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Autor Thema: Ein schlimmer Abend  (Gelesen 2723 mal)

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Driver

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Ein schlimmer Abend
« am: 25 November 2009, 10:15:28 »

Hallo Forum. Muß einfach was los werden. Weiß nicht, mit wem ich sonst darüber reden kann.

Gestern abend habe ich mich erst mit meiner Lebensgefährtin gezofft. Wir waren beide schon angenervt
und haben uns wegen einer Lapalie in die Haare bekommen. Aus Schutz vor Bösartigkeiten (verbaler Natur)
habe ich mich in mein Auto gesetzt, an die Tanke Bier holen und mich denn in eine Seitenstraße nicht weit
von zuhause gestellt.

Wollte allein sein, über alles nachdenken und mich beruhigen. Nach einer Weile kam mir in den Sinn, einen
alten Freund anzurufen. Hatte ihn schon monatelang vernachlässigt, obwohl er damals schon sehr krank in
einem Pflegeheim lag.

Also wählte ich seine letzte mir bekannte Handy-Nr. und hatte seinen Sohn dran. Der sagte mir denn, sein
Vater sei schon im August gestorben. Das hat mich völlig umgehauen. Mich hat niemand von seinem Tod
benachrichtigt, ich wußte von nichts - und denn das !

Ich war so fertig, dass ich mit Suizid-Gedanken spielte. Ich fühle mich so schuldig, dass ich mich nicht um ihn
gekümmert habe. Hatte gerade noch so die Kraft, meiner Freundin eine sms zu schreiben. Sie hat mich denn
nach einer sms-Orgie dazu bewegen können, heim zu kommen.

Jetzt schäme ich mich in Grund und Boden und weiß nicht, wie ich ihr begegnen soll. Sicher, sie ist verständnis- und
liebevoll. Sie begleitet mich geduldig seit 3 Jahren in meiner Depression und hilft mir, wo sie kann.

Aber das war selbst für sie fast zuviel. Ich bin ein solches Arschloch...erst kümmere ich mich nicht um meinen kranken
Freund und denn schütte ich meiner Freundin den ganzen Mist vor die Füße.

Was jetzt ? Bin ratlos...
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Ina

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Re: Ein schlimmer Abend
« Antwort #1 am: 25 November 2009, 12:54:27 »

Hallo Driver,

Erstmal "Herzlich Willkommen" von mir, bist ja noch relativ neu
bei uns! :)

Das klingt in der Tat nach einem schlimmen und niederschmet-
ternden Abend! Streit ist immer blöd, aber wenn ihr schon seit
drei Jahren zusammen seid, kriegt Ihr das mit Sicherheit auch
wieder hin. Streit gehört eben auch zu einer Beziehung mal da-
zu! Und wenn es sowieso nur wegen Kleinigkeiten war... naja,
manchmal stauen sich in einem einfach so Gefühle auf, dass
es dann eben schon bei der kleinsten Sache kracht. Wenn ich
an Deiner Stelle wäre, würde ich Deiner Freundin sagen, dass
es Dir leid tut, dass Ihr Euch gestritten habt und Du ihr Vor-
würfe gemacht hast. Dass es nicht fair war, aber es Dir eben
sehr schlecht ging und Du deshalb "nicht klar denken" konntest.

Was Deinen Freund angeht... das ist wirklich mehr als traurig!
Aber Dir selbst Vorwürfe zu machen, führt auch zu nichts und
ändert nichts mehr an der Situation. Manchmal gibt es eben
Zeiten, in denen man sich nicht so viel um andere kümmern
kann, weil es einem selbst nicht so gut geht. Ein bisschen Ego-
ismus ist da nicht verkehrt und vollkommen okay, finde ich!

Versuch erstmal, Dich wieder zu sammeln und einen klareren
Kopf zu bekommen, damit Du in Ruhe über alles nachdenken
kannst. Und dann kannst Du auch mit Deiner Freundin spre-
chen. Ich denke und hoffe, sie wird Verständnis für Deine Si-
tuation aufbringen!


Alles Gute,
Ina
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Driver

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Re: Ein schlimmer Abend
« Antwort #2 am: 25 November 2009, 13:25:58 »

Hallo InaDiva!

Vielen Dank für die freundliche Begrüßung und die lieben Worte.

