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Autor Thema: Ich mag mich selbst nicht mehr  (Gelesen 1033 mal)

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tork

  • Gast
Ich mag mich selbst nicht mehr
« am: 25 Februar 2018, 13:00:08 »

Hallo,

auch ich will hier mal über mein Leid klagen:

Als ich 10 Jahre alt war ließen sich meine Eltern scheiden. Es gab zuvor häufig heftigen Streit, bei dem ich auf Seiten der Mutter stand. Diese hatte mich schon in meinen ersten Lebensjahren sehr vereinnahmt.Sie ließ niemanden an mich heran, nicht mal meinen Vater. Ich war sehr abhängig von ihr. Aber es gab auch zwischen uns häufig heftigen Streit. Ich denke heute, dass ich mich damals schon gegen diese Vereinnahmung gewehrt habe. „Glucken-Komplex“ nennt diese mein Vater heute. Nach der Scheidung, wir waren 400 Kilometer von meinem Vater weggezogen, gab es dann noch häufiger Streit zwischen mir und meiner Mutter. Sie rastete immer häufiger aus und ich fing immer mehr an mich zu wehren. Teilweise mit Händen und Füßen. Ich merkte bald, dass ich damals schon stärker war als meine Mutter. Also wurde ich zum Jugendpsychiater geschickt, der mir versuchte klar zu machen, dass meine Mutter alles richtig machte und das Problem bei mir suchte, während ich meine Wahrnehmung, dass meine Mutter ein Problem hatte, verteidigte. Aber nichts half, ich wurde schließlich vor das Familiengericht geschleppt und zog dann schließlich zum ungeliebten Vater, bevor ich noch in ein Heim kam.

Mit meinem Vater hatte mich nie richtig viel verbunden. Wir lebten viel nebeneinander her und ich konnte mich mit meinem Problemen ihm nie anvertrauen, da er nur darüber lachte oder diese herunterspielte. Er, der selbst Alkoholprobleme hatte und hat, versuchte sich als den Guten darzustellen und wies mir die Rolle als den „dummen Jungen“ zu. Außerdem versuchte er mich von meinen Aggressionen zu befreien. Aber ich hatte keine Aggressionen und fand mich nicht als gewalttätig. Ich hatte mich gegenüber meiner Mutter nur zur Wehr gesetzt. Für mich war es nur Notwehr gewesen.

Als ich anfing zu studieren versuchte ich mich Psychologen und Psychiatern anzuvertrauen. Aber auch hier wurde ich nicht wahrgenommen und meine Wahrnehmung wurde in Zweifel gezogen. Ich versuchte immer wieder diese Leute zu erreichen und wollte, dass sie mir dahin folgen wohin ich sie führe. Aber es half nie was. Ich kam mehrmals in die Psychiatrie, wurde sogar fixiert.

Schließlich, vor 10 Jahren, griff ich dann tatsächlich einen Arzt an. Ich weiß bis heute nicht warum. Ich habe das getan ohne das zu wollen. Mein Körper hat ohne meinen Willen agiert. Ich kam für dreieinhalb Jahre in die forensische Psychiatrie. Jetzt war ich tatsächlich der kranke Gewalttäter.

Heute, mit 37 Jahren, bin ich am Ende. Total von Depressionen geplagt, habe auf nichts mehr Lust, kann mich für nichts mehr interessieren und habe auch keine Ausdauer mehr darin irgendetwas zu tun. Ich liege nur noch auf der Couch herum und die Gedanken kreisen. Wenn sie das denn noch tun. Manchmal ist gar nichts mehr im Kopf drin. Meine Gedanken und Empfindungen von damals sind in mir eingeschlossen und ich bekomme sie nicht mehr hinaus. Sie quälen mich, obwohl ich mich nicht mehr an sie erinnern kann. Ich kann nicht mal mehr heulen. Ich mag mich selbst nicht mehr.

Psychologen und Psychiater hasse ich wie die Pest. Ich hätte damals jemanden gebraucht, der für mich da ist und mich in meinem Weg unterstützt. Aber alle wollten mir nur zeigen wie ich es richtig mache. Jetzt hat man mich endgültig kaputt gemacht. Und da soll ich noch zu denen gehen und mir von denen den richtigen Weg zeigen lassen?

