Nur Ruhe - Selbsthilfeportal über Depressionen und Selbstmord

Off-Topic => Vermischtes => Thema gestartet von: Sintram am 02 Januar 2011, 18:55:35

Titel: Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 02 Januar 2011, 18:55:35


Möcht es doch Frieden werden
auf dieser blutgetränkten Erden
wo Menschen Menschen morden
im Süden wie im Norden
im Osten wie im Westen
die Welt mit Tod verpesten
möcht es doch Frieden werden

Sie lästern Gottes Namen
die da aus seinem Worte kamen
verehren ihn im Hass
und freveln ohne Unterlass
sie leugnen sein Erbarmen
mit Waffen in den Armen
sie lästern Gottes Namen

Sie wolln in Rache sterben
und sähen das Verderben
was nutzen fromme Worte
durch Taten dieser Sorte
das Leben wird verneint
und siehe- Allah weint
sie wolln in Rache sterben

Wenn es doch hängen bliebe
dass Gott ist nichts als Liebe
ein Lächeln hier hienieden
ein leises Flehn um Frieden
in jedem nackten Kind
ein Wimmern nur im Wind
wenn es doch hängen bliebe

Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 07 Januar 2011, 09:46:11
Die Weihnachtsgeschichte der Ostkirchen aus dem Protevangelium des Jakobus

Es erging aber ein Befehl vom König Augustus, es sollten alle Leute in Bethlehem in Judäa sich in eine Liste eintragen lassen.
Und Josef sagte bei sich: „Ich werde meine Söhne eintragen lassen. Wie aber soll ich es mit diesem Mägdlein machen? Wie soll ich sie eintragen lassen? Als meine Ehefrau? Ich habe eine gewisse Scheu davor. Oder als Tochter? Aber es wissen doch alle Kinder Israels, dass sie nicht meine Tochter ist.
Der Tag des Herrn selbst wird es machen, wie der Herr will.“

Und er sattelte den Esel und setzte sie darauf, und sein Sohn zog den Esel vorn, und Joseph ging hinterdrein. Und sie hatten sich bis auf drei Meilen Bethlehem genähert.
Da wandte sich Joseph um und sah sie traurig und sprach bei sich:
„Vielleicht macht ihr das zu schaffen, was in ihr ist.“
Und ein ander Mal wandte sich Joseph um und sah sie lachen.

Da sagte er zu ihr: „Maria, was ist dir, dass ich dein Gesicht das eine Mal lachen sehe, das andere Mal traurig?“
Und Maria sagte zu Joseph: „Weil ich zwei Völker mit meinen Augen sehe, eines, das weint und wehklagt, und eines, das sich freut und jubelt.“
...
Und er fand dort eine Höhle und geleitete sie hinein, und er ließ seine Söhne ihr zur Seite und zog aus, um eine hebräische Hebamme in der Gegend von Bethlehem zu suchen.
Ich aber Joseph ging umher...
Und siehe, eine Frau kam vom Gebirge herab, die sagte zu mir: „Mann, wohin bist du unterwegs?“ Und ich sagte zu ihr: „Ich suche eine hebräische Hebamme.“...
Und die Hebamme ging mit ihm hin.

Und sie standen an dem Platz, wo die Höhle war, und siehe, eine lichte Wolke hüllte die Höhle in Schatten.
Da sagte die Hebamme: „Erhoben ist heute meine Seele. Denn meine Augen haben Wunderbares gesehen; denn für Israel ist Heil geboren worden.“
Und sogleich verzog sich die Wolke aus der Höhle, und es erschien ein gewaltiges Licht in der Höhle, so dass unsere Augen es nicht ertragen konnten. Und nach kurzer Zeit verschwand jenes Licht, bis das Kind zu sehen war; und es kam und nahm die Brust von seiner Mutter Maria.
Und die Hebamme schrie auf und rief: „Groß ist der Tag heute für mich, dass ich dieses neue Schauspiel habe sehen dürfen!“
Und die Hebamme verließ die Höhle.


Aus dem Pseudo-Matthäusevangelium:

Am dritten Tag nach der Geburt unseres Herrn Jesus Christus trat die seligste Maria aus der Höhle, ging in einen Stall hinein und legte ihren Knaben in eine Krippe, und Ochs und Esel beteten ihn an.
Da erfüllte sich, was durch den Propheten Jesaja verkündet ist, der sagt:
„Der Ochse erkennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn.“
So beteten sogar die Tiere, Ochs und Esel, ihn ständig an, während sie ihn zwischen sich hatten.
Da erfüllte sich, was durch den Propheten Habakuk verkündet ist, der sagt: „Zwischen zwei Tieren wirst du erkannt.“
Joseph blieb am gleichen Ort mit Maria drei Tage.  

 
Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 07 Januar 2011, 12:04:25
Orthodoxen Christen, die ja gestern und heute ihr Weihnachtsfest feiern, und Kennern der Ikonenmalerei ist bekannt, wie die obige Erzählung aus dem Jakobusevangelium weitergeht.

Die Hebamme begegnet einer Kollegin namens Salome, die ihr das Wunder der jungräulichen Geburt absolut nicht glauben will und auf einer Untersuchung besteht, und wenn es denn wahr sei, möge ihr die Hand verdorren.
Gesagt getan, und siehe da, ihre Hand verdorrt, worauf sie in reumütiges Wehklagen ausbricht ob ihrer zukünftigen Arbeitsunfähigkeit. 
Ein Engel erscheint und weist sie an, das Jesuskind in den Arm zu nehmen, was die Arme tut und siehe da, ihre Hand ist wieder gesund.

Der Stern, die Weisen aus dem Morgenland, Herodes und der Kindermord folgen aus den ursprünglichen Evangelien übernommen, jedoch in eigener wortreicher Sprache wiedergegeben.

Im Jakobusevangelium wird außerdem Marias Geschichte erzählt, ihre Eltern Joachim und Anna, deren Figuren in katholischen Kirchen selbstverständlich zu finden sind, namentlich genannt und Marias Geburt ihrer kinderlosen Mutter durch einen Engel verkündet.
Die kleine Maria kann mit einem halben Jahr laufen, worauf Anna sie Gott und der Jungfräulichkeit weiht. Ab ihrem dritten Lebensjahr lebt Maria bei den Priestern im Tempel und wird hauptsächlich von Engeln ernährt.
Mit zwölf Jahren "unrein" und tempeluntauglich geworden wird sie mit Joseph, einem alten Mann vermählt, um ihre Jungfräulichkeit nicht zu gefährden.

Die Verkündigung, ihr Besuch bei der Base Elisabeth und Josephs Traum werden sehr ausführlich und dialogreich beschrieben, wobei auch zweifelnde Schriftgelehrte ins Spiel kommen, die Joseph erheblichen Ärger machen, weil sie nicht an Marias "unbefleckte" Schwangerschaft glauben wollen.

Es ist schon eigentümlich, dass die katholische Glaubenslehre das Dogma der jungfräulichen Geburt aus einer alten Schrift bezieht, die sie gleichzeitig als apokryphtisch sprich unecht aus dem Kanon der heiligen Schriften verbannt, wobei sie einige Gestalten daraus bis dato als Heilige verehrt, die nirgendwo sonst zu finden sind.
In den Ostkirchen hingegen erfreut sich das Jakobusevangelium bis heute großer Beliebtheit und findet sich detailgetreu und figurenreich in der Ikonographie dargestellt.

Wie dem auch sei.
"Ich glaube nicht an Gott, solange er nicht zu beweisen ist," sprach der moderne Mensch, "und wenn es ihn wirklich gibt, möge mir das Hirn verdorren."
Ups...



 

 
Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Fee am 07 Januar 2011, 13:45:11
Lieber Sintram,

Dein Gedicht gefällt mir.
Nur was Dich nun letztlich beschäftigt,verstehe ich nicht (ganz).

Der "Unfriede" auf der Welt (auch von Gläubigen verursacht) ?
... oder oftmals auch gerade von Fundamentalisten verursacht ?

Blasphemie o.ä. ... hm,wohl eher nicht,glaubst ja nicht an Gott ?
... ich übrigens auch nicht (mehr).

Oder trotzdem Gottesläßterung,weil viele Gläubige,"genügend Dreck am Stecken" haben ?


... oder was auch immer (?)


L.G. eine interessierte Fee ;)

Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: samatha am 07 Januar 2011, 14:25:32
Hi Sintram,

eine sehr interessante Ausführung. Wann wurde denn das Evangelium des Jakobus aus dem Kanon der kath. Kirche entfernt? Gibt es irgendwelche Überlieferungen über die Gründe dafür? Es ist unendlich schade, daß durch das Vorgehen der kath. Kirche gegen Andersdenkende die Vielfalt des Glaubens so radikal beschnitten wurde. Letztendlich dienten solche Maßnahmen wohl kaum der "Reinerhaltung der Lehre", sondern ganz simpel dem Machterhalt der Institution Kirche.

Eine Überprüfung des Kanon um der "reinen Lehre" Willen kann ich durchaus nachvollziehen. Auch in der Geschichte des Buddhismus z.B. gab es Abspaltungen, die aus dem Verständnis der Überlieferungen entstanden. Um aber in der Verkündung der Lehre glaubwürdig zu bleiben, da ist Toleranz Andersdenkenden gegenüber das oberste Gebot. In dieser Hinsicht hat wohl keine andere der Weltreligionen ähnlich viel Dreck am Stecken wie der Katholizismus, so wie er von Rom verstanden wird.

