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Depressionen und Partnerschaft

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opi:
Hallo, interessantes Thema

bin schwerst depressiv (wahrscheinlich therapiresisistent) und hab ne kPTBS. Das aber "zum Glück" erst seit 3 Jahren. So konnte ich den Großteil meines Lebens relativ normal hinter mich bringen.

Solange es mir gut ging lebte ich immer in relativ geordneten Beziehungen. Von meiner letzten habe ich mich trennen müssen als ich erkannte, wie es um mich steht. Alles im Guten. Ich mag so Frauen, die ganz fest im Leben stehen und das letzte was sie brauchen ist ein Mann. Tja und ihr dann  sowas antun wie meinen jetzigen Zustand, das konnte ich nicht. Bin auch froh drüber, sie hat einen neuen Partner und ist gücklich. Wenn meine Partnerin ne Krankheit hätte, würd ich sie nie deswegen verlassen. Aber nun hab ichs mit der Psyche, das will ich keinem antun.  Als ich noch völlig "normal" war, bin ich mal ner Boarderlinerin verfallen ohne die geringste Ahnung von sowas und selbst fast draufgegangen...  Jedenfalls hab ich mich von meiner Freundin getrennt. Aus Liebe zu ihr.
Ne Partnerschaft leidet unter Depression. Ich bin so ein Typ, der den den anderen damit nicht belasten kann. Wenn ich unheilbar Krebs hätte, würde ich auch irgendwo heimlich und alleine sterben wollen. Andersrum natürlich nicht. Für meine Liebste wäre ich natürlich da...
Jetzt sieht es natürlich ganz anders aus. Durch meine Ängste kann ich ja nun kaum aus dem Haus, hab mich von allen Freunden getrennt, Familie ist tot und ich sitz hier in völliger Einsamkeit. Aber ich find es nicht schlimm irgendwie. Um nicht zu verblöden, lern ich neue Musikinstrumente, male, beschäftige mich mit Kunst, steh stundenlang in der Küche und koche ohne daß einer meckert. 
Und nun wird es ganz verrückt... War immer mitten im Leben, ganz unruhiger Geist. Jetzt bin ich depressiv, höchstgeradig emphatisch und sensibel. Meine einzigen Kontakte sind die Leute in der Therapie und wenn ich immer mal wieder stationär in der Klinik bin. Richtige Freunde in meinem Leben waren immer weiblich. Und dort lern ich nun die tollsten Frauen kennen. Mit diesen kommt man ungemein gut klar. Ich mein das jetzt ohne Hintergedanken. Aber durch die Krankheit kommt man sich seelisch mitunter ganz schnell nah. 
Jetzt hab ich eine Art Beziehung mit ner "Betroffenen" seit gut 2 Jahren. Aber ob das gut ist , weiß ich auch nicht. In vielen Dingen versteht man sich blind, aber auf Dauer.  Ich weiß es nicht...  Depression und Partnerschaft verträgt sich irgendwie wohl leider nicht. Obwohl es gerade in der situation sicher das beste ist, was es gibt.  Es ist so scheiße kompliziert...
Nur mal Deine letzte Frage @InaDiva  : Ja, man kann auf einen stärkeren Zusammenhalt in der Depri zurückblicken. Weil die Krankheit die Seele öffnet. Und nein,es geht an den Baum, weil die Krankheit die Seele öffnet...

Aber ich glaub, wenn beide betroffen ist hat man ne Chance, manches besser durchzustehen...

Ina:
 
Der Thread ist nun schon einige Monate alt, aber ich möchte mich noch für Eure Beiträge bedanken! Ich fand (und finde) es sehr interessant, zu lesen, wie sich die Depression auf Eure Beziehung auswirkt (bzw. in vergangenen Partnerschaften ausgewirkt hat) und möchte nun auch gerne noch von meinen eigenen Erfahrungen berichten, die ganz unterschiedlich ausfielen.


