Hallo Ronyababy
Mir ging es ähnlich wie Stachel bereits geschrieben hat.
Die Gespräche und das oberflächliche Geplapper meiner "Freunde" hat mich zunehmend angestrengt und schon Tage vor diesen Treffen hatte ich schlechte Gefühle und irgendwann fing ich an alle Einladungen mit Ausreden wie Arbeitsüberlastung u.s.w. abzusagen. Die meisten Leute aus meinem Bekanntenkreis die sich meine Freunde nannten, redeten ohne Unterbruch von sich und oft hatte ich deshalb den Eindruck sie wären nicht wirklich an mir interessiert. Manchmal hörte ich ihnen zu und staunte, es war wie ein Wettstreit wer den meisten Raum zum Reden einnahm. Ich saß dann still dabei und meine Gedanken waren ganz woanders, meist am brüten warum niemanden interessierte was ich zu sagen hatte. Damit keiner merkte das ich im Grunde nicht mehr zuhörte, nickte ich ab und zu und warf ein "genau" ein. Telefongespräche habe ich oft nicht mehr angenommen wenn ich sah wer anrief, denn ich hatte einfach keine Lust mir die Zeit stehlen zu lassen um mir ihre Sorgen anzuhören und am Ende des Telefonats eine Anstandsfrage über meinen Gesundheitszustand zu beantworten, den sie notabene sowieso nicht interessierte.
Die Einladungen wurden weniger und blieben irgendwann ganz aus. Obwohl ich hätte zufrieden sein können, denn ich hatte ja erreicht was ich wollte, ich hatte meine Ruhe, war ich es wieder nicht und fühlte mich noch unwichtiger für sie als zuvor.
Ich habe mich dann gefragt was mir solche Treffen bringen, warum ich ihre Gesellschaft suche, warum ich es brauche obwohl es mich ermüdet und nervt. Warum sucht man die Gesellschaft von anderen, wenn sie einem gar nicht wirklich wohl tut?
Nach langem Nachdenken realisierte ich, dass ich keinen einzigen dieser Freunde selber ausgesucht hatte, sondern sie hatten mich zur Freundin auserkoren, weil ich gut zuhören kann und auch noch andere Vorteile für sie habe. Ich war sozusagen Teil ihres Publikums. Jemand der immer verfügbar ist wenn man ihn braucht und selten eine Bitte abschlägt. Ich habe überlegt wer von meinen "Freunden" so wichtig für mich ist, dass ich nicht auf ihn/sie verzichten kann und habe damals effektiv keinen einzigen gefunden.
Als es mir dann ganz schlecht ging blieben mir nur gerade zwei Leute die ich noch nicht so lange kannte und sie erwiesen sich plötzlich als echte Freunde und rissen mich aus tiefster Dunkelheit.
Wer für jeden da ist kann damit rechnen viele Freunde zu haben, aber wenn es dir dann auch einmal schlecht geht, lernst du die Leute kennen und erst dann weiss man was Freundschaft wirklich ist.
Überlege dir also gut wen du wirklich als Freund möchtest, wer dir von all deinen Leuten wirklich noch wichtig ist und dann ruf diese Person an und sage ihr was dir im zusammen-sein mit ihr Mühe macht und was du nicht verstehst. Nur Offenheit, also das aussprechen von belastenden Dingen wird eine Änderung bringen. Wenn man heimlich zu Hause vor sich hin brütet und schmollt bemerkt dies ja keiner.
Es ist zweifellos eine Gabe empathisch zu sein und anderen helfen zu wollen. Im Grunde sollte es immer so sein, jeder hilft dem anderen, aber es sollte auf Gegenseitigkeit beruhen "eine Hand wäscht die andere". In meinem Fall war es so, dass mir dieses Gebrauchtwerden Gefühle der Wichtigkeit und Anerkennung gab, die ich so dringend brauchte und oftmals war es auch so, dass ich meine Hilfsbereitschaft anderen aufdrängte, so dass sie sich daran gewöhnt hatten über mich zu verfügen und sobald ich da nicht mehr mitmachte, auch weil ich merkte (nach Jahren!) das nichts zurück kommt, wendeten sie sich von mir ab...
Diese Frustration hat mich schlussendlich dazu bewogen keinerlei Erwartungen an andere mehr zu haben. Ich helfe wenn ich möchte, höre zu wenn ich möchte, aber habe auch den Mut nein zu sagen, oder auszusprechen wenn ich mich ausgenutzt fühle. Heute merke ich dies relativ schnell und blocke gleich ab, bevor es mir zu aufwendig wird.
Wenn du also das Gefühl hast dein Freund interessiert nicht wie es dir geht, dann frage ihn direkt, ob es wirklich so ist, oder ob es nur deinem eigenen Gefühl entspricht. Nur wer fragt erhält Antworten. Manchmal tun diese auch weh, aber es ist immer noch besser als so in der Luft zu hängen und nicht wirklich zu wissen wie wichtig man für jemanden tatsächlich ist.
Alles Liebe
Epines