Grüße
Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 07 Januar 2011, 15:42:18
Hallo Fee,

das Gedicht ist eigentlich fünf Jahre alt, der Bombenanschlag auf die koptischen Kirchgänger hat es mir ins Gedächtnis gerufen. Leider hat es nichts an Aktualität verloren.
Gretchenfrage, Glaubensfreiheit, Blasphemie, Bigotterie, religiöser Fanatismus- Themen, die plötzlich wieder in aller Munde sind und die Gemüter bewegen.
Ich selbst halte das alttestamentarische Gebot "Du sollst nicht töten" schon aus Gründen der Vernunft für bindend.

Hallo Samatha,

der Viererkanon entstand um die Wende vom zweiten zum dritten Jahrhundert.
Die vier Evangelien, dreizehn Paulusbriefe, der 1.Petrusbrief, der 1. Johannesbrief, die Apostelgeschichte des Lukas und die Johannesapokalypse wurde damals von den Kirchenvätern Irenäus, Tertullian und Clemens von Alexandrien quasi sanktioniert.

Es gab zu dieser Zeit auch Evangelien von Petrus, Nikodemus, Bartholomäus, Jakobus, Thomas und sogar Judas Iskariot (das den Verrat als mit Jesus abgesprochene Geheimmission darstellt), zudem verschiedene Kindheitsevangelien, eine Offenbarung des Petrus und viele andere Schriften mehr.
Einer der Hautgründe für die Kanonisierung war die Auseinandersetzung mit der Gnosis, einer mächtigen "esoterischen" Geheimlehre, deren Hauptschriften "Sophia Christi" und "Pistis Sophia" von den Kirchenlehrern als Häresie abgelehnt wurden.
Neben ihrer Entfernung vom historischen Jesus störte sie vor allem der darin enthaltene Gedanke der Selbsterlösung durch -göttlich- erweitertes Bewusstsein und geistige Wandlung in Licht im Gegensatz zu materieller Finsternis.
Der Einfluss von -ja Fusionsversuch mit- fernöstlicher Spiritualität ist offensichtlich.
Auch das Thomasevangelium ist Teil dieser Bewegung, und überaus lesenswert ganz nebenbei.

Das Protevangelium des Jakobus, um 150 entstanden und zum Teil auf mündliche Überlieferung zurückzuführen, das den in den Evangelien erwähnten leiblichen Bruder Jesu als Autoren beansprucht, hat -obwohl verurteilt und nicht in den Kanon aufgenommen (so stimmt es nämlich!)- die westliche Kirche nicht nur in ihrer Dogmenbildung nachhaltig beeinflusst.
Die mittelalterlichen Darstellungen des "Marienlebens" sind nur ein Beleg für viele.
 
So weit so kurz. Musste erst in meinen Büchern nachschlagen.

LG
Sintram

   
Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 07 Januar 2011, 18:42:24
Und da ich nun schon mal am lesen bin (schaff ich selten genug),
als Kostprobe noch eine Geschichte aus dem Pseudo-Matthäus, eines der Kindheitsevangelien, dem auch die vertrauten Ochs und Esel entnommen sind.
Ein Auszug aus Erzählungen der Flucht nach Ägypten mit einem sprechenden Jesuskind, nebst Eltern mit von der Partie drei Knaben und einige Mädchen.
Eben hat der kleine Jesus mit bloßen Worten einige Drachen „gezähmt“, die aus einer Höhle hervorkamen und Angst unter der Kinderschar verbreiteten, und spazierte fröhlich mit den Viechern herum...

Maria und Joseph aber hatten große Angst, das Kind möchte von den Drachen verletzt werden. Da sagte Jesus zu ihnen: „Habt keine Angst und achtet nicht darauf, dass ich ein Kind bin; alle wilden Tiere müssen vor mir zahm werden.“

Gleichermaßen beteten Löwen und Leoparden ihn an und begleiteten sie in der Wüste.
Wohin auch Joseph und die selige Maria gingen, schritten sie ihnen voran, indem sie ihnen den Weg zeigten und ihre Köpfe senkten; mit ihren Schwänzen wedelnd taten sie ihre Dienstfertigkeit kund und verehrten ihn mit großer Ehrfurcht.
Aber als Maria die Löwen und Leoparden und allerhand Arten von wilden Tieren um sie herumlaufen sah, wurde sie zuerst von heftigem Schrecken erfasst.
Da schaute ihr das Jesuskind mit fröhlicher Miene ins Gesicht und sprach:
„Fürchte dich nicht, Mutter; denn sie kommen nicht, um dir ein Leid zu tun, sondern in Eile kommen sie, dir und mir zu gehorchen.“
Mit diesen Worten nahm er die Furcht aus ihrem Herzen.

Die Löwen aber gingen zusammen mit ihnen einher mit den Ochsen und Eseln und mit den Packtieren, die ihnen das Notwendige trugen, und sie fügten keinem ein Leid zu, obwohl sie mit ihnen zusammenblieben. Vielmehr waren sie zahm unter Schafen und Böcken, die sie mit aus Judäa hergeführt und bei sich hatten.

Unter Wölfen wandelten sie einher, ohne etwas zu befürchten, und keines wurde vom andern verletzt.
Da erfüllte sich, was durch den Propheten gesagt ist:
„Die Wölfe weiden mit den Lämmern; Löwe und Ochse fressen Stroh zusammen.“
Den zwei Ochsen und dem Wagen, in dem sie zusammen das Notwendige zogen, wiesen die Löwen auf ihrer Fahrt den Weg.
...

Das muss man sich mal bildlich vorstellen, diese illustre Schar.
Was für ein Anblick!


Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: samatha am 07 Januar 2011, 19:29:28
Hi Sintram,

zu Beginn vielen Dank für die Erläuterung zur Bibel. Ich muß gestehen, daß ich schon einige Male versucht habe, die Geschichte und die grundlegende Philosophie der Gnosis zu verstehen, aber immer an der Vielfalt der vertretenen Richtungen scheiterte. Hätte ich die früher kennengelernt, dann hätte ich vielleicht auch etwas mehr Verständnis für das Christentum aufbringen können. Doch das Bild der Lehre, so wir es mir im evangelischen Religionsunterricht vermittelt wurde, ist so seltsam, daß ich einfach kapitulierte. Ich kann mit einer Lehre nichts anfangen, die bestimmte Tatsachen als feststehend lehrt, die man einfach zu glauben habe, weil sie so in der Offenbarung stehen. Aber darin sind sicher alle Menschen verschieden. Jedem das seine.

Die Geschichte aus der Jugend von Jesus ist interessant. Ähnliche Legenden gibt es auch von der Geburt des Buddha. Anscheinend brauchen viele Menschen ein wenig mystisches Rahmenwerk, damit sie etwas haben, zu dem sie aufschauen können.

Grüße
Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Fee am 08 Januar 2011, 00:49:09

Hey Sintram,

auch ich danke Dir.Mehr geht gerade nicht,sorry.

L.G. Fee
Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 08 Januar 2011, 08:55:01
Brauchst Dich nicht entschuldigen Fee, aber schon gleich überhaupt nicht.
Ich kenne dieses "Nichts geht mehr", reichlich zur Genüge und bis zum Überdruss.

Sicher, Samatha, die Gnosis ist eine vertrackte und zum Teil obskure Angelegenheit. In ihren Ausläufern, etwa dem Manichäismus, ist sie durchaus mit dem heutigen Sektenwesen zu vergleichen.
Mir stellt sich nur die Frage, wie die Dinge sich entwickelt hätten, wenn die Kirche ähnlich gelassen darauf reagiert hätte wie etwa das Judentum auf die Kabbala. Talmud und Sohar existieren in friedlicher Coexistenz.

Während aber die immer reicher und mächtiger gewordene Kirche entschlossen war, unter dem Vorwand der Verteidigung der reinen Lehre die "Irrgläubigen" mit Stumpf und Stiel auszurotten, Blutbad auf Gemetzel häufte und ihre Glaubwürdigkeit verlor, blieben die Apokryphen nichts desto trotz erhalten.
Einiges Gedankengut davon findet sich bis heute in diversen Sekten.

Auf der anderen Seite sträuben sich einem bei den Absurditäten der Kirchenlehrer -besonders ihrem Frauenbild- die Haare, und was in den Heiligenlegenden so an Gebrüder Grimm rumgeistert, sucht Seinesgleichen.
Allein daran kann man erkennen, dass es nicht um Glaubensfragen ging, sondern um Macht und Alleinanspruch, Besitzpfründe und absolutistisches Denken.

Und auf Grund dieses blutrünstigen Weges bleiben Zeugnisse (orientalischer) Fabulierkunst wie das obige, mit dem Geschichtenerzähler Kinderaugen zum Leuchten bringen konnten, bis heute mehr oder weniger im Verborgenen.
Was wäre wohl aus der griechischen Mythologie geworden, wenn die Amtskirche sie als Häresie mit dem Bann belegt hätte?

Gegen eine Kanonisierung an sich ist nichts einzuwenden.
Nur der "Umgang" mit Vertretern und Schriftenreichtum verschiedenster Strömungen war (ist?) durch nichts zu rechtfertigen.
Eines der vielen finsteren Kapitel der Kirchengeschichte.

LG
Sintram
Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 22 Mai 2011, 16:24:07
Kleine Hommage...

Bob Dylan in Woodstock 1994.

Klänge aus dem letzten Jahrtausend.
Ich erinnere mich gut, wie ich das ganze Spektakel vor nunmehr rund siebzehn Jahren erlebte.
Im Grunde war es mir suspekt und zuwider.

Ich hatte erleben müssen, wie die einstige Jugendbewegung, die fünfundzwanzig Jahre zuvor Geschichte geschrieben hatte, längst mit nostalgischer Verklärung verbrämt und zum Mythos stilisiert worden war. Musik- und Modeindustrie machten ihren Reibach damit, der Hippie wurde zur legendären Kultfigur grauer Vergangenheit karikiert und das Unverkäufliche gnadenlos vermarktet.