Meine erste Beziehung hielt knapp vier Jahre. Nicht nur ich war damals schon depressiv, sondern auch er. Anfangs haben wir darin tatsächlich einen "Vorteil" gesehen, denn endlich hatten wir jemanden gefunden, mit dem wir über unsere Depression sprechen konnten; der uns einfach angenommen und verstanden hat; vor dem wir wir selbst sein durften und dem wir auch die "dunkle" Seite unserer Seele zeigen konnten, ohne für unsere Gedanken und Gefühle verurteilt oder abgelehnt zu werden. Wir haben unzählige Gespräche über unsere Depressionen und Ängste geführt, haben uns von unserer Vergangenheit erzählt und uns im Laufe der Jahre eben wirklich (!) kennengelernt – mit allen Facetten, in aller Tiefe. Daraus ist ein enormes Vertrauen auf beiden Seiten erwachsen und eine sehr innige Bindung zwischen uns entstanden.

Wir waren einander aber nicht nur ein Halt und Trost, sondern haben uns oftmals auch ungewollt gegenseitig heruntergezogen. Antriebsarmut, Lustlosigkeit, Freudlosigkeit und Interessenverlust, aber auch nicht zu unterschätzende Schlafstörungen – typische Symptome der Depression – waren bei uns beiden sehr stark ausgeprägt und haben dazu geführt, dass wir uns immer mehr in unsere eigene kleine Welt zurückgezogen und uns auseinandergelebt haben.

Zudem war ich mit meinen Verlustängsten eine große Belastung für ihn; noch mehr aber wohl mit meinen anhaltenden Suizidgedanken, die leider auch mit konkreten Plänen einhergingen. Ich wiederum habe sehr unter seinen Kommunikationsschwierigkeiten gelitten – darunter, dass er sich mehr und mehr verschlossen hat (das lag nicht mal speziell an mir, sondern betraf alle seine Kontakte), sich bei Problemen lieber zurückgezogen hat, anstatt mit mir zu reden, mir auch auf direkte Nachfrage keine Antworten auf meine Fragen geben wollte oder konnte usw... Schwierig war für mich außerdem, dass er sehr viel weniger (körperliche, aber auch seelische) Nähe zulassen konnte und wollte, als ich gebraucht hätte und mir gewünscht habe.

Diese Probleme waren alle auf unsere psychischen Erkrankungen zurückzuführen. Einerseits hat uns die Depression sehr eng zusammengebracht und verbunden, andererseits hat sie verhindert, das, was wir uns aufgebaut hatten, aufrechtzuerhalten und weiter zu vertiefen. Sie hat uns nicht unbedingt auseinandergebracht, die Beziehung aber ziemlich geschwächt. Es gab sehr vieles, was einzeln betrachtet nicht dramatisch gewesen wäre, zusammen aber eine geballte Ladung beziehungsschädigender Faktoren ergeben hat. Die ausschlaggebenden Gründe für die Trennung waren andere, auch wenn sie zum Teil (im weitesten Sinne) vermutlich (!) doch irgendwie damit zusammenhingen.

Die Trennung liegt nun zehn Jahre zurück, aber wir haben uns nie aus den Augen verloren. Ganz im Gegenteil! Heute pflegen wir – Lars und ich – eine sehr intensive Freundschaft und verstehen uns hundertmal besser als damals! Niemand kennt mich so genau wie er, niemand steht mir näher als er – und umgekehrt bin auch ich für ihn der Mensch, der ihm am nächsten steht und am vertrautesten ist.

Auf der rein menschlichen oder auch freundschaftlichen Ebene haben uns unsere Depressionen keine oder kaum Nachteile gebracht; vielmehr hat sie unsere Verbindung sehr vertieft. Für unsere Partnerschaft war sie letztlich aber eher ein Fluch...


Teil 2 folgt etwas später...
 

