Hallo Napaleom,
Deine Traurigkeit und dass Du Dich im Moment ziemlich einsam fühlst, kann ich gut verstehen.
Leider kann es passieren, dass sich Kontakte im Sande verlaufen, wenn man buchstäblich unterschiedliche Wege geht, also räumlich voneinander getrennt ist und beide oder auch nur einer von beiden praktisch ein neues Leben beginnt. Ein Wohnortswechsel bringt ja allerlei Neues mit sich: Neue Menschen, auf die man sich mehr oder weniger einstellen muss / möchte, eine neue Arbeitsstelle oder der Beginn eines Studiums / einer Ausbildung, eine neue Wohnung und Umgebung, eventuell andere Freizeitaktivitäten und Hobbys etc... Man geht in eine andere Richtung als vorher, muss sich dort orientieren und einleben, Kontakte knüpfen, sich um vieles kümmern und sich etwas Neues aufbauen, mit dem man sich möglichst wohl und sicher fühlt.
Nicht jeder reagiert in so einer Phase seines Lebens gleich. Während es für manche Menschen gerade dann wichtig ist, den Kontakt zu Freunden und zur Familie aufrechtzuerhalten, um sich mitzuteilen, auszutauschen und Rückhalt zu finden, brauchen andere eher Abstand und Zeit für sich, um sich voll und ganz auf die neue Lebenssituation einlassen zu können. Jeder muss seinen Weg so gehen, wie es für ihn am besten ist.
Das ist der Lauf der Dinge und daher brauchst Du es gar nicht unbedingt so persönlich zu nehmen, dass sich Deine Freunde nur noch sporadisch bei Dir melden. Aber sie vermissen, traurig und zum Teil sicher auch enttäuscht sein, darfst Du natürlich – das finde ich in Deiner Situation ganz normal! Es ist ja wie ein kleiner Abschied, wenn auch nicht komplett. Ich wünsche Dir viel Kraft, um damit zurechtzukommen und es hoffentlich irgendwann so annehmen zu können, wie es nun ist!
Was die Geburtstagseinladungen betrifft, sehen Deine Freunde es vielleicht eher so: "Ich bin jetzt weit weg von zu Hause, habe mir etwas Neues aufgebaut und mein Alltag und Beruf nehmen viel Zeit in Anspruch. Wenigstens an meinem Geburtstag möchte ich aber meine liebsten Menschen an meiner Seite haben, gerade weil es nur noch so selten möglich ist!".
Die Sache mit Deiner "besten Freundin" tut mir wirklich sehr leid für Dich! So etwas tut unheimlich weh, erschüttert das Vertrauen und ist geradezu desillusionierend, wenn bis dahin doch alles gut zu sein schien. Ich würde Dir gerne Trost spenden, aber was könnte in dieser Situation schon wirklich ein Trost sein? Ich kann Dich nur, sofern Du es magst und möchtest, gedanklich fest umarmen und Dir von Herzen sagen: "Ich verstehe dich.". Vor vielen Jahren habe ich nämlich eine ähnliche Erfahrung machen müssen und weiß daher nur zu gut, wie weh es tut! Ich habe damals sehr an ihr gehangen und die Welt nicht mehr verstanden, als die "Freundschaft" so plötzlich und unerwartet zerbrach. Anfangs habe ich versucht, sie wieder zurückzugewinnen und habe mir so sehr gewünscht, dass sich der "alte" Zustand wiederherstellen lässt. Das war aber nicht möglich. Schmerzhaft war die Erkenntnis, dass dies auch gar keinen Sinn machen würde, weil sie eben keine echte Freundin war und ich ihr schon lange nicht mehr so am Herzen gelegen habe wie sie mir. Gleichzeitig waren diese Erkenntnis und die damit einhergehende Trauer aber sehr wichtig: Sie haben mir Klarheit gebracht und mir geholfen, mich von dieser Person zu lösen und die Enttäuschung zu verarbeiten. Außerdem hat dieses Erlebnis meinen Blick für die Verhaltensweisen anderer Menschen geschärft, sodass ich diese besser deuten und kleine "Anzeichen" (dafür, dass etwas nicht stimmt) schneller erkennen kann. Und es hat mich auch gelehrt, dass ich besser auf mich achten muss, dass ich auch mal Nein sagen darf und es mir zusteht, mir Zeit für mich zu nehmen – und dass das einer freundschaftlichen Verbindung niemals einen Abbruch tut. So etwas wie mit dieser "Freundin" damals (es ist schon ca. 15 Jahre her) ist mir nie wieder passiert.
Übrigens habe ich es nicht nur als Vertrauensbruch gesehen – und das solltest Du in Deinem Falle ebenfalls: Diese "Freundin" hat Dich ausgenutzt und Dir etwas vorgespielt, hat sich Dir nie oder zumindest in der letzten Zeit nicht so gezeigt, wie sie wirklich ist, war unehrlich, hat schlecht über Dich geredet und Dir im Endeffekt zu verstehen gegeben, dass sie zwar "jemanden" braucht, weil sie nicht ganz allein sein will oder kann, aber dass dieser Jemand nicht unbedingt Du sein musst.
