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kurz vor Schluss

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hardworking fool:
Hallo Micha!

Ich hoffe, dass du das noch lesen wirst. Deine Grußformel am Schluss (Macht's gut) lässt ja anderes befürchten.

Ein paar Gedanken möchte ich dir trotzdem auf den Weg geben. Was du schreibst, dass du dafür sorgen willst, dass das was dir geschieht niemand anderem mehr passiert. Das klingt zunächst mal sehr nobel - wobei ich mir nicht 100% im Klaren bin was eigentlich geschehen ist - aber als Perspektive für die Zukunft ist es ein bisschen wenig, findest du nicht? Natürlich ist der Gedanke irgendetwas zu hinterlassen tröstlich, aber eine Kampagne in den sozialen Netzwerken? Ich weiß ja nicht.

Du schreibst von einem Gutachtertermin und, dass es gegen dich ausfallen könnte. Natürlich kann ich jetzt nur eifrig spekulieren worum es dabei geht. Ich musste mich dieses Jahr auch zwei Gutachtern stellen und ich habe deren Entscheidung zunächst auch als Angriff auf mich und meine Person angesehen. Da sitzt jemand vor dir und maßt sich an nach kaum einer knappen / bzw. 1/2 Stunde Gespräch darüber zu entscheiden ob du arbeitsfähig bist. (Also darum ging es bei mir.)

Als der erste Schock allerdings vorbei war, fingen meine grauen Zellen an zu rattern und ich habe sehr viel nachgedacht, über mich, meine Arbeit, die Depression, das Gutachten, die Zukunft. Und irgendwann habe ich festgestellt, dass beide Gutachter Recht hatten. Ich kann meinen alten Job nicht mehr ausüben. Dann habe ich mir die Frage gestellt, ob ich das überhaupt will? Warum habe ich nur wie eine Bescheuerte darum gekämpft einen Beruf auszuüben der mich bis an den Rand des Selbstmords gebracht hat?

Wie J.K. Rowling so schön sagte: Rock bottom became the solid foundation on which I rebuilt my life. Frei übersetzt: Als ich ganz unten angekommen war konnte ich mein Leben auf diesem Fundament neu aufbauen.

Daran arbeite ich heute ganz intensiv. Es ist nicht einfach, aber es lohnt sich. Heute bin ich schon fast so weit, dass mir die Depression und die Selbstmordgedanken wie ein längst vergangener böser Traum erscheinen.

Ich verstehe, dass du "Rachegedanken" hegst und es den Versicherungen und Gutachtern und weiß der Geier wem noch heimzahlen willst, aber das bringt dich nicht weiter. Selbst wenn vielleicht der eine oder andere, vielleicht sogar alle Beteiligten deswegen gefeuert würden - brächte dir das Genugtuung? Würdest du dich dadurch wirklich besser fühlen?
Ich glaube nicht.

Alles Gute!

Fool

PS: In meiner dunkelsten Zeit gab mir eine liebe Freundin einen sehr wertvollen Rat. Vielleicht hilft er dir ja auch:
Versuche dir das Leben zu nehmen ohne dich umzubringen!

Mickie:
Huhu Micha,

wenn ich es jetzt richtig zusammengebracht habe, geht es bei der Begutachtung ja um deine Berufsfähigkeit und dass du mit der bisherigen Begutachtung unzufrieden warst.

Weisst ich kannte mal eine Dame die konnte körperlich wie psychisch gar nicht mehr und wurde auch von Gutachten zu Gutachten geschickt und jedesmal rieben sich alle die Augen warum sie weiter als Berufsfähig galt.
Eines Tages wurde klar, dass sie ein altes Kindheitsmuster bedient hat und bei den Gutachtern Topp geschminkt, lächelnd auftauchte und nicht mal ihre körperlichen Gebrechen zeigte, frei nach dem Motto es geht niemanden etwas an wie es in einem Aussieht.
Um ein realistisches Gutachten erhalten zu können muss man da halt auch so auftauchen wie es einem geht und nichts besser darstellen als es ist.

Ich weiss nicht ob es auf dich auch zutrifft, dass du nach aussen Stärker rüber kommst als du innerlich vielleicht bist, aber meine Finger haben mir gesagt lass das mal als Idee da.

Ich hoffe du findest für dich eine Perspektive für die du wirklich Lust hast weiter zu machen.

Von der Welt gehen, dass kann wahrlich jeder, aber hier bleiben und für sich Wege zu suchen und neue Pfade zu erobern das erfordert Mut. Ich glaub an dich.

