Hallo Leah,
erstmal herzlich willkommen im Forum! Dein Account ist freigeschaltet. :)
Ich möchte gerne meine Gedanken zum Thema Freundschaft mit Dir teilen, bezogen auf den letzten Absatz Deines Beitrags: Ich finde nicht, dass man sich unbedingt treffen und gemeinsam etwas unternehmen können muss, um jemanden Freund nennen zu können. Natürlich ist es schon irgendwie etwas anderes, ob man sich lediglich schreibt und vielleicht ab und zu mal telefoniert oder ob man sich auch "real" kennt, sich gegenübersitzen, in die Augen schauen und einfach mal beim anderen anlehnen kann. Ich mache da auf jeden Fall insofern einen Unterschied, dass ich für einen Freund im direkten Umfeld wahrscheinlich eher alles stehen und liegenlassen würde als für einen reinen Online-Kontakt, weil ich hier natürlich auch viel mehr Möglichkeiten habe, wirklich für denjenigen da zu sein, ihm zu helfen, ihn bei irgendwas zu unterstützen oder ihn einfach nur mal in den Arm zu nehmen. Soll nicht heißen, dass mir Online-Freundschaften weniger wert sind und ich für diese nicht da sein möchte! Wenn es wirklich drauf ankommt, kann man sich jederzeit darauf verlassen, dass ich da bin!
Aber nochmal zurück zum Thema Freundschaft an sich: Genau wie im "echten" Leben braucht es Zeit, bis man einen Menschen, den man nur über das Internet kennt, wirklich als Freund anerkennen kann. Vielleicht dauert es sogar länger, da man weder Mimik, Gestik noch Tonfall seines Gegenübers kennt und es dadurch schwieriger ist, sich aufeinander einzustellen. Ich denke aber, gerade in einem Forum wie Nur Ruhe können sehr enge Verbindungen entstehen, da es hier schließlich um Themen geht, die die Seele betreffen – und um sich darüber intensiv mit jemandem auszutauschen, braucht es erstmal Vertrauen. Wenn man sich einander nach und nach öffnet, regelmäßig über seine Gefühle spricht, seine Gedanken einfach mal "rauslässt" und evtl. auch mal Rat vom anderen einholt oder sich einfach dessen Gedanken und Meinung dazu anhört, kann man sich emotional irgendwann schon sehr nahe kommen!
Das ist zumindest meine persönliche Erfahrung. Ich habe hier in den letzten zehn Jahren viele Menschen kennengelernt. Manche dieser Kontakte sind genauso schnell auseinandergegangen wie sie entstanden sind; manche sind trotz gegenseitiger Sympathie immer eher oberflächlich geblieben; andere wiederum haben sich als nicht sonderlich belastbar herausgestellt, weil irgendeine wichtige Komponente nicht erfüllt war; manche haben sich im Sand verlaufen, weil man sich zwar mochte, aber offenbar nicht brauchte oder das Interesse aneinander einfach nicht (mehr) groß genug war. Und manche dieser Kontakte haben auch heute noch Bestand – und das sind jene, die ich als Freundschaft bezeichne. Ich habe sie zwar alle auch schon mal "real" getroffen, doch ist das gar nicht der ausschlaggebende Punkt: Wichtig ist nämlich das Vertrauen, welches wir über die Jahre aufgebaut haben; die Vertrautheit und Ehrlichkeit, echtes Interesse daran, wie es dem anderen geht, was ihn beschäftigt und was er so erlebt; seine Gedanken zu teilen, einander zuzuhören, beizustehen, die Meinung zu sagen und auch mal Kritik ausüben zu dürfen; Mut zu machen, wenn es nötig ist; gemeinsam lachen, reden, aber auch weinen und schweigen zu können. Das ist es doch, was eine Freundschaft ausmacht.
Mit einer so vertrauten Person auch mal Kaffee trinken zu gehen oder irgendetwas anderes zu unternehmen, ist sicherlich schön und ein netter "Zusatz", spielt für mich persönlich allerdings keine allzu große Rolle und ist vor allem kein Faktor, an dem ich festmache, ob es nun eine Freundschaft, Bekanntschaft oder was auch immer ist. Genauso wenig wie ich es für notwendig halte, dass man ständig in Kontakt ist. Mich stört es nicht, von einem liebgewonnenen Menschen auch mal ein paar Wochen gar nichts zu hören – solange sich dadurch nichts am Verhältnis, das man zueinander hat, ändert und man sich emotional nicht voneinander distanziert, kann ich damit ganz entspannt umgehen, zumal ich selber auch nicht so übermäßig "kommunikativ" bin und zu viel Nähe (im Sinne von Kontakt zu anderen) manchmal schlichtweg nicht zulassen kann oder möchte. Davon abgesehen bedeutet eine Weile "Funkstille" ja nicht, dass man nicht aneinander denkt oder gar das Interesse am anderen verloren hat! Jeder (!) muss seinen eigenen Weg gehen – dennoch kann man andere auf ihrem Weg begleiten, ohne seinen eigenen zu verlassen! Die, die mit mir gehen, aber auch nicht böse sind oder es persönlich nehmen, wenn ich mal "ein paar Schritte für mich" brauche, sind meine Freunde (mit dem Begriff gehe ich nicht leichtfertig um!). Und um mit Freunden durchs Leben zu gehen, braucht man keinen ("echten") Boden unter den Füßen!
In den letzten zwei, drei Jahren – insbesondere in diesem – ist mir das alles nochmal ganz bewusst geworden, denn in den leidvollsten Phasen waren mir einige aus dem Forum sehr viel näher als manch einer aus meinem "realen" Umfeld. Menschen, die einfach da waren, zu jeder Tages- und Nachtzeit – die mich aufgefangen und mir Halt gegeben haben, wenn ich das Gefühl hatte, unterzugehen – die mir immer wieder ihr offenes Ohr angeboten haben, es aber auch akzeptieren konnten, wenn ich lieber schweigen wollte – die mich schriftlich oder telefonisch für einen Moment auf andere Gedanken gebracht haben usw... Kurz gesagt: Menschen, die mir gezeigt haben, dass es mehr als schöne Worte sind, wenn sie sagen "Ich bin immer für Dich da!". Dafür bin ich sehr dankbar! Auch dafür, dass all das möglich ist, wenn man hunderte Kilometer voneinander entfernt wohnt und der Kontakt fast ausschließlich auf virtueller Ebene stattfindet.
Von mir also ein klares JA, auch zwischen Leuten, die sich in Chats und Foren kennenlernen, kann sich wahre Freundschaft entwickeln! :)
Liebe Grüße
Ina