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Autor Thema: Schöne Märchen für dunkle Tage...  (Gelesen 13167 mal)

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Ina

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Schöne Märchen für dunkle Tage...
« am: 05 Dezember 2009, 12:50:25 »

Hallo Ihr Lieben,

Ich dachte mir, dass Ihr Euch in diesen dunklen und tristen Zeit vielleicht über
das ein oder andere Märchen freuen werdet. Hier das erste - morgen folgt dann
das nächste.



Margheritina - Das Birnenmädchen

Es war einmal ein Mann, der hatte einen Birnbaum, von dem er jedes Jahr vier Körbe voll Birnen erntete. Nun geschah es in einem Jahre, dass er nur dreieinhalb Körbe voll trug, und der Mann, der dem Könige immer vier zu bringen pflegte, wusste nicht, wie er es anfangen sollte, sie alle vier zu füllen. Er füllte also drei und den vierten nur halb, dann steckte er die kleinste von seinen Töchtern hinein und tat soviel Blätter darüber, bis er voll war wie die andern. Als er ihn dann in der Vorratskammer des Königs ausleerte, brachte er zugleich mit den Birnen auch dies sein Kind heraus, das sich zwischen den Strohmatten versteckte, und da es nichts zu essen hatte, aß es von den Birnen.

Eine Zeitlang hatten die Diener des Königs es nicht gemerkt, dann aber sagten sie: „Es muss irgend ein Tier sein, das die Birnen isst. Wollen doch einmal nachsuchen“ – und suchten hier und dort und fanden das Mädchen unter den Matten. „Was machst du hier?“ fragten sie. „Komm mit uns und diene in der königlichen Küche.“ – Und das Mädchen war so gescheit, dass sie in kurzer Zeit den Dienst besser tat, als die Dienerinnen des Königs, und war so anmutig, dass Alle sie gern hatten. Ein Weilchen waren die Dienerinnen des Königs still, dann aber, neidisch wie sie waren, suchten sie auf alle Weise dem armen Mädchen Böses anzutun. Sie fingen damit an, dem König zu sagen, Margheritina habe geprahlt, sie könne in einem Tage die ganze Wäsche des königlichen Hauses waschen und trocknen. Eines Tages ruft sie der König und sagt ihr: „Ist es wahr, dass du dich erboten hast, in einem Tage alle Wäsche in meinem Hause zu waschen und zu trocknen?“ – „Nein,“ sagte sie, „es ist nicht wahr. Das habe ich nicht gesagt.“ – Der König aber antwortete: „Du hast es gesagt, und was du dem König versprochen hast, musst du halten.“

Das arme Mädchen geht in seine Kammer und fängt zu weinen an. Der Sohn des Königs, der in sie verliebt war, sagt ihr: „Warum weinst du, Margheritina?“ – Da erzählt sie ihm alles, und er sagt: „Weine nicht, ich will dir alles machen. Sage dem König, dass er dir all sein Zeug in ein einziges Zimmer bringen lassen solle.“ – Sie tat es, und der Sohn des Königs erhob eine Rute, die er unter den Kleidern hatte, und machte, dass alles Zeug in einem Augenblick gewaschen und getrocknet war, Leintücher, Strümpfe, Handtücher, alles von selbst. Am Morgen geht der König, um nachzusehen, und findet alles in so schöner Ordnung, dass selbst er nicht wusste, was er sagen sollte.

Zwei oder drei Monate sagten die Mädchen nichts mehr, dann aber sagten sie dem Könige, Margheritina habe sich gerühmt, sie könne den Hexen den Schatz abnehmen. Der König hörte es, ließ sie kommen und sagte ihr: „Ist es wahr, dass du dich gerühmt hast, du könnest den Hexen ihren Schatz abnehmen?“ – Sie leugnete es, der König aber bestand darauf, mit jenem Wort habe es seine Richtigkeit, und sagte: „Wenn du es versprochen hast, musst du es halten.“ – Da ging sie in ihre Kammer und weinte noch heftiger als zuvor. Der Sohn des Königs hörte sie, und weil er wusste, weshalb sie weinte, sagte er ihr: „Nun wohl, sage nur ja, und der König solle dir drei Pfund Schmeer, drei Pfund Brot und drei Pfund Kehrbesen geben lassen.“ – Das sagte sie dem König, und der König tat es. Darauf geht sie fort, geht und geht weit, weit fort. Sie kommt zu einem Ort, wo ein Backofen war, und dabei waren drei Weiber, die sich die Haare ausrissen und mit ihnen den Ofen fegten. Mit denen fühlte sie Mitleid und gab ihnen die drei Pfund Besen, und sie fegten nicht mehr den Ofen mit ihren Haaren. Dann geht und geht sie und kommt zu einem Ort, den sie nicht passieren konnte, denn da waren drei Hunde, die bellten und an ihr hinaufsprangen wie Wölfe. Da nahm sie die drei Pfund Brot und gab sie ihnen, und sie ließen sie passieren. Dann immer weiter, weiter, bis sie zu einem Flusse kam, dessen Wasser so rot wie Blut war; da wusste sie nicht, was sie tun sollte. Aber der Königssohn hatte ihr gesagt, sie sollte sprechen: „Wässerlein, schön Wässerlein, hätt' ich nicht Eile, tränk' ich vom Wasser dein!“ – Bei diesen Worten zog sich das Wasser von rechts und links zurück und ließ sie durchgehen.