Lg.
Mickie

hardworking fool:
PS: Kurzer Nachtrag. Abgesehen von den vom Arbeitgebern bestellten Gutachten habe ich noch mehrere Atteste von diversen Ärzten bekommen. Demnach bin ich gleichzeitig so ziemlich alles von 100% fit, gesund und natürlich voll arbeitsfähig, über leicht depressiv bis zu hochgradig depressiv und suizidal.
Man sollte diesen Gutachten also nicht allzu viel Bedeutung zumessen. Klar, wenn es um Berufsunfähigkeitsrente etc. geht, dann ist das schon eine wichtige Sache, aber viel wichtiger bist du selbst und die Frage wie kannst du mit der Entscheidung leben - egal wie sie ausfällt.


Ich wünsche dir, dass du einen Sinn im Leben findest. Vielleicht eine neue Aufgabe, einen neuen Job, egal was. Es ist nie zu spät etwas neues anzufangen - und tot bist du noch lange genug!

Toni:
Hallo Micha,

wenn du dein Leben feige beenden und dich den Herausforderungen nicht stellen willst, dann mach das so, wie du es planst. Mir ist allerdings nicht klar, wem das etwas bringen soll und was du dir davon versprichst. Das Beste was du damit erreichen könntest, dass ein oder zwei Tage, vielleicht auch eine Woche etliche Leute sagen "Da haben sie dem Micha ja wirklich übel mitgespielt. Die bösen Ärzte und die bösen Versicherungen!" Dann kommen andere, wichtigere, aktuellere Themen. Aber verändern wirst du mit dem "Opfer" deines Lebens nichts und helfen wird es auch niemandem - am wenigsten deinen Freunden, die treu zu dir stehen. Und bilde dir nicht ein, dass irgendein Gutachter oder irgendeine Versicherung dann ein schlechtes Gewissen bekommt.

Ja, es ist absoluter Mist, wenn man von Harz IV leben muss - geht aber! Ich selbst hatte bereits lange Zeit das "Vergnügen", mit 50 € in der Woche wirtschaften zu müssen - für alles: Kleidung, Essen, Putzmittel, Fahrgeld und was man sonst noch alles so braucht. Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals aus dieser Spirale von Depressionen, körperlichen Beschwerden, wenig Geld, kaum Kontakte herauskomme. Bin ich aber! Ganz langsam, Schritt für Schritt. Hat allerdings über 10 Jahre gedauert. Vom in der Ecke sitzen und sich selbst leid tun wird das nichts (kann ich auch aus eigener Erfahrung sagen). Ich bin heute nicht reich und auch nicht gesund und die Depressionen grüßen auch immer mal wieder. Aber ich habe gelernt, damit umzugehen - mal mehr, mal weniger gut.

Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn du nach dem 13.12. wieder hier schreibst, wie es dir geht. Hier gibt es so viele Leute, die auch nicht einfach durchs Leben kommen. Lass dir helfen - sowohl hier mit Laienunterstützung als auch mit professioneller. Ich bin eigentlich nur noch ganz selten hier im Forum, oft Wochen oder Monate nicht. Jetzt habe immer wieder geschaut, ob du was geschrieben hast. Weil du wertvoll und wichtig bist!

Ich drücke dir für den 13.12. alle Daumen!

Liebe Grüße von Toni

Mitleser:
Solange ich mich in einem Teufelskreis aus Ablehnung meiner Verantwortung mir gegenüber befunden hatte, war keine Heilung möglich. Es hatte mir auch nie geholfen alles was ich hatte kleinzureden.
Meine Freunde waren "nur die wenigen", "die letzten" und lauter solcher wunderbaren Attribute die mich nicht haben sehn und fühlen lassen, das ich Freunde hatte. Wie denn auch, ich hatte ja vor mir keinen Wert und meine Freunde hätten diesen Wert erhöht. Das wäre doch glatt etwas gewesen, das mich aus meiner Isolation befreit hätte. Das ging nicht, wie hätte ich dann in meinem Selbstmitleid schwelgen können. Ich hätte mich ja meiner Verantwortung gegenübergestellt fühlen können. Also habe ich diese abgewertet.

Dann habe ich jahrelang mein Wohl von den Entscheidungen andere abhängig gemacht.
Wenn ich etwas nicht bekommen habe waren andere Schuld. Nie war ich, zumindest in den Anteilen die richtig waren, beteiligt. Es waren immer "die andere", die mir im Weg standen. Nie ich selbst.
Dann habe ich mich geflüchtet. In ein anderes Leben, in andere Welten, in Süchte, in Sehnsüchte nach meinem Tod und der vermeintlichen Ruhe und mich selbst massakriert, kasteit und abgelehnt.

Bis ich lernte gut zu mir zu sein.
Das benötigte eine Entscheidung von mir, für mich.

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