Hallo Vegarda,
eine gute Freundin habe ich in einer Klinik kennen gelernt. Sie war dort, weil sie in ihrem Job so massiv drangsaliert worden ist, dass sie schließlich nicht mehr arbeiten konnte und depressiv wurde. Im Lauf der Behandlung wurde deutlich, dass sie sich (unterbewusst) den einen Laden ausgesucht hat, in dem die gleichen Mechanismen wie in ihrer Familie abliefen. Ihre Chefin hat sie wie ihre Mutter öffentlich bloß gestellt; nie konnte sie etwas zur vollen Zufriedenheit erledigen, war immer Ventil für Aggressionen. Es hat Jahre gedauert, bis sie sich davon befreien konnte - die Depression hat sie davor bewahrt, weiter in dem Umfeld zu arbeiten.
Sicherlich war die folgende Zeit schwer. Es ging darum, die Geschehnisse zu verstehen, Selbstbewusstsein und Wertschätzung für die eigene Person wieder zu entdecken. Seit einem halben Jahr arbeitet sie wieder, was sie davor nicht für möglich hielt. Es geht ihr gut damit und sie weiß, worauf sie achten muss, um nicht in alte Rollen zu fallen.
In den "Stadien" nach dem Ende deines Jobs erkenne ich sie wieder: Verzweiflung, Erleichterung, menschliche Enttäuschung, der Zweifel, die Wut. Vielleicht auch die Wut auf die Stimmung - schließlich warst du lange so stark, kämpfst, und nun fühlt es sich an, als müsstest du zusätzlich jeden Tag gegen dich selbst kämpfen.
Ich denke, du warst anfangs im "Überlebensmodus", hast dich in einem Kraftakt befreit. Zur langfristigen Verarbeitung gehören aber alle Gefühle. Dein Körper und Geist wollen dich schützen, signalisieren dir, dass es so nicht weiter geht. Dass ihr Hilfe benötigt, um nicht zu verlieren, sondern gestärkt aus der Sache hervor zu gehen. Hier zu schreiben ist ein guter Anfang, vielleicht gibt es auch eine Selbsthilfegruppe in deiner Nähe. Vielleicht fragst du beim Arbeitsgericht ? Die sollten Anlaufstellen kennen. Sei nicht wütend auf dich, weil es dir jetzt mies geht.
Mit Grüßen,
Gedankenschachtlerin