarste sein wird, was ich besitze.
Aber im Moment ist es einfach nur schlimm. Ich sitze hier herum, kann nicht essen, fange an zu weinen ohne Grund, und wirklich nichts verändert sich, weil ich nichts verändern kann. Und ich weiß nicht, was mich noch zusammenhält. Von außen die Haut, aber innendrin ist nichts mehr. Meine Welt ist weg. Alles ist vorbei.
Die erste Zeit ging gar nichts, ich konnte nicht einmal aufstehen, weil ich Angst hatte, dass ich ihn wieder im Wohnzimmer liegen sehen würde. Seit ein paar Wochen sitze ich abends immer nur und ausnahmslos auf dieser Stelle und heule die Kissen voll. Er soll wiederkommen - dann wäre alles gut.
Ich bin so an meinen Grenzen angekommen, dass ich dachte, da käme ich nie hin. Mental, physisch, psychisch. Es ist, als sei es das Ende.
Mein Titelbild zeigt uns beide zusammen, er im Vordergrund. Es ist eines der allerletzten Bilder, die wir gemacht hatten.
Ich verstehe das nicht. Ich weiß auch nicht, wie ich damit leben soll...
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nubis

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Re: Neu
« Antwort #4 am: 10 Juni 2013, 19:57:31 »


Hi Christian,

ich möchte dich auch nur wissen lassen: ich habe dich gelesen - und ich fühle mit dir...

Bei mir ruft das grade Erinnerungen wach - mein Mann starb ebenfalls unerwartet an einem Herzstillstand.
Wenn ich dich lese - hier - aber auch den Brief, den du gepostet hast... es zerreißt mich fast - und bei mir ist es inzwischen 6,5 Jahre her...

Nach 4 Monaten... ist alles was ich tun kann, dir Kraft zu wünschen durchzuhalten.

gib nicht auf!
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Gegen Schmerzen der Seele gibt es nur zwei Arzneimittel: Hoffnung und Geduld

(Pythagoras)

MissingAndy

  • Gast
Re: Neu
« Antwort #5 am: 10 Juni 2013, 22:50:45 »

Danke.... Einfach nur mal danke... Ich dachte immer, dass ich alleine so fühle und dass ich durchdrehe... Er fehlt mir so sehr.... So unendlich sehr.... =(
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Adrenalinpur

  • Gast
Re: Neu
« Antwort #6 am: 10 Juni 2013, 23:41:13 »

Hallo Christian,

mit diesen Gefühlen bist Du nicht alleine, hier denke ich können sehr viele diesem Schmerz nachvollziehen, wenn ein geliebter Mensch gehen muss. Es bleiben offene Fragen, einsame Momente. Und auch wenn die Zeit manches sanfter werden lässt, alles Heilen kann sie nicht.

Deine Einstellung, dass Du die Narbe seines Fehlens in deinem Herzen nicht hasst sondern akkzeptieren willst finde ich toll.

Wenn Du hier schreiben möchtest, ich freue mich darauf. Ich möchte jetzt auch nicht meine Erfahrungen mit diesen Ereignissen schreiben.

Was ich Dir auf den Weg geben kann, ist dass ich sicher weiss dass Andy nicht will dass Du so leidest
Er möchte dass Du dich an euere gemeinsame Zeit erinnerst.

Alles Gute Dir
Adre
 
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MissingAndy

  • Gast
Re: Neu
« Antwort #7 am: 11 Juni 2013, 01:21:17 »

Hallo Adre,

ich weiß, dass ich nicht alleine bin und es ist wahrscheinlich auch einigermaßen egoistisch von mir, das so zu sehen. Irgendwann wird die Trauer in Kummer übergehen und irgendwann ein liebevolles Erinnern werden. Zumindest hoffe ich, dass es so sein kann. Aber glauben - glauben kann ich das gerade nicht.

Hassen? Wie könnte ich denn etwas hassen, das von meinem Mann kommt? Nein.... Er war das Wundervollste, das Kostbarste, das Schönste in meinem Leben. Die Narbe von ihm wird schöner sein als alles Schöne auf der Welt. Weil sie von ihm ist.

Dass er nicht will, dass ich ich leide, das glaube ich sogar. Aber wie könnte ich nicht? Er war mein erster und mein einziger Freund, er war mein Ehemann und mein engster Vertrauter. Er war meine Mitte der Welt. Er war mein Ein und mein Alles.

Danke für die Möglichkeit, ier auch schreiben zu können.
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Epines

  • Gast
Re: Neu
« Antwort #8 am: 11 Juni 2013, 08:28:32 »

Hallo lieber Christian

Eigentlich wollte ich dir schon gestern schreiben, aber ich konnte es nicht, weil ich deinen Schmerz und deine Trauer so stark gefühlt habe.
Auch ich habe vor fünf Jahren meine allerbeste Freundin verloren und obwohl wir keine Beziehung im eigentlichen Sinne hatten, sondern einfach nur eine ganz tiefe innige Verbundenheit, weiss ich wie sehr es schmerzt und wie tief man in ein Loch fallen kann, wenn die vertraute Person plötzlich nicht mehr da ist.

Man hinterfragt sein eigenes Leben, erachtet es plötzlich als sinnlos und die gähnende Leere scheint endlos düster und eine Todessehnsucht macht sie breit, die einem Angst macht.

Wenn man eine so innige Verbundenheit mit einem Menschen hat, wie du sie geschildert hast und wie ich sie selbst auch erlebte, dann braucht man sehr lange, bis man wieder in einen normalen Alltag findet.

Dein Freund war dein ein und alles und hat dir so viel gegeben an Freude und liebevolle Zuwendung. Leider ist er viel zu früh gegangen.

Aber diese Zeit mit ihm war ein besonders wertvolles Geschenk, dass du immer in deinem Herzen tragen wirst, auch wenn er schon lange nicht mehr da ist. Nicht viele Leute dürfen so etwas einmaliges erleben, dies muss einem immer bewusst sein.

Wir Menschen sind fühlende Wesen, das ist es was unsere Besonderheit ausmacht. Wir lieben heftig, aber wir leiden auch genauso stark.

Heute erinnere ich mich oft an meine Freundin, nicht mehr täglich  und wenn ich es zulasse, dann schmerzt es  auch wieder, aber nicht mehr so wahnsinnig wie einst. Ich habe mich nach ihrem Tod in Arbeit gestürzt, das hat mich gut abgelenkt, nur die Abende waren sehr lange und einsam...

Wenn dir die Decke abends auf den Kopf fällt, dann komm doch mal in unseren Chat. Mir hat das damals auch sehr geholfen wenigstens ein paar Stunden abzuschalten.

Heute sehe ich sie in meinen Gedanken wie sie lacht und fröhlich ist und ich weiss, dass es ihr wo immer sie ist gut geht.

Alles Liebe
Epines

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