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Autor Thema: Wie kann das Umfeld helfen?  (Gelesen 1436 mal)

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Sommerwind

  • Gast
Wie kann das Umfeld helfen?
« am: 22 Februar 2012, 18:31:08 »

Hallo ihr Lieben

Ich  wollte fragen, ob es möglich wäre anderen begreiflich zu machen, was mit einem passiert? Um Bücher zu lesen, brauch man Zeit und muss sie sich nehmen. Meist hab ich das Gefühl als ob ich in einer anderen Sprache reden würde. Sie wissen nicht wie sich Leere anfühlt. Wissen nicht wie es ist, wenn man kein Licht am Ende des Tunnels sieht. Angst hat und sich aufgibt. Ich hab das Gefühl umso mehr ich sage, desto schlimmer wird alles. Ich möchte kein Mitleid. Ich will nicht einmal unbedingt Hilfe sondern nur das sie mich verstehen. Mich so nehmen wie ich bin. Keine Rücksicht nehmen. Aber alle stellen sich um und auf einen ein. Das tut mir nicht gut.

Ich überlege mir oft, ob ich in meinem Leben nicht einfach alleine weitergehen sollte. Es sind Menschen mit etwas in Kontakt gekommen, welche so etwas selbst besser nie erleben oder sehen sollten. Nein, sie tun mir nicht leid. Das kann ich nicht sagen. Aber ich hätte es in der Hand gehabt mit allem abzubrechen bevor es soweit gekommen wäre wie es jetzt gekommen ist. Ich weis, das andere mit mir leiden. Weil sie mich hören, mich sehen und wissen was ich manchmal denke. Und sie sind hilflos. Ich weis das sie sich so fühlen, denn ihre Blicke und Reaktionen verraten sie. Ich brauch im Moment sehr viel Zuwendung. Und ich hab das Gefühl das ich sie ausnutze. Ihnen ihre Kraft raube, weil ich selbst manchmal keine mehr habe. Obwohl die Momente weniger werden. Das freut mich. Die Tage werden besser. Ich wirke wieder normal. Lebe ja sogar glücklich in den Tag hinein und doch stimmt noch nicht alles.

Schlimm wäre nun, wenn sie mit mir gehen wie mein Freund und dann auf einmal wegbrechen weil ich gerade so bin wie ich bin. Obwohl ich es eigentlich gar nicht selbst bin. Er nicht weis, was er machen soll. Mittlerweile macht er sich Sorgen umso mehr er hört. Und er fragt mich „Bin ich denn Schuld daran, das es dir so schlecht geht?“ Was soll ich darauf sagen. Natürlich vermisse ich ihn. Ich kann aber nicht unterscheiden, ob dieses extreme vermissen auch etwas mit der Depression zutun hat. Also kann ich ihm auch nicht antworten. Selbst wenn es so wäre würde ich es nicht übers Herz bringen es ihm zu sagen.
 
„Wäre es so arg schlimm, wenn ich längere Zeit nicht bei dir bin?“ Ja, das wäre es. Ich würde die Wochen aus Kummer und Angst fast zergehen. Aber ich trau es mir nicht zu sagen, weil ich Angst habe ihn aufzuhalten. Ihn zu bremsen. Er aus Mitleid Entscheidungen trifft die er selbst nicht will. Und das würde er tun. Deswegen lüge ich oft. Sag, ich weis es nicht.

Ich hatte den Gedanken, jeden Tag meine Gedanken wie ein Tagebuch meinem Freund per Email zu schicken. Er gehört zu meinem Leben und auf der anderen Seite auch wieder nicht. Denn ich finde keinen Frieden bei ihm. Selbst wenn ich neben ihm liege und Nachts aufwache, vermisse ich ihn. Ich wecke ihn meist weil ich ihn dann umarme und festhalte. Er weis nicht wie er damit umgehen soll und ich weis auch nicht was er tun kann, um mir zu helfen. Um es zu begreifen. Obwohl er fragt, wie er mir helfen kann, weis ich keine Antwort mehr. Er kann mir meine Gefühle, Ängste oder die innere Leere nicht nehmen.

Ist es überhaupt sinnvoll, den Partner mit so etwas zu belasten? Es macht ihn müde. Er hört zu und umarmt mich. Er würde Dinge hören, mit denen er glaub ich nicht klarkommen würde. Ich war schon einmal so direkt weil ich es loswerden und reden musste. Dann liefen Tränen. Er möchte es jedesmal, und er tut mir in dem Momenten leid. Er will mir helfen und tut sich selbst dabei weh

Ich hoffe euch fällt etwas ein, was man da machen kann. Ich würde mich über Antworten freuen.

