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Autor Thema: Requiem  (Gelesen 596 mal)

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Lightning

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Requiem
« am: 25 August 2013, 16:09:17 »

Requiem

Ich träume manchmal. Ganz unerwartet und plötzlich. Dann stehe ich auf einem Friedhof. Hohe Ahornbäume und Eichen rauschen leise im Wind. Es ist Herbst. Totes Laub bedeckt die Gräber und manchmal wird es hoch gen Himmel gewirbelt, bis die Blätter woanders auf der kalten Erde zum Erliegen kommen. Die Schritte knirschen auf dem Kiesweg, aber das Geräusch wirkt fremd in der Stille und fehl am Platz, als wehrte sich die Atmosphäre gegen die Störung.
Über mir erstrecken sich dunkle, graue Wolken, wie Wächter vor dem ungeschützten Himmel.
Ich bin allein. Natürlich bin ich das.
Der eisige Wind fährt mir in die Glieder und lässt mich für einen Moment erschauern. Ich wickel mich fester in meine schwarzen Mantel und vergrabe meine kalten Hände in den Taschen.
Noch ist es nicht Winter, dennoch bildet mein Atem kleine Dampfwölkchen vor mir in der Abendluft, die dich schnell wie Nebel in der Dämmerung verlieren.
Die Gräber an denen ich vorüberkomme, wirken alt und ein wenig verloren. Und irgendwie weiß ich, dass nie jemand kommen wird, der sich um sie kümmert. Auch ich gehe nur an ihnen vorüber, halte manchmal inne, um einen der Steine zu betrachten und seine Inschrift zu lesen.
So oft ist es seltsam und unheimlich zugleich, wenn ich mich frage, wer diese Person war, der die geschriebenen Worte auf diesem Stein gelten.
Dieser Ort hier ist wunderschön, aber gleichzeitig auch so verdammt traurig. Friedlich und dennoch von allen verlassen. Einsam und tot. Niemand kommt hierher und da ich niemand bin, bin auch ich eigentlich gar nicht hier, sondern nur ein Schatten der ruhelos an diesem Ort wandert.
Ich kenne die Menschen nicht, die hier begraben liegen. Ich lese nur ihre Namen, wenn ich an ihren Ruhestätten vorübergehe. Und irgendwie habe ich das Gefühl das auf jedem einzelnen der Steine das Gleiche steht. Die gleichen Worte, die gleiche Botschaft.
Vergänglichkeit, Vergänglichkeit, Vergänglichkeit...
Nichts weiter. An diesem Ort ist alles vorbei, jede Geschichte ist abgeschlossen und zu Ende erzählt, es gibt kein Morgen, kein nächste Woche. Diese beendeten Leben wurden von der Welt vergessen. Sie wurden von allen vergessen.
Ich weiß nicht, ob wir uns an sie erinnern sollten, oder ob es vielleicht besser ist, auf diese Art.
Schließlich sterben auch wir irgendwann. Werden begraben, für eine Weile umtrauert und dann wie alle anderen vor uns, vergessen. Dessen können wir uns sicher sein.
Ein wenig totes Laub wirbelt um meine Beine und es hört sich wie leises Geflüster an, voller Stimmen und fremder Sprachen.
Niemand besucht diesen Ort.
Und da ich niemand bin,
bin ich in Wirklichkeit gar nicht hier.
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