Hallo liebe Svvenja und Mitlesende
Nachdem ich deine offenen Zeilen gelesen und etwas aus deinem Leben erfahren habe, sehe ich dich als Frau, die erwerbstätig ist, es schafft alleine zwei Kinder aufzuziehen, den ganzen Haushalt schmeißt, ein Kind hat das angeschlagen ist und viel Betreuung braucht und Sorgen um einen Teenager haben muss, der gerade viel Probleme mit sich selber hat.
Da ich mir gut vorstellen kann wie gross dadurch die Arbeits- und Nervenbelastungen sind, denen du permanent ausgesetzt bist, hast du meinen vollen Respekt!
Im Grunde verstehe ich warum dich kaum andere Freizeitvergnügen interessieren, denn wo ist denn für diese noch Platz in deinem Leben?
Mir geht es auch oft so, meine Tage sind durch die Arbeit bis manchmal tief in die Nacht hinein so ausgefüllt, dass ich echt kaum noch Lust habe, mich mit jemandem zu treffen und ausgehen? Also ich weiss nicht wann ich zum letzten Mal ausgegangen bin. Besuch empfinde ich oft als Belastung, es wird mir einfach zu viel, nicht weil ich Menschen oder Geselligkeit nicht mag, sondern einfach weil dies zusätzlichen Stress bedeutet (putzen, aufräumen, kochen usw.) und die eigentliche Arbeit dann liegen bleibt und ich danach noch mehr arbeiten muss. Mich stresst es im Voraus Termine und Treffen abzumachen, weil an diesen Tagen die Sonne scheinen könnte und ich dadurch blockiert bin und dann am Tag danach das Wetter umschlagen könnte (Murphys Gesetz) und ich dann im Regen arbeiten muss (ich arbeite mehrheitlich draussen).
Urlaub, was ist das? Alleine der Gedanke in Griechenland, oder der Türkei am Strand zu liegen langweilt mich schon… und dann auch noch dahin zu fliegen und mich mit Leuten unterhalten zu müssen die ich nicht kenne und auch keine Lust habe sie kennen zu lernen, ne du, das ist auch für mich nichts.
Dann lebe ich alleine, was kaum einer versteht, also ohne Partner und dies beschäftigt das ganze Dorf. Die alleinstehenden Männer machen sich Hoffnungen und die verheirateten Frauen haben Angst ich würde ihre Männer verführen, na ja…
Auf die Idee, dass man gerne alleine lebt, also keine Beziehung will, kommt keiner.
Mit mir stimmt vermutlich etwas nicht, es ist doch nicht normal, dass man gerne alleine ist…, na ja sie haben im Grunde Recht.
Eine Beziehung würde noch mehr Stress und Aufwand bedeuten und das tue ich mir im Moment einfach nicht an.
Wie du siehst geht es mir ähnlich. Oft zwinge ich mich am Gesellschaftsleben teil zu nehmen, aber durch deine Zeilen zum Denken angeregt, frage ich mich warum? Wem außer mir selbst muss ich ständig etwas beweisen, wem Rechenschaft ablegen was ich tue oder was ich lasse?
Als Teenager und junge Erwachsene hatte ich Phobien, die ich heute mehr oder weniger erfolgreich im Griff habe. Ich habe also keine Panik mehr in Menschenmengen, kann heute alleine ein Restaurant aufsuchen, kann auch in öffentlichen Verkehrsmitteln fahren und kann Theater und Kinos besuchen. Ich lasse mir auch keine Vermeidungshaltung mehr unterstellen, nur weil ich diese Dinge selten bis gar nie tue. Ich wüsste gar nicht was ich im Kino soll :-), wenn ich einen Film sehen möchte kann ich dies zu Hause ohne großen Aufwand ebenso.
Stumm hat vieles geschrieben dem ich auch beipflichten kann.
Arbeitskollegen die sich jahrelang ärgerten, dass du eine Sonderstellung hattest und heimlich geschmollt und nie offen und ehrlich ausgesprochen haben was sie nervt, sind meiner Meinung nach selber schuld und du bist in keinster Weise für ihre schlechten Gefühle verantwortlich.
Es ist bestimmt der enormen Stresssituation die du erwähnt hast zu verdanken, dass sie ausgesprochen haben was sie scheinbar seit langem stört, aber wie die alte Fasnacht hinterher zu motzen und vorher nie den Mund aufzumachen, zeugt von mangelnder Courage. Dies zeigt auch die Erwähnung des Kollegen, der angeblich wegen dir gegangen ist. Er ist gegangen, weil er mit den Arbeitsbedingungen nicht einverstanden war, mit dir hat dies wohl wenig zu tun, denn sonst hätte er es ja klären können.
Wenn Mitarbeiter nie etwas sagen, dann entsteht natürlich der Eindruck, dass sie mit ihren Arbeitszeiten einverstanden sind, ansonsten kann man von erwachsenen Leuten nämlich Offenheit erwarten.
Falls du es noch nicht getan hast, würde ich sie darauf ansprechen und ihnen sagen, dass du nach ihrem jahrelangem Schweigen angenommen hast, dass alles in Ordnung sei. Hier können klärende und offene Gespräche sicherlich einiges bewirken, um das Arbeitsklima künftig zu verbessern und bestimmt gibt es auch Dinge die dir nicht gepasst haben und über die du auch einfach hinweg gesehen hast und die du bei dieser Gelegenheit ebenfalls ansprechen könntest.
Für mich sieht es so aus, als ob sie in dir den Sündenbock für ihre eigene Frustration gefunden haben. Lass dich ja nicht mit ihrer Last auf dem Buckel in die Wüste jagen!
Betreffend Schichtarbeit kenne ich viele die über die Schicht motzen, aber das zusätzliche Geld nehmen sie gerne. In einigen Betrieben, schmollen die Arbeitnehmer, wenn man ihnen zu wenig Nachtstunden einteilt, weil dies dann ja auch weniger Geld bedeutet...
Von Menschen nichts zu erwarten sehe ich als sehr gute Einstellung an!
Dadurch wird man zweifellos weniger enttäuscht und die Leute um uns, stehen nicht permanent unter Leistungsdruck. Alles was kommt kann man dann im Grunde als Geschenk sehen.
Ich selbst bin früher in solchen Situationen, wo ich beschuldigt und kritisiert wurde, egal ob zu Unrecht oder nicht, meist davon gelaufen und oft tief gefallen, so dass ich keine Lust mehr hatte und den Sinn meines Lebens erneut in Frage stellte. Aber mit den Jahren habe ich gelernt nicht mehr alles zu schlucken und zu mir zu stehen, Frust auszuhalten, Kritik nicht nur negativ, sondern auch als positive Hilfe zu betrachten, die Veränderungen herbei führen kann, die für alle Beteiligten vorteilhaft ist.
Agoraphobie oder nicht? Im Grunde kann man alle Menschen die nicht besonders gesellig sind, oder für Geselligkeit keine Zeit aufwenden wollen, in diese Schublade stecken. Soll doch dein Thera von dir halten was sie möchte, Hauptsache du weißt was du willst und was dir gut tut!
Alles Liebe
Epines