Nur Ruhe - Selbsthilfeportal über Depressionen und Selbstmord

Allgemeines Nur-Ruhe Forum => Gedenkplatz => Thema gestartet von: Ina am 22 Januar 2021, 23:37:47

Titel: Mama
Beitrag von: Ina am 22 Januar 2021, 23:37:47
 
Mama  † 22.01.2021

Bestimmt möchte ich Dir irgendwann etwas schreiben.
Nicht heute, aber einen Platz sollst Du hier schon einmal bekommen. "Trotz allem"...

Meine Kerze für Dich brennt jetzt – und das wird sie bestimmt die ganze Nacht über.
Ein Foto von "Deinem" Himmel – dem heutigen Abendhimmel – steht daneben.
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 28 Januar 2021, 17:17:17
 
Einschlafen dürfen, wenn man müde ist, und eine Last fallen lassen dürfen, die man sehr lange getragen hat, das ist eine tröstliche, eine wunderbare Sache.

(Hermann Hesse)
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 01 Februar 2021, 11:11:11
 
Für Mama

Ringsherum liegt kaltes Weiß
Das flöckchenweise niederfiel
Bei Nacht kam's unerwartet-leis'
Das klirrend-winterliche Spiel

Trotz Kuscheldecken friere ich
Vielmehr jedoch tief innerlich
Es ist die Trauer, die mich quält
Weil's Schicksal Dich hat auserwählt

In den Himmel Dich zu senden
Zu Deinen Engeln, die Du liebst
Erdendasein musste enden
Weil zu viel Krankheit in Dir blieb

Welten haben sich verschoben
Schaust Du wohl auf uns von oben?
Bist Du es, die die Flocken streut
Als Zeichen Deiner Landung heut'?

So wie das Weiß stammt aus der Ferne
Kullern Tränen durch die Seele
Gedenk ich Dir mit Blick zum Sterne
Schnürt's dem Kind auch zu die Kehle


01.02.2021
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 07 Februar 2021, 19:19:19
 
Dienstag findet die Kremation statt, die Einäscherung. Ständig muss ich daran denken – und finde diesen Gedanken fürchterlich. Aber es geht ja nicht anders.

Samstag fahren wir an die Küste, an die Nordsee. Wir werden Dir Deinen Wunsch erfüllen und Dich dem ewigen Meer übergeben. Dem Meer, das Du so liebtest...
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 19 Februar 2021, 17:27:37
 
Genau vier Wochen ist es jetzt her, dass Du gegangen bist...


Du hast mir nie gefehlt, ich habe Dich nie vermisst. Höchstens die "kleine Ina" hat sich nach ihrer Mama gesehnt, wenn sie durch irgendetwas getriggert wurde. Aber nicht ich.
Es war gut für mich, auf Distanz zu gehen, mich von Dir zu lösen und ohne Dich zu sein. Es war besser so – es war nötig, um den Schmerz nach und nach loslassen zu können.
Wahrscheinlich war es der schwierigste, aber wichtigste Schritt in meinem bisherigen Leben. Für mich. Für mich und meine Seele, für mich und mein Leben.
Endlich raus aus der Abhängigkeit. Nur die "kleine Ina", die war und ist nach wie vor abhängig von Dir.
Aber MIR hast Du NICHT gefehlt, das kann ich ganz ehrlich so sagen.

Und jetzt sieht das plötzlich anders aus...
Jetzt bist Du gegangen – für immer – und ich wünsche mir so sehr, Dich noch einmal zu sehen und mit Dir zu sprechen...
Es war immer mein Plan, den ich im Hinterkopf hatte, Dich irgendwann wiederzusehen und in Ruhe und sachlich mit Dir zu reden.
Reden... Über früher. Über das, was mich gekränkt, verletzt und traumatisiert hat.
Reden... Über das, was ich erleben musste – mit Dir oder wegen Dir.
Am meisten habe ich mir Einsicht von Dir gewünscht. Vielleicht auch eine Entschuldigung.
Und selbst wenn Du Dich uneinsichtig gezeigt hättest: Dass Du wenigstens verstanden hättest, dass mich das alles krank gemacht hat.

