Nur Ruhe - Selbsthilfeportal über Depressionen und Selbstmord

Allgemeines Nur-Ruhe Forum => Gedichte => Thema gestartet von: Jaycee am 25 März 2021, 14:56:30

Titel: Gedankenpalast
Beitrag von: Jaycee am 25 März 2021, 14:56:30
Ich habe noch nie wirklich Gedichte geschrieben. Ich bin mir auch nicht sicher was das hier ist, was ich schreibe - aber ich finde momentan kaum einen anderen Weg etwas loszuwerden. Es ist nur ein Versuch.



Diese Wand dort müsste weiß sein,
nicht aus dem Stein, den ich so oft in meinen Träumen sehe.
Dort drüben müsste ein Teppich liegen,
doch nun sehe ich dort nur das Holz, mit all seinen Details.
Neben mir sollte eine Sammlung an Büchern sein,
doch kann ich keinen einzigen Titel sehen.

Es sollte nach Zuhause riechen,
nach Vertrautem und Bekannten.
Nicht nach altem Gebäude und seinem Schweiß.
Ich müsste die Vögel hören,
und das Rauschen der Autobahn hinter dem Haus.
Doch höre ich nur Atem
und zwei Worte – dann fünf.

Ich war allein, doch nun?
Nun spüre ich den Atem an meinem Hals,
den festen Griff an meinem Körper,
die Hände an Hals, Gesicht und überall
Den plötzlichen Schmerz, der sich durch meinen Körper zieht

Ich sehe diese Augen
voller…ja was überhaupt?
Ist es Wahn, oder sogar Stolz?
Das Lächeln, das ich nie erwidern könnte

Es ist nicht echt.
Ich kenne das, es ist der Alltag.
In wenigen Minuten ist es vorbei
und ich gehe durch die Welt,
als wäre es nicht ein Teil von mir.
Ich weiß, es ist nicht echt.

Doch dann.
Um mich herum nur grün
Blätter, Bäume, Gras.
Es riecht nach Wald und Erde
Ich kenne diesen Ort.
Ich fühle mich gut, sicher
hier bin ich doch immer, wenn etwas nicht stimmt.
Wenn ich nirgendwo herein passe
und lieber allein mit mir bin.

Nur passt der Atem nicht
der Schmerz, die Augen
Diese Stimme die mir sagt
„Ruhig, halt endlich still“
Nichts ist mehr sicher.

Und dieses Mal weiß ich nicht
Ist es echt?
Ist es ein neuer Teil meiner Welt
Ein Teil meiner Vergangenheit?


25.03.2020
Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: Ina am 25 März 2021, 16:00:16
 
Danke, dass Du diese intimen Gedanken mit uns teilst, liebe Jaycee. Ich finde das sehr mutig von Dir!

In manchen Zeilen finde ich mich wieder... Daher gleich noch einmal danke!

(Und ob das nun ein Gedicht ist oder nicht, spielt doch gar keine Rolle.)
 
Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: RockingBuddha am 25 März 2021, 16:03:16
Hey ho Jay,

ein richtig starker Beginn deines kreativen Schaffens.
Ich hab beim Lesen den Eindruck gewonnen, dass dieses Gedicht nur so vor Persönlichkeit trieft und das meine ich total positiv. Je mehr persönliche Emotionen mitschwingen, desto mehr Herz trifft den Leser (und desto besser kannst du damit für dich selbst verarbeiten). Besonders positiv ist das Wechselspiel zwischen Dunkelheit und darin eingebettete Hoffnung (so interpretiere ich es), die vermutlich aus deiner inneren Zerrissenheit kommt.
Daumen hoch von meiner Seite. Du solltest weiter schreiben, es ist Ablenkung und ein Stück weit Verarbeitung, von der du sicher profitieren kannst.
Talent dazu hast du auf jeden Fall.
Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: ToteMoewe am 25 März 2021, 17:43:49
Du weißt, dass ich so unglaublich stolz auf dich bin, weil du so mutig bist.
Deine Worte sind wirklich schön und berührend.

Ein Weg scheint manchmal so verwuchert, dass es scheint, als gäbe es ihn gar nicht.
Aber es gibt ihn und er führt dich weiter.
Dein Boot trägt dich.
Und die Sterne leuchten, damit du sehen kannst, wohin du trittst und welche Worte sich dir anschließen.