Als sie am andern Ufer war, sieht sie einen Palast, der schöner und größer war, als irgend einer in der Welt. Er hatte eine Türe, die sich so geschwind öffnete und schloss, dass niemand hinein konnte. Da nahm sie die drei Pfund Schmeer, schmierte die Türe damit und trat nun in das Haus der Hexen ein. Das Kästchen mit dem Schatz, der auf einem Tischchen stand, nahm sie; das aber war verzaubert. Als sie es in der Tasche hatte, hörte sie es sagen: „Türe, töte sie! Türe, töte sie!“ – Die Türe aber antwortet: „Nein, ich will sie nicht töten. Ich bin so lange nicht geschmiert worden, sie aber hat mich geschmiert.“ – Darauf geht sie zu dem Flusse, und das Kästchen sagt: „Ertränke sie, ertränke sie!“ – Der Fluss aber antwortet: „Nein, ich will sie nicht ertränken, weil sie zu mir gesagt hat: Wässerlein! schön Wässerlein!“ – Als sie dann zu den Hunden kommt, sagt das Kästchen: „Friss sie, friss sie!“ – Sie aber: „Nein, wir wollen sie nicht fressen, weil sie uns Brot gegeben hat.“ – Bei dem Backofen der Hexen hörte sie das Kästchen sagen: „Verbrenne sie! verbrenne sie!“ – Die aber: „Nein, wir wollen sie nicht verbrennen, weil sie uns drei Pfund Besen gegeben hat, unsere Haare zu schonen.“

Endlich war sie beinahe wieder nach Hause gekommen, aber weil die Frauen neugierig sind, wollte sie sehen, was in dem Kästchen wäre, öffnete es, und heraus flog eine Henne mit goldenen Küchlein, und sie konnte sie nicht wieder fangen. Der Königssohn sah es und ließ mit seiner Zauberrute die Henne mit den Küchlein in das Kästchen zurückkehren. Dann sagte er zu dem Mädchen: „Du siehst, dass ich dir das Leben gerettet habe. Also musst du mich lieben und mich heiraten, und meinem Vater musst du sagen, dass du zur Belohnung jene große Kiste voll Kohlen ganz hinten im Schlosse haben willst, in der aber werde ich stecken.“

Als Margheritina nach Hause kam, gingen ihr die Dienerinnen entgegen und der König und alle Hofleute, und sie gab dem König die Henne mit den goldenen Küchlein. Der König aber sagte ihr: „Verlange, was du willst, ich werde dir's geben.“ – Da verlangte sie die Kohlenkiste hinten im Schlosse. Man ging zu sehen, was drin war, da fand man den Königssohn. Der König war es zufrieden, dass Margheritina seinen Sohn heiratete, und sie hielten ein schönes Hochzeitsmahl, mich aber ließen sie hinter der Türe.


(Monferrato)


Quelle: Paul Heyse, Italienische Volksmärchen. München 1914
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voice of hope

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Re: Schöne Märchen für dunkle Tage...
« Antwort #1 am: 05 Dezember 2009, 14:26:28 »

Knecht Rupprecht    

Von drauß vom Walde komm' ich her;
Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Allüberall auf den Tannenspitzen
Sah ich goldene Lichtlein sitzen;
Und droben aus dem Himmelstor
Sah mit großen Augen das Christkind hervor,
Und wie ich so strolcht' durch den finstern Tann,
Da rief's mich mit heller Stimme an:
"Knecht Ruprecht", rief es, "alter Gesell,
Hebe die Beine und spute dich schnell!
Die Kerzen fangen zu brennen an,
Das Himmelstor ist aufgetan,
Alt' und Junge sollen nun
Von der Jagd des Lebens ruhn;
Und morgen flieg' ich hinab zur Erden,
Denn es soll wieder Weihnachten werden!"
Ich sprach: "O lieber Herre Christ,
Meine Reise fast zu Ende ist;
Ich soll nur noch in diese Stadt,
Wo's eitel gute Kinder hat." -
"Hast denn das Säcklein auch bei dir?"
Ich sprach: "Das Säcklein, das ist hier;
Denn Äpfel, Nuß und Mandelkern
Essen fromme Kinder gern." -
"Hast denn die Rute auch bei dir?"
Ich sprach: "Die Rute, die ist hier;
Doch für die Kinder nur, die schlechten,
Die trifft sie auf den Teil, den rechten."
Christkindlein sprach: "So ist es recht;
So geh mit Gott, mein treuer Knecht!"
Von drauß vom Walde komm' ich her;
Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Nun sprecht, wie ich's hierinnen find'!
Sind's gute Kind, sind's böse Kind?

(Theodor Storm)

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Ina

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Re: Schöne Märchen für dunkle Tage...
« Antwort #2 am: 05 Dezember 2009, 15:30:00 »

Oh das finde ich ja schön, dass hier noch jemand mitmacht :)

Hier kann natürlich jeder schöne Geschichten oder Märchen
reinstellen - ich würde mich freuen!
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Ina

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Re: Schöne Märchen für dunkle Tage...
« Antwort #3 am: 06 Dezember 2009, 22:10:50 »

Der goldene Mörser

Es war einmal in einem fernen, neunmal weiten Königreich eine wunderschöne Prinzessin, die besaß alle Tugenden, die man sich vorstellen konnte. Doch über dem Reich ihrer Vaters lag ein böser Zauber. Das Land war öd und kahl, die Vögel blieben stumm, Mensch und Tier darbten, es wurden keine Kinder und keine Jungtiere geboren, das Leben war freudlos und traurig.

Die Prinzessin nämlich nannte einen goldenen Mörser ihr eigen, in welchem kein Stößel etwas mahlen konnte, weil er so winzig klein war. Der Zauber aber forderte, daß ein Scheffel Korn damit zu Mehl gemahlen werden mußte, bevor das Land seine Fruchtbarkeit zurück erhielt. Die Handwerker des Königreiches waren seit Jahren mit nichts anderem beschäftigt, als zu versuchen, einen Stößel zu fertigen, der in den Mörser der schönen Prinzessin paßte. Doch jedes Mal, wenn man sich endlich am Ziel glaubte und der Stößel kleiner war als alle, die man je gemacht hatte – erwies sich er noch immer als zu groß.
Der König war verzweifelt, seine Minister, die Königin – und natürlich die Prinzessin selbst, die schon so manches Mal den Mörser am liebsten auf den Mist geworfen hätte. Aber das hätte ja nichts geholfen, der Zauber mußte gelöst werden. Da man also im eigenen Land keinen passenden Stößel machen konnte, ließ der König ein Bild von seiner lieblichen Tochter malen, und eins von dem vermaledeiten Mörser dazu, und schickte seinen treuesten Boten damit in die Welt, in der Hoffnung, jemand fände sich, der das Land erlösen konnte. Wessen Stößel in den Mörser der Prinzessin paßte, so versprach er, dem würde er seine Tochter zur Frau geben und das halbe Königreich dazu.