So ein Gespräch mit Dir hätte ich nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt führen können, sondern erst dann, wenn ich wirklich bereit dafür gewesen wäre.
Und auch erst dann, wenn DU bereit gewesen wärst, Dich mit klarem Verstand darauf hättest einlassen können. Mit dem Willen, dass wir irgendwie auf einen Nenner kommen.

Es wird kein Gespräch mehr geben können. Ich hätte es gebraucht...
Gebraucht, um mich zu ordnen, um zu verarbeiten und vielleicht auch um zu lernen, die Dinge anders zu betrachten und zu bewerten.
Es wird nun alles in mir bleiben müssen. Du bist nicht mehr da – wir können nicht mehr reden. Wahrscheinlich nicht...



Man erzählte mir etwas von Vergebung und dass vergeben nicht mit verzeihen gleichzusetzen ist.
Vergebung – dieses Wort, mit allem was dahintersteckt, ist mir zu groß. Es passt nicht in mein Weltbild, meine Gedanken und meine Sicht auf das Leben.

Man sprach mit mir über Gott und über die Liebe. Ein guter Austausch, der mich gedanklich vielleicht sogar ein bisschen weitergebracht hat.

Man riet mir, mit Dir zu sprechen. "Sprich doch einfach zu Deiner Mutter.", hieß es.
Ich würde es gerne versuchen – es war ein einfacher und doch so guter Rat.
Aber ich kann nicht. Noch nicht. Die Angst davor ist zu groß.
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 22 Februar 2021, 02:57:57
 
21. Februar 2021

Noch genau eine Woche, dann bist Du endlich frei. Frei in Deinem geliebten Meer – so, wie Du es Dir gewünscht hattest.
Ich war noch ganz klein, da sagtest Du hin und wieder, dass Du "ins Meer" willst, wenn Du "nicht mehr da" bist. Daran kann ich mich komischerweise noch gut erinnern.
Viel komischer finde ich allerdings, dass Du Deiner kleinen Tochter so etwas überhaupt erzählt hast. Warum?
Macht es einem Kind nicht Angst, wenn es so etwas zu hören bekommt? Doch, ich hatte Angst! Ich wusste schließlich gar nicht, was so eine Aussage wirklich zu bedeuten hat.
Ich hatte Angst, dass Du bald "weggehst" und mich alleine lässt. Diese Angst hatte ich ständig!


Sonntag also... Ich habe Angst vor diesem Tag.
Ich breche hier zu Hause immer noch häufig völlig unvermittelt in Tränen aus, ohne dass mir bewusst war, dass ich überhaupt an Dich gedacht habe.
Wie soll ich es dann Sonntag aushalten?
Ich habe Angst vor den Gefühlen, die mich erwarten. Ich habe Angst, zu dissoziieren. Ich habe Angst vor einem Nervenzusammenbruch.
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 28 Februar 2021, 03:47:57
 