Du sagst, es sei nicht mehr zu kitten. Das glaube ich auch. Wie auch? Wozu? Was willst Du mit einem Menschen, dem Du bei Weitem nicht so viel bedeutest wie er Dir? Was hat ein Mensch in Deinem Leben zu suchen, der schlecht über Dich redet, Dich verletzt und ausnutzt und dem Du nur "wichtig" bist, wenn er Deine Hilfe braucht und gerade niemand anders da ist? Gar nichts! Du brauchst Menschen, denen Dein Wohl am Herzen liegt, die sich für Dich und Deine Gedanken und Gefühle interessieren und Dich so mögen, wie Du bist. Im Moment hast Du solche Menschen offenbar nicht in Deiner Nähe, aber ich habe keinen Zweifel daran, dass es sie gibt und Du sie finden kannst, wenn Du offen für neue Bekanntschaften bleibst und Dich jetzt nicht zu sehr zurückziehst.
Klar, ich kann nicht erwarten, dass ich etwas zurückbekomme, wenn ich etwas gebe.
Doch, kannst Du. Ist das nicht ein Teil dessen, was eine Freundschaft ausmacht? Dass man füreinander da ist; dass man gibt, wenn man kann, aber auch nehmen darf, wenn man es braucht? Natürlich sollte man nicht anfangen, die Dinge gegeneinander aufzurechnen ("Ich habe xyz für sie gemacht, also muss sie dasselbe oder etwas Gleichwertiges für mich tun, wenn ich es brauche."), aber ein einigermaßen ausgewogenes Geben und Nehmen sollte es schon sein, finde ich. Es kann immer mal Phasen geben, in denen einer von beiden einfach nicht in der Lage ist, besonders viel für den anderen da zu sein, z.B. weil er Probleme hat, den Kopf dafür nicht frei hat und seinen Fokus auf sich selbst richten muss. Aber ein Dauerzustand sollte das nicht sein. Eine Freundschaft, in der von der einen Seite immer nur gefordert und genommen wird und der andere dabei völlig auf der Strecke bleibt, kann auf lange Sicht nicht gut gehen, glaube ich. Freundschaft impliziert für mich Gegenseitigkeit. Freundschaft ist eine Verbindung, in der man sich aufeinander verlassen kann und sich sicher und gut aufgehoben fühlt. Dazu müssen beide ihren Teil beitragen!
Du darfst meiner Meinung nach also durchaus erwarten, dass jemand, der Dich als Freundin bezeichnet, für Dich da ist, wenn Du ihn brauchst. Wie gesagt: Ausnahmesituationen kann es geben, aber grundsätzlich sollte bei Deinem Gegenüber die Bereitschaft vorhanden sein, Dir zuzuhören und beizustehen, wenn Du Rat oder Hilfe brauchst! Wie sich das letztlich gestaltet, ist individuell.
Aber mir ist dann aufgefallen, dass es in meinem bisherigen Leben in Beziehungen immer ein krasses Missverhältnis im Nehmen und Geben gab.
Warum ist das so?
Deshalb:
Früher hatte ich immer mit vielen Personen zu tun. Hab mich immer um jeden Pups von ihnen gekümmert. Hatte für jeden Verständnis. Leider habe ich erst spät gemerkt, dass sie nur zu mir kommen, wenn sie ein Problem haben.
Seien es Hausaufgaben, Geld, Korrekturen, Tipps, Fahrdienst oder anderweitige Hilfe - jeder hat alles von mir bekommen. Bedingungslos.
Ich habe den Eindruck, dass Du ein sehr hilfsbereiter, fürsorglicher, verlässlicher Mensch bist. Das sind wunderbare Eigenschaften. Problematisch wird es allerdings, wenn man dabei nicht genug auf sich selbst achtet, sich nicht wichtig genug nimmt und seine eigenen Bedürfnisse immer denen seiner Mitmenschen unterordnet. Wenn man immer und zu allem Ja sagt und sich regelrecht für andere aufopfert, besteht leider die Gefahr, dass man ausgenutzt wird. Es fällt schwer, sich dies einzugestehen, schließlich sehnt man sich doch so sehr nach der Zuneigung, Wärme und Anerkennung jener Menschen! Zu erkennen, dass man das alles aber nur entgegengebracht bekommt, wenn man ihre Erwartungen erfüllt, ihren Idealvorstellungen entspricht und um Himmels willen nicht auch selber mal etwas erbittet oder gar einfordert, ist mehr als schmerzhaft und kann vorübergehend ganz schön hoffnungslos machen.
Vielleicht trifft es so in etwa auf Dich zu... Ich weiß es natürlich nicht, schließlich kennen wir uns nicht, aber vorstellen könnte ich es mir.
Ich kann Dir daher wirklich nur raten, mehr auf Dich selbst zu achten, indem Du regelmäßig in Dich hineinhorchst, um Dir darüber klar zu werden, wonach Du Dich eigentlich wirklich sehnst, was Deine Wünsche sind und welche Bedürfnisse Du hast. Genauso aber auch, um zu erkennen, was Du nicht willst, Dir nicht gut tut und womit Du Dir selbst eher schadest als hilfst. Ganz bestimmt bist Du ein wunderbarer und sehr wertvoller Mensch. Und ganz sicher beweisen die Enttäuschungen, die Du erlebt hast, nicht das Gegenteil, sondern sprechen eher dafür, dass Du an Menschen geraten bist, die einfach nicht zu Dir passen.
Versuche Dir selbst ein bisschen wichtiger zu sein, liebe Napaleom. Das bedeutet auch, dass es nicht Deine Aufgabe ist, immer nur zu geben. Nein, Du darfst ebenso erwarten, dass man liebevoll mit Dir umgeht, Dir zuhört und gerne Zeit mit Dir verbringt.
Alles Liebe für Dich!
Ina