Der Bote kam durch viele Länder, und überall lachte man herzlich über den winzigen Mörser, für den er einen Stößel suchen sollte. Überall aber bewunderte man auch die Schönheit der Prinzessin, und manch einer bedauerte es sehr, daß eine so schwierige Aufgabe gelöst werden mußte, um sie zu erlangen.

Auch ein Spielmann hörte eines Tages von dem Mörser, und als er erst das Bild der schönen Prinzessin gesehen hatte, da war es um ihn geschehen. Die Sache mit dem Mörser bereitete einem wie ihm die geringste Sorge. Er war schon weit in der Welt herum gekommen, hatte viele merkwürdige Dinge gesehen und manche Kunst erlernt, die den Nichtfahrenden verborgen blieb. Also machte er sich auf in das ferne, neunmal weite Königreich, um die liebliche Prinzessin zu erringen.

Als er nach langer Wanderschaft am Hofe angekommen war, ließ ihn der König sogleich zu sich rufen.
“Ich höre, du willst Deinen Stößel am Mörser meiner Tochter versuchen?” erkundigte er sich erfreut. Schon lange war niemand mehr zu diesem Zweck im neunmal weiten Königreich gewesen, und alle hatten schon geglaubt, die Hoffnung auf eine Erlösung für immer begraben zu müssen.

“Das will ich gern, Eure Majestät”, sprach der Spielmann. “Obgleich ich nicht versprechen kann, daß er paßt.”
“Zeig ihn doch einmal her”, ließ sich da die Königin neugierig vernehmen. “Er muß nämlich sehr, sehr klein sein, damit du damit mahlen kannst.”
Kaum hatte aber der Spielmann seinen Stößel hervorgeholt, schlug sie beide Hände über dem Kopf zusammen. “Um Himmels Willen, Spielmann, wie kommst du auf die Idee, daß dieses große Ding in den winzigen Mörser der Prinzessin passen könnte?! Dieser Stößel ist zehnmal zu groß, ganz sicher. Das brauchst du gar nicht erst zu versuchen.”
“Ich will es trotzdem probieren”, entgegnete der Spielmann unbekümmert. “Soll Eure Tochter mir den Mörser doch erst einmal zeigen. Bisher habe ich ja nur ein Bild von ihm gesehen.”

Man ließ also die Prinzessin holen und hieß sie dem Spielmann den goldenen Mörser zeigen.
Erstaunt hob der Spielmann die Brauen. Tatsächlich, der Mörser war noch kleiner, als es auf dem Gemälde ausgesehen hatte. Doch andererseits übertraf die Schönheit der Prinzessin das Bildnis ebenfalls.

“Laßt es mich versuchen, Herr König”, bat er.
“Das werde ich nicht, junger Mann”, empörte sich der König. “Du wirst den Mörser nur zerbrechen, und dann ist alles verloren!”
“Ganz gewiß werde ich keinen Schaden anrichten, Majestät” versicherte der Spielmann. “Alles was ich brauche ist eine Kammer mit steinernem Fußboden, ein breites, gehobeltes Eichenbrett und ein Scheffel Korn. Und die Prinzessin mit dem Mörser natürlich.”
Der König und die Königin sahen einander zweifelnd an. Doch dann hoben sie beide die Schultern und willigten ein. Denn schließlich – welche Wahl hatten sie schon?
Man schloß also den Spielmann mit der Prinzessin und den gewünschten Dingen über Nacht in die Kammer mit dem steinernen Fußboden ein.

Ängstlich sah die Prinzessin den Spielmann an. “Und jetzt?”
Der Spielmann legte seinen Wandersack beiseite, zog sein Wams aus, reckte sich ordentlich, daß es in seinen Gliedern knackte, und antwortete:
“Jetzt werde ich erst einmal mit dem Mörser reden.”
“Reden?” Der Prinzessin blieb vor Staunen der Mund offen.
Der Spielmann streute das Korn auf den Boden, legte das breite, gehobelte Eichenbrett darüber und sprach dann zur Prinzessin:
“Stellt den Mörser so auf das Brett, daß ich ihn gut sehen kann.”

Als dies geschehen war, ließ der Spielmann sich vor dem Mörser nieder und begann, in einer unverständlichen Sprache auf ihn einzureden. Und während er so vor sich hin brabbelte, langte er heimlich in seinen Wandersack, zog eine Schwanendaune hervor und streichelte damit den Rand des Mörsers.
“Was tut ihr da?” wunderte sich die Prinzessin.
“Ich rede mit Eurem Mörser.”
“Ach so.”
Als er den Rand des goldenen Mörsers eine Weile gestreichelt hatte, begann dieser sich wie durch Zauber zu weiten. Aber er war noch längst nicht weit genug.
Der Spielmann hörte auf zu brabbeln und begann nun ganz vorsichtig, den Rand des Mörsers mit seiner Zunge zu befeuchten.

“Was tut Ihr da?” wunderte sich die Prinzessin.
“Ich flüstere Eurem Mörser etwas zu.”
“Was sagt Ihr ihm denn?”
“Daß er ein sehr schöner Mörser ist und daß mein Stößel ganz freundlich zu ihm sein wird, wenn er ihn einläßt.”
“Ach so.”
Der Spielmann fuhr fort, den Rand des goldenen Mörsers zu belecken, wobei er hin und wieder auch das kleine Krönchen bedachte, welches das Gerät in ganz königlicher Manier zierte.

Der Prinzessin entfuhr ein spitzer Schrei der Überraschung, denn sie bemerkte nun, um wieviel größer der Mörser bereits geworden war.
“Ihr seid ein Zauberer, Herr Spielmann”, jubelte sie. “Ob der Stößel schon paßt?”
“Das werden wir gleich sehen, Prinzessin.”

[... Fortsetzung folgt ...]
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Ina

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Re: Schöne Märchen für dunkle Tage...
« Antwort #4 am: 06 Dezember 2009, 22:11:29 »

[... Fortsetzung ...]