Ich weiß echt nicht mehr weiter. Habe schon an Selbstmord gedacht, aber dazu zu viel Angst. Rachegedanken schwirren in meinem Kopf herum, aber ich bin zu müde sie umzusetzen. Wie soll ich bloß die nächsten 30, 40 Jahre leben?

Hinzu kommt, dass ich keine Kraft mehr habe beruflich etwas auf die Beine zu stellen. Habe schon mehrfach versucht noch mal eine Ausbildung oder ein Studium zu machen, aber ich breche nach kurzer Zeit wieder ab. Ich habe mittlerweile eine Leseschwäche. Dabei waren mein Gedächtnis und meine Kognition immer ein Antrieb für mich. Heute ist es ganz schlecht darum bestellt. Ich kann nichts mehr lesen, kann mich nur noch schwer konzentrieren.

Auch Freunde habe ich keine. Hatte ich schon seit den Problemen mit meiner Mutter nicht mehr. Bin ganz alleine und zurückgezogen. Alle Versuche wieder Kontakte zu knüpfen sind bislang gescheitert. Ich habe einfach ganz andere Themen als andere. Ganz andere Probleme. Werde ich ewig alleine bleiben?
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DeaStern

  • Gast
Re: Ich mag mich selbst nicht mehr
« Antwort #1 am: 25 Februar 2018, 20:31:30 »

Lieber tork.

Es tut mir aufrichtig leid, dass du so viel durchgemacht hast. Deine Geschichte zu lesen ist mir nicht leicht gefallen, das hört sich schlimm an.

Die einzige ehrliche Antwort, die ich dir auf deine Frage, ob du für immer alleine bleiben wirst, geben kann, ist, dass nur du entscheiden kannst ob es so bleiben wird oder nicht. Also, im Moment bist du nicht allein, ich schreibe dir gerade.
Ich hab die Erfahrung gemacht, dass man nur dann aus einem Tief rausfinden kann, wenn man sich selbst dazu entscheidet aktiv zu werden.
Nun schreibst du, dass du keinem mehr vertraust, keinem Arzt oder Psychologen. Schwierige Situation.

Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass die Psychologen nur so viel helfen können, wie man es selbst zulässt. Sie können nicht sagen was richtig für einen ist, das habe ich nicht so erlebt. Diese Menschen zu beschuldigen ist auch keine Lösung, so meine Sicht.
Aber ich verstehe deine Einstellung, ich verstehe wie es dazu gekommen ist, dass du so denkst.

Nun fürchte ich, dass du - das höre ich aus deinem Schreiben heraus - erwartest, dass dir jemand eine Antwort gibt wie du aus diesem Tief rauskommst, gleichzeitig höre ich da heraus, dass du ja eigentlich nicht willst, dass dir jemand hilft, weil du von deinen Eltern so enttäuscht worden bist (das als Grund, weshalb eine andere Hilfe nicht gut ankommt). Weißt du was ich meine? Hier prallen aus meiner Sicht zwei gegensätzliche Gedanken aufeinander und in so einem Fall sollte man sich für eine Richtung entscheiden, in die man gehen will.
So denke ich, dass es hier darum geht, sich zu entscheiden, ob du selbst eine Lösung für dich finden willst oder doch versuchen wirst Hilfe in Anspruch zu nehmen unter dem richtigen Aspekt.

Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass wir Menschen genau das Leben was wir denken. Aber nicht nur das was wir denken, sondern das alles zusammen, was uns ausmacht. Unser Tun, unser Denken und unser Sein bestimmen, was wir sind und was wir erfahren. Wenn die Gedanken mit Hass und Rache erfüllt sind, dann bekommt man diese leider auch retour. Ich würde an deiner Stelle in diese Richtung ansetzen.

Es gibt aus jedem Leid einen Ausweg, dessen bin ich mir sicher. Ich hab viel durchgemacht und heute bin ich wieder gesund, aber dafür hab ich auch viel tun müssen, wirklich hart an mir arbeiten müssen. Heute kann ich sagen, dass sich der Kampf gelohnt hat und ich froh bin, dass ich mein Leben nicht aufgegeben habe. Aber man muss wirklich viel dafür tun und vor allem aus eigenem Entschluss.

Gib dich nicht auf lieber tork, sondern kämpfe für dich. Entscheide dich dafür einen Weg zu finden wieder mit beiden Beinen im Leben zu stehen und fange an, egal wie lange es dauert. Denn ohne dein Tun wird es nicht besser, leider.

Viel Kraft für dich und alles Liebe.

 
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