Immerhin lag ein Vierteljahrhundert dazwischen, und die Zeiten hatten sich geändert. Die Jugend war eine andere, die Generation von damals hatte das Großelternalter erreicht und sich zum überwiegenden Teil integriert wenn nicht gar etabliert, allzu viel war nicht mehr übrig geblieben von all den Visionen, Träumen und Idealen einer bewegten Ära.
Oft nur noch eine leere Hülse.

Die „Survivors“, also die wenigen, die sich auf irgendeine Weise treu geblieben waren, eigneten sich grade mal als Stoff für einen –wenn auch gelungenen- Kinoklamauk.
Der „Dude“ verkörpert recht anschaulich, was der Althippie in den Augen des amerikanischen Durchschnittbürgers für eine Figur abgibt: Eine verkrachte Existenz, einen schrulligen, abgedrehten Loser und Chaoten ohne Ziel und Richtung.
Und irgendwie waren ja all die Blumenkinder auch schrecklich naiv, in jedem Falle aber originell und unterhaltsam.

Woodstock 69... Dass die USA und wenigstens Europa ohne die Sprengkraft dieses Manifestes heute ein anderes Gesicht hätten, wird nur allzu gern unter den Tisch gekehrt.
Nicht zuletzt die damalige revolutionäre und schlicht neue Musik findet immerhin bis dato ihren Niederschlag und ihre Weiterentwicklung, und darum ging es ja auch in der Hauptsache.
Ich betrachtete die drei Tage „Of Peace And Music“ stets als einmaliges und nicht zu wiederholendes Ereignis von historischer Tragweite.

Trotzdem oder gerade deshalb empfand ich den „Event“ von 94 geradezu als Leichenfledderei.
Eine Party auf geheiligtem Boden sozusagen, eine Geburtstagsfete in der „Electric Church“ von Hendrix.
Und ich hatte erhebliche Probleme damit, Bobby dort anzutreffen, mehr noch als mit seinem Gig vor dem Papst. Warum in drei Teufels Namen sollte er nicht vor Katholiken samt deren Oberhaupt auftreten, es trafen ohnehin lediglich zwei Entertainer und Weltenbummler aufeinander.
Die „Hall Of Fame“ lassen wir mal außen vor, mittlerweile ist dieselbe nichts weiter als eitler Tummelplatz abgetakelter Billigflittchen.

Im Laufe der Jahre habe ich die Sache abgehakt. Die Kids hatten ihren Spaß und Schwamm oder besser Schlamm drüber. Und laut Kritikerecho soll Bobbys Gig brauchbar bis sehr gut gewesen sein. Wozu noch einen unnötigen Gedanken darüber verlieren?

Nun habe ich diese DVD entdeckt –billig dazu- und mir in aller Ruhe reingezogen. Und wurde wie so oft eines Besseren belehrt. Denn all mein Unbehagen und Vorbehalt konnte nicht besser zum Ausdruck gebracht und bestätigt werden als durch diese Bilder.

Auf der einen Seite eine unüberschaubare Masse Jugendlicher, die ausgelassen „abfeierten“, ihre einstudierten Wohlfühl-Verhaltensmuster zelebrierten und einen auf Woodstock machten, um anschließend heimzugehen und weiterzumachen wie bisher, auf der andern diese schrägen Vögel auf der Bühne, fürwahr eine Band Of Gypsys, authentisch bis an die Schmerzgrenze, die frisch fröhlich frei durchs Programm jamten, gewagt herumimprovisierten und längst vergangene Zeiten wiederauferstehen ließen.
Mittendrin ein abgeklärter Bob, gewohnt kakophonisch an der Gitarre, konzentriert im Gesang, offensichtlich bei der Sache und spielfreudig.

Ein fast andächtig vorgetragenes „Masters Of War“ erinnert peinlich daran, dass Woodstock unter anderem als die größte Kundgebung der amerikanischen Friedensbewegung und musikalischer Protest gegen den Vietnamkrieg ins Lexikon Einzug fand, und das blödsinnige „Louder“ aus dem Publikum bestätigt lediglich die Unfähigkeit einer Multimedia-Generation, mal einen Moment still zu sein und aufmerksam zuzuhören.

Zwischen schrillem Geschrei und brachialem Gedröhne aus mächtigen Boxentürmen aktueller Bands wirkt Dylans Gig streckenweise wie eine Dichterlesung. Hier prallen nicht nur zwei Welten aufeinander, sondern zwei Weltsichten und Zeitgeister.
Was Dylans Combo nicht daran hindert, zur rechten Zeit hemmungslos loszufetzen, um mit den schlichten Mitteln differenzierten Musizierens dem Kindergarten zu ihren Füßen zu zeigen, wo der Bartel den Most holt.

Die Diskrepanz könnte größer und schöner nicht sein, wenn ein grimmiger Dylan den banalen Technoschönheiten - die nichts besseres zu tun haben als ihre Oberweiten zur Schau zu stellen, um die natürliche Nacktheit seinerzeit mithilfe exhibitionistischer Selbstdarstellung zur Farce zu machen- ein nüchternes „God knows you ain´t pretty“ entgegennölt.
Das tut herzerfrischend gut!

Während also Arlo Guthrie und Gleichgesinnte irgendwo in der Nähe ein alternatives Memorialkonzert zum Besten geben, wagt sich Dylan –in Woodstock 69 kurioserweise abwesend- mit seiner Band in die Höhle des Löwen, um einen Auftritt abzuliefern, der so oder so ähnlich vor fünfundzwanzig Jahren stattfinden hätte können. Alle Hochachtung!

Einmal abgesehen davon, dass es sich um ein wirklich gutes Konzert der nicht unumstrittenen Formation um den Gitarristen Joe Jackson handelt (die mich ein Jahr zuvor in Fürth begeisterte), muss freilich festgehalten werden, dass Dylan und Co wie ein Relikt wirken unter all dem Smell Of Teen Spirit, allerdings um eines aus zumindest interessanteren Tagen...

„Es gibt keinen anderen Weg.“
Das sagte Dylan in einem Interview im Hinblick auf seine musikalische Rückbesinnung auf alte Folk- und Blueswurzeln. Endlich hatte er begriffen, dass sein Versuch, mit den Jungen mitzuhalten, von Vornherein zum Scheitern verurteilt sein musste.
Es geht vielmehr darum, sein Ding durchzuziehen. Das zu tun, was man am Besten kann. Ohne Rücksicht auf gängige zeitgemäße Musik. Darauf kommt es an.

Für die Einen mag es Anachronismus sein, für Leute wie mich ist es dauerndes Lebenszeichen. Auch ich bin ein Relikt aus wilden Tagen, mit der Zeit vergleichsweise zahm geworden.
Aber auch ich lebe noch.

Happy Birthday Bob!

Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 22 Mai 2011, 18:12:13
Die sogenannten Great Events und Bob Dylan waren
-abgesehen von seinem legendären Auftritt mit George Harrison und Eric Clapton beim „Concert for Bangla Desh“ 1971-
immer eine gewagte Verbindung, etwa sein Auftritt auf dem „Isle Of Wight“ Festival zwei Jahr zuvor, wo er mit angezogener Handbremse spielte.

Irgendwie schienen ihm derartige Massenveranstaltungen und Aufläufe kein Behagen zu bereiten, was eine unbewusste(?) künstlerische Verweigerung mit sich bringen konnte.

So geschehen und gesehen 1985 bei Geldofs „Live-Aid“ Spektakel, weltweit per Satellit im Fernsehen übertragen. Nach zum Teil brillanten Gigs so gut wie aller Größen der Rockmusik sollte Dylan die Mammutveranstaltung ehrenhaft und würdevoll abschließen.
Wer sich freilich Backstage mit Keith Richards und Ron Wood von den Rolling Stones die lange Wartezeit vertreibt, braucht sich nicht allzu sehr zu wundern, wenn er den Bühneneingang nicht mehr findet.

Und so geisterten schließlich drei schräge, zerrupfte und sturzbesoffene Gestalten vor ein zighundert Millionen Publikum und schrammten ein paar chaotische Lieder runter ohne dabei besonders darauf zu achten, was der andere grade so tut.
Richards befand sich unüberhörbar in einem Stoneskonzert, Ronny suchte verzweifelt seine Saiten und Dylan krächzte und nölte, dass es einem die Ohren schraubte und mir die Schuhe ausgezogen hätte, wäre ich nicht barfuss und schlaftrunken in den frühen Morgenstunden vor der Glotze gehockt um ihn nicht zu verpassen.
Aber wie immer und üblich passte die unwirkliche Angelegenheit perfekt zu meiner damaligen etwas orientierungslosen Lebenssituation.

Auf den ersten Blick erschienen seine Schlussakkorde bei der denkwürdigen „30th Anniversary Celebration“ im Oktober 1992 zum Erscheinungsjubiläum seiner ersten Platte nicht recht viel hoffnungsvoller. Damals war der Mann grade mal einundfünfzig Jahre alt.

Was hatten sich alle bemüht, ihm zu Ehren ihr Bestes und seinen Songs Gestalt und Seele zu geben von Johnny Cash bis Neil Young, als in feierlichen Smoking gepackt ein mehr oder weniger abgewrackter alter Mann ins Rampenlicht des Medison Square Garden stolperte, um zum krönenden Abschluss der Geburtstagstorte das Sahnehäubchen aufzusetzen, wie natürlich von aller Welt sehnlichst erwartet.