Der Spielmann holte seinen Stößel hervor und siehe, er glitt so leicht in den Mörser, als wären sie für einander geschaffen worden. Alles, was nun noch zu tun übrig blieb, war, das Korn zu Mehl zu mahlen.
“Helft mir, Prinzessin”, rief er. “Setzt Euch dicht zu mir, damit wir uns beim Mahlen abwechseln können.” Mit vereinten Kräften ließen sie den Stößel im Mörser kreisen, so heftig, daß das Brett, auf welchem sie saßen, über dem Korn hin und her rutschte und das Korn also im Laufe der Nacht gemahlen wurde.

Als sie gegen Morgen erschöpft einschliefen, begannen draußen zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder die Vögel zu singen. Die Leute im Land wußten sich nicht zu lassen vor Freude, als sie ins Freie traten: Überall grünte und blühte es, die Tiere taten sich an dem frischen Futter gütlich, männliche und weibliche Wesen fielen wie ausgehungert übereinander her, als gelte es, an einem Tag eine neue Welt zu bevölkern. Der Zauber war gebrochen.


Der König aber hielt sein Wort und vermählte seine goldhaarige Tochter mit dem Spielmann, der mit ihrem Mörser zu mahlen verstanden hatte. Obendrein gab er ihm das halbe Königreich, und sie alle lebten glücklich und zufrieden.


Mörser aber wurden überall im Land hoch in Ehren gehalten, und ebenso die Stößel, ohne die jeder Mörser zu nichts nutze ist, sei er von Gold oder von braunem Ton. Und wenn sie nicht gestorben sind, so sehen die Prinzessin und ihr Spielmann noch heute regelmäßig nach, ob der Mörser nicht etwa wieder zu klein geworden ist…


© Anna Kühne
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sunshine250

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Re: Schöne Märchen für dunkle Tage...
« Antwort #5 am: 06 Dezember 2009, 23:22:28 »

Hallo Ina,


ich hätte eine Fragen zu dem Märchen das Birnenmädchen.Es geht um das Ende...mich aber ließen sie hinter der Türe.  
Wer ist denn damit gemeint?Wer muß denn hinter der Türe bleiben?  



Ein etwas verwirrter Sonnenschein!!!
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Ina

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Re: Schöne Märchen für dunkle Tage...
« Antwort #6 am: 10 Dezember 2009, 11:12:55 »

Hier mal wieder ein neues, schönes Märchen:


DER VERLORENE TEDDY
(Christina Schafranek)

Wieder einmal war es in Finnland Herbst geworden. Die Bäume hatten ihre bunten Blätter bereits abgeworfen und in der Nacht fielen die Temperaturen unter Null Grad. Die Feriengäste hatten schon lange ihre Koffer gepackt und waren heimgereist. Bloß ein deutsches Ehepaar mit seinem kleinen Sohn war noch übrig geblieben. Der kleine Waldschrat Pinki Punki beobachtete diese Familie schon eine ganze Weile. Was er bisher gesehen hatte, gefiel ihm. Das waren echte Naturfreunde! Sie schonten die Pflanzen, warfen kein Papier in den Wald und machten nicht einfach Feuer, wo es ihnen einfiel. Die Eltern zeigten ihrem Jungen viele Dinge in Wald und Feld, wovon andere Leute keine Ahnung hatten.
Eines Tages war auch ihr Urlaub zu Ende und sie fuhren ab. Pinki Punki machte sich auf den Weg, um die Hütte zu inspizieren. Alles war schön aufgeräumt, die Teller gespült und der Boden gefegt. Doch halt - was war denn das? Vom Bett her kam klägliches Weinen.
"Hallo? Wer weint denn da?"
"Ich bin ein Bär und heiße Teddy und bin vergessen worden." Dabei rollte langsam eine Träne über die dicke Bärenbacke.
"Du Armer! Nun beruhige dich erst einmal. So schlimm wird das ja wohl nicht sein."
"Doch, doch, denn mein Matzi ist jetzt unterwegs nach Deutschland und ich sehe ihn nie wieder!!! Huh, huh, huh, ..."
Pinki Punki überlegte und kam zu der Überzeugung, daß hier wohl Pöllö am Besten helfen konnte.
"Komm` Teddy, hör` auf zu heulen, wir müssen los, bevor es dunkel wird."
Gemeinsam überlegten sie, wie sie wohl aus der Hütte herauskommen sollten. Das war gar nicht so einfach. Durch den schmalen Spalt, durch den der Schrat mühelos hereingekommen war, kam der dicke Teddy natürlich nicht durch. Nachdenklich wanderte der Schrat durch die Hütte. Plötzlich entdeckte er, daß die Saunatür ein wenig offen stand. Er schlüpfte hinein und sah sich um. Oh, welch ein Glück! Man hatte vergessen hatte, das Saunafenster zu schließen.
"Hurra, es klappt! Ich weiß, wie wir dich hier herauskommen. Komm` Teddy, nur Mut, wir schaffen das schon!"
Hoffnungsvoll kam der Bär in die Sauna gewackelt. Als er die hohe Treppe sah, die ihn vom Fenster trennte, verließ ihn gleich wieder der Mut.
"Das ist doch kein Problem," beruhigte ihn Pinki Punki. "Es gibt doch genug Holz hier." Flink lief er zum Holzkorb.
"Nun komm` schon, allein schaffe ich das auch nicht!"
Nun schleppten sie gemeinsam die Holzscheite an die Saunatreppe, stapelten sie übereinander und so entstand eine neue Stufe für das Bärchen. Mühsam kletterte Teddy hoch. Nun kam die Sitzbank an die Reihe. Dafür legte sich Teddy flach auf den Bauch, Pinki Punki stellte sich auf dessen Rücken und wuchtete so ein Holzscheit nach dem anderen auf die obere Bank. Das ging so lange, bis alle Scheite oben lagen und der Bär darüber hinwegklettern konnte. Für den Waldschrat war das natürlich kein Problem, denn Waldmännchen kommen überall hinein und hinauf.
Inzwischen hatte es zu schneien begonnen. Die weißen Flocken bedeckten bereits den Boden rund um die Hütte. Teddy saß auf der Fensterbank und schaute ganz verzagt auf die weiße Pracht.
"Wenn ich da hinunterfalle, wird das Sägemehl in meinem Bauch naß und ich muß sterben!" Jammerte er.
"Meine Güte, stellst du dich vielleicht an. So schnell stirbt man nicht. Du willst doch unbedingt zu deinem Matzi, also mußt du schon was riskieren. Hoppla, wer sitzt denn da auf dem Baum? Harja, bist du das? Bitte komm` her, wir brauchen deine Hilfe!"
Zögernd kam Harja, das Eichhörnchen, den Baum heruntergeklettert. Fremde mochte sie eigentlich gar nicht, doch dieser kleine Dicke sah ja harmlos und ziemlich mitgenommen aus.
"Was gibt's? Wer ist das? Ist er neu hier?" Harja war nun doch neugierig geworden.
"Das erzähle ich dir später. Erst müssen wir hier raus. Kannst du uns ein paar Zweige in den Schnee unter das Fenster werfen, damit Teddy nicht naß wird? Bitte, sei so gut."
"Wird sofort erledigt!"
Flink huschte Harja den Stamm hoch und gleich darauf prasselten Zweige in den Schnee.