Liebe Grüße


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Epines

  • Gast
Re:Wie kann das Umfeld helfen?
« Antwort #1 am: 23 Februar 2012, 01:43:06 »

Hallo liebe Sommerwind

Obwohl heute viele Leute jemanden kennen der an Depressionen leidet, kann jemand der dies nie durch gemacht hat, unmöglich nach vollziehen was es bedeutet, wenn alles nur noch grau in grau ist und man wie in einem Vakuum  lebt und oftmals nicht mehr weiss, was oben und  unten ist.

Wie erklären wenn man nicht mehr reden mag...

Ich habe schon vielen Menschen ein Buch darüber geschenkt, dies sagt manchmal mehr als Tausend Worte. Vor allem der Partner sollte sich intensiv mit der Krankheit auseinander setzen, damit er sich bei Tiefs nicht ständig die Schuld gibt und die Fehler bei sich sucht.

Du fragst:"
Ist es überhaupt sinnvoll, den Partner mit so etwas zu belasten? Es macht ihn müde. Er hört zu und umarmt mich. Er würde Dinge hören, mit denen er glaub ich nicht klarkommen würde. Ich war schon einmal so direkt weil ich es loswerden und reden musste. Dann liefen Tränen. Er möchte es jedesmal, und er tut mir in dem Momenten leid. Er will mir helfen und tut sich selbst dabei weh."

Offenheit ist eigentlich etwas Schönes, allerdings ich habe auch schon festgestellt, dass es manche Beziehungen stark belastet, wenn man Dinge mit denen man selber kaum fertig wird (Altlasten), mit dem Partner bespricht. Dazu sind Therapien oder Selbsthilfegruppen, wo Menschen ähnliches erlebten wesentlich besser geeignet. Ich erzähle meinen jeweiligen Partnern keinerlei Details mehr, sondern einfach nur grob, dass ich schlimme Dinge erlebte.

Schreib hier im Forum darüber, oder wenn es sich um gravierendere Altlasten handelt ist auch das www.wildwasser.de Forum unglaublich gut geeignet, ich selbst habe da jahrelang geschrieben  und es hat mir sehr weiter geholfen.

Und noch etwas, dein Partner trifft bestimmt keine Entscheidungen aus Mitleid! Sondern weil er dich liebt und es so will.
Kein noch so guter und liebevoller Partner kann jedoch unsere Sehnsucht stillen  und uns helfen da raus zu kommen, das können nur wir selber, aber es erleichtert trotzdem vieles wenn man jemanden hat der zu einem steht. Also falls du noch keinen Therapieplatz hast, solltest du dich langsam um einen bemühen.

Alles Liebe und viel Kraft
Epines


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Sommerwind

  • Gast
Re:Wie kann das Umfeld helfen?
« Antwort #2 am: 28 Februar 2012, 11:56:05 »

