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Autor Thema: Wenn nichts mehr bleibt  (Gelesen 2327 mal)

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Paula

  • Gast
Wenn nichts mehr bleibt
« am: 08 Februar 2012, 10:29:54 »

Meine Familie kann ich nicht verlieren            - die habe ich schon verloren, die sind mit sich selbst beschäftigt
Meinen Mann kann ich nicht verlieren            - den habe ich schon verloren, der ist schon mein Ex
Meine Freunde kann ich nicht verlieren          - die habe ich schon verloren, die haben keine Zeit
Meinen Therapeuten kann ich nicht verlieren  - den habe ich schon verloren, der geht mitten in der Therapie einfach weg
Meine Hoffnung kann ich nicht mehr verlieren - die habe ich am 18. Oktober schon verlorenen

Und mein Leben? Das kann ich auch nicht mehr verlieren, ich sterbe mit jedem Atemzug ganz von alleine.

Noch muss ich durchhalten. Hab jemandem versprochen, ihm zu helfen. Im März wird diese Aufgabe auch erledigt sein. Dann bin ich frei ... frei zu verlieren, was immer ich will ...

Paula

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Epines

  • Gast
Re:Wenn nichts mehr bleibt
« Antwort #1 am: 08 Februar 2012, 13:10:16 »

Hallo liebe Paula

Was du schreibst klingt wirklich auf den ersten Blick aussichtslos und traurig, es ist schwer diese Dinge zu erkennen und irgendwie fühlt man sich, wenn man sie erkannt hat auch total unwichtig... unbedeutend.

Wenn man so voll in der Depression gefangen ist, kann man das Licht am Ende des Tunnels nicht mehr erkennen. Aber wichtig zu wissen ist, dass es dennoch da ist.

Du hast alles verloren was dir etwas bedeutet hat, aber das Wichtigste für dich hast du noch, es ist dein Leben, auch wenn du es gerade total unbedeutend findest.

Wer alles verloren hat ist frei, wie du richtig erkannt hast. Frei all jene Dinge zu tun die er, oder sie möchte.
Man könnte alles hinter sich lassen und neu beginnen. Was bedeuten würde sein Leben total zu verändern. Z.B. Dinge zu tun die man immer irgendwie wollte, aber durch die Fesseln einer Beziehung nicht konnte.

Viele Menschen, so auch ich stehen irgendwann genau an dem Punkt, wo du nun stehst. Einige davon zähle ich zu meinen Freunden. Wenn ich sie heute frage, ob sie immer noch sterben wollen, dann lachen sie mir ins Gesicht und sagen "sicher nicht", einige sind aber auch gegangen, was ich unendlich traurig finde.

Du sagst, dass du jemandem versprochen hast zu helfen und das diese Hilfe im März beendet ist, danach hast du Zeit.
Dann nutze diese Zeit endlich einmal etwas für dich zu tun, dir zu helfen, an dich zu denken, versprich dir zu helfen, du brauchst dich. Ich weiss es klingt abgedroschen, aber ich habe mich auch einmal gefragt, was brauche ich wirklich und ich bin darauf gekommen, dass ich mich selber brauche, ich zu mir stehen darf und nicht immer nur für andere da sein muss, sondern auch einmal für mich selbst. Zu erkennen das ich auch wichtig bin und zwar für mich hat bei mir lange gedauert, aber heute weiss ich, dass ich für mich sogar das Allerwichtigste bin.

Viel Kraft und alles Liebe
Epines
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Ina

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Re:Wenn nichts mehr bleibt
« Antwort #2 am: 10 Februar 2012, 05:06:18 »

Liebe Paula,

in Deine traurigen Zeilen kann ich mich gut hineinversetzen, wenn ich auf die
letzten Jahre zurückblicke. Diese absolute Hoffnungslosigkeit, die Verzweiflung,
der Gedanke ans Aufgeben... Wenn man liest, wie Deine aktuelle Situation aus-
sieht, ist das alles völlig nachvollziehbar!