Ich habe abgenommen. Ich weiß, das hätte Dir nicht gefallen, aber das war mir schon immer egal. Der schöne, knielange, schwarze Rock, der mir im November eigentlich ein wenig zu eng war, weshalb ich ihn einfach als Taillenrock getragen habe, passt jetzt. Er sitzt ganz locker auf den Hüften. Ich bin froh, dass ich diesen Rock heute bei Deiner Bestattung "richtig" tragen kann, denn damit hast Du mich zuletzt gesehen. Mitte Dezember, als H. Dich im Pflegeheim besucht hat, zeigte er Dir auf meinen Wunsch hin zwei meiner Weihnachtsvideos von J. und meinem Videoprojekt. Zu dem Zeitpunkt war schon klar, dass Du den Krebs nicht besiegen wirst. Es war zwar noch eine Immuntherapie angedacht, die Mitte Januar beginnen sollte, aber die hätte lediglich das Wachstum verlangsamt. Dazu ist es aber ja gar nicht mehr gekommen... Es lag mir jedenfalls sehr am Herzen, Dir eine Freude zu machen. Das war mir unglaublich wichtig. Ich hatte nicht die Kraft, Dich zu besuchen – das wäre emotional einfach zu viel für mich gewesen. Aber Du solltest unbedingt wissen, dass ich an Dich denke und dass es mir wichtig ist, Dir noch eine Freude zu machen. Also hat H. seinen Laptop mitgebracht, als er Dich besucht hat, und zeigte Dir darauf die beiden Videos. Du hast mich immer – okay, fast immer – so gerne singen gehört... Und ja: Die Überraschung ist gelungen – Du hast Dich gefreut. Ich schrieb Dir nachmittags eine SMS – die letzte – und fragte Dich, ob er sie Dir gezeigt hat. Du hast mir geantwortet, dass sie Dir gut gefallen hätten, auch wenn Dir zwischendrin die Tränen gekommen seien. Das waren die letzten Worte, die Du mir geschrieben hast. Ich habe die SMS noch. Es ist die einzige, alle anderen habe ich meistens nach wenigen Tagen gelöscht. Aber ich habe sie vorher immer abgetippt und in einer Datei auf dem PC gespeichert. Jede, die Du mir in den letzten Jahren geschrieben hast! Bei dieser SMS habe ich aber irgendwie gespürt, dass ich sie lieber "aufbewahren" sollte.

In den Videos trage ich jedenfalls den besagten Rock – und weil es das letzte "Bild" ist, das Du von mir hattest, möchte ich ihn auch heute tragen. Vielleicht werde ich mir zum ersten Mal seit Langem wieder die Haare hochstecken, denn das mochtest Du immer gerne sehen. H. wird mir noch einige Dinge von Dir mitbringen. Ich habe ihn gebeten, mir einen Ring, eine Kette oder ein anderes Schmuckstück von Dir mitzubringen, falls noch eines da ist. Ich würde es dann gerne heute tragen... Es ist alles nur Modeschmuck, aber das spielt für mich keine Rolle. Vielleicht habe ich dann das Gefühl, Dich nicht GANZ gehen lassen zu müssen, weil ich ja immer noch etwas von Dir bei mir habe.

Lars wird mich begleiten. Darüber bin ich so froh... Ihr kanntet Euch ja auch. Er und H. und seine Freundin kommen heute schon ganz früh zu mir und wir fahren gemeinsam an die Nordsee. Sobald das Schiff ablegt, werde ich nicht mehr vor Dir und meinem Schmerz fliehen können...

Lars meint, ich solle eine CD mit Musik von CPR für die Autofahrt brennen, weil sie mir so gut tut und eigentlich immer "hilft". Das werde ich jetzt machen.
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 12 März 2021, 04:27:37
 
Ich denke gerade an Dich... Und ich muss auch wieder an die Bestattung denken. Dieser Tag war so schlimm für mich... Ich war nicht mehr weit vom Nervenzusammenbruch entfernt.

Diese Art von Schmerz war mir bis dahin nicht bekannt. Ich musste auch schon andere Menschen gehen lassen, zum Glück aber niemanden, der mir wirklich richtig nahestand. Es hat mich immer traurig und schwermütig gemacht und es sind auch Tränen geflossen. Aber das jetzt... Das hat sich völlig anders angefühlt. Natürlich hat es das! Du bist und warst schließlich schon immer mein schwerster (emotionaler) Kampf! Du, meine Mutter, die von einem Teil von mir verabscheut und von einem anderen Teil von mir abgöttisch geliebt wurde...

Diese "Abschiednahme" am 28.02. hat mich erneut in ein tiefes Loch fallen lassen, hat mich innerlich sehr aufgewühlt und ein Riesenchaos in mir hinterlassen.