Hallo nochmal

Ich habe jetzt einen Brief geschrieben, bzw. besser gesagt letzte Woche. Irgendwie war noch nicht der richtige Moment gekommen, um ihn ihm zu geben. Die Idee war wirklich gut und es hat mich in dem Moment innerlich etwas befreit. Vor einigen Tagen, dachte ich, dass, das der Richtige Schritt sein wird. Und jetzt weis ich gerade gar nicht mehr so wirklich wo ich hinsoll. Ich bin diese Woche zu meinem Freund um etwas Abstand von allem zu bekommen und mit ihm alles noch einmal zu besprechen, ihn den Brief zu geben, zur Ruhe zu kommen. Irgendwie geriet alles in eine unheimliche Geschwindigkeit. Dieses Wochenende waren wir unterwegs und mir wurde etwas zugetragen, was er mir nicht gesagt hatte, um mich nicht weiter zu belasten. Eben weil er weis wie es mir geht. Als ich es aber von dem Freund hörte wusste ich es gar nicht einzuordnen. Irgendwie scheint sich eine Arbeitskollegin in ihn verschaut zu haben und hat ihre Beziehung (Partner=Freund von meinem Freund der es auch mir erzählt hat obwohl er nicht sollte) beendet. Sie scheinen halt öfters mal in der Gruppe etwas zusammen gemacht zu haben. Wie es halt oft so ist. Von der Firma aus oder privat. Naja, ich mit meinen verfälschten denken, bekomme dadurch jetzt täglich eine Untergangsstimmung. Es ist nicht einmal der Gedanke das er mit ihr etwas macht, da ich ihm vertraue, sondern das ihm auffällt, das Frauen die normal sind, Interesse an ihm haben. Eigentlich wollte ich wieder mit in unsere Wohnung zurück über den Sommer. Ich habe Angst sein Leben zu verpassen. Er wiederum, möchte das ich bei meinen Eltern zu Hause bleibe. Jetzt weis ich einfach nicht mehr, ob ich überhaupt möchte das er weis was ich denke und fühle. Wer weis was daraus wieder entsteht. Er wird sich dann auch denken, was ich für eine kranke Frau bin und vor ihm tanzt eine herum die auch noch die gleiche Berufsrichtung hat und ihn toll findet und ich bekomm mein Leben nicht in den Griff. Mich hat das einfach unheimlich verunsichert. Er hat jetzt Angst, dass ich aus dieser Situation unsere Beziehung beende, da es sein kann das ich es zu anstrengend finde und es  nicht aushalte jetzt auch noch so etwas in meinem Kopf umherschwirren zu haben. Dummer wusste keiner das ich so krank bin und jetzt wieder schwarz sehe. So plaudern alle die darüber schon Monate vor mir wussten plötzlich fröhlich drauf los und ich höre jeden Tag neue Dinge, die er mir nicht erzählt hat. Ich weis auch nicht wie ich mich jetzt verhalten soll. Mir kommt es auch vor, als ob alle nur noch verletzende Sachen sagen. Ich kann nicht mehr lachen und wenn ich herumalber strengt das an und das fällt ihm auch noch auf. Meine aufgeschriebenen Worte, trau ich mir nicht mehr weiterzugeben. Ist es denn jetzt noch gut mir einen Ruck zu geben und ihm den Brief vorzulesen o. zu geben?


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Epines

  • Gast
Re:Wie kann das Umfeld helfen?
« Antwort #3 am: 28 Februar 2012, 12:30:22 »

Hallo Sommerwind

Uff... da ist ja einiges zusammen gekommen und ich weiss auch nicht was das Beste ist.

Dieses Verschweigen hat er ja nicht gemacht um dich zu verletzen, sondern um dich nicht zu verunsichern. Vermutlich kennt er dich doch besser als du annimmst.

Ist es nicht so, dass Männer wie Frauen ständig auch am anderen Geschlecht Interesse zeigen, das liegt in der Natur des Menschen und ist nichts Schlechtes, sondern einfach normal. Natürlich schmeichelt es auch , wenn man merkt das man auf andere  wirkt, auch dies ist eigentlich legitim. Ein gutes Gefühl, dass aber nichts mit Hintergehen, oder gar Verheimlichen zu tun hat, denn man fordert es ja nicht heraus. Sonst müssten manche nämlich wirklich detaillierte Protokolle schreiben, denn so etwas kommt oft mehrmals am Tag vor.

Du hast ja gesagt, dass du ihm vertraust und er liebt dich, also ist eigentlich alles ok, denn sonst wärt ihr wohl kaum mehr zusammen. Das ist das einzige was zählt. Lass dich also dadurch nicht verunsichern.

Und wenn diese Frau sich von ihrem Freund getrennt hat, heißt dies nichts anderes, als dass sie gemerkt hat , dass sie wohl doch nicht zusammen passen und muss nichts damit zu tun haben, dass sie auf deinen Freund hofft und wenn es denn doch so wäre, kann sie lange hoffen, denn er liebt ja dich, oder hätte er sonst Angst, dass du die Beziehung deswegen beenden willst?

Dass es ihm lieber ist, wenn du vorerst bei deinen Eltern bleibst zeigt einen gesunden Selbstschutz. Zunehmend leben Paare nicht mehr zusammen, auch ich würde dies nicht mehr wollen. Nicht weil man fremd gehen möchte, sondern weil man einfach mehr Freiraum hat Dinge zu tun, die den Partner langweilen.

Er steht zu dir und will dich, gibt es etwas Besseres?

Alles Liebe
Epines

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Sommerwind

  • Gast
Re:Wie kann das Umfeld helfen?
« Antwort #4 am: 28 Februar 2012, 13:23:32 »

Mir geht der ganze Depressionskram voll auf den Keks.

Aber danke für die Antwort. Manchmal engt man sein denken so sehr ein, das man nichts anderes mehr sehen kann. Du hast vollkommen Recht damit.

