Toleranz und Akzeptanz, wer möchte dem widersprechen.
Wenn es nur wirklich so einfach wäre.
Die imaginäre Welt der virtuellen Kommunikation stellt sich um so vieles komplizierter und verzwickter dar, dass oft der beste Wille vergeblich zu sein scheint.
Es liegt am geschriebenen Wort, dass uns so viel endgültiger und schwerwiegender vorkommt als das im Eifer gesprochene. Wie ein Gesetz, ein Manifest, ein Dokument, ja ein Foto.
Aber ebenso wie Worte oft Schall und Rauch sind, sind es auch Buchstaben, also geschriebene Worte. Nur ist uns das nicht ausreichend genug bewusst.
Ich schreibe etwas Bestimmtes in einer Auseinandersetzung, und mein Gegenüber merkt sich das und ich mir das von ihm Geschriebene. Vieles davon vergesse ich auch, man möchte meinen, das würde die Sache vereinfachen, aber das Gegenteil ist der Fall.
Wenn ich später in einem völlig anderen Zusammenhang darauf zurückkomme, ohne dabei an früher anderswo von wem auch immer Gesagtes zu denken,
weil ich problemlos auf ein Dutzend Personen in meinem Leben zurückgreifen kann, die mir mit ähnlicher Argumentation tatsächlich das Leben schwer machen konnten, sogenannte Freunde, nahe Verwandte, Menschen, mit denen ich zusammenlebte, arbeitete, Lehrer von mir aus...
also eben diese meine und von diesen rede, die dafür verantwortlich sind, dass ich überhaupt erst entsprechend heftig auf irgendwo mal Geschriebenes reagiert habe, ja es nur deshalb „wieder“ zur Sprache bringen kann, weil es mir oft und lange davor vorgehalten oder angetan wurde...
dann wird es von den im Forum Beteiligten sofort auf sich oder sonst wen bezogen.
„Damit kann er nur den oder die oder mich meinen, kann der denn nie Ruhe geben, muss der da noch immer drauf rumreiten, wie kann man nur so rechthaberisch und nachtragend sein?“
Während mir in Wahrheit nicht einmal (mehr) bewusst ist, dass dieses oder jenes von der oder dem schon mal so hingeschrieben wurde.
Im realen Leben könnte ich jetzt sagen: „Ehrlich, hast du das mal so gesagt? Hab ich das schon mal so gesagt? Um was ging es denn da noch mal genau? Weiß ich jetzt gar nicht mehr.“
Im virtuellen Leben aber steht´s geschrieben, in Stein gemeißelt und unverrückbar. Wie ein Fingerabdruck oder Steckbrief.
Und damit steht fest, dass ich mich nur darauf –auf einen im Grunde längst verwitterten Streit, den ich vergessen habe oder grade überhaupt nicht im Bewusstsein- beziehen kann, weil ich unerbittlich solchen suche, ständig Altes aufwärme und eine ewig beleidigte Leberwurst bin.
Und auf diese fatale Weise entstehen diese dämlichen und ermüdenden Dauerfehden, die in den Beteiligten schon Aversionen hochkommen lassen, wenn sie nur den Nick sehen, und es ihnen unmöglich macht, das Geschriebene neutral und unbefangen zu lesen, so als würden sie den Menschen dahinter nicht kennen- was wir kurioserweise ja tatsächlich tun. Wir kennen einander nicht wirklich (oder nur selten).
Freilich wäre es auch möglich umzudenken.
Sich zu sagen: „Scheint ihn/sie ja wirklich zu beschäftigen, die Sache. Hat ganz schön zu knabbern daran, jetzt versteh ich auch die allergische Reaktion seinerzeit etwas besser. Da hat er/sie offensichtlich gar nicht mich mit gemeint damals oder gestern. Ja so wie ich das jetzt überreiße, eigentlich nie.“
Das wäre zum Beispiel mal ein guter Ansatz.
LG
Sintram