Wie soll man ohne andere (für einen wichtige) Menschen an seiner Seite denn
auch glücklich werden? Jede Trennung ist hart, ein schmerzender Verlust, der
einem die Seele und das Herz zerschneiden kann... Man sagt doch immer, jedes
Ende sei auch ein Anfang - glaub mir, es ist wahr! Man kann neue Menschen in
sein Leben lassen, auch wenn es seine Zeit braucht und sicher nicht einfach ist.
Oft versperrt man sich da selbst den Weg, weil man blockiert ist und niemanden
an sich heran lässt. Verluste, Enttäuschungen und andere negative Erlebnisse
lassen uns aber auch wachsen und somit neue Kraft gewinnen!

Und wenn wir irgendwann bereit sind, diese Kraft zu nutzen, dann sollten wir
sie auch sinnvoll nutzen! Z.B. indem wir uns unseren Mitmenschen wieder öffnen,
versuchen zu vertrauen, neue Dinge ausprobieren. Man kann immer (!) einen
Neuanfang machen, auch wenn man in seiner Hoffnungslosigkeit nicht glaubt,
dass das möglich ist.

Ich habe auch nicht daran geglaubt, ganz und gar nicht. So oft wollte ich aufgeben
und einfach "gehen"... Heute weiß ich aber - und das trotz nicht selten auftreten-
der schwerer Depression - dass man ganz allein dafür verantwortlich ist, ob man
weitermacht oder nicht. Andere können uns zwar unterstützen und uns Kraft ge-
ben, doch dürfen wir uns nicht nur darauf verlassen und uns davon abhängig ma-
chen. Wir müssen unser Leben selbst in die Hand nehmen! Nur wir selbst können
Veränderungen schaffen und uns mit diesen einen Weg in ein besseres Leben er-
arbeiten.

Bei mir bedeutete dies letztes Jahr die Trennnung von meinem damaligen Freund,
das Beenden einer Affäre, den Einzug in meine erste eigene Wohnung, das Offen-
sein für neue Menschen - und wahrscheinlich noch viel viel mehr, was gar nicht
greifbar und in Worte zu fassen ist. Nie hätte ich daran geglaubt, dass das alles je-
mals möglich sein wird... Und während ich das gerade schreibe, ziehen ganz viele
Bilder an mir vorbei - Bilder, die all das Gute zeigen, was mich zur Zeit durch mein
Leben führt. All das Gute, für das ich aktiv kämpfe!

Paula, lebe Deine Träume und wenn's sein muss, dann klammer Dich richtig doll an
ihnen fest, wenn es Dich über Wasser hält! Glaub an Dich!



Ganz liebe Grüße und viel Kraft wünsche ich Dir!

Ina
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stern

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Re:Wenn nichts mehr bleibt
« Antwort #3 am: 10 Februar 2012, 19:06:05 »

liebe Paula,du glaubst nicht,wie sehr ich dich verstehe!nur helfen kann ich dir leider nicht,nur zuhören ,wenn du magst.wir treffen uns ja oft im chat.
Sterni,die dich mal vorsichtig in den Arm nimmt
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stern(Admin)

Paula

  • Gast
Re:Wenn nichts mehr bleibt
« Antwort #4 am: 11 Februar 2012, 00:23:26 »

