Hallo Kleines
Deine Worte haben mich sehr berührt.
Emotional vernachlässigt zu werden ist etwas vom Schlimmsten, was man einem Kind antun kann. Man weint innerlich Tag für Tag und keiner sieht es , oder will es wahr haben.
Vorweg, wir haben kein Mitleid, sondern Mitgefühl, viele können sehr gut nach vollziehen was du durchgemacht hast, weil fast alle hier sehr feinfühlig sind. Es ist klug, dass du dich entschlossen hast hier darüber zu schreiben, denn es erleichtert vieles es jenen zu erzählen, die mehrheitlich ebenfalls betroffen sind. Man muss sich nicht andauernd rechtfertigen, es wird nicht ständig bagatellisiert und tut einfach nur gut die belastenden Dinge , die man oft jahrelang in sich hinein gefressen hat, endlich los zu werden.
Wenn man irgendwo davon erzählt dann sagen Einige:" ach, alle Eltern machen Fehler, nimm es nicht so tragisch, du musst es vergessen, ist doch schon ewig her, was bringt es den alten Sachen nach zu hängen, sieh vorwärts, es war doch nicht so schlimm, was genau wirfst du ihnen denn vor, du hattest doch alles..."
Wenn man oft solche Sprüche hört schweigt man irgendwann lieber, als das man sagt; wie konnten sie mir dies bloß antun.
Emotionale Verletzungen sind sehr schwer zu fassen, schwer zu erklären, scheinen harmlos und dennoch vergiften sie einen von innen. Ich leide auch immer noch, unter den von meiner Mutter zugefügten Verletzungen, diese sind meiner Meinung nach am Schwersten zu verarbeiten und das ist es, was man schlussendlich tun muss, man muss die entstandenen Wunden verheilen lassen. Daran führt leider kein Weg vorbei.
Hier ein Buchtipp dafür "Susan Forward, vergiftete Kindheit, Elterliche Macht und ihre Folgen: Vom Mißbrauch elterlicher Macht und seinen Folgen", es hat mir sehr viel gebracht die Zusammenhänge zu verstehen und es zu verarbeiten.
http://www.amazon.de/Vergiftete-Kindheit-Elterliche-Mißbrauch-elterlicher/dp/3442124425
Meine Mutter war auch total überfordert mit Kinder und Beruf und mit ihren Männern und sie war neben anderem verbal sehr gewalttätig, hat mich so dermaßen klein und unwichtig gehalten, dass ich selber lange glaubte, wirklich so ein Nichts zu sein wie sie mich darstellte.
Ich finde es gut, wenn man es hier so offen schreiben kann, denn es hat auch Mütter hier wie überall, die ihre Kinder emotional verletzen. Vielleicht regt es sie zum Denken an und sie werden vorsichtiger mit ihren Äußerungen.
Vordergründig und im Beisein von anderen Leuten, gab sich meine Mutter immer sehr fürsorglich und liebenswürdig. Aussenstehende dachten immer ich hätte eine super tolle Mama, sie sah auch noch sehr gut aus und sie hätte es wohl lieber gehabt, wenn die Leute dachten, dass ich ihre kleine Schwester und nicht ihre Tochter wäre. Sie war 19 als sie mich bekam.
Manchmal kam ich aus dem Staunen nicht heraus und ich hoffte, dass sie immer so freundlich bleiben würde, aber leider änderte sich dieser Zustand mit dem Schließen der Haustüre.
Jedes böse Wort, jede Nichtbeachtung, jeder Liebesentzug, jede Gesprächsverweigerung hinterlässt Wunden in uns, die manche ihr ganzes Leben mit sich tragen.
Meine gesamte Kinderzeit hindurch habe ich mich, wie du auch in meine Fantasiewelt geflüchtet, ich las ein Buch nach dem anderen, nur darin fühlte ich mich, wenn ich mit den Helden in meinen Romanen lebte. Immer wenn ein Buch zu Ende war übermannte mich die Leere und grenzenlose Traurigkeit und ich konnte sie nur durch ein neues Buch besiegen. Darum las ich alles was man in die Finger bekommen konnte.
Meine Mutter hingegen bemühte sich auch dies noch schlecht zu machen, wenn ich irgendetwas erzählte, fragte sie mich oft im Beisein von anderen, ob ich diese Weisheit aus dem Mickey Mouse Heft hätte..., was natürlich alle immer lustig fanden.
Aber ich will nun nicht schon wieder von mir erzählen, davon gibt es schon genug in diesem Forum.
Aufgrund meiner Erfahrung kann ich dir nur raten, den Schmerz um deine Kinderzeit und vermutlich auch Teenagerzeit zuzulassen und über das Verlorene zu reden und zu weinen. Die Kleine in dir liebevoll in den Arm zu nehmen, um gemeinsam mit ihr zu wachsen und es endgültig hinter sich zu lassen.
Leider geht es nicht so schnell wie man oft gerne möchte, aber einmal angefangen rollt der Stein und wird immer schneller, bis er irgendwann zum Stillstand kommt.
Mir hat sehr geholfen die Situation und Lebensumstände in der sich meine Mutter damals befand genauer zu betrachten, nicht dass ich ihr Verhalten irgendwie beschönigen, oder entschuldigen möchte, aber ich erkannte wie sehr sie mit ihrem eigenen Leben nicht zurecht kam und dieses Verstehen hat mir schlussendlich geholfen die Dinge klarer zu sehen. Manche sollten einfach keine Kinder zeugen, bevor sie ihre eigenen Altlasten bewältigt haben, denn Kinder helfen nicht dabei, sondern sind eine zusätzliche Überforderung und Last, der manche Eltern einfach nicht gewachsen sind und dann ihren eigenen unverarbeiteten Schmerz genau so weitergeben, wie wir dies tragischerweise erlebten.
Es reicht bei weitem nicht Kinder nur zu ernähren und zu kleiden, es reicht auch nicht sie nicht zu schlagen.
Kinder-Seelen sind so empfindlich wie die Blütenblätter des Schlafmohns, schon ein heftiger Windstoß kann sie zerknittern und zum Fallen bringen.
Alles Liebe Dir
Epines