"Na siehst du, man muß nur die richtigen Freunde haben, dann klappt alles wie von selbst."
Dabei strich er dem Bären tröstend über den Kopf.
"Nun spring endlich!"
Noch ein kurzes Zögern von Teddy, ein Hopp - und er landete weich und trocken auf den Zweigen.
Pinki Punki und Harja nahmen immer einen Zweig und legten ihn vor den anderen. So entstand eine richtiger Weg und der Bär konnte wie auf einer Straße laufen. Auf Dauer wurde das natürlich recht anstrengend und die Pausen immer länger. Während sie wieder mal ganz außer Atem eine Pause einlegten, kam Ilves, der Luchs, angetrabt.
"Was macht ihr da? Spielt ihr ein neues Spiel, welches ich noch nicht kenne? Und wer ist das? Zuwachs im Revier?"
"Ja, einen vergessenen Teddybären der unbedingt wieder nach Deutschland will. Wir wollen zu Pöllö. Die Eule weiß sicher, was wir unternehmen können."
"Warum bringt ihr ihn nicht gleich zu den drei Schwestern? Die wissen bestimmt weiter."
"Ganz einfach, der Weg ist für uns zu weit."
"Wenn's weiter nichts ist! Aufsteigen die Herrschaften!"
Teddy und Pinki Punki kletterten auf den Rücken von Ilves.
"Festhalten, es geht los!"
Die Beiden winkten Harja noch ein Lebewohl zu und ab ging die Post. Quer durch den Wald und über verschneite Felder, bis sie an einen breiten Fluß gelangten. Hier war die Reise zu Ende. Der Fluß war erst zur Hälfte zugefroren. Doch durchs kalte Wasser zu schwimmen, dafür hatte der Luchs nun wirklich keine Lust. Während sie nach einer Möglichkeit suchten, den Fluß zu überqueren, kam Lohi angeschwommen.
"Ihr wollt hinüber? Nichts leichter als das. Etwa 2 km flußaufwärts ist alles fest zugefroren, da kann Ilves leicht hinüberlaufen."
Sprachs und tauchte wieder unter.
"Danke Lohi, vielen Dank!" rief Pinki Punki ihm hinterher. Der Luchs trabte wieder los. Bald erreichten sie die angegebene Stelle und schon waren sie auf der anderen Seite.
Hier wartete bereits Hirvi, der große Elchbulle. Er hatte von Punatulkku, dem Dompfaff, die Nachricht bekommen, wohin die Beiden wollten.
"Alles umsteigen," röhrte der Elch. "Es kann gleich weitergehen!"
Hirvi legte sich sogar hin, damit die beiden Freunde leichter aufsteigen konnten.
"Haltet euch gut fest, es kann stürmisch werden."
Schnell kuschelten sich Waldschrat und Bär ins dichte Nackenfell und hielten sich am Geweih fest. Wieder ging es über Stock und Stein, immer nach Norden. Es wurde immer kälter und die Beiden waren schon ganz steif vor Kälte geworden. Endlich hielt Hirvi vor einem kleinen Holzhaus. Hier wohnten die drei weisen Schwestern Eilen (gestern), Tänään (heute) und Huomena (morgen). Die Tür öffnete sich und eine der Schwestern trat heraus.
"Hallo Hirvi, bringst du Besuch?"
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Re: Schöne Märchen für dunkle Tage...
« Antwort #7 am: 10 Dezember 2009, 11:13:29 »

"Guten Tag, Schwester Eilen. Hier bringe ich euch zwei halb erfrorene Gäste. Einen vergessenen Teddybären und Pinki Punki. Aber den kennt ihr ja. Ihr könnt sicher weiterhelfen."
"Nun, wir werden sehen. Kommt erst herein und stärkt euch. Hirvi, für dich liegt frisches Heu bereit. Laß es dir gut schmecken, denn für den Heimweg brauchst du viel Kraft."
Fürsorglich hob die alte Frau Bär und Waldschrat vom Rücken des Elchs und trug sie ins Haus. Tänään, die zweite Schwester, kam und stellte jedem eine Schüssel mit Moosbeeren und ein Glas heiße Milch mit Honig hin. Mit Heißhunger fielen Teddy und Pinki Punki über die Köstlichkeiten her. Besonders Teddy leckte sich behaglich die letzten Milchtropfen vom Bart, während Pinki Punki genüßlich die Schüssel mit den Moosbeeren leerte. Inzwischen hatte Huomena, die dritte Schwester, die Daunenbetten für die beiden Reisenden bereitet. Müde fielen diese auf ihr weiches Lager und waren bald darauf eingeschlafen.
Am nächsten Morgen wurden sie von lautem Geschnatter geweckt. Mit einem Jubelschrei sprang Pinki Punki auf, rannte durch die Hütte und fiel einer Wildente um den Hals.