Vielen Dank für eure lieben Beiträge, die mir leider noch deutlicher vor Augen geführt haben, wie aussichtslos meine Situation ist. Ich habe lange überlegt, aber ich habe keine Träume mehr und auch keine Hoffnung. Ich werde mir selbst auch nie genug sein, ich verrecke ohne Sozialkontakte. Und ich habe weder die Geduld noch den Willen, wieder neu anzufangen – das habe ich schon so oft getan. Immer wenn ich dachte, ich würde ein Licht am Ende des Tunnels sehen, war es doch nur wieder ein entgegenkommender Zug. Dieses Mal hat mein Therapeut ihn gefahren. Er ist nicht unsensibel und inkompetent, ganz im Gegenteil. Anderthalb Jahre hat er immer wieder um mein Vertrauen geworben, bis ich ihm endlich richtig vertraut habe. Wir hatten in den 2 ½ Jahren, die ich dort war einige schwierige Situationen und er ist nie von meiner Seite gewichen. Sobald ich dort war, hatte ich immer das Gefühl „alles wird gut, nur nicht sofort“. Die Therapeuten, die ich vor ihm angetestet habe, haben mich hin und her geschickt: die Analytiker zum Verhaltenstherapeuten und umgekehrt, bis mein Therapeut sich mit mir durchgebissen hat – und ich habe es ihm wahrhaftig nicht leicht gemacht. Er hat mich auch nicht absichtlich überfahren, er hat mich nur leider übersehen. Er zieht weg in eine andere Stadt, 650 km von hier entfernt. Das einzige, was ich ihm vorwerfe ist, dass er mir zu Beginn der Therapie nicht gesagt hat, dass er eine Kassenzulassung weit weg von hier beantragt hat. Er hat mir genau an dem Tag, an dem ich ein ganz schwieriges Thema ansprechen wollte, gesagt, dass er geht. Er hat selbst nicht mehr damit gerechnet, dass er die Zulassung noch bekommt. Ich bin seit dem Tag wie gelähmt. Zuerst dachte ich, es würde vielleicht mit der Zeit besser, aber es wird immer schlimmer. Jede Nacht habe ich Albträume. Ich träume davon, dass ich meinem Therapeuten Situationen aus meinem Leben zeige, ich denke, dass er wie immer hinter mir steht, aber wenn ich mich umdrehe, sehe ich, wie er geht. Das ganze kombiniert mit den Albträumen von einem Thema, dass wir eigentlich schon recht gut abgearbeitet hatten. Einen neuen Therapeuten werde ich mir nicht suchen. Ich habe jetzt leider gelernt, dass man sich auf seinen Therapeuten auch nicht verlassen kann. Bevor ich die Therapie angefangen habe, habe ich mir geschworen, dass das nun wirklich mein letzter Versuch ist, auf die Füße zu kommen. Hätte auch fast geklappt. Ich war so sicher, es mit meinem Therapeuten zu schaffen, aber leider war das Licht am Ende des Tunnels doch der entgegenkommende Zug ...

Paula
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Hobo

  • Gast
Re:Wenn nichts mehr bleibt
« Antwort #5 am: 11 Februar 2012, 00:45:52 »

Unsinn Paulachen!!

Ich habe keinen Therapeuten. Und alles was ich über diese Psychotherapien weiß ist ambivalent. Viele Spezialisten aus dem psychiatrischen Bereich halten Therapeuten für unterausgebildetet möchtegern Psychologen. Andere dulden sie als Laberansprechpartner. Es gibt keine Untersuchung, die die Arbeit von Therapeuten bestätigen würde. Es geht um jemanden zum Reden, Hilfe gibts da nicht.

Wie hat das der Australier im Film gesagt? Hm, Crocodile Dundee. So hieß der im Film. Irgendwer hat über Therapie geredet und wie wichtig sie doch sei. Und das sie nur dort alles mal sagen kann. Seine trocke Frage war, "hast du denn keine Kumpels?".

Genauso sehe ich das. Ich lese hier von Therapiebessenen, die das Rad längst überdreht haben. Nicht mehr den Sinn der Therapie erkennen, der in 3 Monaten erledigt sein muss. Sondern einen "Freund/in", nur zum Reden da. Das ist ein Missverständnis und jede/r Thera der das tut ist ein Abzocker. Aber mit uns kann man ja sowas machen.

