Hallo Gast,
das sind schöne und empfehlenswerte Gedanken, die Du da dem Konsumwahnsinn des Geschenkzwangs entgegenstellst. Mehr wahre Menschlichkeit und Herzlichkeit anstelle von Gewissensberuhigung und Pflichterfüllung. Das wär´s doch eigentlich.
Was mir alle Jahre wieder auffällt, ist die sondersame Säkularisierung es eigentlichen Festinhaltes.
Der Weihnachtsmann geistert mit Engelchen durch die Verkaufstempel, die in Glitter und Firlefanz ersticken, es ist laut und hektisch, und dass es eigentlich um den Geburtstag des Nazareners geht, ist völlig verschütt gegangen.
Ich habe bisweilen sogar den Eindruck, dass es systematisch verdrängt und zur Seite geschoben wird.
Am liebsten aus dem Bewusstsein verbannt.
Weihnachten für alle ist ja grundsätzlich eine gute Sache, aber weshalb die atheistisch materialistisch geprägte Gesellschaft mit oberflächlicher Zuckerguss-Gewalt die Tatsache übertünchen muss, dass es sich bei dem ganzen Spektakel ursprünglich um die Geburt des Mannes handelt, auf den sich die gesamte Christenheit beruft und den der Islam als Propheten verehrt, das kann ich nach wie vor nicht so recht verstehen.
Die Feier seines Geburtstagsfestes, das sich ja "Fest der Liebe" nennt, muss ja nicht gleich bedeuten, dass einer an Jesus glauben muss. Es genügt ja durchaus, ihn als außergewöhnliche historische Gestalt anzuerkennen.
Dessen Lehrsätze und Lebenshilfen bis dato und mehr denn je in weite Ferne der Menschheitswirklichkeit gerückt sind, auf den sich zu besinnen also wirklich niemandem schaden kann.
(Von der durchaus berechtigten Kritik etwa an der katholischen Kirche oder fundamentalistischen Strömungen in den USA einmal abgesehen, ich finde, das lässt sich mit etwas gutem Willen problemlos auseinanderhalten.)
Einerseits wollen die Nichtgläubigen ernst genommen werden, andrerseits machen sie sich subtil oder offen über Gläubige lustig, das ist doch ein offener Widerspruch gegen jedes Gleichheitsgebot und im Grunde ein Verstoß gegen die Religionsfreiheit.
Ich rätsle immer wieder mal daran herum, weshalb man die Christen nicht einfach in Ruhe lassen kann, auch wenn man keiner ist.
Stattdessen wird ihr Lieblingsfest von Glanz und Glimmer erschlagen. Da steig ich offengestanden nicht so recht durch. Kann nicht ganz folgen, was da dahintersteckt. Etwa ein Unterlegenheitsgefühl? Verkappter Neid?
Dass da Leute Hoffnung haben können, von der man selbst nichts wissen will?
Betlehem her oder hin, ob nun Volkszählung oder regionale Erfassung, Rom hatte sicher Interesse, die jüdische Populationsdichte zu kontrollieren, ob nun auf einmal oder langfristig kontinuierlich, und die Zitierung an den Geburtsort ist immer noch die einfachste Methode für dergleichen Überwachungsmaßnahmen- besonders in einem Unruheherd wie der damaligen Provinz.
Und im Falle von Verweigerung oder Unterlassung waren die römischen Behörden bestimmt nicht zimperlich.
Dass derlei Aktionen für die kleinen Gemeinden eine restlose Überbelegung bedeuten mussten, ist ebenso naheliegend, und wo heute Turnhallen als Notquartiere herhalten, waren´s damals eben Stallungen.
Ebenso einleuchtend ist die Funktion der Anreisestrapaze als Wehentropf für eine Schwangere.
Was die Hirten anbelangt, muss man wissen, dass ihr Berufsstand grade mal über dem der Bettler angesiedelt war, es sich also mehr oder weniger um Geächtete und gestrauchelte Existenzen handelte, die weitab von menschlichen Behausungen mit ihren Herden unter freiem Himmel lebten.
Und wenn solche Typen irgendwas Ungewöhnliches sehen oder spüren, dann tun sie das und sprechen auch drüber. Sie haben nichts zu verlieren.
Nur als Beispiel dafür, dass es keinen zwingenden Grund gibt, hier von einer Konstruktion der Verfasser zu sprechen, um den Messias und seine Geburt dorthin zu befördern wo sie laut Prophezeiung hingehören: Von Nazareth nach Betlehem.
Ebensogut kann sich das Ganze rein historisch gesehen genau so abgespielt haben.
Was in der Biographie eines Pharao keinerlei Probleme bereitet an historischer "Beweisführung", wird beim Nazarener mit Argusaugen akribisch seziert. Schon eigentümlich das Ganze.
Das beschäftigt mich im Advent.
Warum noch Weihnachten feiern, wenn sowieso alles frei erfunden ist und nichts als ein frommes Märchen? Ist doch eigentlich ein Widerspruch in sich.
Aber nun, mir soll´s egal sein.
Ich konnte nur immer wieder mal beobachten, dass in den Christmetten Leute in der Kirche auftauchen und im hinteren Kirchenschiff versteckt in wehmütiger Andacht versinken, die für den Rest des Jahres ihre atheistische Überzeugung an die Stirn genagelt mit sich rumtragen.
Schon seltsam irgendwie das ganze Ding mit dem Weihnachtswunder.