Ich hoffe, das Schreiben hilft dir weiterhin - du kannst es!

Ich umarme dich von hier aus und denke an dich!! <3
Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: Jaycee am 25 März 2021, 18:28:44
Ich danke euch allen, so sehr. Viel mehr kann ich dazu gar nicht sagen - einfach Danke. Ich weiß eure Worte sehr zu schätzen.
Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: Jaycee am 26 März 2021, 14:04:22
Ich denke ich sollte noch zusätzlich eine Triggerwarnung aussprechen für meine Werke.


Alles ist still.
Nur das Zwitschern der Vögel
Und das Rauschen der Blätter
Ein warmer Sommerwind,
Über uns ein violetter Himmel

Alles ist starr.
Nur du bewegst dich
In einem unerträglichen Takt
Du bist zufrieden
Während die Seele tief in mir stirbt

Alles ist still.
Nur in meinem Kopf tobt ein Sturm
Zwei Stimmen, die unaufhörlich sprechen
"Das ist das Ende, das ist dein Tod"
"Hab keine Angst, es geht vorbei"

Alles ist starr.
Nur ein Zucken vor dem Aufgeben
Kein Muskel wagt mehr sich zu bewegen
Wer kann schon sagen was dann passiert
Doch wird mein Warten später zu meiner Schuld

Heute ist ein neuer Tag.
Was gestern war ist nicht mehr real
Einzig das Blau an meinem Körper
Ähnlich unserem violetten Himmel
Und ein Blick in meine Augen zeigt
Gestern war einmal real.

26.03.2021
Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: Jaycee am 27 März 2021, 13:07:27
Wenn ich könnte, würde ich dir Atem geben.
Dass du deine Augen öffnest
Sie wieder deine Stimme hören.
Dass du in der Sonne tanzt
Ihnen dein helles Lächeln zeigst.
Wenn ich könnte, würde ich ihr Atem geben.
Dass sie ihre Augen öffnet
Ein Licht sieht in der Dunkelheit.
Dass sie wieder sprechen kann
Ohne an den Tränen zu ersticken.
Wenn ich könnte, würde ich euch Hoffnung geben.
Dass ihr wisst, ihr steht nicht da
alleine in dem schwarzen Loch.
Dass ihr wisst, wir fangen euch
Egal wie lang ihr fallt.
Wenn ich könnte, würde ich die Schwere nehmen.
Von euren Schultern, euren Herzen
Einen Tag euch geben,
Zum Atmen, Ruhen, Reden.
Wenn ich könnte, würde all das geschehen.
Auch wenn keiner von uns es kann
So können wir nur immer sagen
Wir nehmen einen Teil der Schwere
Und geben euch ein Stückchen Atem
Dass ihr den Weg zur Hoffnung findet.

27.03.2021
Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: Bella am 28 März 2021, 12:12:15
Liebe Jaycee,

vor allem dein letztes Gedicht spricht mich sehr an, aber auch die anderen davor. Du schreibst sehr gut und drückst deine Erlebnisse und Gefühle sehr gut aus. Das wollte ich dir einfach nur mal sagen. :)

LG Bella


Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: Jaycee am 28 März 2021, 13:11:30
Ich danke dir Bella. Es freut mich sehr das zu hören!
Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: Jaycee am 06 April 2021, 15:38:08
Eine offene Tür, ein warmer Raum.
Den Zutritt hab ich mir hart erkämpft
Ich weiß, es ist mein Platz.
niemand sonst kann hier hinein.

Es ist mein selbst erbauter Raum
eine eigene Welt, mit eigenen Regeln
die Anderen hier sind genau wie ich
Verständnis auf eine andere Art.

Die Tür ist offen, jederzeit
Der Weg nach draußen nicht sehr weit.

Doch wenn ich gehe, was bleibt mir dann?
Die Tür schlägt zu, der Schlüssel fehlt.
Kein Teil bin ich dann mehr von dieser Welt
Bin nicht mehr wie die Anderen dort.

Also bleibe ich.
Zu groß die Angst mein Ich zu verlieren
Und doch sehe ich immer wieder zur Tür
Ist es dort vielleicht doch so warm wie hier?