Von Übersprunggeschichten mal ganz zu schweigen. Aber klar, verstehe ich auch, dass man vertrauen aufgebaut hat und dann sehr enttäuscht ist, wenn diese Vertrauensperson dann weg ist. Sicher.

Schön wäre es, wenn keine Therapie mehr bleibt. Das wäre der Anfang aus dem Nichts...

Erschütternd, oder?

lg
Hobo, therapieresistend...
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stumm

  • Gast
Re:Wenn nichts mehr bleibt
« Antwort #6 am: 11 Februar 2012, 06:57:22 »

eine familie ist nicht das leben eines menschen
ein mann oder partner ist nicht das leben eines menschen
freunde sind nicht das leben eines menschen
und ein therapeut ist gleich 100 mal nicht das leben eines menschen

alles zusammen nicht zu haben ist wirklich keine leichte situation
aber auch keine welche das leben beendet weil einfach viel viel mehr zum leben gehört

und die hoffnung paula stirbt immer zuletzt, das liegt wohl so in der natur des menschen

das licht am ende des tunnels war immer ein zug...
ja also paula ich frage mich warum du einen tunnelblick hast
man kann in einem tunnel nicht das ganze leben sehen
in all seiner vielfältigkeit, mit all dem was zum leben gehört
warum nimst du nicht die scheuklappen ab und siehst dir mal das leben an
warum paula hast du die scheuklappen aufgesetzt
warum willst du das leben nicht sehen
warum willst du dein leben nicht kennen lernen
dich kennen lernen
was dir kraft gibt, was dir mut gibt, was dir hoffnung gibt, was dir ruhe gibt
all das kann man mit einem tunnelblick nicht sehen

du hast versprochen jemanden zu helfen und das ist im märz erledigt
und wieder die frage paula, warum machst du den dein leben von den belangen, dem vorhandensein oder auch nicht vorhandensein anderer menschen abhängg
wenn ich gebraucht werde lebe ich, wenn nicht dann geh ich....
warum paula brauchst du das gefühl gebraucht zu werden
und warum hast du das gefühl andere zu brauchen um zu leben

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Hobo

  • Gast
Re:Wenn nichts mehr bleibt
« Antwort #7 am: 11 Februar 2012, 07:12:25 »

Wow, Stummi. Ich bin tief beeindruckt. So was langes und ausführliches und auch deutliches habe ich von Dir lange nicht gelesen.

Und Du hast recht. Mit jedem Wort.

lg
Hobo, das Paulachen zum lesen aufgibt^^
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Sintram

  • Gast
Re:Wenn nichts mehr bleibt
« Antwort #8 am: 11 Februar 2012, 08:28:19 »

Liebe Paula,

herzlich willkommen bei den Desperados.
Dein Eingangsposting reicht völlig für eine Aufnahme, da steht alles drin, was einen Menschen zum Desperado, zum Hoffnungslosen macht. Auch wenn Du es jetzt nicht so sehen kannst, es handelt sich um eine große Auszeichnung.

Du hast begriffen, dass es nur in den Untergang führen kann, wenn du dich auf andere Menschen verlässt und Dein Leben an sie hängst, an Menschen, die Dich nicht verstehen können, Deinen Wert nicht erkennen und Dich nicht so lieben und schätzen, wie Du bist. Vergiss sie alle, zwäng Dich in die nächste Spalte, lass den letzten Zug vorbeirauschen und geh einfach weiter, stur und stoisch, Schritt für Schritt für Schritt.
Ein Tunnel ist für Züge gebaut, um irgendwo durchzukommen, sprich er hat Anfang und Ende, das Du erreichen wirst ganz einfach dehalb, weil es da ist.

Du bist von ihnen allen befreit worden, lass die Züge fahren, wohin sie unterwegs sind, Du brauchst sie nicht mehr. Und das ist gut so und das Beste, was Dir hat passieren können, denn nun bist Du -wie Du selbst sagst- frei. Frei zu tun und lassen, was Dir gefällt. Auch wenn es Dir anfangs als nichts und weniger als nichts erscheint, es ist mehr als alles bisher Dagewesene.

