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Autor Thema: Ümitle karşılaşmak  (Gelesen 1070 mal)

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Freudestrahlend

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Ümitle karşılaşmak
« am: 09 November 2014, 01:44:31 »

Im August des vorigen Jahres hatte sie angefangen sich zu trennen. Zuerst trennte sie sich von einer alten Gewohnheit: Sie hörte auf, Menschen zusammenzubringen. Nachdem der Eindruck von Ungefälligkeit nachließ, trennte sie sich von ihrem liebsten Hobby: Sie hörte auf zu tanzen. Als Nächstes trennte sie sich von einer vertrauten Freundin. Um den Abschiedsschmerz nicht zu spüren, trennte sie sich von sich selbst.

„Nur im Bett zu liegen und Snooker zu gucken, ist nicht gut“, sagte ihre Ärztin. „Warum?“ fragte sie.

Im Juni hörte sie auf zu warten. Sie gab die Hoffnung auf, dass ein Impuls sie befreien würde. Auf ihren stundenlangen Spaziergängen spürte sie die Unebenheiten des Bodens unter ihren Füßen. Sonst spürte sie nichts.

Dann stand er plötzlich vor ihr. Und als würde er ein festsitzendes Pflaster entfernen, riss er ihr mit einem Ruck die Decke der Dumpfheit weg. Sie fand sich wieder in einem fremden Garten und spürte vor allem eins: Lust. Das Herz, das sie öffnete, war leer und er fand darin seinen Platz wie ein Juwel, das sie zum Strahlen brachte. Ihre Wertewelt ließ die Grenzen fallen und ihr Blick wurde weit. Er lachte. Mit Erstaunen teilte sie seine Freude. So ging es eine Weile.

Die anderen bemerkten es zuerst. „Du wirkst so glücklich!“ sagten sie und schoben hinterher: „Nicht, dass es wieder böse endet…“ Sie versuchte gar nicht erst, es abzustreiten. Sie wusste, was zu tun war, damit ihr die Hoffnung nicht entglitt. Und ehe sie sich versah, verhörte sie sich. Wohl wissend begegnete sie der wachsenden Dissonanz, das Erleben wurde abgelöst vom stummen Warten.

Es blieb dabei: Ihre Wünsche waren unerhört. Begleitet von Verständnislosigkeit befreite sich das Bild von seiner Täuschung.

Zu guter Letzt schlug er einen Nagel in die Wände seiner Wohnstatt und ihr Herz erschlaffte. Sie saß ernüchtert und verließ den Ort dennoch nicht. Sie schaute zu, wie ihre Demut sich in Demütigung verwandelte. Wochen später, als sie endlich sicher war, dass die Fläche ihrer Projektionen leer blieb, stand sie auf und ging. Auf ihren stundenlangen Spaziergängen spürte sie nichts, außer Scham.
« Letzte Änderung: 15 März 2015, 16:35:47 von InaDiva »
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AlterEgo

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Re: Begegnung mit der Hoffnung
« Antwort #1 am: 11 November 2014, 00:22:14 »

Nun, schön geschrieben, aber es trifft mich.
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"Neue Sachlichkeit" ist keine Stilrichtung, sondern eine Lebenseinstellung- jeden Morgen wieder.
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