(06.04.2021)
Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: Jaycee am 08 April 2021, 23:36:37
Du lachst,
Über Worte die mir die Kehle zuschnüren
Du lachst.

Ich lache,
auch wenn ich lieber weinen will.
Ich lache.

Ich lache,
während in meiner Hand das Silber zittert
Ich weine.

(08.04.2021)
Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: Jaycee am 27 April 2021, 10:56:38
Das Kissen unter meinem Kopf
und die Decke unter der ich mich verstecke
scheinen zu verschwinden

Das Kissen wird zu Gras
Die Decke zu frischem Sommerwind
Neben mir die große Eiche

Es ist wie eine Gute-Nacht-Geschichte
Ein alltägliches Ritual, ohne das es niemals Nacht wird
Doch ist es nichts, was mir je fehlen würde

Es ist die Ermordung meiner Seele
War es und wird es immer sein
Ein andauernder Schmerz

Nun bin ich gefangen in mir selbst
Will nur meinem Körper entflieh‘n
und dem Ekel vor dem Menschen, der ich bin

Ein Mensch hat nur zwei Hände
Doch seine sind doch überall zugleich
Die Geschichte nimmt ihren Lauf

Es wird mal einen Abend geben
Da werde ich die ganze Geschichte kennen
Nicht nur immer die gleichen Teile hören

Wenn dieser Abend kommt,
ist eine weitere Geschichte beendet
Und ich höre sie mir weiter an
Bis eine andere neu beginnt

(27.04.2021)

Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: Jaycee am 16 Juni 2021, 23:45:33
"Du bist eine Überlebende."

Vier Worte, denen ich keinen Glauben schenke.
Vier Worte, die nicht mir gelten können.
Nur ein großes Warum steht als Antwort -
Widersprechen vier Worte doch all dem
Was ich eigentlich spüre.

"Du warst dort, wo das Leben ferner war als der Tod
Momente, in denen du keine Möglichkeit mehr hattest.
Egal ob Glück oder Unglück, ob du willst oder nicht
Du bist eine Überlebende.

Ein Griff, der blau hinterließ
Der den Atem raubte
Der ein Ende hätte sein können

Das Metall, welches in der Sonne glänzte
Welches bedrohlich immer näher kam
Welches mehr Macht hatte als er selbst

Du bist eine Überlebende."

Es ist Unglück
Ich will es nicht.
Das Wort ist stark
Ich bin es nicht.

Überlebende?
Nein, das kann nicht sein.
Das Leben fühlt sich anders an,
Also - was ist es dann?

(16.06.2021)
Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: Jaycee am 28 November 2021, 20:08:03
Ich lass dich gehen.
Auch wenn du mir Sicherheit gibst,
wenn du die erste bist, die mich zum Lachen bringt
wenn du mir zeigst, dass ich wieder leuchten kann.
Ich lass dich gehen.

Weil sie dort bei dir ist.
Weil sie schon immer bei dir war,
auf dich achten kann, wenn ich so weit fort bin
weil du bei ihr keine Sehnsucht spüren musst

Weil ihre Seele so schwer und traurig
so voller Leid und Schmerz ist
Weil sie allein in dieser Welt zurückblieb
und ich dich ihr nicht nehmen will

Weil ich für dich vielleicht nicht mehr als ein Moment bin
eine Fremde, ein bisschen Freude
Weil ich mich schützen will, vor noch mehr Traurigkeit
Weil ich nicht glauben kann, dass du mich liebst.

So sitz ich hier allein und sag
„Ich lass sie gehen“
Gebe ihr das Glück, was ich für einen Tag spüren durfte
Und weine still, während ich sage, dass es in Ordnung ist.

(28.11.2021)
Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: Jaycee am 16 Dezember 2021, 14:15:14
             Ich hasse sie.
Habe das Gefühl ich wäre tot
Darf mich nicht beschweren
             Nichts.
Ständig sagen alle ich soll
Was wissen sie schon?
Es wird alles vorbei sein
Ich musste es selbst durchstehen
Jetzt verabscheue ich mich.