Ich wünsche Dir jetzt nur noch Gutes.
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 29 März 2021, 09:09:09
 
Letzte Woche habe ich wieder viel an Dich gedacht – ob ich wollte oder nicht... Kaum hatte ich mal für einen Moment die Augen geschlossen, habe ich Dich vor mir gesehen. Kurze, aussagekräftige Szenen waren es. Du hast mich angesehen – mit diesem typischen Blick, den ich noch von früher kenne und immer gehasst habe – und hast eindringlich auf mich eingeredet. Zwar konnte und kann ich diese Szenen keinen bestimmten Situationen zuordnen, doch weiß ich, dass es sie gegeben hat. Ich frage mich, warum ausgerechnet diese Bilder vor meinem geistigen Auge aufgetaucht sind; ob es wahllos irgendwelche Erinnerungen waren oder ob ich mich aus einem bestimmten Grund daran erinnert habe. Sie haben ein beklemmendes Gefühl in mir zurückgelassen.
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 04 April 2021, 21:17:17
 
Als Lars heute bei mir war und wir am österlich hergerichteten Tisch gefärbte Eier aßen, musste ich an Dich denken. Ich habe mich daran erinnert, wie sehr Du das Geräusch gehasst hast, wenn man Eierschalen zerkleinert und zerdrückt hat. Und ich? Ich habe es geliebt, es auf die Spitze zu treiben und so lange auf den Eierschalen herumzudrücken, bis sie nicht mehr kleiner zu kriegen waren. Das hat mir damals große Freude bereitet – natürlich nur in Deiner Gegenwart.^^

Ich habe meine Kerze für Dich aus dem Schrank geholt, sie angezündet und mit auf den Ostertisch gestellt. Irgendwie habe ich das heute Nachmittag gebraucht.
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 10 April 2021, 02:22:22
 
Wann hört das denn endlich auf mit den ständigen Tränen?

Jahrelang konnte ich mich wunderbar abgrenzen. Jetzt bist Du weg und bist mir dennoch näher als all die Jahre, in denen wir nichts voneinander gehört haben!

Es tut so weh, nicht mit Dir sprechen zu können. Keine Chance mehr zu haben. Mit der ganzen Traumascheiße, die so eng mit Dir zusammenhängt, allein zurückzubleiben. :'(
In meinen Gedanken, meiner Erinnerung ist so vieles, was ich Dir am liebsten an den Kopf werfen würde, Dir vorwerfen würde, Dir entgegenschreien würde...
Das geht nicht mehr und hätte wohl auch nichts gebracht. Geändert hätte es jedenfalls nichts. Jetzt bleibt mir nichts anderes übrig, als zu versuchen, mit alldem alleine klarzukommen.



Ich will und werde nicht mehr böse auf Dich sein. Ich bin verletzt, gekränkt, traumatisiert, aber es lässt sich nicht ändern.
Es gibt vielleicht nur noch einen Weg, der mich aus diesem Tal hinausführen wird – und den werde ich gehen:
Ich werde mich Dir in Liebe zuwenden – mich Dir liebevoll zuwenden – und vielleicht irgendwann Frieden mit Dir schließen.
Ja, das werde ich tun. Ich werde Dir meine Liebe schenken, die trotz allem immer in mir zurückgeblieben ist.

 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 26 April 2021, 05:57:57
 
Hast Du uns hier einfach allein gelassen... Ohne die Liebe...
Ohne die Liebe, die die "kleine Ina" so sehr gebraucht hat und immer noch braucht. :'(
Und jetzt? Wie soll sie denn heilen?

Ich bin so traurig. :'(
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 26 April 2021, 22:01:21
 
Chance vertan

Jahrelang getrennt
Warst Du
Von mir
Meine Wahl!

Keine Blicke
Keine Worte
Keine Nähe
Meine Grenzen!

Ohne Dich
Zu sein
War friedvoll
Für mich!

Zeit vergeht
Jahr für Jahr
Chance vertan
Wir zwei!