"Sorsa, wieso bist du noch hier? Ich freue mich zwar sehr dich zu sehen, aber solltest du nicht längst im Süden sein?"
"Naja! Weißt du, erst wollten die Kinder nicht fliegen lernen und als sie es endlich konnten, kam ein großer Schneesturm. Dann flog wir los. Unterwegs bekam ich von Tuuli, dem Wind, die Nachricht, hierher zu kommen, denn die drei Schwestern hätten einen Auftrag für mich. Meine Familie flog allein weiter und ich kam hierher. Das war eigentlich alles. Und du bist Teddy, der vergessene Bär, das Tagesgespräch unserer Wälder. Wo sind die drei Schwestern eigentlich?"
"Sie kommen gleich, ich kann sie schon hören," schnurrte eine sanfte Stimme von der Ofenbank.
Erschrocken zuckte Teddy zusammen.
"Vor Kissa brauchst du dich nicht zu fürchten, die Katze ist viel zu alt, um jemandem etwas zuleide zu tun. Außerdem ist sie stets lieb und sanft gewesen und hat sogar unter den Mäusen Freunde," lachte Pinki Punki.
Teddy sah genauer hin und entdeckte eine große graue Katze. Er ging zu ihr hin und kraulte sie ganz zart zwischen den Ohren.
"Oh tut das gut!" schnurrte Kissa und schloß vor Behagen die Augen.
"Na, habt ihr schon Freundschaft geschlossen? Teddy, wir wissen jetzt, wie wir dich nach Deutschland bringen."
"Wirklich?" Teddy strahlte über das ganze Bärengesicht, worauf Pinki Punki ein saures Gesicht machte.
"Du kannst es wohl nicht erwarten, von uns wegzukommen!"
"Das war eben sehr ungezogen von dir, Pinki Punki. Außerdem bist du ungerecht," ertönte die Stimme von Schwester Eilen, die unbemerkt von den anderen, in die Stube gekommen war.
"Wenn du in Teddys Lage wärst, ginge es dir wohl genauso."
Der Waldschrat wurde über diesen Tadel ganz rot im Gesicht.
"Ich habe es doch nicht böse gemeint," stotterte er verlegen.
"Ich bin nur traurig, daß Teddy weg will. Ich habe das Alleinsein so richtig satt!"
"Teddy wird immer an dich und seine Erlebnisse denken, das weiß ich genau. Und was das Alleinsein betrifft, darüber unterhalten wir uns ein andermal. Warten wir erst einmal das Frühlingsfest ab. Doch jetzt gibt es Wichtigeres zu tun, als Abschiedstränen zu vergießen. Setzt euch hin und hört genau zu: Sorsa, du bringst den Teddy nach Helsinki, in die Hauptstadt. Dort, auf dem Domplatz, wartet der Joulupukki, unser Weihnachtsmann, mit seinem Rentierschlitten auf euch. Du darfst bis nach Italien mitfahren, wo du wieder mit deiner Familie zusammentriffst. Teddy wird vom Joulupukki direkt Zuhause abgeliefert. Alles verstanden? Gut, dann wollen wir zusehen, daß ihr schnell fortkommt. Schließlich kann sich der Weihnachtsmann keine Verspätung leisten."
Schwester Huomena zog Teddy eine warme Jacke an, wickelte ihm einen dicken Schal um Kopf und Hals und setzte ihn auf den Rücken von Sorsa. Traurig stand Pinki Punki daneben. Er mußte hierbleiben. Aber vielleicht - irgendwann einmal - könnte er doch Teddy besuchen. Wer weiß!?!
Während Teddy seinen neuen Freunden ein letztes Lebewohl zuwinkte, erhob sich Sorsa in die Luft und drehte nach Süden ab.

Und wie ging es mit Teddy weiter?

Kalt und sehr windig war es hier oben auf dem Rücken der Wildente, trotz der warmen Jacke und dem dicken Schal. Er vermißte seinen lustigen Freund Pinki Punki, aber er freute sich auch auf daheim. Unter ihnen tauchten die Lichter der Großstadt auf und schon von weitem hörte man das feine Klingeln der Schlittenglöckchen. Noch eine elegante Schleife und Sorsa landete direkt neben den Joulupukki.
"Da seid ihr ja," wurden sie freundlich begrüßt. "Pünktlich, pünktlich, muß ich schon sagen. Na, Teddy, freust du dich auf daheim? In ein paar Stunden bist du wieder da, wo du hingehörst."
Teddy konnte nur nicken. Er war sprachlos vor Glück, den Weihnachtsmann so dicht neben sich zu haben. Der sah den Bären erst einmal prüfend an und meinte dann schmunzelnd:
"Ein wenig zerrupft siehst du ja schon aus. Aber wie ich den Matzi kenne, macht ihm das gar nichts aus. Er hat nämlich schrecklich Sehnsucht nach dir. Ich freue mich auf sein Gesicht, wenn er dich sieht."
Lachend setzte er den Teddy zwischen die vielen Pakete und Päckchen neben Sorsa, die bereits, den Kopf unter den Flügel gesteckt, tief und fest schlief. Ein leiser Pfiff und schon fuhr der Rentierschlitten an. Immer schneller und schneller, bis er im hohen Bogen unter Sternengestöber und Glöckchengeläut in den abendlichen Himmel glitt.
Und daheim in Deutschland?

Es war Heiliger Abend und der kleine Matzi saß trübsinnig in seinem Zimmer. Er trauerte immer noch um seinen Freund Teddy und nichts konnte ihn trösten.
Da ertönte das Glöckchen, welches zur Bescherung rief. Lustlos stand Matzi auf und trottete zur Treppe.
"Nun komm schon, schau dir deine Geschenke doch wenigstens an," rief die Mutti.
Im Wohnzimmer wartete ein wunderschön geschmückter Weihnachtsbaum auf Matzi. Und wer saß zwischen den vielen Päckchen? Der Teddy!!! Vergessen war all der große Kummer und jubelnd drückte Matzi seinen geliebten, so lange vermißten Teddy an sich.