Natürlich hast Du recht, was meine Freundin angeht. Wir sind schon seit über 7 Jahren
zusammen und haben so manche Krise bewältigt.

Habe vorhin mit ihr telefoniert. Sie war nicht so gut drauf, hat sich aber für morgen abend einen
Termin mit ihrem Psychologen gemacht. Eigentlich ist sie nicht so schwer krank, macht aber dennoch eine
Therapie, auch um besser mit meiner Depression klar zu kommen.

Sie sagte, gestern abend hat sie voll Angst gehabt wegen meiner trüben sms. Sie fürchtete, dass ich mir wirklich was antue.
Ich habe ihr gesagt, dass es mir leid tut. Sie meinte, wenn ich zuhause gewesen wäre, hätte sie mich einliefern lassen.
Davor habe ich die meiste Angst, weil ich um nichts in der Welt nochmal in die Psychiatrie will. Habe da mit 19 Jahren
das absolute Trauma erlebt. Habe ja schon meine Einweisung in eine psychosomatische Klinik. Die haben aber eine lange Warteliste.

Die Vernunft sagt mir auch, dass ich keine Schuldgefühle wegen meines Freundes haben soll. Aber wie Du weißt, spielen die Gefühle
nicht so wirklich mit. Scham und Schuldgefühle (auch gegenüber meiner Freundin, weil sie solche Angst bekam) - das ist eine
bedrückende Mischung.
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Ina

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Re: Ein schlimmer Abend
« Antwort #3 am: 25 November 2009, 13:46:02 »

Wow, 7 Jahre schon - das ist eine ganz schön lange Zeit :)

Ich finde es auch toll von Deiner Freundin, dass sie zu einem
Psychologen geht, um nicht nur sich selbst behandeln zu lassen,
sondern auch mit Deiner Erkrankung besser umgehen zu können!
Das ist nicht selbstverständlich, dass jemand so viel Interesse
zeigt! Du scheinst ihr wirklich sehr viel zu bedeuten :)

Solche Situationen wie gestern Abend müssen aber auch wirklich
sehr schwer für Deine Freundin sein. Ich kann da aus Erfahrung
sprechen, wenn auch von der anderen Seite. Mein Ex-Freund, mit
dem ich auch ver Jahre lang zusammen war (wir haben auch zu-
sammen gelebt), war oft auch so verzweifelt, dass er kurz davor
war, mich einweisen zu lassen. Ich hatte davor panische Angst
und habe dann versucht ihn zu beruhigen. Ich glaube, eine schwe-
re Depression kann für den Partner verdammt anstrengend und
aufwühlend sein. Auch wenn er oder sie einem Trost spendet und
eine Menge Verständnis aufbringt, kann sich der Partner schnell
hilflos fühlen und sich nicht immer perfekt in unser Gefühlsleben
hineinfühlen.

Darf ich fragen, was Dir damals in der Psychiatrie passiert ist?
Ich werde im Januar auch zum ersten Mal in eine Klinik gehen
und habe ziemliche Angst davor. Es ist natürlich von Klinik zu
Klinik unterschiedlich, aber trotzdem würde mich sehr interessie-
ren, was Dir dort widerfahren ist.

Du sprichst von Scham... das kann ich ebenfalls sehr gut nach-
empfinden! Wenn mein ehemaliger Freund und ich solche Abende
hatten, wo wir uns heftig gestritten haben und uns gegenseitig
Vorwürfe an den Kopf geknallt haben, konnte ich meist die ganze
Nacht nicht schlafen und wäre am nächsten Tag am liebsten im
Erdboden versunken, weil ich am Vortag so "durchgedreht" bin,
suizidal war, etc... Das hat dann wiederum völlig abwegige Ge-
danken mit sich gebracht, sodass ich ihn z.B. immer wieder fra-
gen musste, ob er mich noch liebt nach dem, was am Vortag
passiert ist. Aber ein Streit ist eigentlich doch etwas ganz Nor-
males, was einen nicht in Scham- oder Schuldgefühle treiben
sollte. Und wenn es einem sowieso sehr schlecht geht und man
emotionmal instabil ist, fühlt sich alles viel intensiver an, als es
eigentlich ist, denke ich. Hach, schwierig zu beschreiben. Ich
hoffe, Du weißt in etwa, was ich Dir sagen möchte.
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Driver

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Re: Ein schlimmer Abend
« Antwort #4 am: 25 November 2009, 14:54:30 »

Ja, sie liebt mich wirklich sehr und ich schäme mich nicht wegen des Streits. Das ist wirklich ab und zu mal nötig, wenn es fair bleibt.
Und das kann es nur, wenn man sich eben nicht zu sehr beleidigt. Ich schäme mich wegen der Suizid-Drohung (wegen meines toten Freundes).