Liebe Grüße
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imepenem

  • Gast
Re:Wie kann das Umfeld helfen?
« Antwort #5 am: 28 Februar 2012, 23:58:04 »

Hy Sommerwind,

sei Dir gewiß, damit bist Du nicht allein. Kann das Umfeld helfen?
Meine Meinung, die sich immer mehr festigt, wenn Dein Umfeld überwiegend aus den sogenannten "Normalen" besteht, kaum. Aber wer ist denn eigentlich normal? Ich frag mich immer häufiger, ob wir wirklich die Kranken sind oder nicht vielleicht doch die "Normalen". Oder sind nicht wir alle
krank? Ist vielleicht unsere ganze Art zu leben krank? Menno, ich kann mich heute wohl nicht so ausdrücken, wie ich es gern möchte.
Wahrscheinlich bin ich es, der momentan nicht weiss, wo oben und wo unten ist.
Bin momentan wohl wenig hilfreich.

Sorry, Olav
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Sommerwind

  • Gast
Re:Wie kann das Umfeld helfen?
« Antwort #6 am: 29 Februar 2012, 11:16:59 »

Hallo Olav :) und auch alle anderen...

Das ist jetzt irgendwie wirklich belustigend. Ich hab mir auch schon oft vorgestellt, das alle die, die durch Depressionen oder ähnliches die Welt anders sehen, vielleicht realer und ohne Schleier vor den Augen, eingesperrt werden um keinen Schaden anzurichten.
Deswegen nennt man uns krank. Weil wir alles in manchen Momenten so unverfälscht sehen, das es kaum auszuhalten ist. Wit unbequem sind, weil wir die Wahrheit sehen und aussprechen.
Ist vielleicht totaler Quatsch, aber wenigstens bin ich nicht alleine mit so "seltsamen" Gedanken. Ich nenn auch immer alle die "Normalen". Mir fällt auch ehrlich gesagt, kein anderes Wort dafür ein ;) obwohl es eigentlich gar nicht aussagt was wir wirklich meinen. Normal ist eh relativ.

Ich habe mir meinem Freund nun doch den Brief gelesen. Jeder ein kleines Stück, weil wir beide ständig anfangen mussten zu weinen und den Brief dem anderen geben mussten. Ich glaub so ein intimer und emotionaler Moment war bis jetzt bei uns selten der Fall. Es war unbeschreiblich und so was in meinem Alter^^. Wir haben dann noch viel geredet und alles ausgesprochen ohne nachzudenken. Plötzlich ist ihm bewusst geworden, wie wertvoll ich für ihn doch bin. Er konnte sich danach kaum noch beruhigen, hat geweint und wir haben auch kaum noch etwas gesprochen. Waren einfach füreinander da.

Heute war auch der erste Tag seit langem an dem ich morgens aufgewacht bin und wirklich Elan hatte, raus zu gehen. 2 Tage war ich nur am PC und im Bett. Ich habe morgens Sport gemacht. Hab mich mit dem Mitbewohner unterhalten und musste feststellen, aus irgendeinem Gefühl heraus das ich hier gemocht werde und angekommen bin. Man nimmt mich hier auf ohne das ich etwas leisten muss. Nur weil ich so bin wie ich bin. Auch wenn ich wie ein kleines Kind ersteinmal wieder anfangen muss im Leben laufen zu lernen. Schritt für Schritt. Und ich seh sogar wieder Sonnenschein in der Zukunft. Es kommt ja auch bald der Sommer und die Wärme...

Ich bin jetzt 21. Hab ich mein ganzes Leben noch vor mir? ich glaube schon...

Liebe Grüße
Gespeichert

imepenem

  • Gast
Re:Wie kann das Umfeld helfen?
« Antwort #7 am: 29 Februar 2012, 11:59:37 »

Hy Sommerwind,

Du bist auf einem guten Weg. Hab Dir anfangs mal gesagt, dass diese Krankheit auch die Möglichkeit bietet, herauszufinden, wem Du wirklich etwas wert bist und wem nicht. Freut mich, das mit Deinem Freund. Weiter so.

Daumen hach

Olav
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ruach

  • Gast
Re:Wie kann das Umfeld helfen?
« Antwort #8 am: 03 März 2012, 19:00:10 »

Liebe Sommerwind!

Das Umfeld KANN helfen, oh ja. Und es gibt auch genug, die das durchaus WOLLEN.