Wer da aber gleichgültig seine Edelgitarre rupfte und unerbittlich schräg sang, war nicht der ehrenwert legendäre Mr.Bob Dylan, sondern ein heruntergekommener Wandermusiker, den sie grade eben mal von der Straße geholt, flüchtig gekämmt, zurechtgemacht und in teure Klamotten gehoben hatten.
Mit verkniffenen Augen musterte er die brodelnde Menge, als hätte er nie zuvor dergleichen gesehen und legte ungerührt los.

Damals habe ich etwas begriffen.
Gute perfekte Musik hatte man an diesem Tag wahrlich und zur Genüge zu Ohren bekommen, die Message aber war wie gehabt, ein wenig Nostalgie, ein bisschen frischer Wind, ab und zu ein dynamischer Highpoint, alle waren sie glücklich und zufrieden.

Alle bis auf die bemitleidenswerte Sinnead O Connor, die gnadenlos von der Bühne gebuht wurde, offenbar weil sie kurz zuvor im TV demonstrativ ein Papstbild zerrissen hatte, so ganz kam ich nie hinter die Ursache dieser harschen Publikumsreaktion-
und Herrn Robert Alan Zimmermann, dem das Ganze sichtlich zu schön und nichtssagend geraten war, der sich instinktiv auf seine Wurzeln besann, seine vergilbte Hommage an sein großes Vorbild Woody Guthrie aus der Mottenkiste hervorkramte und auf erbarmungslose Art und Weise präsentierte, als kratzig raue löchrige Ballade, die nach abgestandenem Whiskey, ausgelatschten Schuhen und dem Staub der Straße klang, nach bitterer Verzweiflung und ernüchterter Hoffnung, sprich authentisch und unmittelbar.

Ich erlebte ihn selten so schonungslos direkt wie in jener Nacht.

 
Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: voice of hope am 22 Mai 2011, 21:04:25
hier noch ein interessanter Artikel über Bob Dylan aus der letzwöchigen Ausgabe der Jüdischen Allgemeinen:

http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/10371
Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 23 Mai 2011, 09:58:31
Hallo voice of hope,

hab ihn schon gelesen.
Aus jüdischer Sicht kann (wohl besser will) man das so sehen, lies zwei Artikel über ihn, und du hast zwei verschieden Betrachtungsweisen, das war schon immer so.
Robert Allen Zimmerman, wie sein ursprünglicher Name richtig geschrieben wird:-), hat nicht nur viele Gesichter, jeder sieht auch ein anderes.

Anfang der Achtziger mal im Interview gefragt, ob er denn nun Jude sei oder Christ, antwortete er, das sei eine lange Geschichte, und auf die Bitte, er möge sie doch erzählen, kam ein "too long to tell", das war´s.

"Oh Mercy" halte ich persönlich für eine seiner besten Platten.
Aber die Geschmäcker sind nunmal verschieden.

Lieben Gruß
Sintram
Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 23 Mai 2011, 14:02:17
Will ich jedoch den obigen Artikel beim Wort nehmen und mal ein bisschen zerpflücken,

könnte ich zum Beispiel fragen, weshalb Dylan 1989 in "Ring Them Bells" zwischen neutestamentarischen Bildern die Kirchenglocken läuten lässt
oder 1997 in "Cold Irons Bound" singt: "I went to church on sunday..."
und nicht, ich ging am Sabbat in die Synagoge?

Oder weshalb bis heute in seinen Konzerten immer wieder Lieder aus seiner evangelikalen Phase auftauchen, sehr abgeklärt überzeugend vorgetragen?

Nur bin ich einfach der Meinung, dass das seine ganz persönliche Angelegenheit ist und außerdem total aufgebauscht wird.

Genau drei LPs innerhalb von nicht einmal drei Jahren(!) beschäftigen sich mit christlichem Gedankengut, und nur eine davon ist eine reine Gospel-Spiritual Platte, auf den beiden andern fließt christlich Religiöses in ein paar Textzeilen ein nebst jeweils zwei Songs, die Spiritual-Charakter haben (könnten).
Dass die Songs aus dieser Phase musikalisch durchaus Substanz besitzen, beweist eine CD von 03, auf der vor allem afroamerikanische MusikerInnen seine Gospels zum Teil grandios interpretieren.

Ich habe die ganze Aufregung sowieso nie verstanden.

LG
Sintram
Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 23 Mai 2011, 16:31:57
Aber da der gute alte Bob inzwischen ja sogar den Pulitzerpreis verpasst bekommen hat und somit endgültig zu den kulturell Renommierten gehört, und Kultur vor Ort Raum haben darf...
will ich den Faden einfach mal ein wenig weiterspinnen.

Nehmen wir ruhig den im Artikel erwähnten Song „Neighborhood Bully“.
Einige Strophen lassen sich ziemlich unmissverständlich auf Israel und seinen Überlebenskampf beziehen, andere wiederum auf jede beliebige Minderheit oder verfolgte Andersdenkende generell, vor allem aber bleibt der Dichter selbst außen vor in der Rolle des Beobachters und ohne ausdrückliche Wertung des oder Solidarisierung mit dem  Besungenen.
Er stellt den (jüdischen) Buhmann in den Raum, den Sündenbock für alles- und das ist auch alles.

Würde man andersrum den auf der selben Platte (Infidels 1983) vorhandenen Song „Jokerman“ mit der gleichen Eindeutigkeit auf Israel und das Judentum beziehen - was um nichts weniger naheliegend ist, da zwischen den Zeilen biblische Gestalten wie Abraham oder König David rumgeistern-, hätte die Sache den gegenteiligen Beigeschmack und würde ein Schuh draus, denn bei aller Poesie ist der „Jokerman“ ein ziemlich gehässiges Spottlied mit bitterbösem Ausgang.

In einem Interview von 1997 (NYT) meinte er, Gott, an den er glaube, eher in alten Songs zu finden als in den heiligen Büchern, und wenn ihn wer danach fragt, legt er ihm dieselben ans Herz... hätte ihn zehn Jahre später wirklich wer gefragt danach, hätte er erfahrungsgemäß wieder irgendwas Anderes dazu gesagt.

Auf der bereits erwähnten Gospel CD 03 afroamerikanischer Interpreten steuert Dylan eine Jamsession Version des Songs „Gonna Change My Way Of Thinking“ von der christlich inspirierten LP „Slow Train“ von 1979 bei, allerdings mit vollständig anderem offensichtlich spontan niedergeschriebenem Text, in dem er im Duett mit Sängerin Mavis Staples herumblödelt –anders kann man es nicht nennen- dass er, das wolle er nur mal gesagt haben, so was hätte noch keiner je gehört, den Herrn auf weißem Pferd wiederkommen sieht um die Seinen einzusammeln, von denen sowieso keiner was kapiert hat und nachleben konnte, und von einem scharfen Schwert mitten entzwei gespalten und wieder zusammengesetzt werden wird oder schon worden ist- was auch immer.

Im Song „Ain´t Talkin´“ (Modern Times 06) beklagt er sich bitterlich bei seiner Mama, die ihm immer gesagt habe, dass Beten helfen würde, und er habe wirklich versucht seinen Nächsten zu lieben und niemanden umzubringen, aber besser geworden sei deswegen gar nichts.
Soweit ein paar der wenigen Zeilen mit religiösen Andeutungen aus ein paar tausend dreißigjährigen Schaffens seit 1981.

Im Jahre 2009 des Herrn schockierte(?) er mit „Christmas In The Heart“, einer buntgemischten Sammlung von Weihnachtsliedern, zusammen mit seiner Tourband mit hörbarem Vergnügen eingespielt, deren Erlös einer Obdachlosenorganisation zu Gute kommt- und genau so klingt sie auch, nach Heilsarmee und Leben auf der Straße, für jeden Weihnachtsmuffel eine willkommene Alternative, ebenso als Geschenk unter dem Christbaum gut untergebracht.

Und wer jetzt wirklich noch Lust hat auf die Gretchenfrage und wissen will, an wen oder was Dylan im Einzelnen glaubt oder auch nicht, der soll ihn doch einfach mal selber fragen.

Sintram, der jetzt Bobby auflegt ...

Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 25 Mai 2011, 14:05:21
Kleiner Nachtrag

Vielleicht ist ein „wie auch immer“ etwas läppisch untergebracht im Zusammenhang mit Zweiteilung und Wiederzusammensetzung, aber auch meine Englisch-Kenntnisse sind begrenzt, noch dazu wenn einer durch deutliche Aussprache besticht und in amerikanischem Dialekt singt.

Es könnte freilich auch sein, dass Dylan seine innere Gespaltenheit in dieser Bildsprache zum Ausdruck bringt, die ihm seine Konvertierung zum christlichen Glauben beschert hat, da er doch im jüdischen Glauben erzogen wurde.
Es gibt ja heute noch jüdisch-orthodoxe Gruppierungen, in denen Konvertit mit Renegat gleichgesetzt und der Abtrünnige zum Goi und für tot erklärt wird.
Insbesondere Dylans inzwischen verstorbene Mutter setzte ihm diesbezüglich enorm zu, besuchte Anfang der Achtziger ein Konzert und beschwor ihn vor Zeugen, doch bitte keine christlichen Lieder mehr zu singen.

Andrerseits gibt es Berichte aus zuverlässigen Quellen, dass Dylan vor etwa zwanzig Jahren zum Katholizismus übergetreten ist, sozusagen wieder zusammengesetzt wurde, worüber er selbst wohlweislich und infolge schmerzlicher Erfahrungen – viele Kritiker und sogenannte Fans bezichtigten ihn in Folge seiner Auseinandersetzung mit Glaube und Religion des Verrats und der geistigen Umnachtung-  kein einziges Wort verliert.