"Fröhliche Weihnachten!" rief der Weihnachtsmann, bevor er wieder mit seinem Rentierschlitten im nächtlichen Himmel verschwand.
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Re: Schöne Märchen für dunkle Tage...
« Antwort #8 am: 10 Dezember 2009, 12:04:09 »

@ Sunshine:

Mich hat dieser Satz zuerst auch ein wenig verwirrt. Ich denke aber,
dass der Autor sich selbst meint, um die Geschichte damit abzuschlie-
ßen und auszudrücken, dass er nicht weiß, wie das Märchen weiter-
gegangen ist. Er "durfte" also keinen Einblick in die weitere Geschich-
te haben, die er erzählt hat.
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Re: Schöne Märchen für dunkle Tage...
« Antwort #9 am: 12 Dezember 2009, 13:00:44 »

LEBKUCHENMÄRCHEN
(Hanna Helwig)
 
Zwei Zwerglein stapften durch den Wald,
die Nase rot, die Finger kalt,
so suchten sie nach süßen Beeren,
um ihren Vorrat zu vermehren.
Denn in dem Speiseschrank zuhaus
sah es fürwahr nicht üppig aus.
Nun führte sie ihr Weg vorbei
an kleinen Tännlein, eins und zwei.
Die waren froh stets und bescheiden.
Die Zwerglein konnten sie gut leiden.
Heut klagten sie:"Wir sind so klein
und möchten dennoch Christbaum sein
mit Nüssen, Sternen, Kuchenherzen
und reich besteckt mit bunten Kerzen."
Da blickten sich die Zwerglein an
und freundlich sprach der eine dann:
"Wir fragen unsern Freundeskreis,
ob einer euch zu helfen weiß.
Klagt nicht, ihr Lieben, laßt uns lachen,
mit Frohsinn läßt sich vieles machen."

Zuerst schirrt man die Mäuse an,
das ist ein lustiges Gespann.
Du siehst hier, wie die Kleinen rennen,
sie geben her, was sie nur können.
Es geht zur Mühle, hopp, hopp, hopp,
in einem eiligen Galopp.
Dort läßt man sich vier Säcke geben,
die muß man auf den Wagen heben.
Als dies geschehen mit Geschick,
geht es zur Zwergenstadt zurück.
Hier schaut bereits nach ihnen aus
der Bäckermeister vor dem Haus.
"Halt, brr", so macht auf seinem Bock
der Kutscher mit dem roten Rock.
Die Säcke schleppt der Meister dann
gehend ins Haus, der starke Mann.
Und einen Mehlsack nach dem andern
sieht schnell man in den Backraum wandern.
Doch Mehl alleine tut es nicht,
wenn es am sonstigen gebricht.
Zum Beispiel Zucker, Honig, Zimt
man gern zu Weihnachtskuchen nimmt.


Für Honig sorgen brav die Bienen,
auch sie sind fleißig und bedienen
den guten Bäckermeister gern
und schleppen Honig her von fern.
Man sah sie einst mit vielen Hummeln
sich zwischen bunten Blumen tummeln.
Dort brachten sie mit Emsigkeit
viel Honig ein zur Sommerzeit.
Als nun die lieben, fleiß'gen Bienen
mit ihren Eimerchen erschienen,
da sprach der Bäcker:"Seid gegrüßt,
daß ihr mich nicht im Stiche ließt.
Ihr habt euch so verdient gemacht,
daß uns das Herz im Leibe lacht.
Nichts geht doch über Pünktlichkeit,
durch sie gewinnt man Kraft und Zeit.
Kommt nur herein und ruht euch aus,
trinkt Wein bei einem guten Schmaus."


Beim Kaufmann ist heut Hochbetrieb.
Uns scheint, das sei ihm gar nicht lieb.
Er stöhnt ein wenig über Hast
und über seine Arbeitslast.
Die Zwerglein lachen:"Lieber Mann,
strengt euch nur auch ein wenig an;
bald ist der Laden wieder leer,
gefällt euch dieses etwa mehr?"
Der Händler sagt:"Da habt ihr recht,
ich danke euch, daß ihr so sprecht.
Hat man einmal zuviel zu tun,
dann möchte man am liebsten ruhn.
Doch stellt sich keine Kundschaft ein,
dann möcht' man gerne fleißig sein."
Die Zwerglein lachen:"Ihr seid weise."
und einer spricht zum Kaufmann leise:
"Hört zu, wir kaufen heute ein
für unsre lieben Tännelein.
Viel süße Kuchen backen wir,
die bringen wir zum Waldrevier
und schmücken damit ihre Äste
zum lieben, frohen Weihnachtsfeste."
"Ei", spricht darauf der Handelsmann,
"dann strenge ich mich gerne an."


Wer sammelt wohl die Nüsse ein?
Das kann doch nur das Eichhorn sein.
Herr Eichhorn, Frau und auch die Kleinen
sind schon frühmorgens auf den Beinen.
Doch vor dem sorglichen Verpacken
gibt es ein frohes Probeknacken.
Herr Eichhorn meint:"Hm, hm, nicht schlecht,
sie sind für Leckermäuler recht.
Nicht wahr, ihr Kleinen, diese Nuß
auch Leckermäulern schmecken muß."
Die Kleinen nicken, das ist klar,
was Vati spricht, ist immer wahr.
Die Mutti sagt und lacht dabei:
"Die Nuß dient auch zur Bäckerei,
ja, dieses läßt sich kaum bestreiten,
die Nuß gehört zum Teigbereiten.
Rosinen, Zitronat und Zimt
sind für den gleichen Zweck bestimmt.
Nun wacker, Kinder, es ist spät,
bedenkt, daß es bald heimwärts geht."

Die Molkerei der Zwergenstadt,
die viele Milchgefäße hat,
hat auch ein schönes Butterfaß,
da buttert Klex ohn' Unterlaß.
Und siehe da, in kurzer Zeit
steht feinste Butter schon bereit.
Die ist so herrlich gelb und rein
wie strahlend heller Sonnenschein.
Klingling, wer kommt zur Tür herein?
Wer könnte das wohl anders sein
als Nachbars Hennen Schnuck und Schnick;
sie bringen Eier, fünfzig Stück.
"Herein, ihr Lieben, kommt herein,
ihr sollt uns stets willkommen sein.
Wir schätzen ehrlich eure Eier,
besonders, wenn sie nicht zu teuer."
Da spricht Frau Schnick und lacht dabei:
"sechs Nüßchen kostet jedes Ei."
"Packt aus", sagt Klex, "ihr guten Hennen,
den Preis, den kann man billig nennen."