Mmhh, die Psychiatrie.. es war in den frühen 80ern. Damals bin ich total durchgeknallt und meine Eltern wußten sich nicht anders zu helfen,
als mich mit Gewalt (Gerichtsbeschluß) einweisen zu lassen. Leider war die Psychiatrie noch nicht so weit, jedenfalls micht in diesem Landeskrankenhaus.

Nachdem mich vier Pfleger nach dem "Aufnahmegespräch" (mit Haldol-Spritze) überwältigt hatten, fand ich mich unversehens in einem großen Schlafsaal mit
mindestens 40 Betten wieder. Ans Bett fixiert mußte ich zwei Wochen ertragen, in denen 3x täglich alles mögliche in mich hineingespritzt wurde, in denen
ich mit ansehen mußte, wie Menschen vor lauter Wahnsinn mit dem Kopf gegen die Wand liefen und Pfleger auch schon mal zuschlugen, wenn die Patienten nicht so
wollten wie sie. Nach zwei Wochen wurde ich in eine andere Klinik verlegt, weil meine Eltern einen Rechtsanwalt eingschaltet hatten. Diese Klinik war besser, aber die Nachwirkungen machten (und machen ?) mir noch lange zu schaffen.

Viel später, in meiner Psychoanalyse, stellte sich heraus, dass alle Diagnosen (von schizophrener Psychose bis Bordeline und manisch-depressiv) falsch waren.
Es war schlichtweg eine (bzw. 2, 3 Jahre später bin ich auf Cannabis nochmal ausgetickt) drogeninduzierte (beim 1. mal Tranquilizer und Alk) Psychose.

Es war gruselig...
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Ina

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Re: Ein schlimmer Abend
« Antwort #5 am: 25 November 2009, 16:37:09 »

Ja, so war es bei mir auch immer. Ich habe damals sehr sehr
viel an Suizid gedacht und es auch einmal versucht. War oft
kurz davor, mir etwas anzutun. Und danach habe ich mich so
schrecklich geschämt und an seiner Liebe gezweifelt. Dabei
ist das überflüssig - denn wahre Liebe übersteht sowas! Da-
von bin ich überzeugt!

Deine Erfahrung aus der Klinik klingt ja fürchterlich! Aber
es ist schon lange her - dementsprechend wird sich heute
auch einiges geändert haben in den Kliniken! So wird man
da heute bestimmt nicht mehr behandelt! Darf ich Dich
fragen, in welcher Klinik das war? Würde mich wirklich in-
teressieren... Kannst es mir auch per PN schreiben, wenn
Du es nicht öffentlich schreiben möchtest.


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Driver

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Re: Ein schlimmer Abend
« Antwort #6 am: 25 November 2009, 17:04:56 »

Ja klar... habe es Dir per PN geschickt.

Es tut gut, sich mit jemandem auszutauschen, der diesen ganzen Mist auch schon durchhat.

Danke.
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Ina

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Re: Ein schlimmer Abend
« Antwort #7 am: 25 November 2009, 17:20:50 »

Dafür ist das Forum ja da :)

Mir tut der Austausch manchmal auch sehr gut.
Im realen Leben finde ich sowas eher selten.

Wie sieht es da bei Dir aus?
Familie, Freunde, Bekanntenkreis?
Zeigst Du Deine Depressionen dort offen?
Ich frage nur, weil viele sich ja eher "verstecken"...
Zum Beispiel aus Angst, auf Verständnislosigkeit zu treffen.


Ach so, eine PN habe ich übrigens nicht bekommen!?
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Driver

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Re: Ein schlimmer Abend
« Antwort #8 am: 25 November 2009, 18:15:26 »

Hi, InaDiva.