Unmöglich mich zu erreichen
Gefühl der Schuld
             Nichts.
Ein Versuch der Möglichkeit des Lebens
Hätten fast nichts mehr
Leben lebenswert, alte Fehler nicht wiederholen
Ersetzen?

Was haben wir jetzt?
             Nichts.
Es ist am einfachsten nichts zu tun
Nichts zu sagen
Über niemanden zu urteilen
Niemanden zu lieben.

Und dann war's das.

(16.12.2021)
Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: Jaycee am 17 März 2022, 20:23:18
Das Gefühl völlig egal zu sein.
Du siehst die Menschen um dich rum
Wie sie reden, weinen, verzweifeln, fragen.
Wie sie helfen, trösten, zuhören, antworten.
Nur du stehst still.
Drehst dich um dich selbst, sprichst in die Leere
denn selbst wenn man dich hört, hört es doch keiner.
Du bleibst allein. In deiner Stille.
Es interessiert niemanden.
Und das wird immer so sein.
Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: ToteMoewe am 17 März 2022, 20:46:03
Du bist mir wichtig.
Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: Jaycee am 01 Mai 2022, 11:21:30
Warum bleiben
Wenn dich keiner wirklich kennt
Du ein Schatten deiner selbst
In deiner eig'nen Welt
Kein Laut, kein Licht
Nur Dunkelheit
Und deine Worte
Verhallen doch im Nichts
Also warum bleiben
Wenn es doch schon jetzt
Nichts mehr ist
Titel: Re: Gedankenpalast
Beitrag von: Jaycee am 25 Oktober 2022, 16:15:14
Und wieder liege ich nur hier und warte. Stunde für Stunde. Einfach nur…worauf eigentlich?
Dass der Tag vorbei geht.
Ich kenne die Farbe der Wand ganz genau, das Muster der Tapete. Den Stoff der Bettdecke und die Geräusche des Hauses.
Und während Stunde für Stunde vergeht, legt sich ein Stein auf den nächsten. Große und schwere Steine, die für Schutz sorgen könnten, es aber doch nicht tun. Sie bilden die Möglichkeit mir ein Messer in den Körper zu bringen, welches sich Stunde für Stunde genauso dreht, wie der Zeiger sich auf der Uhr weiterbewegt. Kein Schmerz, der einen töten könnte, nein, denn das wäre zu gnädig. Eher ein immer weiter andauernder Schmerz, der aber nie so gering ist, dass er in den Hintergrund rückt. Etwas, was einen immer weiter von innen zerreißt, doch von außen bleibt man eins.
All diese Risse und Schnitte sind vielleicht nicht sichtbar, doch ich sehe sie. Ein roter Faden der sich durch mich zieht, den ich einfach nur sichtbar machen möchte, und es doch nicht tue. Denn was würde es schon noch bringen.
Und mit jedem Moment. Moment. Mit jedem Moment dreht sich alles unaufhörlich weiter, es ist wie ein Stachel, der mit jedem Moment ein Stück tiefer geht.
Wie tief kann es gehen, bis es nicht mehr zu entfernen ist?
Wenn es nicht mehr zu sehen ist.
Mit jedem Moment entgleitet ein Stück des Inneren weiter, nein, ich habe nicht mehr das Bedürfnis es bei mir zu halten. Das alles gehört nicht zu mir, ist nur ein Teil von mir, doch bei allem was ein Teil von mir ist, ist das nur ein winziges Stück.
Was mache ich, wenn nichts mehr zu sehen ist? Mich der Schutz der Steine versteckt, der letzte Stein gelegt, und der Stachel sich immer weiter dreht. Warte ich dann weiter nur? Warte, während alles in mir zerreißt, mich niemand mehr sieht oder erreicht?
Ich möchte nichts. Nicht den roten Faden, nicht den Stachel ziehen, nicht einmal komplett loslassen. Ich liege nur hier und warte.
Denn was würde es schon noch bringen.
Und während der Zeiger sich wieder ein Stück bewegt, spüre ich in meinem Körper dieses Gefühl. Nur zu bekannt, aber nicht zu beschreiben. Ich sehe nur vor meinem Auge, wie sich Stein auf Stein legt und weiß.
Viel Platz ist nicht mehr.


Spoken Word, 24.10.2022