Hallo selbstschutz
ich weiß sehr gut, wie du dich fühlst. Hoffnung ist eine Macht, die alles grenzenlos erscheinen läßt. Und wenn man immer stärker spürt, daß die Hoffnung schwindet, die Realität an Bewußtsein gewinnt, dann schmerzt es so stark, daß man denkt, es geht nicht weiter. Mal in psychotherapeutischen Worten ausgedrückt, man hat das Gefühl, es nicht zu überleben, der Sog ist so stark, daß man daran zugrunde gehen wird. Man wird verlassen und man wird sterben. So fühlt es sich an. Niemand da, der uns tröstet. Niemand da, der uns in den Arm nimmt und bei dem wir solange weinen können, bis wir vor Erschöpfung einschlafen. Neben dem wir wieder aufwachen und weiter weinen können. Der Schmerz macht uns fast ohnmächtig und wir taumeln durch den Alltag und versuchen, ihn iwi zu überleben.
Egal wie, Hauptsache der Tag ist schnell vorüber und die Dunkelheit kann uns wieder unsichtbar machen. Nichts ist schlimmer als sich ungeliebt zu fühlen. Die Frage nach den Warums stellt sich in diesem Moment nicht. Das Gefühl des Ungeliebtseins, die Trauer über eine weitere Hoffnung, die sich nicht efüllt hat, beherrscht in zunehmendem Maße unseren Tag, unsere Nacht, unser Sein, unsere Seele.
Wir spüren förmlich, wie sie uns jeden Tag aufs Neue die Kraft raubt, wie sich Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit immer mehr ausbreiten. Und eines Tages ist nichts mehr da. Keine Gefühle, keine Trauer, keine Hoffnung, keine Kraft. Da ist nur noch Leere. Tiefe schwarze bittere eisige Leere.
Abgestumpft im Kopf, dumpf im Herzen, taub in der Seele und so gefühllos, daß es uns egal ist. Es ist einfach egal, ob wir leben, ob wir sterben, wie die Zeit verrinnt und was wir darin machen. Nämlich jeden Tag sterben. Jeden Tag ein bißchen mehr, bis iwann nichts mehr von uns übrig ist. Unsere leere Hülle vegetiert vor sich hin und es kommt nichts mehr an. Worte von außen erreichen uns nicht, was wissen die schon, die uns da was erzählen wollen. Nichts, absolut gar nichts wissen sie von den Qualen, die wir erdulden und der Hölle durch die wir Tag und Nacht gehen. Noch wechseln die Stimmungen, noch gibt es Tage, Stunden, Minuten in denen wir in Hauch von Hoffnung und somit einen Hauch von Leben in uns spüren. Aber sie werden seltener, diese Phasen, bis sie iwann ganz verschwunden sind. Dann ist alles tot in uns. Dann setzt die Automatik ein. Der Mund bewegt sich wie von allein, wenn er Worte rausbringen muß. Die Beine laufen von allein, die Arme bewegen sich, als seien sie ferngesteuert.
Wir merken, allein schaffen wir das nicht. Doch das hilft uns nicht weiter. Die Hürde ist zu hoch. Wir lehnen alles ab, was man uns anbietet. Weil wir es allein schaffen müssen. Das hat uns das Leben gelehrt. Es kommt nicht darauf an, was wir möchten, sondern was wir müssen. Und das müssen wir allein hinkriegen. Sonst sind wir Versager. Wer Hilfe annimmt, ist ein Versager.
Der Unterschied zu früher ist jedoch, daß nur wir es in der Hand haben, was mit uns geschieht. Es ist niemand mehr da, der uns vermittelt, daß es nicht anders geht. Es liegt an uns, dem Bewußtsein in uns Raum zu schaffen, daß es jetzt und heute an uns liegt, was mit uns geschieht. Wir dürfen Hilfe annehmen. Wir dürfen über uns reden. Wir dürfen traurig sein, leiden und im Schmerz versinken. Die Stimme in uns, die uns das versagen möchte ist übermächtig. Sie ist laut, sie prahlt, übertönt alles. Aber sie ist nicht (mehr) real.
Die Realität spricht eine andere Sprache. Sie sagt, nichts und niemand darf uns das alles verbieten. Und weil wir das niemals gelernt haben, wiel wir einfach nicht wissen, wie das funktionieren soll, brauchen wir jemanden, der uns genau das zeigt, uns zuhört und erstmal all das, was uns so tieftraurig macht mit uns bespricht. Der uns auffängt und vorsichtig wieder aufrichtet. Der unsere Wut und Verzweiflung aushält ohne uns dafür zu belächeln, zu verachten, zu bestrafen. Egal, in welchem Rahmen. Wir dürfen sein.
Und wenn wir das alles geschafft haben, dann werden wir bemerken, wie voll wir waren mit negativen Emotionen, die wir solang angehäuft haben, daß sie uns haben versteinern lassen.
Wenn wir Glück haben, merken wir, wie wir mit jedem Baustein, den wir abgeworfen haben, leichter werden. Das Dunkel lichtet sich und Ordnung kommt ins Chaos.
Und iwann- keine Zeitangabe- wird der Kopf frei werden. Der Ballast ist abgeworfen und es wird Platz für Neues. Aber erst dann. Vorher ist es zum Überquellen voll.
Manche benötigen Wochen, manche Monate, manche Jahre. Manchen gelingt es nie. Eine Garantie gibt es nicht.
Aber einen Versuch ist es wert, denn der Weg, den wir bis jetzt genommen haben, hat uns nicht an das gewünschte Ziel gebracht. Was also spricht dagegen, eine andere Richtung einzuschlagen? Ohne Versucht schmeckt nichts.
Es kann passieren, daß wir auf unserem neuen Weg Menschen treffen, denen es ähnlich geht, die genau wissen, wie man leidet und sich quält. Die auch wissen, daß alles, wirklich alles an einem abprallt. Wenn man wie ein Stein ist, ist ja nichts anders möglich. Wirf mal etwas an einen Stein. Es scheppert und fällt herunter. Alles ist kalt und hart.
Manche Menschen lassen sich jedoch davon nicht abhalten. Sie nehmen das hin und warten geduldig. Ist es ihnen doch selbst nicht anders ergangen.
Sie halten den Stein solange in ihrer Hand, bis er warm wird.
lg deja...nicht alle, die im Meer schwimmen, müssen zwangsläufig ertrinken...es kommt nur drauf an, ob man den Rettungsring nimmt, der einem zugeworfen wird