Dass seine Kinder im jüdischen Glauben und seiner Tradition erzogen sind, ist auf deren Mutter und Dylans geschiedene Frau Sara zurückzuführen, der er diesbezüglich freie Hand ließ, ohne sich besonders dafür zu interessieren.

Dylan selbst führt seine „Bekehrung“ auf eine spirituelle Erfahrung zurück, die er Ende der Siebziger in einem Hotelzimmer machte, und die offenbar sehr tiefgehend und umwälzend war für ihn und sein weiteres Leben.
Jesus war Jude, soviel steht fest, und Judenchristen gab es von Anfang an, ja im Grunde waren sie die ersten Vertreter der neuen Religion, obgleich diese damals nicht als solche bezeichnet werden konnte/musste, und auch diese hatten Auseinandersetzungen um die Einhaltung  jüdischer (Speise) Gebote und erheblichen Stress mit dem traditionellen Judentum.

Die jahrhundertelange Judenverfolgung durch Christen dürften Dylans innere Zerrissenheit um nichts erträglicher gemacht haben.

Das wollte ich nur noch kurz anfügen.


Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 27 Mai 2011, 14:28:45
Zugegeben, damals –ist ja nun auch schon wieder eine ganze Weile her- war das natürlich der Hammer. Oder besser, es wurde vom Großteil seiner Fangemeinde als solcher empfunden.

Als Europäer habe ich da vielleicht weniger Probleme mit, weil ich mich nicht tagtäglich mit militanten Fundamentalisten, Kreationisten oder Fernsehpredigern herumschlagen muss, unerklärlicherweise überschlugen sich aber grade die Kritiker diesseits des großen Wassers  geradezu vor Häme und Aggression, in den USA selbst wurde die Sache sehr viel cooler gehändelt.

Für mich war das eben einfach wieder mal was Neues, Unerwartetes, das mit Sicherheit nicht für immer so bleiben würde, erfahrungsgemäß sozusagen, denn die Häutungen vom angry young man und brisant politischen Protestfolkie zum wilden und durchgeknallten Fantasie- Rock n Roller, der ganz nebenbei eine neue Musikrichtung erfand, den Folkrock oder nenn es wie du willst (und wohl auch seine drei besten um nicht zu sagen epochalen Platten und größten Hits machte zu dieser Zeit),
wieder zurück zum Folk und von da aus weiter zum Country, der in Amerika in etwa mit hiesiger Volksmusik gleichzusetzen ist, was auch einige gewagte Schnulzen mit sich brachte,
über kanadischen Landrock mit der „Band“ zum eigenwilligen und gereiften Songwriter und Komponisten, mit Ausflügen in Rock, Jazz, Blues, Reggae und was es sonst noch so alles gab querbeet durch die Gefilde, bis hin zum perfekten Orchestersound...
eine gewisse Flexibilität war einem da schon abverlangt, ohne Frage.

Auch seine Dichtkunst schwankte zwischen zwölfstrophigen Meisterwerken und schlichten Fünfzeilern, die Wahl seiner Themen von politischem Tagesgeschehen über fast schon verworrene wortkunstgetragene Surrealistik zu hörenswert tiefgründigen fast intimen Alltagsballaden, dazwischen immer wieder einfach nur Nonsens oder Banales, aber immer und jedes Mal war es bei näherem Hinhören eben doch Bob Dylan und niemand anderer, der Folk klang sowieso überall irgendwie durch.

Was nun in der bunten Sammlung noch fehlte war der Gospel.
Im Grunde nichts anderes als ein radikales back to the roots, da aus den Gesängen der ersten Sklaven durch die Berührung mit amerikanisch damals noch europäischer (Folk)musik die Spirituals entstanden, aus diesen der Blues, aus diesem Jazz und Rock n Roll und so weiter, sprich Amerikas Populärmusik schwarzafrikanische Wurzeln hat, was nur allzu gerne immer wieder mal vergessen und unter den Tisch gekehrt wird.

Dass nun ein Gospel-Spiritual Tournee Programm nur sehr schwierig in sein bisheriges Liedgut zu integrieren ist, weil es den spirituell angehauchten Songs Substanz und Flair raubt, ist auch nicht so ganz abwegig, wenigstens für ein besinnliches Weilchen, zumal nach nicht einmal zwei Jahren ohnehin seine alten Songs in neuem Gewand und mit erfrischtem Gesicht den Hauptteil seiner Konzerte bildeten und nur ein paar seiner Gospels dazwischengestreut im Set blieben.

Was aber Dylan mit seiner Band 1979 etwa in San Francisco im Fox Warfield ablieferte, war schlicht und einfach großartige, lebendige, beseelte und durchaus mitreißende Musik, wobei die Diskrepanz zwischen dem mehrstimmigen Gospelchor als Begleitung und seiner näselnd kratzigen Stimme im Vordergrund nie und zu keinem Zeitpunkt vergessen machte, dass es Bob Dylan ist, der da auf der Bühne Halleluja krächzt.

Was manchem schwer zu schlucken gab waren freilich die etwas seltsamen Predigten, die Dylan an diesen denkwürdigen Abenden dazwischenschob, vom anstehenden Weltuntergang, der Verdammnis der Welt und dem dritten Weltkrieg, allerhöchste Zeit also für eine radikale Umkehr, und was eine Predigt in afroamerikanischem Stil sonst noch so an Pfeffer braucht, und mal ehrlich, was wäre ein Gospelkonzert ohne Predigt, umso apokalyptischer und pessimistischer umso besser, sonst wäre Dylan eben nicht Dylan, sondern Seelentröster Pastor Robert.

So jedenfalls erlebte ich damals die Sache, als interessanten frischen Wind in der Bude, der die teilweise etwas festgefahren erstarrte Stimmung der Welttournee zuvor – die ihn unter anderem zu seinem ersten Konzert auf deutschem Boden noch dazu auf ehemaligem Nazigelände übermannte- gründlich von der Bühne fegte.
Der Rest der Welt indessen schien Kopf zu und sich selbst nicht mehr zu ver-stehen.
Jesus ist langweilig, schrieb zum Beispiel einer, der bis zu diesem Zeitpunkt mit fundierter Kenntnis der Materie Dylan bestach, und machte sich weiter nicht die Mühe, auch nur einen einzigen der zum Teil bemerkenswerten Gospelsongs wenigstens aus musikalischer Sicht zu rezensieren.

Bei Dylan selbst ging es anschließend übrigens mit abgeklärtem Rock weiter, ein (schamloser) Ausflug in den Pop folgte, von da weiter zu verhalten bluesigem Folkrock, zwischendurch mit den „Traveling Wilburys“ fröhlich locker durchs Land des Beat, zurück zur Interpretation prähistorischer Folk- und Bluessongs, nach längerer Schaffenspause schließlich fast vollständig zu schwermütigem Blues, von da aus wieder mit Rock, Swing, Hillbilly, Country, Folk und die ganze Palette durch bis zu Zigeunermusik weiter.
Außerdem tingelt Dylan seit Juni 1988 so gut wie pausenlos (krankheitsbedingte Unterbrechung) auf der sogenannten Never Ending Tour mit einer inzwischen kaum mehr überschaubaren Zahl wechselnder Mitmusiker um die Welt.

Seine Dichtkunst reifte mit ihm, er hatte inzwischen keine Mühe mehr, eine Aussage in drei Worte zu packen wofür er früher drei Strophen brauchte, wie er selbst sagt, und auch musikalisch lassen die CDs der letzten vierzehn Jahre nichts zu wünschen übrig, ebenso bestechen seine Never Ending Konzerte, die besonders anfangs durchaus umstrittene Phasen hinter sich gebracht hatten, in denen Dylan seine Songs gnadenlos zerriss.
(Was wiederum mir nicht weniger gefiel und Spaß machte, weil es dreckig und ungehörig war für sein Alter und alles in allem ziemlich punkig und fetzig rüberkam, zudem mit innovativen Soloparts in der Konzertmitte veredelt wurde.)

Langer Rede kurzer Sinn:
Ich konnte Dylans Gospelphase nie als großen Bruch, Verirrung oder gar Entgleisung empfinden, sondern als im Grunde logischen, folgerichtigen und durchaus bereichernden Bestandteil seines musikalisch poetischen Lebenswerks, der sich problemlos ins Gesamtbild fügt, so man ihn denn als solchen sehen und gelten lassen kann.

Genug Kultur, Schluss aus Äpfel Amen


Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 27 Mai 2011, 16:17:36
Hi hobo,

schön dass Du Dir die Mühe machst was dazu zu schreiben.
Dass ich an diesem speziellen Punkt hängen geblieben bin, liegt daran, dass sich alles auf den Artikel in der jüdischen Tageszeitung bezieht, den @voice of hope mir reingestellt hat.

Ein Pluspunkt in Dylans Musik ist unter anderem die Tatsache, dass bei weitem nicht allen alles gefallen muss ja kann, aber dennoch für jeden Interessierten etwas Ansprechendes dabei ist oder sein kann.

Die Menge seiner Folksongs der Anfangszeit ist schier unüberschaubar und sie sprechen für sich, alles was Dylan bis heute ausmacht ist in ihnen bereits vorhanden und grundgelegt, ihre Sprengkraft ist mitunter phänomenal, sie bestechen durch Aufrichtigkeit und Ausdruckskraft, da gibt es nichts dran zu kritteln.

