In den letzten Wochen bemerkte ich ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit. Es schwankte, mal intensivierte es sich, mal schwächte es ab.
Ich konnte es nicht einordnen. Solang, bis mir bewußt wurde, ich wollte es nicht einordnen. Der Schmerz darüber, was sich als Ergebnis abzeichnen würde war viel zu groß, als daß ich ihn aushalten wollte. Ich wollte nicht, nein, ich verfiel in alte Verhaltensmuster. Ich nahm Dinge als gegeben hin. Ich machte mich viel kleiner als ich bin. Ich versuchte auf Umwegen meine Sicht der Dinge darzulegen, verbal zu kontern. Kurzum, ich war mal wieder passiv- aggessiv. Meine histrionische Persönlichkeit spielte mich gegen mich aus. Ich erlebte Leere und Verlassenheitsschmerz in einem Umfang, der mir schwer zu schaffen machte. Ich versuchte nach außen ein verständnisvolles Selbst zu geben, obwohl ich im Inneren tobte. Aus Feedbacks weiß ich, das es mir nicht immer gelang. Trotzdem blieb ich bei meiner Haltung, denn ich dachte, um meinen ewigen Schuldkomplex überwinden zu können, muß ich das ertragen. Ich wollte einmal im Leben stark sein und allen Stürmen standhalten.
Immer, wenn etwas akut wurde, fragte ich mich nach dem Warum? Ich konnte immer weniger erkennen, was Sinn macht und was nicht, ich konnte nicht reflektieren, was gewisse Situationen hervorgerufen hat. Ich fühlte mich in die Rolle einer Marionette versetzt, die man so tanzen läßt, wie man es gerade für sich selbst benötigt. Mir flogen nasse kalte Waschlappen tagtäglich um die Ohren und ich war nicht in der Lage, es zu stoppen. Selbst als dem Gegenüber bewußt wurde, was er angerichtet hatte, war er noch stolz darauf.
Es blieben derartig verletzende Dinge im Raum, die man hätte beseitigen können, so wie ich es getan habe. Mit dem Unterschied, ich habe keine verletzenden Dinge hinterlassen sondern mein Gegenüber war anscheinend nur genervt von mir und hat mir das deutlich klar gemacht.
Sogar in diesen Momenten war ich versöhnlich gestimmt, hinterfragte mein Verhalten und kam immer wieder zu derselben Ansicht, nämlich der, das ich mal wieder alles verbockt hatte.
Auf einmal wendete sich das Blatt. Menschen spürten meine innere Not. Menschen, die ich nicht näher kenne, sensible Menschen. Menschen, die mir ihre Hand reichten und mich ein wenig anstubsten. In welcher Form auch immer, ich erfuhr, wie es ist, aufgefangen zu werden, wie es ist, zu hören, bitte, schau in eine andre Richtung. Im 1. Moment wollte ich es nicht wahr haben, wie es meistens ja ist, wenn man unbewußt etwas weiß und jemand anders es ausspricht. Doch der Konflikt wurde immer heftiger und meine Traurigkeit, mein Schmerz wandelte sich in Ärger um. Ich fragte mich natürlich, ob das sein dürfe, ich und ärgerlich bzw wütend. Die Antwort war nein. Meine Antwort.
Mittlerweile war ich so gereizt und provoziert durch eine gewisse manische Arroganz, die man fachlich vllt sogar als Narzißmus deklariert, das ich dissoziierte. Ich konnte nichts mehr lesen, nichts mehr schreiben, nicht mehr chatten, ohne mich abzuspalten. In diesem Stadium wurde ich hellhörig. Ich spürte mich nicht mehr, ich schwelgte in Hoheitsphantasien, die nichts mehr mit dem Leben zu tun hatten.
Trotzdem, ich ließ alles außer Acht. Meine histrionische Persönlichkeit wollte gehalten, gestreichelt und beschützt werden. Mein Körper war ganz weit weg von mir. Taub. Ich stellte allerhand an, um ihn wieder zu spüren. Es funktionierte nicht. Er ging immer weiter weg, meine Phantasien bekamen immer mehr Spielraum und drohten mich zu überfluten, so daß ich Lust bekam, es in die Tat umzusetzen. Ich bin seit Jahren depressiv und ich kann damit leben. Ich kann jedoch nicht damit leben, tagtäglich vorgespielt zu bekommen, wie ruhig es sein könnte. Wie sorgenfrei. Wie gnadenlos.
Meine Dissoziationen rannten mit mir um die Wette. Wer gewann, ist unschwer auszumachen.
Es kam zum Knock-out.
In einer Phase tiefer Selbstzweifel schlug mir eine Demütigung von außen so schwer ins Gesicht, das ich komplett den Halt verlor. Ich spürte den Schlag, taumelte gegen die Bande und brach zusammen. So, daß ich nicht wieder aufstehen konnte. Ich fühlte mich, als hätte man mir das Genick gebrochen. Mir fiel jedoch ein, das dies schon andre besorgt hatten und das jener Schlag zwar mit voller Wucht ausgeführt, mich zu Boden geworfen, aber nicht mehr aus dem Ring geschlagen hatte.
Alles, was jetzt kommt, ist der Versuch, einen Rückfall zu vermeiden. Kein Versinken in ewiger Schuld, kein rechtfertigen, erklären oder falsche Rücksichtnahme, akzeptieren, das auch histrionische Persönlichkeiten eine Grenze haben, die niemand aber auch gar niemand unterschreiten darf, stolz sein auf Erreichtes und den Rückschlag nicht Oberhand gewinnen lassen. Tränen zulassen, den Schmerz nicht verdrängen aber sich selbst nicht mit ewigem Verständnis für alles und jeden untergraben.
Ich sein.
Das ist meine subjektive Betrachtung.