Jetzt abzutreten wäre völlig widersinnig, es würde all Deine gewonnenen und schmerzvoll errungenen Einsichten für nichts und wieder nichts mit einem Schlag zunichte machen. Jetzt ist es endlich Zeit zu leben, Deine Zeit ist gekommen, ohne Aufgabe, ohne Mut, ohne Kraft, ohne Hoffnung, ohne Ziel und ohne erkennbaren Sinn weiterzuleben- schlicht und einfach um Deinetwillen und weil Du eben nun mal da bist.

Du bist an der Basis des Lebens angekommen und an seiner nackten Wahrheit, das ist mehr als den meisten gelingt und sehr wertvoll, es ist der Durchbruch.
Auch und vor allem zu Dir selbst.
Wenn nichts mehr bleibt, ist alles erreicht. Wer nichts mehr zu verlieren hat, kann nur noch gewinnen.

Du gehörst jetzt zu den Desperados, und Du darfst völlig zu Recht mächtig stolz drauf sein, denn dazu bedarf es einer besonderen Erwählung, das kann bei weitem nicht jeder sein, es ist eine besondere Auszeichnung.
Und das meine ich vollkommen ernst und genau so wie ich es sage.

Herzlich
Sintram
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Paula

  • Gast
Re:Wenn nichts mehr bleibt
« Antwort #9 am: 12 Februar 2012, 15:32:35 »

„Ich habe keinen Therapeuten.[...] Es gibt keine Untersuchung, die die Arbeit von
Therapeuten bestätigen würde.“

Ja, lieber Hobo, ich weiß, dass du mit Therapeuten nichts anfangen kannst. Ich konnte es und mein Therapeut hat mir geholfen und mich aus dem Abgrund rausgezogen. Dummerweise hat er mich jetzt wieder runtergeschubst, wenn auch unabsichtlich.

"hast du denn keine Kumpels?"
Nein, habe ich nicht. Das Schlimmste daran ist, dass ich bisher dachte, ich hätte welche ...

„alles zusammen nicht zu haben ist wirklich keine leichte situation
aber auch keine welche das leben beendet weil einfach viel viel mehr zum leben gehört“

Für mich ist im Leben aber nun mal der Kontakt zu anderen Menschen das Wichtigste und daher ist für mich ein Leben ohne diese Kontakte absolut wertlos.

„und die hoffnung paula stirbt immer zuletzt“

Das ist sicherlich richtig, alles andere ist bei mir auch vor der Hoffnung gestorben.

„ja also paula ich frage mich warum du einen tunnelblick hast
man kann in einem tunnel nicht das ganze leben sehen“

Ich habe nicht das ganze Leben durch einen Tunnel betrachtet. Die überwiegende Zeit habe ich nach links und rechts, vorne und hinten und oben und unten geschaut. Aber wenn du tief in einem Abgrund steckst, dann gibt es nur noch zwei Alternativen: entweder unten verrecken oder den Blick nach oben zum Licht hin wenden und versuchen, das Licht zu erreichen. Dort unten gibt es kein rechts und links, vorne und hinten und unten mehr. Nur noch ein oben oder der Stillstand.

