Interessanter Thread Sergio, darüber freue ich mich, denn ich lerne gerne dazu und Hexenverfolgung hat mich als Heilkräuterkundige immer schon fasziniert.
**Also erstenseinmal wurde der Hexenwahn weder geschürt von der Obrigkeit, weder von Kirche noch von Staat, er war nur über viele Jahrhunderte im dummen Volk vorhanden. Es gab die Verfolgung von Hexen oder Hexern im übrigen schon vor der Christianisierung der Germanen, die Germanen waren von Hause aus, schon immer ein sehr abergläubisches, magiegläubiges Volk gewesen.**
Folgendes kurz zusammengefasst hielt ich immer für Richtig, aber ich kann mich auch täuschen, schließlich war ich da - obwohl man mich neuerdings von früheren Leben her erkannt hat - leider nicht dabei und falls doch, wäre ich wohl ebenso auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden :-)
Zur Obrigkeit:
Fast alle sogenannten Hexenprozesse wurden vor weltlichen Gerichten geführt. Allerdings hatten katholische Theologen die dämonologische Hexenlehre (z.B. Schadenszauber) entwickelt - die Kirche hatte den Nährboden für den Hexenwahn gelegt, die Prozesse selbst aber recht schnell an die weltlichen Gerichte abgegeben. So wurden die Hexenprozesse zu Strafverfahren gemischter Zuständigkeit kirchlicher und weltlicher Gewalten. Die örtlichen Gerichtsbarkeiten waren das weltliche Vollzugsorgan, während die kirchlich beeinflussten juristischen Fakultäten die jeweiligen Rechtsgutachten erstellten.
Für eine Behörde war damals ein Hexenprozess der beste und schnellste Weg, Geld zu verdienen. Die Obrigkeit hatte also sehr wohl handfeste materielle Interessen und folglich wurde der Hexenwahn durch sie nicht nur rege geschürt, sondern Denunzianten wurden auch noch fürstlich entlöhnt!
Laut Gesetz fiel ihr der ganze Besitz der Hingerichteten zu. Vor allem waren es reiche und alleinstehende Frauen, in erster Linie Witwen, auf die das Auge der gierigen Obrigkeit fiel. Nach der Hinrichtung einer vermögenden Frau gönnten sich ihre Richter ein üppiges Mahl auf Kosten des Opfers. Oft wurde das Geld einer Angeklagten schon vor deren Verbrennung ausgegeben. Für die meist erheblichen Prozess, - und Exekutionskosten musste die Hingerichtete mit ihrer Hinterlassenschaft selbst aufkommen, berechnet wurde dabei oft sogar noch das Feuerholz.
Aber auch der als verschwendungssüchtig bekannte Sonnenkönig ( Ludwig XIV.1638 - 1715) ließ aus Habgier, um an das Geld reicher Vasallen zu kommen deren Vermögen beschlagnahmen und danach von bestochenen Richtern einige als Hexenmeister verurteilen.
Zur Kirchlichen Beteiligung:
Im 13.Jahrhundert erfolgte die Identifizierung der Ketzerei mit der Hexerei. Für die Kirche ging es dabei in erster Linie um die Bekämpfung der Autorität feindlicher, gut organisierter Gruppen und natürlich um den eigenen Machterhalt. Thomas von Aquin (1225-1274), bedeutendster und einflussreicher Philosoph und Theologe des Mittelalters, bestätigte die Existenz von Hexen und erklärte, dass es die Magie gebe und dass sie nicht das Werk der Hexen, sondern des Teufels sei. Später folgten wissenschaftliche Begründungen für den Hexen- und Dämonenglauben.
Kaiser Friedrich II. erließ 1238 und 1239 Gesetze zum Schutz der Inquisition. Papst Innozenz IV. ließ 1252 mit der Bulle "Ad Exstirpanda" den Gebrauch der Folter zur Erpressung von Geständnissen zu. Diese Verfahren stammt aus dem römischen Recht, dort wurde es hingegen ‚nur' gegen SklavInnen verwendet. Die Grundlagen bzw Voraussetzungen für die späteren Hexenverfolgungen waren nun geschaffen: Verfahren ohne Anklage, Denunziation, Folter und Tod auf dem Scheiterhaufen.
Als die Ketzerbewegungen weitgehend ausgerottet waren, begann man nach anderen, dem Teufel verschriebenen, zu suchen. Zum neuen Feindbild wurden nun die Frauen. Die latent vorhandene Frauenverachtung, gepaart mit Vorstellungen von Dämonen und Zauberei mit Teufelspakt, war eine der Auslöser der Hexenverfolgungen. Jakob Sprenger, päpstlicher Inquisitor für die Rheinlande und Heinrich Insititoris, Inquisitor für Oberdeutschland, waren bei ihren Versuchen, statt Ketzern nun von ihnen als "Hexen" bezeichnete Frauen zu verfolgen, auf heftigen Widerstand gestoßen: Ihre Opfer wurden ihnen nämlich häufig durch weltliche Macht entzogen.
