Ich bin neu hier...
Vor drei Jahren bin ich das erste Mal in psychotherapeutische Behandlung gegangen.
Vorausgegangen war ein - an sich harmloser - Streit mit meiner Mutter. Ich konnte mich tagelang nicht beruhigen, ich habe viel geweint, hab nur noch funktioniert, fühlte mich so leer.
Der Therapeut, den ich fand, war gut. Gut zu mir. Hat hier in meiner Stadt jahrelang die Klinik für Alkoholabhängige geleitet.
Ich bin aufgewachsen mit einem Alkoholikervater und einer coabhängigen Mutter.
Das ganze Programm, Suff, Schläge, Verbalattacken, emotionaler Mißbrauch - Lug und Trug jeden Tag.
Als ich damals in die Therapie ging, dachte ich, dass "nur" das Aufwachsen in dieser Alkoholikerfamilie mein Problem sei.
Mein Therapeut hat mit mir auch über die Diagnose, über meine Erkrankung nicht gesprochen. Wir haben insgesamt 2 Jahre eine tiefenpsychologische Therapie gemacht. Es ging mir nicht wesentlich besser, aber auch nicht schlechter. Ich habe nicht verstanden, was mit mir los war. Ich dachte immer nur, langsam muss ich doch mal was begreifen, langsam muss es mir doch mal besser gehen, langsam muss ich doch mal mein Leben selber in den Griff bekommen.
Ich funktioniere. Ich arbeite, viel sogar, ich sorge für meinen Lebensunterhalt, gut sogar, ich habe ein mittlerweile erwachsenes Kind, das ich allein erzogen habe. Es fehlt mir an nichts. Nur immer diese Traurigkeit und diese Sinnlosigkeit und dieses Nicht in der Lage-Sein, "normale" Beziehungen zu führen.
Vor gut einem Jahr - meine Therapieverlängerung war gerade zum dritten Mal genehmigt - ist mein Therapeut einfach gestorben.
Ich war irrsinnig traurig. Ich fühlte mich wieder so verlassen...
Es hat dann fast ein Jahr gedauert,, bevor ich mich zu einer neuen Therapeutin getraut habe.
Einen "akuten" Auslöser gab es nicht. Nur immer diese Traurigkeit. Schlecht schlafen können. Weinen aus heiterem Himmel.
Die Therapeutin ist ganz anders. Sie hat nach den "Probesitzungen" mit mir über die Diagnose gesprochen: Rezidivierende mittelgradige Depression.
Irgendwie fühlt es sich gut an, der Krankheit endlich einen Namen zu geben. "Fühlt sich an" ist nicht der richtige Ausdruck, aber einen besseren weiß ich grad nicht....
Ich kletterte grad so bissel aus dem Berg heraus, da hat vor drei Wochen mein Freund mit mir Schluß gemacht. Das hat mich wieder in das tiefe Loch gestoßen.
Ich habe mit meiner Psychologin den "Fall" auseinander genommen. Sie sagte, die Gefühle wären Trauer, Wut, aber auch Erleichterung. Ich fühle das nicht. Wahrscheinlich gar nicht so ungewöhnlich... Ich kann zustimmen, dass das wohl die Empfindungen sein müssten, aber ich bin es nicht, die das fühlt...
Ich bin leer innen. Eine graue Wand. Ich bin unzulänglich, ich bin nicht gut genug, ich bin selbstmitleidig. Ich arbeite bis zum Umfallen. Ich mache kaum noch etwas anderes.
Ich weine viel.
Ich würde gern meinem Exfreund tausende garstige Dinge an den Kopf werfen, aber ich kann nicht. Ich habe keine Kraft.
Ich will / kann kaum mit anderen Menschen über das reden, was mich bewegt.
Ich spiele immerzu die Liebe, Nette, Witzige, Verständnisvolle.
Bloss niemanden hinter die Fassade gucken lassen...
Entschuldigt bitte, dass die erste Wortmeldung hier so lang geworden ist.
Ich will gern auf den Punkt kommen, aber ich weiß nicht, wo ich anfangen soll...
Gute Nacht!
Iffigenie