Mama fehlt
Kein Wiedersehen
Möglich mehr
Für uns!

Ohne sie
Zu sein
Tut weh
Im Herzen.


26.04.2021
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 11 Mai 2021, 02:21:21
 
Du bist nicht weniger da als vorher, also als Du noch lebtest. Warum denke ich dann so viel öfter an Dich? Weil es vorher immerhin möglich gewesen wäre, mehr „von Dir zu haben“, wenn ich es gewollt hätte – und jetzt eben nicht mehr? Oder vielleicht einfach nur, weil ich mich aufgrund Deiner Krankheit und Deines Todes zwangsläufig gedanklich wieder mehr mit Dir beschäftigen musste? Was weiß ich! Es ist Trauer, verdammt, es ist einfach nur Trauer, mit der ich SO nicht gerechnet hätte! Nicht in dieser Intensität. Ich bin traurig, dass Du so früh gehen musstest, obwohl Du gerne 100 Jahre alt geworden wärst. Ich bin traurig, dass es zum Teil wohl Dein eigenes Verschulden war, dass Du diese Welt so früh verlassen musstest. Und auch der Grund dafür macht mich traurig und sogar ein bisschen wütend. Und ich bin traurig, weil mir die Chance genommen wurde, auf Dich zugehen zu können, wenn ich mich dafür bereit gefühlt hätte. Traurig, weil UNS die Chance genommen wurde, miteinander zu reden, wenn WIR so weit gewesen wären. Traurig wegen all der Erinnerungen an die Vergangenheit, die nun fast täglich hochkommen. Traurig wegen der vielen liebevollen Briefe, die ich Dir als Kind schrieb und wegen der Bilder, die ich damals für Dich malte – und die jetzt zu mir zurückgekehrt sind und die ich mir nicht ansehen kann, ohne in Tränen auszubrechen und das Gefühl zu haben, dass sie mir das Herz brechen. Traurig weil / wegen [...]
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 24 Juni 2021, 13:37:37
 
Was ist nur los? Ständig sehe ich Dich!

Ich brauche nur ein paar Minuten die Augen zu schließen und schon bist Du da. Ganz egal, woran ich währenddessen denke, ja, selbst wenn ich an etwas Schönes denke, ist es so: Die Augen sind geschlossen und DU bist DA. Irgendwelche Szenen, meistens kurze, oder auch nur einzelne „Standbilder“ – von Dir, so echt, so wirklich, so nah. Und so schmerzhaft. Erst kommen die Bilder, dann kommt die Angst, dann kommen die Tränen. Seit Wochen geht das nun schon so und in den letzten Tagen habe ich es noch intensiver wahrgenommen als davor. Jedes verdammte Mal, wenn ich die Augen schließe. Jedes Mal. Ich will das nicht. Ich möchte Dich nicht sehen „müssen“, möchte mich nicht mit Dir und dem Schmerz und den Erinnerungen und schon gar nicht mit Deinem Tod auseinandersetzen „müssen“. Nein, ich möchte an Dich denken, wenn ich es WILL. Ganz bewusst. Aber ich kann es mir offenbar nicht aussuchen. Du kommst und gehst ja, wann Du willst...

66... Meine Güte... Ich bin so traurig und es tut mir so leid für Dich. :'(
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 16 Juli 2021, 17:47:47
 
Immer wieder kommen alte Gefühle hoch. Gefühle, die ich lange Zeit verdrängt habe, um nicht mehr so sehr zu leiden.
Tief verborgen, vergraben – in eine imaginäre Kiste gepackt und gut verschlossen. Weggeschlossen. Zugang verwehrt.
Gefühle, die sagen:

Ich hab Dich lieb, Mama.
Egal, was Du getan hast,
egal, was gesagt oder nicht gesagt wurde,
egal, wie viel Schmerz in mir war und ist:
Ich hab Dich lieb und werde es immer tun.
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 22 Juli 2021, 18:28:38
 
22. Juli 2021

Heute ist es genau ein halbes Jahr her... Es kommt mir nicht vor, als wäre es schon so lange her.