Ina:
 
In meiner zweiten Beziehung, die ich nach nur zwei Jahren beendet habe, waren die Depressionen tatsächlich ein sehr großes Problem. Oder war das Problem vielleicht doch eher der Mann an meiner Seite? Unterm Strich würde ich sagen: Wenn ein hoch emotionaler Mensch und ein Mensch, dem der Zugang zu seinen eigenen Emotionen fehlt, zusammenkommen, kann das nicht (lange) gut gehen...

Zu Beginn der Beziehung dachte ich, er täte mir gut. Wir haben viel zusammen gelacht, ich wurde wieder etwas aktiver und habe sogar neue Menschen kennengelernt. Seine positive Einstellung zum Leben hatte zeitweise durchaus auch auf meine eigene Stimmung einen positiven Effekt und ich hatte den Eindruck, es könnte gut für mich sein, mit jemandem zusammen zu sein, der selber nicht von Depressionen betroffen ist. Zu dem Zeitpunkt war mir allerdings noch nicht bewusst, dass er komplett dichtmacht, wenn es gedanklich und emotional etwas weiter in die Tiefe geht.

Von Depressionen wollte er nichts hören – er hat das alles nicht ernst genommen, konnte und wollte (!) es nicht verstehen und hatte kein Interesse daran, sich damit auseinanderzusetzen. "Lach doch einfach mal!", "Denk doch einfach positiv!", "Das Leben ist schon schwer genug, da muss man sich doch nicht auch noch freiwillig selber Probleme machen!", "Hör doch einfach auf, ständig nachzudenken!" usw. waren typische Sprüche, die ich häufig von ihm zu hören bekam. Er war der Meinung, ich müsse mir nur Arbeit suchen und alle meine Probleme wären gelöst...

Dass mir diese Floskeln und seine teils sehr abwertenden Sprüche keine Hilfe waren, sondern sich nur zusätzlich negativ auf mein Befinden ausgewirkt haben, brauche ich Euch wahrscheinlich nicht zu erklären...

Wenn es mir schlecht ging, hat er sich entweder aufgeregt, mir Vorwürfe gemacht und ggf. einen Streit vom Zaun gebrochen oder mich einfach komplett ignoriert. Das eine hat oftmals das andere bedingt – es war ein Teufelskreis und ein harmonisches Zusammensein war nur selten möglich. Folglich habe ich immer mehr geschwiegen und versucht, alleine mit meinen Gedanken zurechtzukommen. Das wiederum führte regekmäßig zu emotionalen Abstürzen, sobald er aus dem Haus und ich allein war.

Dass einen die Depressionen und Ängste des Partners überfordern können, verstehe ich – nicht aber, dass man ihn mit seinen Gefühlen allein lässt, weil man sich nicht dafür interessiert. Selbst als ich für zweieinhalb Monate in der Klinik war, hat er nicht erkannt oder verstanden, dass eine Depression eine ernst zu nehmende Erkrankung ist, die in vielen Fällen einer Behandlung bedarf. Und dass das bei mir der Fall ist, schon mal gar nicht, denn seine Meinung (nach der Klinik) lautete: "Wenn du wirklich irgendwas hättest, hätte dir der Klinikaufenthalt ja geholfen und dir würde es jetzt gut gehen.". (?) Mhm...

Alles in allem stand uns die Depression doch sehr im Wege. Ich glaube allerdings, dass es auch ohne Depression nicht für eine Beziehung gereicht hätte, denn mit einem Mann, mit dem kein tiefsinniges Gespräch möglich ist, der weder über seine noch über die Gefühle anderer sprechen geschweige denn sich mit ihnen auseinandersetzen möchte / kann und dem Spaß zu haben das Wichtigste im Leben ist, könnte ich niemals wirklich glücklich werden. Wir hatten durchaus schöne Erlebnisse und auf manchen Ebenen hat es ganz gut gepasst zwischen uns, aber wir hätten höchstens eine sehr oberflächliche Beziehung führen können und das entspricht nicht meinen Bedürfnissen.


Über meine jetzige Beziehung möchte ich auch noch etwas schreiben, aber für heute ist mir das zu viel...
 

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