Budokan ist eines der besten Konzerte der 78 Welttournee, manche sagen sogar sein bestes, was Zusammenspiel und Kompaktheit anbetrifft, dürfte seine damalige Live-Band die perfekteste überhaupt gewesen sein, die Songs sind auf zum Teil erstaunlich originelle Weise arrangiert und peppig vorgetragen, andere sehr gefühlvoll und wehmütig, kurzum Dylan ist gut drauf, sangesfreudig und ungewöhnlich offenherzig.
Ein großartiges Konzert und eine ebensolche Doppel-LP, gar keine Frage.
(Er selbst sagte mal beiläufig, dass die Leute glauben, man müsse immer fertig und am Ende sein um zu Gott zu finden, was nun bei ihm so überhaupt gar nicht der Fall gewesen sei.)

Dass sie gesperrt ist, kann unter Umständen bedeuten, dass sie gerade neu abgemischt und aufgelegt wird, was nur zu begrüßen wäre.

LG
Sintram

Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 28 Mai 2011, 11:58:28
Ich hab auch so ein Songtextbüchlein von 1972 im Regal,

und wenn ich nicht grade durch meine Höhle tobe, mich über mich selbst totlache und darüber, dass ich überhaupt jemals irgendwo meinen Mund aufgemacht und mich den Menschen gezeigt habe, was ein Waldgeist nun mal nicht tun sollte, und sei es um ihnen die Augen zu öffnen, weil er in denselben nichts als ein böses Schreckgespenst ist das verjagt werden muss, und immer bleiben wird,
-und da rede ich wirklich nicht (!) vom Nur Ruhe Wäldchen sondern eben von meinem ganzen Leben in der wilderness-
wenn ich also grad mal nicht wie ein Troll herumpoltere und Wichtel verschrecke und verjage,

dann blättere ich da ganz gerne drin, schon allein wegen der originellen Illustrationen.

Der Vergleich mit damals, als Bobby zur E-Gitarre griff, ist sehr zutreffend, da johlten auch etliche Fanatiker, bezeichnenderweise in London sprich Europa lauter und gellender, was von Verrat, Kommerz und scheußlicher Musik.

Pete Seeger, der in Newport 65 mit dem Hackebeil auf die Kabel losgegangen sein soll, war wahrscheinlich nur sauer, weil er das Zugpferd verloren hatte, das seine Folk-Festivals füllte, vielleicht gefiel ihm auch die Musik einfach nicht, jedenfalls war die Woge der „Empörung“ in den USA weitaus niedriger und flüchtiger als die in Europa, warum auch immer.

Nichtsdestotrotz stieg die Zahl seiner Fans über Nacht rapide, weil es einfach Supermusik war die er da mit seiner Combo machte mit ebensolchen Texten.

Was die Live-Platten betrifft kam nach Budokan tatsächlich nichts mehr Vergleichbares, was aber an der lustlosen und unverständlichen Auswahl der Mitschnitte liegt, um die Dylan selbst sich nicht kümmerte, als an der Qualität der Tourneen selbst, gute und begeisternde Konzerte gab es immer und bei jeder, mal mehr mal weniger.

Im Rahmen der Bootleg Series sind allerdings (nicht nur) aus seinen frühen Jahren sehr hörenswerte Aufnahmen in bestmöglicher Tonqualität erschienen:

The Leeds & Witmark Demos – 1962-64
Concert At Philharmonic Hall 1964 (mit Joan Baez)
Live 1966 -  Free Trade Hall, Manchester, England – “Play Fuckin´Loud!”
No Direction Home-The Sondtrack- 1959-66
The Rolling Thunder Revue- Live 1975 (!!!)

Näheres unter bobdylan.com

Schönen Tag!
Sintram


Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 28 Mai 2011, 18:34:31
In seiner Pop-Phase wagte sich Dylan auf „Empire Burlesque“ 1983 übrigens auch an ein paar ganz passable Soulsongs, auf die er bis heute in seinen Konzerten gerne mal zurückgreift, was dann allerdings eher nach Soulrock klingt.
Jedenfalls ist damit auch dieses Spektrum abgedeckt, allzu viele Lorbeeren gab´s in den Eighties ohnehin nicht zu sammeln.

1983 feierte Dylan mit „Infidels“ mal wieder eines seiner umjubelten Comebacks, und alles fieberte voll gespannter Erwartung der anstehenden Tournee entgegen.
Was dann im darauffolgenden Jahr kam, war ein großangekündigtes Unternehmen mit dem zweideutig zwiespältigen Namen „Reunion Sundown“,
mit Ex-Stonesgitarrist Mick Taylor, alter (Kampf)gefährtin Joan Baez und Carlos Santana im Gepäck.

Taylor war es offenbar nicht gewohnt, dass der Sänger regelmäßig seinen Einsatz verpasst oder ihm mitten in eins seiner brillanten Soli quäkt, ob das nun mit Absicht geschah oder aus Unkonzentriertheit weiß niemand zu sagen, weil wieder mal keiner schlau wurde aus dem, was in Bob Dylan grade so vorgeht.
Ließ der jugendliche Dylan von 1966 seine Interviewpartner nicht ohne Witz und Charme auflaufen, stieß sie der missmutig verschlossene Mann mit Strohhut ´84 einfach grob vor den Kopf.

Das allerbeste jedenfalls dürfte es nicht gewesen sein, was da an ihm brodelte und gärte, etwa wenn er sich mit verkrampften Schultern und verkniffenem Gesicht von Mikro und Publikum wegdrehte als hätte eine Qualle ihn verbrannt und sich aus der Umklammerung wand, als ihm Baez beim Duettgesang kameradschaftlich(?) den Arm um die Schultern legen wollte.
Oder mit pittoresken Verrenkungen das Publikum dirigierte, als dieses –vorwiegend Männer- den Refrain von „It ain´t me, babe“ mitgrölte.

Wenigstens in Carlos Santana schien Dylan einen Seelenverwandten gefunden zu haben, der bei seinen Einsätzen auf der Gitarre den Wind singen ließ über den leuchtenden Wolken der Zeitlosigkeit, ohne sich weiter um das Propellerflugzeug Band zu kümmern, das irgendwo weit drunter vor sich hindröhnte.

Trotz dieser und anderer misslicher Unstimmigkeiten raufte sich der Tross im Lauf der Tournee zusammen und legte ein paar große Abende aufs Parkett, die von den Bootlegern selbstredend mit entsprechendem Aufpreis herumgeschoben werden, zumal die offizielle Veröffentlichung der Tournee, der lieblos zusammengestückelte Fleckenteppich „Real Live“ nicht annähernd wiedergibt, was musikalisch damals wirklich geschah. 

Anschließend schien es Dylan leid zu sein, den Übungsraum auf die Bühnen zu verlegen, und tat sich mit Tom Petty´s „Heartbreakers“ zusammen, der wohl besten amerikanischen Rockband jener Tage.
Mit den „Farm-Aid“ Konzerten (Hungersnot amerikanischer Farmer!) legte die Formation einen furiosen Start hin und vermochte die Dynamik und Power, die Dylans Songs einen neuen Drive verliehen, über den ersten Teil ihrer Welt-Tournee 1986 mit dem wegweisenden Namen „True Confessions“ überzeugend aufrechtzuerhalten, das Publikum reagierte begeistert bis euphorisch, die Kritiker wohlgesonnen und versöhnt.

Nicht zuletzt dieses positive Echo dürfte die Ursache gewesen sein, die Dylan und Petty zu einer Fortsetzung im darauffolgenden Jahr bewog, diesmal unter dem sinnigen Namen „Temples In Flames“ (mit Roger McGuinn), die sie mal lieber bleiben lassen hätten sollen.

Petty, nun auch nicht gerade als Kind von Traurigkeit bekannt, schien sich mit Dylan persönlich offenbar noch besser zu verstehen als musikalisch, was sich nicht unbedingt förderlich auf die Konzerte auswirkte.
Während der „True Confessions“ Konzerte noch in geradezu artistischer Kongruenz einstudierter Vor- und Rückwärtsbewegungen nach jeder Liedzeile im Duett vereint am Mikro, hatten die beiden Sumpfgurken bei den „Tempels In Flames“ Auftritten Glück, wenn sie dabei nicht mit den Köpfen zusammendonnerten oder das Mikrophon von der Bühne fegten.

(Hinterher schob Petty natürlich die Schuld –erlaubterweise- auf den Älteren und erinnerte sich 1992 in einem Song mit dem vielsagenden Titel „You Get Me High“ an diese bewegte Zeit, die er –vielleicht grade darum- als „eine der besten Zeiten, die ich je erlebt habe“ bezeichnet.)
Leadgittarist Mike Champbell indessen schlich sich nicht selten während der Gigs unauffällig von hinten an Bob Dylan heran, um Blick auf dessen Griffhand zu bekommen und an seine ratlosen Mitmusiker weiterzugeben, wo der sich grade ungefähr befindet.

Am 18. September 87 führte sie ihre Tournee nach Nürnberg zu einem Konzert, das bis heute unter dem Pseudonym „Der weiße Geist“ durch die mittelalterlichen Gassen gespenstert.
Das Bootleg beweist, dass es musikalisch so schlecht nun wirklich nicht war, allerdings ließ sich Dylan fast über den ganzen Abend von hinten ausleuchten und bestrahlen und präsentierte sich –ganz in weiß- als gespenstischer Schattenriss einem verstörten Publikum.

Bis auf den Konzertfilm „Hard To Handle“ (von mittelmäßiger Tonqualität) gibt es keine Live-Veröffentlichungen aus den Jahren 86/87.
Offenbar spürte Dylan bei diesem Tournee-Marathon zum ersten Mal die Last der Jahre und wirkte sichtlich erschöpft und ausgelaugt, ja ausgebrannt.
Vielleicht ist es kein Zufall, dass die 86 erschienene ziemlich schräge Studio-LP mit dem wenig ermutigenden Namen „Knocked Out Loaded“ und noch schrägerem Cover verschreckt.

