Okay, ich bin ja im Forum eigentlich nicht aktiv. Aber die Frage hat mich dann doch gefesselt.
Besonders schön fand ich den Vergleich mit dem Meer. Das ist wirklich ein unglaubliches Bild. Und ich mag anschauliche Bilder.
Bei mir haben sich bezüglich Depressionen zwei Zitate eingebrannt, die von zwei meiner Lieblingsautorinnen stammen.
Die eine (Marianna Kestler) schrieb in etwa: Die Depression ist die Krankheit der Losigkeiten: kraftlos, leblos, gefühllos, ziellos, mutlos, lustlos, hoffnungslos...
Die andere (Elisabeth Wurtzel) schrieb, die Depression sei eine "dark wave", die sie zu verschlingen drohe.
Ich finde mich in beiden Beschreibungen teils wieder, wie auch in euren, und teils fehlt mir dann doch noch was.
Ich rede gerne vom Tanz am Abgrund, von dem ich nicht lassen kann, obwohl ich weiß, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ich falle. Inzwischen glaube ich begriffen zu haben, dass das nur der Anfang ist. Der Tanz am Abgrund ist die Phase, in der ich gerade den Bereich der normalen Niedergeschlagenheit verlassen habe und eigentlich schon falle, aber es noch nicht wirklich begriffen habe. Wenn es mir gut geht, denke ich über den Abgrund gar nicht nach.
Was mir bei der Beschreibung von Marianne Kestler immer wieder fehlt, ist der Schmerz. Denn der ist da. Ich bin nicht schmerzlos. Gelegentlich ist mein Schmerzempfinden gedämpft, was physischen Schmerz angeht. Aber der seelische ist da. Es ist eine Mischung aus absoluter Leere und Schmerz. Ich denke manchmal, vielleicht ist es nicht in dem Sinne Schmerz, sondern das Gefühl, dass die Leere verursacht. Das ziehen des Vakuums.
Mir wird alles egal, ein Stück weit. Und doch hält mein rationales Denken geradeaus. Ich kenne den Gedanken mit dem Autofahren und dem Baum gut. Den habe ich auch immer wieder. Und dann schaltet sich meine kleine rationale Stimme ein und schimpft "Damit würdest du so vielen wehtun. Dazu hast du nicht das Recht." Und ich fühle mich noch schuldiger und elender und möchte am liebsten nur noch heulen, weil ich so egoistisch bin, mir solche Sachen auszumalen.
Die Depression betäubt. Sie betäubt nicht nur die Freude. Bei mir schafft sie es, sogar Angst zu betäuben. Wenn ich eine gewisse Intensität an depressiver Stimmung erreicht habe, kommen nichtmal Phobieauslöser soweit zu mir durch, dass ich Panik bekomme.
Bei mir sind gerade depressive Stimmungen von Zwiespalt geprägt. Da ist das Stimmchen des Gefühls, das jammert, dass es alles furchtbar ist, dass alles wehtut, alles sinnlos ist, dass ich allen egal bin, alle nur auf mir rumtrampeln, ich der absolute Loser bin und sich das niemals ändern wird. Und dann ist da das Stimmchen der Vernunft, die sagt, dass ich Freunde habe und Familie, die mich mögen, auch wenn es manchmal Probleme gibt, dass es zwar immer Leute gibt, die erfolgreicher sind als ich, aber auch viele, die das nicht sind. Und es sagt mir immer wieder, dass es bisher immer wieder besser geworden ist. Und dass es das dieses Mal auch wird, irgendwann und irgendwie. Ich kippe dann hin und her zwischen dem "Es ist furchtbar und wird immer so bleiben" und dem "Es ist furchtbar, aber irgendwann wird es besser".
Ich glaube, die depressiven Phasen sind bei mir vor allem verkörpert durch das Stimmchen, das sagt:
Keiner mag dich! Keiner hat dich lieb! Keiner interessiert sich für dich! Du bist allen egal! Du bist faul! Du bist unsensibel! Du bist egoistisch! Du bist eingebildet! Es ist egal, was mit dir wird! Du wirst ohnehin niemals wirklich etwas auf die Beine stellen! Du bist eine gescheiterte Persönlichkeit! Und nichts davon wird sich je ändern! Du wirst einsam und alleine vor dich hinvegetieren und eines Tages sterben, ohne, dass es jemand merkt!
Ich hoffe, das war jetzt nicht Thema verfehlt. O:)