Hallo,
dann werde ich mal daran machen Dir einen Teil Deiner Fragen zu beantworten, nicht ohne den Dank für die Aufforderung dazu. Ich bin relativ neu hier und ein wenig aufgeregt hier ein Statement zu geben. So ist der Dank auch mit dem Selbstzweck verbunden, in der Antwort die Kommunikation mit mir selbst aufzunehmen und mir Klarheit zu schaffen. Vielleicht ist das ja auch Deine eigentliche Aufforderung?
Ganz oben bei Deinem Beitrag angefangen (Überschrift), macht mich die Frage hinter der Frage stutzig: Entwicklung? Oberflächlich gesehen doch erst mal paradox. Depression ist Krankheit , krank zu sein bedeutet geschwächt zu sein, nicht mehr mithalten zu können, anders zu sein, bedürftig zu sein, Hilfe zu brauchen, anderen zur Last zu fallen, ein Hemmschuh zu sein, nicht mehr zu funktionieren. Das hört sich nicht nach Entwicklung an, nichts was ein Fortschritt bedeuten könnte im Sinne von Weiterentwicklung.
Wie ist das aber mit dem Stellen von Fragen? Kann man vielleicht nur Fragen stellen, von deren Antwort man schon eine Ahnung hat? Sonst gäbe es doch nichts zu Fragen, oder?
Also ja, Depression kann Entwicklung sein in seinem positivsten Sinne. Damit wäre für mich der erste Konflikt erklärt. Hier bin ich und ich habe Probleme, mein Leben läuft in Starre, gelähmt, ein stiller Schrei, vieles im Widerspruch, es tobt einer innerlicher Kampf, ein Krieg. Die Erklärung aus dem Bereich der Evolution finde ich ganz treffend: Die drei Verhaltensmuster bei Stress sind Angriff, Verteidigung oder aber sich tot stellen, Starre also. Ich habe das Gefühl mene Probleme oder Konflikte weder mit Angriff, noch mit Verteidigung zu gewinnen oder zu lösen. ICh möchte schreien, aber es kommt trotz großer Bedrohung kein Ton heraus. Ich möchte renne, aber die Beine gehorchen nicht, sind fest am Boden verankert. Mit all dem bin ich krank, ich fühl mich anders, fühle mich falsch, so falsch das ich das, was ich da fühle nicht wahr haben will, nicht anerkenne und das geschieht mir dann auch im Außen. Da gibt es diese Dualität, hier die Gesunden und getrennt davon die Kranken. Die Gesunden trennen sich, weil sie das schrecklich finden, oder Garnichts sehen, was es zu finden gäbe, in jeden Fall schlimm und damit wollen sie nichts zu tun haben, das hat auch nichts mit ihnen zu tun. Die Kranken trennen sich aus den gleichen Gründen und so steht etwas zwischen ihnen, das beiden Seiten Angst macht.
Wann machen Depressionen den Gesunden aber Angst, warum empfinden sie Mitleid? Vielleicht weil sie ahnen, das sie doch nicht so getrennt sind wie sie glauben? Vielleicht weil Sie ahnen, dass es da kein richtig und kein falsch gibt, vielleicht sogar, dass es keine Trennung gibt?
Bei mir hat es viele Jahre gedauert anzuerkennen was ist und es hat viele Versuche gegeben es wegzumachen: Wenn ich meinen Schweinhund überwinde, dann…., oder es liegt nur an meiner Faulheit, wenn ich fleißiger bin, konstanter, besser, dann….. Selbst unter Leidensgenossen gab es Gedanken: Mann, sind die krank, viel stärker als ich, damit hab ich nichts zu tun, die tun mir leid. Erst wenn ich mich auf den Kontakt mit Ihnen, mit anderen oder mit mir einlasse, wird die Ahnung wieder wieder stärker: es gibt keine Trennung, es gibt keine Dualität. Wir alle sind eins und alles ist eins. Es fällt mir nur so schwer, dieses Pflänzchen wachsen zu lassen, meine jetzige Welt sieht so anders aus, mit Dir und mir, mit mein und Dein, mit richtig und falsch, etc.
Also, als Depressiver fühle ich mich anders, schlecht, falsch, abgesondert, ausgegrenzt( auch ich in mir, denke das von mir). Dagegen muss ich etwas tun, dagegen muss ich kämpfen, meinen Hintern hochreißen, etc. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mit meinem depressiven Weg unterstützt wurde.( Du bist depressiv? Gut, das ist eine Gabe, mach was damit, mach was daraus). Depression ist schlecht, das muss weg, Ich muss positiv denken, es anders machen, etc.
Mal angenommen ich bleibe bei dem Pflänzchen des „alleins“ sein und es gibt kein richtig und kein falsch, dann gäbe es diesen und jenen Weg und es gäbe Depression als eine Art des Weges. Alle wären weder richtig noch falsch. Demnach würde auch dieser Weg zu Ziel führen. Wenn zum Beispiel Stille, Ruhe oder Anhalten der Weg zur Verbindung mit dem, was wir wirklich sind( Alleins), wäre? Sind dann nicht Starre, Lähmung, aufgeben und ähnliche depressive Symptome ziemlich nah dran?
Ich bewundere alle, die tagtäglich ihrer Aufgabe nachgehen, die Ihre Berufung leben, die sich mit dem was sie tun und wer sie sind identifizieren und wohlfühlen und ich übe daran, diejenigen denen es offensichtlich anders geht nicht abzuwehren, zu verurteilen, sondern ihnen mit Empathie zu begegnen um irgendwann zur Liebe zu finden, um meinet und damit um unser aller Willen.
Grüße