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Autor Thema: Suche nach Identität  (Gelesen 607 mal)

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Gastin

  • Gast
Suche nach Identität
« am: 16 Juli 2020, 22:50:33 »

Hallo,

Ich bin etwas sehr unsicher. Bei mir hat sich in dem letzten Jahr eine schwere Wesensveränderung gezeigt.
Mein Leben fühlt sich trotz all dem was ich heute habe so unglaublich sinnlos an.
Als Kind hatte ich nicht genug zu Essen, zu wenig Kleidung und keinen Vater dafür eine Kranke Mutter.
Ich musste zum Überleben einfach viel zu früh erwachsen sein. Dabei habe ich durch Sport gelernt zu überleben. Leistung bringt dich weiter... Nun stehe da in meinem Leben ich bin am Ende meiner Leistungsfähigkeit weil kein Ziel mehr da ist das ich noch erreichen möchte. Am liebsten wäre ich vor 10 Jahren stehengeblieben. Doch dann hätte ich meine tollen Kinder nicht bekommen.
Jetzt bin ich eine schlechte Mutter, schlecht im Job und als Ehefrau. Freundschaften kann ich kaum und nur sehr oberflächlich pflegen...
Was nun, nichts das mich interessiert. Nur das Ziel eine gute Lösung für meine Familie zu finden.
Ich schäme mich.
Physisch baue ich extrem ab.

Mich beschäftigen häufig ganz alte Themen, z. B. erinnere ich mich nicht an meine ersten 8 Lebensjahre. Nur bruchteile/maximal Bildschnitte. Wer bin ich überhaupt? Bis jetzt habe ich doch nur überlebt.
Wie findet man heraus was man will und wer man ist?
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Ina

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Re: Suche nach Identität
« Antwort #1 am: 16 Juli 2020, 23:44:55 »

 
Hallo Gastin,

fühl Dich herzlich willkommen bei uns!

Ich möchte auf den letzten Teil Deines Beitrags eingehen: Wenn Dir die Erinnerung an so eine lange Zeit fehlt und Du nur noch einzelne Bilder, Szenen und sehr Lückenhaftes im Gedächtnis hast, hat das einen Grund. Man "vergisst" die ersten acht Lebensjahre nicht "einfach so". Ich möchte Dir keine Ferndiagnose o.ä. stellen, denn davon halte ich nicht viel (schon gar nicht anhand eines einzigen Beitrags). Aber ich möchte Dich auf den Begriff Dissoziation aufmerksam machen. Hast Du davon schon mal etwas gehört?

Du hast geschrieben, dass Du eigentlich von Anfang an, schon in frühester Kindheit immer nur überleben musstest, dass Dir Essenzielles gefehlt hat und Du keine wirkliche Bezugsperson hattest (so deute ich es jedenfalls). Also hast Du Methoden entwickelt, um dieses Leid auszuhalten und nicht unterzugehen. So wie ich Deine Worte interpretiere, hast Du Deine Lebenssituation schon im Kindesalter als bedrohlich empfunden. Stimmt das? In solchen Fällen sind Dissoziationen nicht ungewöhnlich. Sie sind ein Schutzmechanismus, um zu überleben. Traumatische Erlebnisse, bedrohliche Situationen und Gefühle, die schlichtweg "zu viel" für die Seele und den Geist sind, werden vom Bewusstsein abgespalten. So kann es unter Umständen zu solch großen Erinnerungslücken kommen, wie Du sie hast. Die Erinnerungen scheinen "weg" zu sein, wabern aber irgendwo im "Hintergrund" herum – im Unterbewusstsein – eben in jenem Teil, den man automatisch von der bewussten Wahrnehmung abgespalten hat, um dieses Leid nicht (er)tragen zu müssen (vereinfacht ausgedrückt). Dass man eines Tages das Gefühl hat, nicht wirklich zu wissen, wer man eigentlich ist, ist wohl eine logische Konsequenz daraus.

Das ging mir gerade so durch den Kopf, als ich Deine Zeilen las. Ich möchte damit aber nicht sagen: "So und so IST es.". Es ist nur eine von vielen Möglichkeiten, die Du eventuell in Betracht ziehen könntest. Wenn Du ein wenig recherchierst, wirst Du Dich vielleicht in einigen Punkten wiederfinden – vielleicht aber auch nicht. Eine Selbstdiagnose kann man in so einem Fall kaum stellen. Dafür braucht es professionelle Hilfe.

Hast Du Dich mit Deinen Fragen, Problemen und Ängsten schon mal an einen Psychotherapeuten gewandt? Eine Gesprächstherapie könnte Dir vermutlich Aufschluss darüber geben, was "mit Dir los ist" bzw. Dir helfen, einen Weg der Selbstfindung zu beschreiten.

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft und Zuversicht!

Ina
 
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Gastin

  • Gast
Re: Suche nach Identität
« Antwort #2 am: 17 Juli 2020, 19:48:34 »

Danke für die Antwort!
Davon habe ich noch nichts gehört. Und ja, es stimmt mir hat tatsächlich essentiell sehr vieles gefehlt. Für mich war das irgendwann die Normalität. Mangel war das was man Alltag nennen konnte. So Tage wie Weihnachten waren so seltsam überzeichnet. So tun als ob. Stellt man sich einen fauligen Baum vor wirft Glitzer darüber und dann sollte man immernoch Dankbarkeit gegenüber dem Leben zeigen. Was ich tatsächlich bin. Aber in Angesicht des allgemeinen durchschnittlichen Konsums ist es doch sehr ironisch für diesen Moment. Das war oft so, zumindest nach meiner Lücke. Meine Mutter hat mir nach dem Auszug unseres Vaters immer erzählt mein Vater hätte versucht uns zu vergiften. Damals war ich sehr klein, ich hatte Angst. Deswegen gab es keinen Kontakt zu meinem Vater. Als ich älter wurde bemerkte ich das manches erzählte nicht zusammenpasst. Ich fühlte mich allein gelassen und auf mich selbst gestellt. Ja und tatsächlich habe ich massiv das Gefühl das Leben von jemandem aber nicht mir zu führen. Meistens fühle ich nichts mehr, einfach ausreichend für andere zu existieren. Langsam verliert dies aber an Sinn...
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