Ich sehe Dich jeden Tag vor mir. Bilder, Szenen und manchmal höre ich sogar Deine Stimme.
Jeden einzelnen Tag sehe ich Dich...
...und wünsche mir doch nichts mehr als Ruhe.

Ruhe vor der Vergangenheit, ja, endlich Ruhe vor den Erinnerungen und Gefühlen der Vergangenheit. Sie gehören nicht in die Gegenwart... Und doch sind sie immer wieder da.
Wird das jemals vergehen, enden, längere Zeit ausbleiben?

Ich bin immer noch so traurig. :(
Bei allem, was ich mit oder wegen Dir erlebt habe, fühlt es sich falsch an, so traurig zu sein und um Dich zu weinen... Aber das ist es nicht.
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 31 Juli 2021, 21:57:57
 
Ich war gerade dabei, J.s Geschenke auszupacken, als ich plötzlich an meine Mutter denken musste und reflexartig fragte: „Wie spät ist es? Ist es 18:30 Uhr?“.
Er antwortete: „Ja, es ist kurz nach halb. Wieso?“
„In den letzten Jahren hat meine Mutter mir meistens um 18:30 Uhr eine SMS zum Geburtstag geschickt.“

Was war das? Ich hatte überhaupt keine Ahnung, wie spät es ist. Es war einfach nur ein Gefühl, das von einen Moment auf den anderen da war – in Verbindung mit dem Gedanken an meine Mutter.
Manchmal glaube ich wirklich, ich werde verrückt. Sowas kann doch irgendwie nicht sein! Zufall?

„Heute kommt *keine* SMS von ihr. Der erste Geburtstag, an dem ich nichts von ihr hören werde...“ :'(
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 04 September 2021, 17:37:47
 
Gestern waren J. und ich in einer Kirche, die den gleichen Namen trägt wie „unsere“ Kirche hier im Ort.
Das Schöne ist: Die Stadt, in der diese wunderbare Kirche steht, liegt direkt am Meer. An Deinem geliebten Meer.
Ich habe dort eine Kerze für Dich angezündet, an Dich gedacht und mit den Tränen gekämpft.
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 23 September 2021, 02:37:47
 
Oh Mama, wenn Du wüsstest... Wenn Du nur wüsstest, dass mein Gedicht für Dich in einem Buch veröffentlicht wird... Du würdest platzen vor Stolz und weinen vor Glück und Rührung!

Du, deren Welt die Bücher waren und die nicht genug davon bekommen konnte.
Du, die Bücher über alles liebte und mehrere Tausend Stück besaß.
Du, die so fasziniert von Lyrik und Poesie war und auch selber gerne schrieb.

Du würdest Dich geehrt fühlen – das weiß ich ganz sicher.
Mein Gedicht für Dich in einem Buch – mein Geschenk an Dich, mein Andenken oder Gedenken. Von Deiner Tochter für Dich.
Hättest Du das je gedacht, geglaubt, für möglich gehalten?
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 17 November 2021, 17:11:54
 
Der erste Geburtstag, den Du nicht mehr erlebst...
Der erste Geburtstag, an dem ich Dir keine Nachricht schicken werde, weil sie Dich ohnehin nicht erreichen würde...
Der erste Geburtstag, an dem Du kein Zitat Deines Lieblingsschriftstellers Hermann Hesse von mir zu lesen bekommen wirst...

Ich trage heute Deine Ohrringe.

:'(
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 22 Dezember 2021, 19:19:19
 
Gestern habe ich eine Kerze für Dich brennen lassen und wieder kamen mir die Tränen.
Ich weine wirklich immer noch um Dich / wegen Dir. Immer noch – immer wieder.