Auch seine mehr oder weniger spontan entstandenen Konzerte mit der Hippie-Freerock-Legende „Grateful Dead“ im Rahmen der „Flames-Tour“ 1987 stießen auf eine Resonanz, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnte. Während die einen begeistert alte Zeiten wiederauferstanden sahen und ausgelassen feierten, waren andere schlicht brüskiert.

Der bald darauf verstorbene Songwriter, Sänger und Gitarrist Jerry Garcia, erklärter Folkfan, verstand sich prächtig mit Dylan und zierte seine Songs mit feinen unverwechselbaren Soli, während der Rest der Band unüberhörbar Probleme hatte mit dem –vorübergehend- bärtigen Typen mit Piratentuch auf dem unfrisierten Kopf, der seine E-Gitarre bearbeitete zu gequältem Gesang, als spielte er auf einer wurmstichigen Holzveranda in den Slums, ohne sich dabei groß mit Nebensächlichkeiten wie Rhythmus oder Tonart aufzuhalten.

Dennoch fand die Fusion im Laufe ihrer insgesamt 42 Konzerte zu durchaus hörenswert instrumentalem Dialog und glänzte mit denkwürdigen Vorstellungen, die in dem Album „Dylan & The Dead“ leider nur sehr bruchstückhaft und verfälschend festgehalten sind, einen ungefähren Eindruck jedoch vermittelt die Scheibe allemal.

Dylan hingegen gönnte sich keine Pause, schöpfte neue Schaffenskraft aus der fruchtbaren Zusammenarbeit mit den „Traveling Wilburys“ (u.a. mit George Harrison), startete durch und begann im Juni 88 mit zusammengewürfelter Rock-Combo seine „Never Ending Tour“, die ihn bis dato unermüdlich rund um den Globus touren lässt.

Im Jahr darauf überraschte er die (Musik)welt auf dem genial durcharrangierten, locker und unbeschwert eingespielten und zum Teil berückend innovativen Album „Oh Mercy“ mit den stärksten Songs seit „Infidels“.

Und hier schließt sich der Kreis. Die Neunziger konnten kommen.


Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 31 Mai 2011, 11:19:16
Um die Sache noch schnell zu Ende zu bringen, bevor der Meteorit kommt...

„Ein manifestes Alkoholproblem.“
So erklären einige Dylanologen manch seltsames Ereignis in der Zeit um den Jahrzehntewechsel 80/90.
Wer so böse ist zu behaupten, Dylan sei damals so besoffen auf die Bühne gewankt, dass er sein Mikro nicht fand und daneben vorbei schnarrte, bis ihn sein mitfühlender Gitarrist zurechtrückte, tut das nur weil er es mit eigenen Augen mit ansehen musste.

Tatsächlich aber hatte er nur das Pech, sein Geld in einen vermurksten Abend gesteckt zu haben, denn im Großen und Ganzen brachte Dylan seine Konzerte zwar mit konzentrierter Destruktivität (in zum Teil obskur absurder Kostümierung) aber durchaus ordentlich über die Bühne.
Die Holprigkeit der ersten Phase seiner Never Ending Tour erklärt sich viel eher damit, dass es rund vier Jahre brauchte, bis sich eine kompatible Band um den inzwischen sichtbar alternden Troubadour zusammengefunden hatte, aber der schien im Gegensatz zu früher –bei aller Getriebenheit- plötzlich alle Zeit der Welt zu haben.

Seiner aufsehenerregenden LP-Box „The Bootleg Series I,II,III“, in der zwischen zahlreichen anderen bisher unveröffentlichten Perlen der fantastische „Blind Willie McTell“ herumgeistert, ging 90 die etwas ruppige Studioscheibe „Under The Red Sky“ voran, die eigentlich gelungenen Songs haben Jamsessioncharakter und bestechen durch ziemlich verwaschene Aufnahmequalität, was wohl eher mit dem unerfahrenen Produzenten als mit Musikern wie dem (wenig später bei einem Flugzeugabsturz verstorbenen) Ausnahmegitarristen Stevie Ray Vaughan zu tun hat.

Zwischendrin hagelte es Preise und Ehrungen, die Dylan mit nicht zu übersehender Gleichgültigkeit in Empfang nahm und über sich ergehen ließ, einmal wortkarg und abwesend ein andermal fiebergeplagt und schwer erkältet, die Medien stürzten sich wie gewohnt auf jedes seiner genuschelten oder gestammelten Worte und vernachlässigten dabei wie üblich die Musik, zum Beispiel ein zorniges und abgeklärtes „Masters Of War“ zur Grammy Award Verleihung 1991 für sein Lebenswerk- vor einem vom Golfkrieg aufgewühlten Publikum.

1992 zog Dylan sich in sein Privatstudio im Keller seines Hauses zurück und holte zum nächsten Streich aus. Mit Akustik-Gitarre und Harp spielte er (ur)alte Songs und Traditionells  amerikanischer und irischer längst vergessener oder unbekannter Liedermacher ein, deren intensive Unmittelbarkeit einem die Gänsehaut den Rücken hinunterjagt.
Dem vielbeachteten „Good As I Been To You“ folgt im Jahr darauf ein zweites Opus aus dem Zeitloch mit dem vielsagenden Titel „World Gone Wrong“ –von den einen als etwas schwächer von den andern als noch besser eingestuft- in dessen CD(!) Beiheftchen Dylan mit akrobatischer Wortkunst seiner tiefschwarzen Einschätzung der Gegenwart(skultur) eine recht unverhohlen deutliche Sprache verleiht.

Dann ist erst mal (Studio)Funkstille, Dylan erkrankt an einem lebensbedrohlichen Lungenpilz, den er sich nach eigenem Bekunden bei der Besichtigung einer Hühnerfarm eingefangen hat (was die Frage aufwirft, ob die amerikanischen Hühnerfarmer ihr Geflügel mit Cannabispflanzen füttern), erholt sich aber gut und legt Ende 1994 mit seiner inzwischen zu Konformität gereiften Tour-Band im Rahmen der Unplugged Hysterie einen durchwachsenen MTVAuftritt mit Höhe- und Lichtpunkten aufs Parkett.

Die „Never Ending Tour“ geht unterdessen unermüdlich weiter, mit der langlebigsten Formation um die Gitarristen John Jackson und Bucky Baxter zeigt Dylan neuerdings eine Vorliebe für Acts der besonderen Art und beehrt diverse Großveranstaltungen verschiedenster Urheberschaft mit seiner Anwesenheit, rockt im Festival Roskilde und mit „The Who“ im Hyde Park, um nur zwei der vielen zu nennen, die Zahl seiner Konzerte übersteigt die aller bisherigen Touren längst und um ein Vielfaches, und ein wiedererstarkter Dylan erweckt nicht den Eindruck, an ein Aufhören zu denken oder jemals an ein Ende zu kommen.

So gut wie von der ersten Stunde an mit von der Partie am Rande erwähnt Bassist Tony Garnier, Wegbegleiter und Mitstreiter bis dato.

Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 31 Mai 2011, 13:34:22
Es sollten rund fünf Jahre vergehen, bis Bob Dylan 1997 alle Unkenrufer zum Verstummen bringt und mit „Time Out Of Mind“ das wohl düsterste und schwermütigste Werk seines gesamten Schaffens veröffentlicht, geprägt von musikalischer Reife und Meisterschaft und den besten Songgedichten seit... puh, Ewigkeiten.

Er selbst negiert selbstverständlich die düstere Atmosphäre der Platte, die Songs seien zum Teil Jahre alt und „einfach mal“ eingespielt, keiner hätte gedacht, dass die Aufnahmen so gut werden, seine wirklich bitteren Jahre habe er samt Schmerz Mitte der Siebziger in die LP „Blood On The Tracks“ und die „Rolling Thunder Revue“ gepackt, und was er bis heute nicht verstehe sei, warum gerade diese Zeit den Leuten so gut gefalle.
(Was ihn nicht daran hindert, unter „The Bootleg Series Vol.5“ 2002 die Fangemeinde mit einem mitreißenden und kraftvollen Konzertmitschnitt jener Tage zu beglücken.)

Vier Jahre später, im zweiten Jahr des neuen Jahrtausends, folgt „Love And Theft“, musikalisch fast noch besser auf alle Fälle aber ebenso gut und von autobiographisch selbstironischer Lyrik getragen und durchdrungen, was sicher mit seiner gleichzeitigen Arbeit an den „Chronicles“ zusammenhängt, einem chronologisch durcheinandergeworfenen Querschnitt von Lebenserinnerungen, der 2004 als –durchaus lesenswertes- Buch erscheint.

Mit „Modern Times“ setzt Dylan 2006 noch eins drauf und rundet sein Spätwerk als gelungene Trilogie ab. Er tummelt sich fast ausgelassen durch Swing, Blues, Folk, Rock und sonstiges nach Lust und Laune, und überzeugt die staunende Welt mit exzellent tiefgründig vieldeutig verschlüsselter Dichtkunst, was die Rufer nach dem überfälligen Nobelpreis lauter werden lässt und ihm vorerst den Pulitzerpreis beschert.

Zwei Jahre später verblüfft er mit „Tell Tale Signs“ (Bootleg Series Vol 8) auch seine nachtragendsten Kritiker mit unbekannten und zum Teil atemberaubenden Aufnahmen aus den Jahren 1989 bis 2006, die seine ungebrochene Kreativität auch in den umstrittenen Jahren beeindruckend belegen.