Im Backraum geht es hitzig zu,
denn niemand gönnt sich faule Ruh.
Der immer frohe Bäckermeister -
Johannes Zuckerkringel heißt er -,
das ist ein wackrer, kluger Mann,
der packt sogleich die Sache an.
Ein jeder ist voll Lust dabei,
denkt insgeheim an jene zwei,
die drunten stehen still und klein;
die werden staunen und sich freu'n.
Mit Mehl und Honig, Milch und Zimt
das Backen seinen Anfang nimmt.
Das ist ein Mengen, Kneten, Stechen,
ein Backen auf den Kuchenblechen.
Freund Zuckerkringel mit Geschick
vollbrachte schon ein Meisterstück:
Ein Kuchenherz mit Zuckerguß,
das jedes Kind entzücken muß.
Er zeigt es voller Stolz umher:
"Ja, wer es kann, dem fällt's nicht schwer."
Die Tännlein, denkt man, werden lachen
und sicher große Augen machen.


Was mal ein Zwerglein hat versprochen,
das wird ganz sicher nicht gebrochen,
so dachten unsre Tännelein
und schliefen fast ein wenig ein.
Doch plötzlich kam es tripp und trapp
zum ganz verschneiten Wald herab.
Ja, schaut, drei Zwerglein trugen schwer
drei Körbe voll Gebäck daher.
"Uff", sagten sie und machten Halt,
"der Winterwind ist ziemlich kalt,
kein Wunder, denn er kommt von Norden,
und trotzdem ist uns warm geworden.
Nun schaut, was wir euch mitgebracht
und was euch Freunde zugedacht."
Gar bald war jeder Zweig geschmückt,
und beide Tännlein sahn beglückt
auf all das liebe bunte Prangen;
die Weihnacht hatte angefangen.
Die Tierlein rings, die Vögelein,
die schauten ganz verwundert drein.
Sie freuten sich und sagten sich,
da fällt wohl etwas ab für mich.
Und hell erklang im Waldesraum
das schöne Lied "O Tannenbaum".
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Re: Schöne Märchen für dunkle Tage...
« Antwort #10 am: 23 Dezember 2009, 13:17:16 »

ES TREIBT DER WIND
(Rilke)

Es treibt der Wind im Winterwalde
die Flockenherde wie ein Hirt,
und manche Tanne ahnt, wie balde
sie fromm und lichterheilig wird,
und lauscht hinaus, den weißen Wegen
streckt sie die Zweige hin - bereit,
und wehrt dem Wind und wächst entgegen
der einen Nacht der Heiligkeit.
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Re: Schöne Märchen für dunkle Tage...
« Antwort #11 am: 23 Dezember 2009, 13:18:15 »

IM DEZEMBER
(Josef Guggenmos)

Im Dezember, wenn es schneit, dann hocken
Die Häslein im Busch und schauen hinaus,
und rings um den Busch das ist ihr Haus,
fallen die großen weißen Flocken.
Im Dezember wenn die Flocken fallen,
dann jubelt jedes Herz, denn bald
wird über Stadt und Dorf und Wald
voll Macht die Weihnachtsglocke schallen.

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Re: Schöne Märchen für dunkle Tage...
« Antwort #12 am: 23 Dezember 2009, 13:19:09 »

MICH DEUCHT, ICH SAH...
(Albert Sergel)

Mich deucht, ich sah einen güldenen Schein:
Guckt da nicht Sankt Niklas zum Fenster herein?
Glocken erklingen in weiter Ferne.
Bratäpfelduft aus dem Ofen quoll.
Am nachtklaren Himmel schimmern die Sterne verheißungsvoll
und schauen das Treiben und freuen sich mit
bei der eilenden Menschen frohklingendem Schritt.
Friedvolles Hasten weit und breit:
Weihnacht ist nahe! O heimliche Zeit!

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Re: Schöne Märchen für dunkle Tage...
« Antwort #13 am: 28 Dezember 2009, 17:30:29 »

WINTERGEDANKEN EINES GÄRTNERS
(Karel Capek)

Alljährlich pflegen wir zu sagen,
daß die Natur ihren Winterschlaf antrete...
Du lieber Gott, und das soll Schlaf sein? ...
Eher möchte man sagen, die Natur habe aufgehört,
nach oben zu wachsen, weil sie keine Zeit dafür hat.
Sie krempelt sich nämlich die Ärmel auf und wächst nach unten...
Hier wachsen neue Stengel; von hier bis dort,
in diesen herbstlichen Grenzen drängt das märzliche Leben hervor,
hier unter der Erde wird das grosse Frühlingsprogramm entworfen.


Jetzt, wo der Garten im Schnee versinkt,
erinnert sich der Gärtner plötzlich, das er eines vergessen hatte:
den Garten anzusehen.
Denn dazu ... hat er ja niemals Zeit gehabt.
Wollte er im Sommer den blühenden Enzian betrachten,
mußte er unterwegs stehenbleiben,
um den Rasen von Unkraut zu reinigen.
Wollte er sich an der Schönheit des Rittersporn erfreuen,
mußte er ihm Stöcke geben...
Standen die Flammenblumen in Blüte,
jätete er die Quecken aus...
Was wollt ihr, immer gab es etwas zu tun.
Kann man denn die Hände in die Taschen stecken
und im Garten herumgaffen?  
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Re: Schöne Märchen für dunkle Tage...
« Antwort #14 am: 28 Dezember 2009, 17:31:53 »

VERSCHNEIT LIEGT RINGS DIE WELT
(Eichendorff)

Verschneit liegt rings die ganze Welt,
Ich hab nichts, was mich freuet,
Verlassen steht ein Baum im Feld,
Hat längst sein Laub verstreuet.
Der Wind nur geht bei stiller Nacht
und rüttelt an dem Baume,
Da rührt er seine Wipfel sacht
Und redet wie im Traume.

Er träumt von künftger Frühlingszeit,
Von Grün und Quellenrauschen,
Wo er im neuen Blütenkleid
Zu Gottes Lob wird rauschen.
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