Doch ein Leben besteht aus Tag und Nacht..
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Es braucht Tag und Nacht..
Hallo Caro,
das ist eine schöne Metapher, die ich sehr passend finde!
Ich bin davon überzeugt, dass es beides braucht, dass beides wichtig und nützlich ist. Denn wüssten wir die schönen, glücklichen Momente zu schätzen, wenn wir keine Trauer kennen würden? Würden wir Sonnenstrahlen noch als wärmend und wohltuend wahrnehmen, wenn es nie dunkel und kalt wäre? Hätten wir noch Träume und Wünsche, wenn wir immer und zu jeder Zeit haben könnten, wonach wir uns sehnen? Könnte man uns noch positiv überraschen, wenn wir nie zweifeln würden und noch nie enttäuscht worden wären? Wäre Zweisamkeit noch erfüllend, wenn wir nie allein wären und uns nicht auch mal einsam fühlen würden? Könnten wir noch Erleichterung verspüren und befreit aufatmen, wenn es keine emotional belastenden Phasen gäbe?
Mir fallen noch viele weitere Fragen dieser Art ein und ich würde auf alle das gleiche antworten: Nein, ich denke nicht. Ohne dieses Wechselspiel gäbe es kein "gut" und "schlecht" mehr; alles Glücklichsein, alle Freude, jedes Lachen würde zum monotonen Normalzustand, der sich auf lange Sicht bestimmt nicht mehr nach Glück und Freude anfühlen würde.
Bei uns, die wir von Depressionen betroffen sind, ist die Krux, dass wir das Positive oft nicht erkennen können bzw. es nicht als solches wahrnehmen oder annehmen können, weil das dazugehörige Gefühl nicht zu uns durchdringt. Die Depression – sinnbildlich als schwarze Wolke – verschleiert unsere Sicht auf das Gute und ummantelt uns so fest, dass kaum noch oder wirklich gar keine Sonnenstrahlen mehr hindurchscheinen und unser Herz erreichen können. Wir (zumindest trifft es auf viele, wenn auch nicht auf alle depressiven Menschen zu) sind (phasenweise) sehr auf die negativen Dinge und unseren Schmerz fixiert oder werden sogar emotionslos und fühlen uns innerlich tot, weil einfach nichts mehr ankommt. Sterne gibt es dann höchstens noch in der sehnsuchtsvollen Fantasie.
Ja, wenn sich solche "Nächte" über einen langen Zeitraum hinziehen und besonders dunkel sind, sodass wir die Sterne nicht mehr sehen können, kann auch die wörtlich gemeinte Nacht wie eine Ewigkeit erscheinen...
Ich wünsche Dir funkelnde Sterne und ganz viel Sonne, Caro!
Alles Liebe
Ina