Auf „Together Through Life“ im Jahr darauf beweist Dylan in Zusammenarbeit mit Songwriter Robert Hunter erneut seine Liebe zur Musik der Fünfziger und davor, zu Zigeunerklängen singt er aufgeräumt mit gebrochen kratziger Stimme von diesem und jenem, der darauf enthaltene Song „I Feel A Change Comin´On“ wird gerne auf Obamas Wahl zum Präsidenten gemünzt, was freilich einen –unbegründeten- Optimismus Dylans nahe legen würde, unter den nach wie vor und mehr denn je ein großes Fragezeichen zu setzen ist.

Unter anderem seine (musikalische) Mitwirkung in der Rolle des abgehalfterten Rockstars nebst namhafter Schauspielgrößen in dem skurrilen, abgründig desolaten und gewohnt chaotischen Film „Masked And Anonymous“ (03) mit bitterbös vernichtender Kritik an der Musikindustrie generell vor allem aber in Zusammenhang mit Machtpolitik weist in eine etwas andere ernüchtert desillusionierte Richtung.

Die ganze Zeit über begeistert, fasziniert und überzeugt Dylan ein Publikum quer durch alle Altersgruppen und Gesellschaftsschichten mit dynamisch lebendigen Konzerten, in denen er von Abend zu Abend variierend abwechslungsreich auf so gut wie das gesamte Liedgut seiner Karriere zurückgreift und die Songs in völlig neuem Gewand präsentiert (unter anderem eine fulminante Version des Dauerbrenners „All Along The Watchtower“, die Jimi Hendrix´ Veredelung alle Ehre macht), an deren brillanter Qualität weder der stete Musikerwechsel, etwa der Abgang des langjährigen Gitarristen Larry Campbell, etwas ändert noch der wohl durch ein chronisches Rückenleiden bedingte Wechsel Dylans von der E-Gitarre erst zum E-Piano und inzwischen zur Hammondorgel.

Dylan bespielt auch die Tasteninstrumente mit eigenwilligen mitunter schrägen Improvisationen und nimmt somit jeden Anflug von Konventionalität aus seinen Konzerten, die inzwischen mehr oder weniger vergreiste Stimme tut das ihre dazu, während die Band durch kongeniales Zusammenspiel und zum Teil grandiose Instrumentalsoloeinlagen vom Hocker zu reißen vermag.

Nebenbei moderiert er drei Jahre lang eine Radiosendung mit von ihm ausgewählten verschollen geglaubten vergessenen Songs vor allem seiner Jugendzeit, deren wichtigste ebenfalls auf CD erhältlich sind, ein Muss für (echte) Oldies und Nostalgiker.
Seine Weihnachtsliedersammlung 09 von Santa Claus über The First Noel bis hin zum Christmas Blues erwähnte ich bereits.

Wer sich einen brauchbaren (vorläufigen?) Gesamtüberblick über Dylans Lebenswerk verschaffen und sein eigenes Urteil bilden will, dem sei das Dreier CD Päckchen „Dylan“ (ganz in rot) von 2007 empfohlen.
Wer nicht, ist selber schuld.


Mit dylanesken Grüßen
Sintram


Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Epines am 31 Mai 2011, 15:03:03
Hallo lieber Sintram

Danke für die unglaublich gut zusammengefasste musikalische Biographie von Bob Dylan. War sehr interessant zu lesen.
Mit Freunden singe ich zwar manchmal  einige Songs von ihm, hatte mir aber nie zu seinem gesamten Werk Gedanken gemacht. Ich sehe ihn nun mit ganz anderen Augen, er ist echt ein begabter Künstler.

Alles Liebe
Epines
Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 31 Mai 2011, 19:09:56
ich danke Dir, epines, fürs lesen und das positive Echo!

Gemalt hat er übrigens auch noch und seine Bilder Anfang 2000 ausgestellt, durchaus ansprechende und interessante Sachen dabei.

Lieben Gruß!
Sintram
Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 11 September 2011, 19:34:47
In Trümmern.

Ein Kreis von Blut glitzert in der Dunkelheit auf dem kalten Boden.
Es hört nicht auf zu regnen.
Durch den Spalt der Kirchentür höre ich das Spiel einer Orgel, die Leute sind schon heimgegangen.
Meine Stadt liegt in Trümmern.
Glockengeläut schwingt im Geäst der Bäume, der Abend bricht herein, Glockenklang der Barmherzigkeit.

An der Ecke hängen ein paar Youngsters rum wie welkes Laub, vom Wind auf einen Haufen geweht und wieder zerstreut.
Vernagelte Fenster säumen die menschenleeren Straßen, mein Bruder sinkt auf die Knie, geht einfach in die Knie.
In Trümmern liegt meine Stadt.

Der Fluss mündet in tiefe Finsternis.
Spüre einen Hauch von Ewigkeit auf den Lippen deines Kusses.
Alle Leute sind auf dem Platz zusammengelaufen, ich betrachte ihre Gesichter, schließ die Augen und halte den Atem an.
Aufs Paradies warte ich, aufs Paradies, jetzt und heute.

Die Hügel Virginias haben sich schon braun gefärbt, ein Tag noch bis zum Sonnenuntergang, noch ein einziger Tag.
Ich treff dich in einem andern Traum, in einem andern Traum sehen wir uns wieder,
irgendwo da oben in der Höhe zwischen unseren Welten, eine Brücke aus Blut führt über den sternenklaren Himmel hoch über den Gipfeln der Berge.

In der Ferne höre ich das Singen des Meeres, es überflutet die verdorrten Ebenen, wird verschluckt von der Trockenheit ihrer unvergänglichen Schönheit.
Die Straße windet sich den Berg hinunter und verschwindet in der Nacht.
Die Wahrheit genügt manchmal nicht, ein andermal ist sie zu viel, lass sie uns über Bord werfen, um sie im Kuss zu finden und im Schlag unserer Herzen Haut an Haut.

Als ich heute morgen aufgewacht bin, war der Himmel leer.
Ein leerer Himmel, ich will ein Auge für ein Auge, der Himmel ist leer.
Blut fließt auf den Straßen, Blut von meinem Blut schreit aus dem Boden, ich höre sein Schreien.
In Jordaniens Tälern schnitzt einer seinen Bogen aus dem Holz vom Baum des Bösen, aus bösem Holz schnitzt er ihn.
Der Himmel ist leer, ich fordere ein Auge für ein Auge unter einem leeren Himmel.

Ich hetze durch den Dschungel, ein Wolf ist mir auf den Fersen, um Mitternacht ist es um meinen König geschehen, zum Schlag der Glocken ist unser Schicksal besiegelt, es liegt in Gottes Hand, kein märchenhaftes Ende, in Gott sind wir vollendet.
Staub an meinen Füßen in einer rosa Wolke aus Dampf, Staub unter meinen Schritten, nur noch für dich will ich leben, nur noch für dich, wenn ich das hier überlebe.

Deine Kraft macht mich stark, dein Glaube gibt mir Glauben, deine Hoffnung macht mir Hoffnung, deine Liebe schenkt mir Liebe.
Ins finstere Grab voller Rauch bist du hinaufgestiegen, es war zu dunkel um die Hand vor Augen zu sehen, die Treppe hinauf mitten hinein ins Feuer.
Die Hölle ist am Brodeln, eine schwarze Sonne steigt aus dem Abgrund, auch dieser Sturm wird vorüberziehen, sich auflösen mit der Zeit.

Eine Schlange züngelt durchs Gras, das Haus steht in Flammen, bevor du zu schießen anfängst, solltest du ein paar Fragen stellen.
Lüge und Verrat zeitigen bittere Früchte, sind schwer zu schlucken, am Zahltag wirst du ihren Geschmack immer noch auf der Zunge spüren.

Es ist Zeit aufzustehen.


(Sehr frei nach Springsteen.)



Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 13 Januar 2012, 16:10:23
Zum bayerischen Ministerpräsidenten mag der Hanswurst ja noch taugen, da hat das Halbseidene Tradition, in bajuwarischen Gefilden sind Vetternwirtschaft und Vorteilsnahme an der Tagesordnung, aber als Bundespräsident ist der Kasper nichts weiter als eine ziemlich erbärmliche Karikatur und -sittlich betrachtet- ein Supergau.

Vielleicht sollte dem Fatzke das mal einer klar machen, in seinem eigenen Interesse wohlbemerkt, peinlich ginge ja grade noch, aber hochnotpeinlich- das tut allmählich weh.
Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Hobo am 13 Januar 2012, 21:39:59
Ganz bewusst habe ich mich aus diesem Thread rausgehalten. Weil halt Dylan oder Springsteen nur eine kleine Minderheit in unserem Land erreichen. Nach Umfragen liegt da die NPD vornedran.

Klar, die ist zeitnah, die Musik der beiden ist nicht neu, eher alt. Die anderen, die mögen halt Peter Alexander oder die Hitparade der Schlager. Macht ja nichts. Wir haben das als dicke Backen-Musik bezeichnet.

Aber das ist ja nur ein Aspekt. Wir dürfen unserne Bundesclown nicht angreifen. Da gibt es Gesetze gegen. Und auch der Hundepräsident "Wuff" wird nur von wenigen verstanden. Hm, was lernen wir daraus? Wer gut aussieht, darf jede Art von dem Mist machen, den wir ja alle auch versuchen. Vorteile erringen so gut es geht. Also ist er doch der genau richtige Hundepräsident.

Und er ist dermaßen schamlos und peinlichkeitsresistent, dass wir alle viel von ihm lernen können. Ja, er ist der Präsident, den wir verdienen.

Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Sintram am 14 Januar 2012, 13:10:56
Da sind wir ja ganz schön auf den Hund gekommen.
Titel: Re:Aus aktuellem Anlass
Beitrag von: Hobo am 14 Januar 2012, 16:04:48
*Wuff*