Habe die PN nochmal geschickt, hat vielleicht vorhin nicht geklappt.

Ja, Familie...denen habe ich es gesagt. Anfangs hatten sie Probleme damit.
Vor allem mein Vater hat eine Weile gebraucht, bis er verstanden hat, was los ist.
Seine vergeblichen Versuche, mir zu helfen, hat er glücklicherweise eingestellt.
Jetzt macht er sich nur noch Sorgen, verbirgt es aber vor mir, bzw. versucht, es zu verbergen.
Glaube, er ist selbst depressiv. Seit dem Tod meiner Mutter vor 4 Jahren ist er nicht mehr der selbe.

Meine Schwester geht verständnisvoll damit um, kann sich aber kaum um mich kümmern. 2 Kinder,
die Firma, ein konservativer Mann...alles nicht dazu geeignet, den kranken Bruder zu bespaßen.
Aber wenn sie denn mal Zeit hat, führen wir sehr schöne Gespräche. Ist auch erst seit dem Tod
unserer Mutter möglich..

Schlimm ist es mit meiner Ex. Die haut noch drauf und serviert mir knackige Sprüche á la: "Was Du brauchst,
ist ein richtiger Job, der Dich fordert !". Meine Tochter (10 J.) hat geheult, als ich es ihr sagte. Sie hat Angst um
mich und sorgt sich um unsere gemeinsamen Wochenenden. Die sind die wenigen Lichtblicke in meinem Leben.
Deshalb habe ich ihr gesagt, dass ich immer versuchen werde, unsere Wochenenden wahr zu nehmen. War 2008
in der Reha, da hat es auch ganz gut geklappt.

Freunde gibt es keine mehr und die letzten Arbeitskollegen wissen nichts genaues. Jetzt ist es eh wurscht, bin arbeitslos,
krankgeschrieben und hoffentlich bald in der Klinik.

Danke für Deine PN-Antwort - ist gerade eingetrudelt.
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Driver

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Re: Ein schlimmer Abend
« Antwort #9 am: 25 November 2009, 19:44:13 »

Hallo Pudel (hoffe, es ist ok, wenn ich abkürze..)

Danke für Deine Worte. Sie machen Mut. Das mit meinem Freund habe ich so noch nicht gesehen.
Du hast recht. Werde ihm einen Platz in meinem Herzen geben. Da sind schon so einige, und wenn der
Platz irgendwann nicht mehr reicht, wird halt angbaut.

Mit meiner Freundin habe ich eben gesprochen. Sie versteht es und wird mir, wie so oft vergeben.
Die Kommunikation ist die Basis unserer Beziehung. Darüber haben wir uns kennen- und lieben
gelernt und das verbindet uns. Deswegen finden wir wohl immer wieder zusammen. Also haben wir uns
ausgesprochen und die Dinge sind klar.

Die Sache mit dem Alkohol ist da schon schwieriger. Natürlich nehme ich mir immer wieder vor,
die Finger davon zu lassen. Meistens gelingt es mir ja auch. Aber in solchen Situationen wie gestern,
oder in Phasen, wo ich mich überhaupt nicht mehr ertragen kann, verschafft er mir eine kurze Er-
leichterung. Eine Pause, in der ich mich wieder fühle.

Ich bin seit 3 Jahren in ärztlicher Behandlung. Bin eingestellt auf Venlafaxin und Opipramol und warte auf einen
freien Platz in einer sehr guten psychosomatischen Klinik. Da bin ich also versorgt. Die Medis stabilisieren mich
auf einem niedrigen Niveau - es reicht, um nicht das zu tun, woran ich gestern abend verstärkt gedacht habe.

Was bleibt, ist diese unendliche Leere...

Danke an Euch und liebe Grüße, Driver
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Driver

  • Gast
Re: Ein schlimmer Abend
« Antwort #10 am: 25 November 2009, 20:57:00 »

Ich weiß...der Geist ist willig, aber das Fleisch...