Es ist schon seltsam... Jetzt, also seit Du nicht mehr da bist, spüre ich einen viel stärkeren „Bezug“ zu Dir als all die Jahre zuvor.
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 18 Januar 2022, 07:22:22
 
In wenigen Tagen ist schon der erste Todestag. :(
Ich muss so oft an sie denken und kämpfe jedes Mal mit den Tränen. :(

Gestern habe ich meinen Bruder gefragt, ob wir uns am 22. treffen wollen – und ja, er wird mit dem Zug kommen und wir werden den Tag zusammen verbringen.
Ich weiß nicht, ob es mir Halt geben oder mich emotional noch „zerbrechlicher“ machen wird, ihn zu sehen.
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 22 Januar 2022, 04:25:25
 
22.01.2022

Ein Jahr ist es nun her.

Ich denke an Dich, Mama.
Genau jetzt. Um 04:25 Uhr.

Meine Kerze für Dich brennt und die beiden türkisfarbenen Fische liegen daneben.
Ich werde eine Zigarette für Dich rauchen. Das hast Du nämlich genauso gerne gemacht wie ich.
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 02 Februar 2022, 17:57:57
 
Heute wollte ich Pflanzensamen für den Garten kaufen. In dem Laden, in dem ich war, gab es leider keine große Auswahl. Aber es gab dort Blumensamen, unter anderem eine Astern-Mischung. Ich hatte nicht vor, im Garten Astern zu pflanzen, zumal sie auch nicht zu meinen Favoriten gehören. Aber als ich sie sah, hatte ich das Gefühl, ich „müsste“ es tun. Es waren Deine Lieblingsblumen. Ich werde sie für Dich pflanzen.

Es kommt mir verrückt vor... Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas jemals für Dich bzw. Deinetwegen tun würde. Und nun war es mir einfach ein Bedürfnis.
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 24 Februar 2022, 12:37:47
 
Die Asternsorte, die ich für Dich besorgt habe, kann man schon ab Ende Februar im Haus vorziehen.
Das habe ich heute Vormittag gemacht. Erstmal nur drei Blumentöpfe. Die restlichen Samen werde ich Ende April direkt im Garten aussäen.

Für Dich...
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 03 Mai 2022, 04:14:14
 
Wie ein roter Faden

Noch einmal mit Dir sprechen
Das wünsch' ich mir so sehr
Es lässt sich nicht mehr brechen
Das Schweigen wiegt so schwer

Ich bleib' allein mit dieser Last
Der Schmerz wird nicht vergeh'n
Du hast ihn nie erspürt, erfasst
Nur Tränen laufen seh'n

Zu viel Leid mir aufgeladen
Mit Kummer mich berührt
Immerzu der rote Faden
Zum Abgrund mich geführt

Wie soll ich finden, was mir fehlt
Im Tun, im Sein, in mir?
Wie werd' ich los, was mich so quält
Wenn Du's nicht nimmst zu Dir?


03.05.2022
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 30 Mai 2022, 21:37:47
 
So gerne würde ich diese Lieder von damals noch ein einziges Mal für Dich singen können! :'(
Nur ein einziges Mal...
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 15 Juli 2022, 17:17:17
 
Die Astern, die ich für Dich gepflanzt habe, sind inzwischen schon ziemlich groß geworden und bekommen jetzt endlich (!) Blüten!
Sie sind noch nicht aufgegangen, aber es wird höchstens noch zwei oder drei Tage dauern, schätze ich.
Ich hatte schon gar nicht mehr damit gerechnet, dass das noch was wird.
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 22 Juli 2022, 20:37:47
 
Heute ist „es“ genau anderthalb Jahre her – und gerade habe ich gesehen, dass sich heute die erste Asternblüte geöffnet hat.

https://bilderupload.org/image/f41f14871-img-5389.jpg
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 17 November 2022, 17:11:54
 
Hier brennt eine Geburtstagskerze für Dich...
Und ich trage wieder Deine Ohrringe.