„dich kennen lernen
was dir kraft gibt, was dir mut gibt, was dir hoffnung gibt, was dir ruhe gibt
warum paula brauchst du das gefühl gebraucht zu werden
und warum hast du das gefühl andere zu brauchen um zu leben
Du bist von ihnen allen befreit worden, lass die Züge fahren, wohin sie unterwegs sind, Du brauchst sie nicht mehr. Und das ist gut so und das Beste, was Dir hat passieren können, denn nun bist Du -wie Du selbst sagst- frei. Frei zu tun und lassen, was Dir gefällt. Auch wenn es Dir anfangs als nichts und weniger als nichts erscheint, es ist mehr als alles bisher Dagewesene.“

Mir gibt die Zuneigung von und zu anderen Menschen Kraft, Mut, Hoffnung und innere Ruhe. Nachdem alle anderen nach und nach gegangen sind, hat mein Therapeut mich gehalten. Ich fühlte mich auf dem besten Weg, mir eine neue Zukunft aufzubauen, aber für mich ist eine Zukunft ohne die entsprechenden Menschen um mich herum keine Zukunft. Ich brauche Sozialkontakte wie die Luft zum Atmen, ich bin eben so. Ich bin und war mir selbst nie genug und ich fände es, ehrlich gesagt, auch unnatürlich, wenn es so wäre. Der Mensch an sich ist ein soziales Wesen und kein Einzelgänger. Ich mag mir das auch nicht schön reden, weil ich keine Menschen mehr um mich rum habe. Und frei ok, aber mein Therapeut sagte mir mal, man muss Freiheit auch aushalten können - dafür bin ich nicht geschaffen.

„Wenn nichts mehr bleibt, ist alles erreicht. Wer nichts mehr zu verlieren hat, kann nur noch gewinnen.“

Es bleibt nie gar nichts. Wenn man alles verloren hat, bleibt eine große Leere. Und sicher gibt es viele Menschen, die aus dieser Leere heraus anfangen, jede noch so kleine Kleinigkeit als Gewinn zu betrachten. Mir reicht das nicht für ein Weiterleben. Ich mag nicht Tage, Wochen oder Monate auf einen winzigen kleinen Moment warten, der vielleicht schön ist und der Rest ist nur trübe und grau. Das ist für mich kein Leben mehr, sondern ein Dahinvegetieren.

„Du gehörst jetzt zu den Desperados, und Du darfst völlig zu Recht mächtig stolz drauf sein, denn dazu bedarf es einer besonderen Erwählung, das kann bei weitem nicht jeder sein, es ist eine besondere Auszeichnung.“

Nein, tut mir leid, aber ich bin nicht stolz darauf, mit meiner kompletten Lebensplanung, mit allen meinen Wünschen und Träumen gescheitert zu sein. Das kann und will ich nicht als Auszeichnung betrachten. Aber ich hatte auch hier wie so oft im Leben keine Wahl: ich bin jetzt ein Desperado ...

Viele Grüße von Paula
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stumm

  • Gast
Re:Wenn nichts mehr bleibt
« Antwort #10 am: 12 Februar 2012, 16:01:31 »

ich habe keine ahnung wieviel millionen menschen in deutschland leben
ich weiss auch nicht wieviele therapeuten, kliniken, tageskliniken usw es gibt
keine ahnung wieviele vereine, tierheime wo einsame hunde auf spaziergänge warten es gibt
schwimmhallen wo einsame menschen ihre runden drehen
kliniken wo menschen auf ansprache warten 

aber ich weiss warum du all denen die fähigkeit absprichst kontakte, welcher art auch immer mit dir haben zu können
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Hobo

  • Gast
Re:Wenn nichts mehr bleibt
« Antwort #11 am: 12 Februar 2012, 16:16:23 »

Doch Paulachen, Du hast Kumpels. Sie sind genau hier. Sie lesen jedes Deiner Wörter, leiden mit Dir und denken an Dich. Wenn das keine Kumpels sind. Sie hoffen mit Dir und weinen mit Dir. Das ist immerhin schon mal mehr als nichts...

Und auch wenn heute Depressions-Sonntag ist. Wenn man ganz unten ist, dann gibt es nur noch einen Weg. Nach oben. Das wissen sogar alte Bären. Ich kenne eine Wand, sogar die weiß das. Und es werden neue Therapeuten gefunden und es wird neue Menschen in Deinem Leben geben. So sicher, wie morgen früh wieder die Sonne aufgehen wird.