Denke aber, ich kann es in den Griff bekommen. Blöd ist, dass ich derzeit nur sehr sporadisch
Therapie habe. Es würde mir helfen..aber die Therapeutin hat keinen freien Platz, nur ab und zu
probatorische Sitzungen. Ist zu wenig...
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Ina

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Re: Ein schlimmer Abend
« Antwort #11 am: 25 November 2009, 21:52:33 »

Hallo nochmal,

Also was Deinen Vater angeht, denke ich, dass das eine völlig normale
Reaktion ist. Eltern wollen es oft nicht wahrhaben, wenn es ihrem Kind
schlecht geht oder es krank ist. Damit muss man dann erstmal klarkom-
men. Nachdem die Eltern sich damit abgefunden habe, kommen oft
klägliche Versuche, irgendwie zu helfen, die aber meistens scheitern,
weil es um das Kind geht und nicht rational durchdacht sind. Weißt
Du, was ich meine? So ist es irgendwie oft, ist mir so aufgefallen, wenn
ich Beiträge von anderen hier gelesen habe. Ich glaube, man muss
erstmal verstehen, was es überhaupt heißt, wirklich unter einer De-
pression zu leiden, ehe man wirklich helfen kann. Und dass sich die
Eltern sorgen, ist auch normal. Sie müssen sich eben erst in die Situa-
tion hinein finden und mit der Zeit lernen, damit umzugehen. Das
kann allerdings dauern, wie ich bei meiner eigenen Mutter gemerkt
habe... hmmm....

Solche Sprüche wie die von Deiner Ex sind einfach nur kontraproduktiv
und zeigen, dass sie keine Ahnung hat, was in Dir vorgeht. Traurig,
aber man kann auch nicht von jedem erwarten, dass er einem Ver-
ständnis entgegen bringt. Traurig finde ich es auch, dass Du keine
Freunde mehr hast. Das ist genau wie bei mir. Ich habe auch nieman-
den, wenn man mal von meinen Internetbekanntschaften absieht...
Leider trennen sich viele Leute von einem, wenn sie merken, dass
es einem oft schlecht geht und leidet. Eigentlich sollten sie gerade
dann doch für einen da sein... aber wie gesagt: Erwarten darf man
es eben nicht. Kannst Du versuchen, irgendwie neue Freunde zu
finden, zum Beispiel über irgendwelche Hobbies oder so? Wäre ja
schon wichtig, jemanden zu haben ehe Du Dich total von der Ge-
sellschaft abkapselst und isolierst.

Was Deinen verstorbenen Freund angeht, denke ich auch so wie
Pudel. Versuch die schönen Erinnerungen weiterhin in Dir zu tra-
gen - dann ist er auch niemals wirklich "weg", nur eben nicht an-
wesend. Aber er hat einen festen Platz in Deinem Herzen, egal
wo er jetzt ist.

Du hast Recht, Kommunikation ist in einer Beziehung das A und
O! Einfach wahnsinnig wichtig, wenn man auf Dauer gut mitein-
ander auskommen möchte. Über die Kommunikation (ehrliche
Worte, Gesten und Mimik) passiert so viel, man kann so vieles
ausdrücken, zeigen, helfen, da sein... Aber nicht, wenn man nicht
redet. Ich denke, Ihr macht es richtig :)



"Ich weiß...der Geist ist willig, aber das Fleisch..."

Wie ich das doch kenne... Geht hier sehr sehr vielen so! So viele
Dinge sind einem bewusst, doch ander Umsetzung scheitert es
oft. Aus Depression, Melancholie, Antriebsarmut, Konzentrations-
schwäche oder was auch immer... *seufz*
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Driver

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Re: Ein schlimmer Abend
« Antwort #12 am: 26 November 2009, 09:32:10 »

Hallo Ina,

treffender kann man es kaum schildern. Mit den Eltern und Freunden ist es eben so.

Neue Freunde finden...ich tröste mich immer damit, dass mir zur rechten Zeit wieder die
passenden Leute begegnen. Eigentlich bin ich ein Kommunikationsmensch. War viele
Jahre erfolgreich im Aussendienst tätig, hatte Freunde und war beliebt. Seit ich bei
meinem letzten Job geflogen bin (zu alt, zu teuer, zu krank), hänge ich im Loch. Mit der
Anzahl der erfolglosen Bewerbungen und mangelndem Erfolg in einer versuchten
Selbständigkeit sank mein Selbstvertrauen ins Bodenlose. Entsprechend war ich
irgendwann nicht mehr in der Lage, soziale Kontakte über die Familie hinaus aufrecht
zu erhalten. Gespräche strengen mich an, und wenn die Fassade fällt, ist mein Gegen-
über verschreckt und zieht sich zurück.