Zum Partner: Meiner kann das auch nicht nachvollziehen (Gott sei Dank!). Aber er kann mittragen. Und das tut er, seitdem er ein Bild hat, wie ich mich manchmal fühle. Und ein Stoppwort. Das funktioniert. Zu beidem schreib ich noch was, wenn's recht ist.

Bild: Ein kilometerlanger Bericht über alles, was Du erlebst hast, kann erschlagend wirken. Ein Bild reicht aber, um zu beschreiben, wie Du Dich fühlst. Ich hab meinem Liebsten gesagt:

Stell Dir vor, da ist ein laaaaaanger Gang. Keine Tür. Fenster links und rechts. Auf dem Boden von Zeit zu Zeit Riesenlöcher. Mein Leben ist ein Gehen durch diesen Gang. Die Fenster haben Rolläden. Manchmal kommt eine Wegstrecke, da sind alle Rolläden runter, es ist finster, ich muss mich langsam vortasten, um auf dem unebenen Boden nicht in diese Löcher zu fallen. Manchmal sind einige Rolläden ein wenig hochgezogen, manchmal sind Fenster auch ganz offen und hell. Dann seh ich, wo ich hintreten muss. Manchmal gibt es auch einen Abschnitt, da ist gar kein Loch im Boden. Und so geht es immer weiter - mal dunkel, mal ganz finster, mal dämmrig, mal hell. Mal muss ich über Löcher klettern, mal fall ich rein und muss mich wieder rausarbeiten, mal ist kein Loch in Sicht. Da der Gang immer wieder Biegungen hat, kann ich auch nicht immer vorausschauen. Die Rolläden an den Fenstern kann ich manchmal selbst hochziehen, wenn ich die Strippen erwische. Aber manchmal komm ich auch einfach nicht dran. So fühl ich mich.

Seitdem ich ihm dieses Bild an die Hand gegeben habe, kann mein Liebster mich fragen und tut es auch manchmal: Ist wieder finster? Kann ich Dir über so ein Loch hinweg helfen? Kann ich für Dich an nem Rolladen zupfen? Wir bleiben in dem Bild. Für ihn bedeutet das nämlich, dass er nicht nachfühlen können muss, wie es mir geht, sondern dass er es einfach akzeptieren kann, wenn für mich gerade in diesem Moment genau dieser Gangabschnitt 'dran' ist. Nachfühlen kann er es nicht. Aber mitgehen kann er. Und anders als bei minutiösen Berichten über hunderttausend schreckliche Erlebnisse muss er sich nicht überlasten mit Ereignissen, die er nicht ändern kann, weil sie in der Vergangenheit liegen. Das Bild reicht, um Transparenz zu schaffen und Verstehen zu ermöglichen. Über konkretes vergangenes Erleben reden wir nur 'häppchenweise', wenn's dran ist und er z.B. nach bestimmten Dingen fragt.

Und zweitens: Das Stoppwort. Wenn Dich ein depressiver Schub erwischt, kann alles, was der andere tut, möglicherweise nur falsch sein, sei es noch so lieb gemeint. Und manchmal kann der andere das auch nicht erkennen, wie akut es gerade ist. Damit ich nicht in die Situation komme, lange erklären zu müssen, wo ich gerade gar nichts erklären kann, haben wir ein Signalwort vereinbart. Oder Stoppwort. Wenn so ein Punkt kommt, wo ich einfach nicht mehr kann, sag ich schlicht das vereinbarte Signalwort, und mein Partner weiß Bescheid: Achtung, im Moment hat sie nicht in der Hand, was sie tut oder nicht, wie sie reagiert oder was sie sagt. Wir haben vereinbart: Fällt das Signalwort, geht mein Liebster auf 'Standby', lässt mich in Ruhe, ist aber im Hintergrund verlässlich da. Mit dem Signalwort ist er nicht mehr hilflos, was er denn nun um Himmels willen tun soll oder wo er die Zauberworte findet, die alles wieder gut machen. Das entlastet ihn - und mich, weil ich mich nicht mehr lange rechtfertigen muss.

Liebe Sommerwind, vielleicht hilft es Dir ja :)

Alles Gute,

Christa
Gespeichert

Sommerwind

  • Gast
Re:Wie kann das Umfeld helfen?
« Antwort #9 am: 04 März 2012, 21:05:51 »

Hallo liebe Christa,

das ist ein ganz ganz toller Vorschlag von dir. Das werde ich mit meinem Freund versuchen. Ich glaub das ist ein guter Weg. Mal schauen ob es klappt =)

danke dafür

Gespeichert
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