Und ganz wichtig ist, Du bist nicht die einzige Seele auf diesem Planeten, die schwer beschädigt, angeschlagen und verzweifelt ist. Alleine das macht eine ganze Menge Kumpels aus. Und Desperados, die halten ohnehin zusammen wie Pech und Schwefel.

Solltest Du vielleicht bedenken...

Ich weiß, eine lange Ansprache, viel einfacher ist es, Dich einfach mal zu knuddeln...

lg
Hobo
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samatha

  • Gast
Re:Wenn nichts mehr bleibt
« Antwort #12 am: 12 Februar 2012, 16:21:22 »

Hallo Paula.

So besch..... deine Situation jetzt auch sein mag - und das ist sie nach deiner Beschreibung ganz sicher - so gibt es doch ein Funken darin, aus dem etwas werden kann. Du hast erzählt, wie sich all das auflöste, was für dich bisher wichtig war. Wenn das, was dir Halt gilt, sich als so leicht flüchtig erweist, hattest Du nicht vielleicht die falschen Prioritäten? Hast Du es vielleicht versäumt, dir schon in guten zeiten darüber Gedanken zu machen, was passieren könnte, wenn sich das alles auflöst? Damit will ich dir keine Vorwürfe machen, sondern dir neue Gedanken nahebringen. Ich gehöre zu denen, die immer einen Plan B in der Tasche haben möchten. Ein Plan für das "worst case scenario". Das heißt im konkreten Fall: was werde ich tun, wenn mein (ohnehin sehr kleines) soziales Umfeld wegbricht, ich nur noch von Hartz IV lebe und deswegen nicht einfach mal irgendo sonst hingehen kann? Wo finde ich einen Halt, wenn alle bisherigen verschwinden? Das war der Moment, in dem ich alter Atheist sehr nachdenklich wurde. Diesen letzten aber dafür wichtigsten Halt, den kann man nur in sich selbst finden. Und das funktioniert auch in der Depression.

Ich will jetzt nicht für die Religion Werbung machen. Mit den meisten kann ich ohnehin nichts anfangen. Aber es gibt etwas anderes, ich möchte es ein "spirituelles Zuhause" nennen. Das ist etwas, was dir Kraft, Halt und Orientierung gibt und das Du immer bei dir haben kannst. Es gibt viel zu entdecken, Du brauchst dich nur auf die Suche zu machen. In dieser Hinsicht bietet deine jetzige Situation sogar eine Chance, auch wenn sich das zynisch anhört. Wenn wir das Wichtigste verlieren, dann sind wir wirklich offen für etwas völlig neues. Schau dir Süchtige an. Die können erst dann aufhören, wenn sie wirklich alles über Bord werfen, was sie bisher hatten, dachten und glaubten. In einer Hinsicht bist Du in einer vergleichbaren Situation. Es ist alles weg. Das ist die Chance, mit neuen Voraussetzungen neu zu beginnen.
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Sintram

  • Gast
Re:Wenn nichts mehr bleibt
« Antwort #13 am: 12 Februar 2012, 16:22:39 »

Ist mir vollkommen klar, Paula,

scheitern tut zuallerst einmal verdammt weh, es gibt keinen einleuchtenden Grund, auf noch blutende Wunden stolz zu sein.
Ich wollte Dich nur ein wenig aufmuntern und Dir zurufen, dass Du eines Tages drüber stehen wirst, auch wenn Du Dir´s jetzt beim besten Willen nicht vorstellen kannst.

Du musst ja deshalb nicht gleich eine Einzelgängerin werden, verlangt ja niemand, es gibt noch genug andere Menschen, mit denen Weiterleben und Neuanfang möglich sind jenseits von Dahinvegetieren.

Du musst Dir nur die Chance dazu geben- und die nötige Zeit zugestehen, einen neuen Weg zu finden, den Deinen nämlich.

LG
Sintram
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