Jetzt fühle ich mich eben nur klein und alt und häßlich. Wenn es meine Lebensgefährtin und mein
Kind nicht gäbe, hätte ich wahrscheinlich meinen Selbstmord auf Raten schon abgeschlossen.
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Ina

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Re: Ein schlimmer Abend
« Antwort #13 am: 26 November 2009, 13:28:00 »

Du sagst, dass Du Dich damit tröstest, dass Dir zur rechten Zeit
schon die passenden Leute begegnen. Einerseits stimme ich Dir
zu: Es ist wirklich oft so, dass man wenn man zur richtigen Zeit
am richtigen Ort ist, Leute kennenlernt und vorher gar nicht da-
mit gerechnet hat. Daraus können sich auch schöne Freundschaf-
ten entwickeln - die Erfahrung habe ich auch schon gemacht. Und
es war einfach nur Zufall, weil es wohl "mal wieder an der Zeit
war" :)
Auf der anderen Seite muss ich sagen, dass sich das Ganze na-
türlich auch ziemlich schwierig gestalten wird, wenn man das
Haus kaum noch verlässt und sich so sehr zurückzieht. Meiner
Meinung nach ist ein temporaler Rückzug hin und wieder völlig
in Ordnung, man sollte nur darauf achten, dass es keine kom-
plette Isolation wird, sprich dass man jegliche Kontakte verwei-
gert oder abblockt. Auch eine Unterbrechung des Kontaktes zu
Bekannten ist für einen gewissen Zeitrahmen okay, wenn man
es danach nicht einfach "vergisst", sich dort wieder zu melden.

Kontakte sind sehr sehr wichtig für jeden Menschen und können
bei so vielem helfen, was uns gut tut! Wie sieht es denn bei
Deiner Freundin aus? Hat sie einen Bekannten- oder Freundes-
kreis, dem Du Dich mehr oder weniger anschließen kannst?
Versuch, darauf nicht komplett zu verzichten... nimm alles mit,
was Du kriegen kannst, ehe Du Dich an die "Einsamkeit gewöhnst"!

Ich hoffe Du verstehst, was ich meine.

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Re: Ein schlimmer Abend
« Antwort #14 am: 26 November 2009, 13:47:41 »

Ich verstehe genau, was Du meinst.

Meine Freundin hat durchaus einige Freunde und vor allem Freundinnen, mit denen ich mich
ganz gut verstehe. Jedoch ist es mir nicht möglich, mich da so einzuklinken. Das sind halt
keine für mich gewachsenen Beziehungen. Es reicht mir, von denen akzeptiert zu werden.

Weißt Du, ich habe einfach keinen Antrieb und keine Motivation, Kontakte zu pflegen. Im
Januar 2008 war ich in der Reha. Dort habe ich einige sehr nette Leute kennen gelernt.
Eine Frau ist mir sogar richtig nahe gekommen, denke, sie wollte mehr als nur Freundschaft.
Hätte mich damals sogar fast in diese Frau verliebt. Habe es über die ratinonal Ebene abge-
würgt, weil ich nicht schon wieder mein Leben in Scherben legen wollte.

Auch die anderen waren echt in Ordnung. Einiges haben wir zusammen gemacht in der Zeit,
doch meistens wollte ich lieber abends allein in meinem Zimmer sein. Diese Kontakte waren
schön, aber haben sich nach der Reha in Luft aufgelöst - bis auf den mit der anderen Frau.
Ab und zu sms-sen oder telefonieren wir, aber haben uns nicht wieder gesehen. Ist wohl
besser so...

Wie schon vorhin gesagt - mich strengt das alles wahnsinnig an und ich mag nicht viel reden.
Habe auch kein Interesse mehr an tieferen Verbindungen. Die beiden, die ich habe, lasten mich
voll aus.

Mein Traum ist sowieso, irgendwann einmal ganz allein auf einer Insel zu leben. Oder im Himalaya
in einer kleinen Hütte. Vielleicht...wenn meine Tochter groß ist...

Diese Gesellschaft, die Menschen, die Arbeitswelt... all das kotzt mich nur noch an.
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