Hallo,
ich habe die bisherige Diskussion zu diesem Thema mit Interesse verfolgt, weil es mich zum Teil auch betrifft und weil ich zur Zeit eine ganz neue Dimension kennen lerne:
ich bin sozusagen professioneller Helfer: ich arbeite als Sozialarbeiter in den ambulanten Hilfen zur Erziehung und bin einer von denen, die vom Jugendamt beauftragt in Familien gehen und dort helfen.
Den Sozialarbeitern sagt man ja oft nach, dass sie ein Helfersyndrom haben und ich weiß aus meinem Bekanntenkreis und aus eigener Erfahrung, dass das durchaus stimmen kann. Doch jetzt in den Erziehungshilfen lerne ich einen ganz neuen Aspekt von helfen kennen: Hier geht es nämlich gar nicht darum etwas für die Leute zu tun, sondern eher darum sie in die Lage zu versetzen, das was sie bisher nicht geschafft haben selber zu leisten - ausgenommen sind da echte Notfälle, wo die Hütte brennt.
Voraussetzung für diese Art Hilfe ist, dass ich erst einmal heraus bekomme, was dieser Mensch wirklich braucht. Ich muss zuhören, muss hören, was er zwischen den Zeilen sagt, muss die richtigen Fragen stellen.
Zweite Voraussetzung: ich muss davon ausgehen können, dass sich mein gegenüber prinzipiell selber helfen kann. Ich muss ihn letztlich für mündig erklären. Etwas was viele dieser Helfer bei dem "hilflosen Geholfenen" unterdrücken.
Unter diesen Voraussetzungen kann ich dann relativ leicht bei kleineren Sachen "nein" sagen, unter dem Aspekt, dass es der andere auch genau so gut selber kann.
Das ist der professionelle Aspekt, privat sieht es bei mir leider auch ganz anders aus:
Privat kann ich ironischer weise selber nur schlecht nein sagen. Allerdings habe ich mir aus erlebten Enttäuschungen eine neue Taktik angewöhnt. Jeden, der mich um Hilfe bittet, werde ich relativ Zeitnah auch um einen kleinen Gefallen bitten. Erstens kann ich auf diese Weise schnell testen, ob das jemand ist, der mich nur ausnutzen will. Zweitens klärt sich über dieses "quit pro quo" auch die manchmal etwas unangenehme Frage des Dankbarkeit Zeigens.
In einigen Fällen hat das so ganz gut funktioniert, in anderen wiederum noch nicht so gut.