:(
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 24 Dezember 2022, 22:07:27
 
Als ich heute zum Weihnachtsgottesdienst gegangen bin, habe ich Deine Ohrringe getragen.
Ich habe Dich mitgenommen, weil ich weiß, dass Du es schön gefunden hättest, Weihnachten in die Kirche zu gehen. Auch, wenn Du das mit mir / uns nie gemacht hast...
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 22 Januar 2023, 17:27:37
 
Zwei Jahre ist es nun schon her, dass Du gehen musstest.

Ich denke an Dich – fast jeden Tag.
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 10 September 2023, 16:26:36
 
„Geh aus, mein Herz, und suche Freud
in dieser lieben Sommerzeit
an deines Gottes Gaben;
Schau an der schönen Gärten Zier,
und siehe, wie sie mir und dir
sich ausgeschmücket haben.“

(© Paul Gerhardt)


Wann immer es im Gottesdienst gesungen wird, muss ich an Dich denken, denn Du hast dieses Lied geliebt.
Und ich höre und singe es inzwischen auch sehr gern. Heute hat es mich ziemlich traurig gestimmt...
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 21 September 2023, 19:19:19
 
Manch ein Traum kann so Augen öffnend sein...

Ich wünsche Dir einen Himmel voller Liebe, die Du „hier unten“ nicht bekommen hast.
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 12 November 2023, 17:37:47
 
Kann es nicht langsam mal aufhören mit der Traurigkeit? Immer wieder diese Gedanken an Dich, die mich umgehend traurig machen und mir meistens sehr schnell die Tränen in die Augen treiben... Ich wünsche mir einfach nur, dass es endlich aufhört und ich nicht immer wieder traurig darüber bin, dass es so ist, wie es ist. Ändern kann ich es ja doch nicht...
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 17 November 2023, 21:31:41
 
Deine Kerze brennt. Eine Kerze in Türkis. In Deiner Farbe. Ein Licht in der Dunkelheit. Ein Licht in der Traurigkeit.
Deine Ohrringe trage ich heute auch wieder.

Wie gerne hätte ich heute zu Deinem Geburtstag ein Zitat von Hermann Hesse für Dich ausgesucht und es Dir per SMS geschickt. Du hast Dich immer darüber gefreut, dass ich mich zumindest an diesem einen Tag im Jahr bei Dir gemeldet habe...

Wie gerne würde ich noch einmal mit Dir sprechen... Vielleicht irgendwann, wenn ich auch „drüben“ bin...
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 13 Dezember 2023, 21:37:47
 
Ich bin so oft in Gedanken bei Dir... Und so oft überkommen mich dann die Tränen. Ich muss sie häufig zurückhalten, weil sie in den unpassendsten Momenten kommen.

In der großen Kirche am Marktplatz brannte gestern ein Kerzchen für Dich. Manchmal brauche ich das einfach...
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 22 Januar 2024, 05:47:37
 
Heute ist Dein dritter Todestag. Wirklich? Schon der dritte? Ist es tatsächlich schon drei Jahre her? Es fühlt sich nicht so an. Auch wenn es nicht mehr so “akut” wie vor drei Jahren ist: Ich denke immer noch sooo oft an Dich und muss auch immer noch häufig weinen. In letzter Zeit kam es mir manchmal vor, als würde ich ganz plötzlich Deine Gegenwart spüren. Ein eigenartiges Gefühl ist das…
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 22 Januar 2024, 13:57:57
 
Ich habe heute Vormittag in einer großen Kirche im Osten eine Kerze für Dich angezündet und ein paar Zeilen ins Gedenkbuch geschrieben…
 
Titel: Re: Mama
Beitrag von: Ina am 11 April 2024, 17:27:37
 
Es ist schon eigenartig, wie Du immer wieder in meine Gedanke kommst und wie sich meine Gedanken über Dich in mancher Hinsicht doch verändern.
Ich weiß nicht, ob sich meine Gedanken in eine Richtung verändern, in der ich Dich gerne gesehen hätte (!) oder ob sich meine Sicht verändert, weil ich nun einen anderen Abstand zu Dir und all dem Erlebten habe.