1484 baten die beiden Inquisitoren und Dominikanermönche Jakob Sprenger und Heinrich Institoris den Papst um Unterstützung ihrer Tätigkeit. Als Reaktion erläßt Innozenz VIII. die Bulle Summis Desiderantis, in der er zur verstärkten Verfolgung von Hexen aufruft. Mit dieser allgemein gehaltenen Bulle - der Papst spricht hier interessanterweise nicht speziell von Frauen, sondern von "Personen beyderley Geschlechts…" - gelang es mit päpstlicher Autorität jeden Widerstand und Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Prozesse und Hinrichtungen im Keim zu ersticken.
**im dummen Volk vorhanden** ??? So dumm war das Volk damals scheinbar doch nicht :-), wie folgendes belegt:
Der päpstliche Freibrief für die beiden Inquisitoren ("sie dürfen durch keinerley Gewalt beeinträchtigt oder sonst auf irgendeine Weise gehindert werden") brachte den beiden immer noch kein Glück. Trotz päpstlicher Unterstützung erleidet der Inquisitor Heinrich Institoris in einem Innsbrucker Prozeß eine schwere Niederlage. Im Oktober 1485 begann Institoris in Tirol mit den Verfolgungen. Doch die neuen Ideen des Hexenwesen stießen - nicht nur bei der Bevölkerung - auf Widerstand. Ein Sturm der Entrüstung ging durchs Land und der Bischof forderte den Inquisitor auf, das Land zu verlassen.
Dieser Misserfolg war für Institoris vermutlich der Grund, das Handbuch "Der Hexenhammer" zu verfassen. Im Jahr 1487 veröffentlichten die beiden Dominikanermönche Heinrich Institoris und Jakob Sprenger den "Hexenhammer"; das Buch wurde zum Standardwerk in der Prozessführung."Die Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karl V." (kurz ‚die Carolina' genannt) schafft 1532 die gesetzliche Grundlage für die massenhafte Durchführung von Hexenprozessen in Deutschland.
Im Gegensatz zur päpstlichen Bulle ("Hexenbulle") ist im Hexenhammer (Malleus Maleficarum = Unholdinnen-Hammer) nur mehr ausschließlich von Frauen als Hexen die Rede. Sprenger und Institoris vermittelten in ihrem Buch ein extrem frauenfeindliches Bild und trugen alles zusammen, was damals an Negativem über Frauen zu finden war, so zum Beispiel die These, dass die Frauen sowohl biologisch als auch metaphysisch minderwertig und unvollkommen seien und sie diese Mängel mit Lüge, Hinterlist und Habgier auszugleichen versuchen.
Sie behaupten, dass Frauen von Natur aus einen geringeren Glauben haben und ihr Verstand mangelhaft sei. Als Indiz für die Minderwertigkeit der Frauen leiteten sie von der lateinischen Übersetzung für das Wort Frau ab: Femina komme von fe und minus (fe deuteten sie als fides = Glaube und minus heißt weniger, femina = die weniger Glauben hat). "Also sei das Weib von Natur schlecht, da es schneller am Glauben zweifelt und auch schneller den Glauben ableugnet".
Der Hexenhammer und die darin beschriebenen Vergehen (z.B. sexueller Verkehr mit dem Teufel), die die Hexen angeblich begangen hatten, sagen eigentlich nichts über die Frauen (die Opfer) aus, sondern offenbaren vielmehr die kranken Phantasien, die sexuellen Frustrationen und Obsessionen der im Zölibat lebenden Kleriker.
Auf Thomas von Aquin (1225-1274), berufen sich auch heute noch viele Kirchenmänner und zitieren seine Lehre von der Teufelsbuhlschaft, die das sexuelle Motiv in den Hexenglauben einführte: Hexen (=Frauen!) wurden und werden zumeist als vollbusige, rothaarige, lüsterne und enthemmte Frauen dargestellt. Das ist wohl ein Grund dafür, daß in Österreich und Deutschland überwiegend Frauen als Zauberinnen/Hexen verfolgt worden sind.
Martin Luther, der große Reformator, hatte ebenfalls eine fürchterliche, lüsterne Vorstellung von Hexen. Er phantasierte sie sich zurecht als "Teufelshuren, die da auf Böcken und Besen reiten... Kinder in der Wiege martern, die ehelichen Gliedmaßen bezaubern… und die Leute zur Liebe und Buhlschaft zwingen und des Teufels Dinge viel...".
" Gemeinhin ist es der Weiber Natur, daß sie viel Zauberei und Aberglauben treiben und die Eine die Andere lehret. Item die Hexen, das sind die Teufelshuren, welche das Wetter machen, die Milch stehlen und auf dem Besen reiten . . . Mit Hexen und Zauberinnen soll man keine Barmherzigkeit haben. Ich wollte sie selber verbrennen."
Die letzte Hinrichtung einer Frau als Hexe im deutschsprachigem Raum fand übrigens im Jahr 1782 (Anna Göldi in Glarus/Schweiz) statt.
LG
Epines